Buch:Das Kapital (Band I.): Unterschied zwischen den Versionen
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Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; den Mehrwert dagegen, der aus Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit und entsprechender Verändrung im Größenverhältnis der beiden Bestandteile des Arbeitstags entspringt - relativen Mehrwert. | Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; den Mehrwert dagegen, der aus Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit und entsprechender Verändrung im Größenverhältnis der beiden Bestandteile des Arbeitstags entspringt - relativen Mehrwert. | ||
Um den Wert der Arbeitskraft zu senken, muß die Steigerung der Produktivkraft Industriezweige ergreifen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen, also entweder dem Umkreis der gewohnheitsmäßigen Lebensmittel angehören oder sie ersetzen können. Der Wert einer Ware ist aber nicht nur bestimmt durch das Quantum der Arbeit, welche ihr die letzte Form gibt, sondern ebensowohl durch die in ihren Produktionsmitteln enthaltne Arbeitsmasse. Z.B. der Wert eines Stiefels nicht nur durch die Schusterarbeit, sondern auch durch den Wert von Leder, Pech, Draht usw. Steigerung der Produktivkraft und entsprechende Verwohlfeilerung der Waren in den Industrien, welche die stofflichen Elemente des konstanten Kapitals, die Arbeitsmittel und das Arbeitsmaterial, zur Erzeugung der notwendigen Lebensmittel liefern, senken also ebenfalls den Wert der Arbeitskraft. In Produktionszweigen dagegen, die weder notwendige Lebensmittel liefern noch Produktionsmittel zu ihrer Herstellung, läßt die erhöhte Produktivkraft den Wert der Arbeitskraft unberührt. | |||
Die verwohlfeilerte Ware senkt natürlich den Wert der Arbeitskraft nur pro tanto, d.h. nur im Verhältnis, worin sie in die Reproduktion der Arbeitskraft eingeht. Hemden z.B. sind ein notwendiges Lebensmittel, aber nur eins von vielen. Ihre Verwohlfeilerung vermindert bloß die Ausgabe des Arbeiters für Hemden. Die Gesamtsumme der notwendigen Lebensmittel besteht jedoch nur aus verschiednen Waren, lauter Produkten besondrer '''<335>''' Industrien, und der Wert jeder solchen Ware bildet stets einen aliquoten Teil vom Wert der Arbeitskraft. Dieser Wert nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besondren Produktionszweigen ist. Wir behandeln dies allgemeine Resultat hier so, als wäre es unmittelbares Resultat und unmittelbarer Zweck in jedem einzelnen Fall. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z.B. Hemden verwohlfeilert, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er bei zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts.(3) Die allgemeinen und notwendigen Tendenzen des Kapitals sind zu unterscheiden von ihren Erscheinungsformen. | |||
Die Art und Weise, wie die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion in der äußern Bewegung der Kapitale erscheinen, sich als Zwangsgesetze der Konkurrenz geltend machen und daher als treibende Motive dem individuellen Kapitalisten zum Bewußtsein kommen, ist jetzt nicht zu betrachten, aber soviel erhellt von vornherein: Wissenschaftliche Analyse der Konkurrenz ist nur möglich, sobald die innere Natur des Kapitals begriffen ist, ganz wie die scheinbare Bewegung der Himmelskörper nur dem verständlich, der ihre wirkliche, aber sinnlich nicht wahrnehmbare Bewegung kennt. Dennoch ist zum Verständnis der Produktion des relativen Mehrwerts und bloß auf Grundlage der bereits gewonnenen Resultate folgendes zu bemerken. | |||
Stellt sich eine Arbeitsstunde in einem Goldquantum von 6 d. oder <sup>1</sup>/2 sh. dar, so wird in zwölfstündigem Arbeitstag ein Wert von 6 sh. produziert. Gesetzt, mit der gegebnen Produktivkraft der Arbeit würden 12 Stück Waren in diesen 12 Arbeitsstunden verfertigt. Der Wert der in jedem Stück vernutzten Produktionsmittel, Rohmaterial usw. sei 6 d. Unter diesen Umständen kostet die einzelne Ware 1 sh., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 6 d. für den in ihrer Verarbeitung neu zugesetzten Wert. Es gelinge nun einem Kapitalisten, die Produktivkraft der Arbeit zu verdoppeln und daher 24 statt 12 Stück dieser Warenart in dem zwölfstündigen Arbeitstag zu produzieren. Bei unverändertem Wert der Produktionsmittel '''<336>''' sinkt der Wert der einzelnen Ware jetzt auf 9 d., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 3 d. für den durch die letzte Arbeit neu zugesetzten Wert. Trotz der verdoppelten Produktivkraft schafft der Arbeitstag nach wie vor nur einen Neuwert von 6 sh., welcher sich jedoch jetzt auf doppelt soviel Produkte verteilt. Auf jedes einzelne Produkt fällt daher nur noch <sup>1</sup>/24 statt <sup>1</sup>/12 dieses Gesamtwerts, 3 d. statt 6 d. oder, was dasselbe ist, den Produktionsmitteln wird bei ihrer Verwandlung in Produkt, jedes Stück berechnet, jetzt nur noch eine halbe statt wie früher eine ganze Arbeitsstunde zugesetzt. Der individuelle Wert dieser Ware steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d.h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Das Stück kostet im Durchschnitt 1 sh. oder stellt 2 Stunden gesellschaftlicher Arbeit dar; mit der veränderten Produktionsweise kostet es nur 9 d. oder enthält nur 1<sup>1</sup>/2 Arbeitsstunden. Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d.h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall dem Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit. Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert von 1 sh., so verkauft er sie 3 d. über ihrem individuellen Wert und realisiert so einen Extramehrwert von 3 d. Andrerseits stellt sich aber der zwölfstündige Arbeitstag jetzt für ihn in 24 Stück Ware dar statt früher in 12. Um also das Produkt eines Arbeitstags zu verkaufen, bedarf er doppelten Absatzes oder eines zweifach größern Markts. Unter sonst gleichbleibenden Umständen erobern seine Waren nur größern Marktraum durch Kontraktion ihrer Preise. Er wird sie daher über ihrem individuellen, aber unter ihrem gesellschaftliche Wert verkaufen, sage zu 10 d. das Stück. So schlägt er an jedem einzelnen Stück immer noch einen Extramehrwert von 1 d. heraus. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht. Vom letztren Umstand abgesehn, existiert also für jeden einzelnen Kapitalisten das Motiv, die Ware durch erhöhte Produktivkraft der Arbeit zu verwohlfeilern. | |||
Indes entspringt selbst in diesem Fall die gesteigerte Produktion von Mehrwert aus der Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit und entsprechender Verlängrung der Mehrarbeit.(3a) Die notwendige Arbeitszeit betrage 10 Stunden oder der Tageswert der Arbeitskraft 5 sh., die Mehrarbeit 2 Stunden, der täglich produzierte Mehrwert daher 1 sh. Unser '''<337>''' Kapitalist produziert aber jetzt 24 Stück, die er zu 10 d. per Stück oder zusammen zu 20 sh. verkauft. Da der Wert der Produktionsmittel gleich 12 Schilling, ersetzen 14<sup>2</sup>/5 Stück Ware nur das vorgeschoßne konstante Kapital. Der zwölfstündige Arbeitstag stellt sich in den übrigbleibenden 9<sup>3</sup>/5 Stück dar. Da der Preis der Arbeitskraft = 5 sh., stellt sich im Produkt von 6 Stück die notwendige Arbeitszeit dar und in 3<sup>3</sup>/5 Stück die Mehrarbeit. Das Verhältnis der notwendigen Arbeit zur Mehrarbeit, welches unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen 5 : 1 betrug, beträgt jetzt nur noch 5 : 3. Dasselbe Resultat erhält man so: Der Produktenwert des zwölfstündigen Arbeitstags ist 20 sh. Davon gehören 12 sh. dem nur wieder erscheinenden Wert der Produktionsmittel. Bleiben also 8 sh. als Geldausdruck des Werts, worin sich der Arbeitstag darstellt. Dieser Geldausdruck ist höher als der Geldausdruck der gesellschaftlichen Durchschnittsarbeit von derselben Sorte, wovon sich 12 Stunden nur in 6 sh. ausdrücken. Die Arbeit von ausnahmsweiser Produktivkraft wirkt als potenzierte Arbeit oder schafft in gleichen Zeiträumen höhere Werte als die gesellschaftliche Durchschnittsarbeit derselben Art. Aber unser Kapitalist zahlt nach wie vor nur 5 sh. für den Tageswert der Arbeitskraft. Der Arbeiter bedarf daher, statt früher 10, jetzt nur noch 7<sup>1</sup>/2 Stunden zur Reproduktion dieses Werts. Seine Mehrarbeit wächst daher um 2<sup>1</sup>/2 Stunden, der von ihm produzierte Mehrwert von 1 auf 3 sh. Der Kapitalist, der die verbesserte Produktionsweise anwendet, eignet sich daher einen größern Teil des Arbeitstags für die Mehrarbeit an als die übrigen Kapitalisten in demselben Geschäft. Er tut im einzelnen, was das Kapital bei der Produktion des relativen Mehrwerts im großen und ganzen tut. Andrerseits aber verschwindet jener Extramehrwert, sobald die neue Produktionsweise sich verallgemeinert und damit die Differenz zwischen dem individuellen Wert der wohlfeiler produzierten Waren und ihrem gesellschaftliche Wert verschwindet. Dasselbe Gesetz der Wertbestimmung durch die Arbeitszeit, das dem Kapitalisten mit der neuen Methode in der Form fühlbar wird, daß er seine Ware unter ihrem gesellschaftlichen Wert verkaufen muß, treibt seine Mitbewerber als Zwangsgesetz der Konkurrenz zur Einführung der neuen '''<338>''' Produktionsweise.(4) Die allgemeine Rate des Mehrwerts wird also durch den ganzen Prozeß schließlich nur berührt, wenn die Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit Produktionszweige ergriffen, also Waren verwohlfeilert hat, die in den Kreis der notwendigen Lebensmittel eingehn, daher Elemente des Werts der Arbeitskraft bilden. | |||
Der Wert der Waren steht in umgekehrtem Verhältnis zur Produktivkraft der Arbeit. Ebenso, weil durch Warenwerte bestimmt, der Wert der Arbeitskraft. Dagegen steht der relative Mehrwert in direktem Verhältnis zur Produktivkraft der Arbeit. Er steigt mit steigender und fällt mit fallender Produktivkraft. Ein gesellschaftlicher Durchschnittsarbeitstag von 12 Stunden, Geldwert als gleichbleibend vorausgesetzt, produziert stets dasselbe Wertprodukt von 6 sh., wie diese Wertsumme sich immer verteile zwischen Äquivalent für den Wert der Arbeitskraft und Mehrwert. Fällt aber infolge gesteigerter Produktivkraft der Wert der täglichen Lebensmittel und daher der Tageswert der Arbeitskraft von 5 sh. auf 3 sh., so wächst der Mehrwert von 1 sh. auf 3 sh. Um den Wert der Arbeitskraft zu reproduzieren, waren 10 und sind jetzt nur noch 6 Arbeitsstunden nötig. Vier Arbeitsstunden sind frei geworden und können der Domäne der Mehrarbeit annexiert werden. Es ist daher der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkraft der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Verwohlfeilerung der Ware den Arbeiter selbst zu verwohlfeilern.(5) | |||
Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten, der sie produziert, an und für sich gleichgültig. Ihn interessiert nur der in ihr steckende und im Verkauf realisierbare Mehrwert. Realisierung von Mehrwert schließt von selbst Ersatz des vorgeschoßnen Werts ein. Da nun der relative Mehrwert in direktem Verhältnis zur Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit '''<339>''' wächst, während der Wert der Waren in umgekehrtem Verhältnis zur selben Entwicklung fällt, da also derselbe identische Prozeß die Waren verwohlfeilert und den in ihnen enthaltnen Mehrwert steigert, löst sich das Rätsel, daß der Kapitalist, dem es nur um die Produktion von Tauschwert zu tun ist, den Tauschwert der Waren beständig zu senken strebt, ein Widerspruch, womit einer der Gründer der politischen Ökonomie, Quesnay, seine Gegner quälte und worauf sie ihm die Antwort schuldig blieben. | |||
"Ihr gebt zu", sagt Qeusnay, "daß, je mehr man, ohne Nachteil für die Produktion, Kosten oder kostspielige Arbeiten in der Fabrikation industrieller Produkte ersparen kann, desto vorteilhafter diese Ersparung, weil sie den Preis des Machwerks vermindert. Und trotzdem glaubt ihr, daß die Produktion des Reichtums, der aus den Arbeiten der Industriellen herkommt, in der Vermehrung des Tauschwerts ihres Machwerks besteht."(6) | |||
Ökonomie der Arbeit durch Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit (7) bezweckt in der kapitalistischen Produktion also durchaus nicht Verkürzung des Arbeitstags. Sie bezweckt nur Verkürzung der für Produktion eines bestimmten Warenquantums notwendigen Arbeitszeit. Daß der Arbeiter bei gesteigerter Produktivkraft seiner Arbeit in einer Stunde z.B. 10mal mehr '''<340>''' Ware früher produziert, also für jedes Stück Ware 10mal weniger Arbeitszeit braucht, verhindert durchaus nicht, ihn nach wie vor 12 Stunden arbeiten und in den 12 Stunden 1.200 statt früher 120 Stück produzieren zu lassen. Ja, sein Arbeitstag mag gleichzeitig verlängert werden, so daß er jetzt in 14 Stunden 1.400 Stück produziert usw. Man kann daher bei Ökonomen vom Schlag eines MacCulloch, Ure, Senior und tutti quanti auf einer Seite lesen, daß der Arbeiter dem Kapital für die Entwicklung der Produktivkräfte Dank schuldet, weil sie die notwendige Arbeitszeit verkürzt, und auf der nächsten Seite, daß er diesen Dank beweisen muß, indem er statt 10 künftig 15 Stunden arbeitet. Die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, innerhalb der kapitalistischen Produktion, bezweckt, den Teil des Arbeitstags, den der Arbeiter für sich selbst arbeiten muß, zu verkürzen, um grade dadurch den andren Teil des Arbeitstags, den er für den Kapitalisten umsonst arbeiten kann, zu verlängern. Wieweit dies Resultat auch ohne Verwohlfeilerung der Waren erreichbar, wird sich zeigen in den besondren Produktionsmethoden des relativen Mehrwerts, zu deren Betrachtung wir jetzt übergehn. | |||
----Fußnoten | |||
(1) Der Wert des täglichen Durchschnittslohns ist bestimmt durch das, was der Arbeiter braucht, "um zu leben, zu arbeiten und sich fortzupflanzen". (William Petty, "Political Anatomy of Ireland", 1672, p. 64.) "Der Preis der Arbeit wird immer vom Preis der notwendigen Lebensmittel bestimmt." Der Arbeiter erhält nicht den entsprechenden Lohn, "wann immer ... der Lohn des Arbeiters nicht hinreicht, eine so große Familie, wie sie das Los vieler von ihnen ist, entsprechend seinem niedrigen Stand und als Arbeiter zu ernähren". (J. Vanderlint, l.c.p. 15.) "Der einfache Arbeiter, der nichts als seine Arme und seinen Fleiß besitzt, hat nichts, außer wenn es ihm gelingt, seine Arbeit an andre zu verkaufen ... Bei jeder Art Arbeit muß es dahin kommen, und kommt es in der Tat dahin, daß der Lohn des Arbeiters auf das begrenzt ist, was er notwendig zu seinem Lebensunterhalt braucht." (Turgot, "Réflexions etc.", "Oeuvres", éd. Daire, t. I, p. 10.) "Der Preis der Subsistenzmittel ist in der Tat gleich den Kosten der Produktion der Arbeit." (Malthus, "Inquiry into etc. Rent", Lond. 1815, p. 48, Note.) <= | |||
(2) "Wenn die Gewerbe sich vervollkommnen, so bedeutet das nichts andres als die Entdeckung neuer Wege, auf denen ein Produkt mit weniger Menschen oder (was dasselbe ist) in kürzer Zeit als vorher verfertigt werden kann." (Galiani, l.c.p. 158, 159.) "Die Ersparnis an den Kosten der Produktion kann nichts anderes sein als Ersparnis an der zur Produktion angewandten Arbeitsmenge." (Sismondi, "Études etc.", t. I, p. 22.) <= | |||
(3) "Wenn der Fabrikant durch Verbesserung der Maschinerie seine Produkte verdoppelt ... gewinnt er (schließlich) bloß, sofern er dadurch befähigt wird, den Arbeiter wohlfeiler zu kleiden ... und so ein kleinerer Teil des Gesamtertrags auf den Arbeiter fällt." (Ramsay, l.c.p. 168, 169.) <= | |||
(3a) "Der Profit eines Menschen hängt nicht ab von seinem Kommando über das Produkt der Arbeit andrer, sondern von seinem Kommando über Arbeit selbst. Wenn er seine Waren zu einem höhern Preis verkaufen kann, während die Löhne seiner Arbeiter unverändert bleiben, so zieht er augenscheinlich Gewinn daraus ... Ein kleinerer Teil dessen, was er produziert, reicht hin, jene Arbeit in Bewegung zu setzen, und demzufolge verbleibt ihm ein größerer Teil." ([J. Cazenove,] "Outlines of Polit. Econ.", London 1832, p. 49, 50.) <= | |||
(4) "Wenn mein Nachbar billig verkaufen kann, indem er mit wenig Arbeit viel herstellt, muß ich danach trachten, ebenso billig wie er zu verkaufen. So erzeugt jede Kunst, jedes Verfahren oder jede Maschine, die mit der Arbeit von weniger Händen und infolgedessen billiger arbeitet, bei andren eine Art Zwang und einen Wettbewerb, entweder dieselbe Kunst, dasselbe Verfahren oder Maschine anzuwenden, oder etwas Ähnliches zu erfinden, damit alle auf gleichem Stand seien und keiner seinen Nachbar unterbieten könne." (" The Advantages of the East-India Trade to England", Lond. 1720, p. 67.) <= | |||
(5) "In welchem Verhältnis immer die Ausgaben eines Arbeiters verringert werden, in gleichem Verhältnis wird auch sein Lohn verringert, wenn die Einschränkungen der Industrie gleichzeitig aufgehoben werden." ("Considerations concerning taking off the Bounty on Corn exported etc.", Lond. 1753, p. 7.) "Das Interesse der Industrie erfordert, daß Korn und alle Lebensmittel so billig wie möglich sind; was immer sie verteuert, muß auch die Arbeit verteuern ... in allen Ländern, in denen die Industrie keinen Einschränkungen unterliegt muß, der Preis der Lebensmittel auf den Preis der Arbeit einwirken. Dieser wird stets herabgesetzt werden, wenn die notwendigen Lebensmittel billiger werden." (l.c.p. 3.) "Die Löhne werden im selben Verhältnis gesenkt, in dem die Produktionskräfte anwachsen. Die Maschine verbilligt zwar die notwendigen Lebensmittel, aber sie verbilligt außerdem auch den Arbeiter." (A Prize Essay on the comparative merits of Competition and Cooperation", London 1834, p. 27.) <= | |||
(6) "Ils conviennent que plus on peut sans préjudice, épargner de frais ou de travaux dispendieux dans la fabrication des ouvrages des artisans, plus cette épargne est profitable par la diminution des prix de ces ouvrages. Cependant ils croient que a production de richesse qui résulte des travaux des artisans consiste dans l'augmentation de la valeur vénale de leurs ouvrages." (Quesnay, "Dialogues sur le Commerce et sur les Travaux des Artisans", p.188, 189.) <= | |||
(7) "Diese Spekulanten, die so sehr sparen an der Arbeit der Arbeiter, die sie bezahlen müßten." (J. N. Bidaut, "Du Monopole qui s'établit dans les arts industriels et le commerce", Paris 1828, p. 13.) "Der Unternehmer wird immer alles daransetzen, um Zeit und Arbeit zu sparen." (Dugald Stewart, "Works", ed. by Sir W. Hamilton, v. VIII, Edinburgh 1855, "Lectures on Polit. Econ.", p. 318.) "Sie" (die Kapitalisten) "sind daran interessiert, daß die Produktivkräfte der Arbeiter, die sie beschäftigen, so groß wie möglich seien. Diese Kraft zu steigern, darauf ist ihre Aufmerksamkeit, und zwar fast ausschließlich gerichtet." (R. Jones, l.c., Lecture III.) <= | |||
=== <u>ELFTES KAPITEL: Kooperation</u> === | |||
'''<341>''' Die kapitalistische Produktion beginnt, wie wir sahen, in der Tat erst, wo dasselbe individuelle Kapital eine größere Anzahl Arbeiter gleichzeitig beschäftigt, der Arbeitsprozeß also seinen Umfang erweitert und Produkt auf größrer quantitativer Stufenleiter liefert. Das Wirken einer größern Arbeiteranzahl zur selben Zeit, in demselben Raum (oder, wenn man will, auf demselben Arbeitsfeld), zur Produktion derselben Warensorte, unter dem Kommando desselben Kapitalisten, bildet historisch und begrifflich den Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktion. Mit Bezug auf die Produktionsweise selbst unterscheidet sich z.B. die Manufaktur in ihren Anfängen kaum anders von der zünftigen Handwerksindustrie als durch die größere Zahl der gleichzeitig von demselben Kapital beschäftigten Arbeiter. Die Werkstatt des Zunftmeisters ist nur erweitert. | |||
Der Unterschied ist also zunächst bloß quantitativ. Man sah, daß die Masse des Mehrwerts, welche ein gegebnes Kapital produziert, gleich dem Mehrwert, den der einzelne Arbeiter liefert, multipliziert mit der Anzahl der gleichzeitig beschäftigten Arbeiter. Diese Anzahl ändert an und für sich nichts an der Rate des Mehrwerts oder dem Exploitationsgrad der Arbeitskraft, und mit Bezug auf die Produktion von Warenwert überhaupt scheint jede qualitative Verändrung des Arbeitsprozesses gleichgültig. Es folgt dies aus der Natur des Werts. Vergegenständlicht sich ein zwölfstündiger Arbeitstag in 6 sh., so 1.200 solcher Arbeitstage in 6 sh. × 1.200. In dem einen Fall haben sich 12 × 1.200, in dem andren 12 Arbeitsstunden den Produkten einverleibt. In der Wertproduktion zählen viele immer nur als viele einzelne. Für die Wertproduktion macht es also keinen Unterschied, ob 1.200 Arbeiter vereinzelt produzieren oder vereint unter dem Kommando desselben Kapitals. | |||
Indes findet doch innerhalb gewisser Grenzen eine Modifikation statt. In Wert vergegenständlichte Arbeit ist Arbeit von gesellschaftlicher Durch- '''<342>''' schnittsqualität, also die Äußerung einer durchschnittlichen Arbeitskraft. Eine Durchschnittsgröße existiert aber immer nur als Durchschnitt vieler verschiedner Größenindividuen derselben Art. In jedem Industriezweig weicht der individuelle Arbeiter, Peter oder Paul, mehr oder minder vom Durchschnittsarbeiter ab. Diese individuellen Abweichungen, welche mathematisch "Fehler" heißen, kompensieren sich und verschwinden, sobald man eine größere Anzahl Arbeiter zusammennimmt. Der berühmte Sophist und Sykophant Edmund Burke will aus seinen praktischen Erfahrungen als Pächter sogar wissen, daß schon "für ein so geringes Peloton" wie 5 Ackerknechte aller individuelle Unterschied der Arbeit verschwindet, also die ersten besten im Mannesalter befindlichen fünf englischen Ackerknechte zusammengenommen in derselben Zeit grad soviel Arbeit verrichten als beliebige andre fünf englische Ackerknechte.(8) Wie dem auch sei, es ist klar, daß der Gesamtarbeitstag einer größren Anzahl gleichzeitig beschäftigter Arbeiter, dividiert durch die Anzahl der Arbeiter, an und für sich ein Tag gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit ist. Der Arbeitstag des einzelnen sei z.B. zwölfstündig. So bildet der Arbeitstag von 12 gleichzeitig beschäftigten Arbeitern einen Gesamtarbeitstag von 144 Stunden, und obgleich die Arbeit eines jeden des Dutzend mehr oder minder von der gesellschaftlichen Durchschnittsarbeit abweichen, der einzelne daher etwas mehr oder weniger Zeit zu derselben Verrichtung brauchen mag, besitzt der Arbeitstag jedes einzelnen als ein Zwölftel des Gesamtarbeitstags von 144 Stunden die gesellschaftliche Durchschnittsqualität. Für den Kapitalisten aber, der ein Dutzend beschäftigt, existiert der Arbeitstag als Gesamtarbeitstag des Dutzend. Der Arbeitstag jedes einzelnen existiert als aliquoter Teil des Gesamtarbeitstags, ganz unabhängig davon, ob die zwölf einander in die Hand arbeiten oder ob der ganze Zusammenhang ihrer Arbeiten nur darin besteht, daß sie für denselben Kapitalisten arbeiten. | |||
'''<343>''' Werden dagegen von den 12 Arbeitern je zwei von einem kleinen Meister beschäftigt, so wird es zufällig, ob jeder einzelne Meister dieselbe Wertmasse produziert und daher die allgemeine Rate des Mehrwerts realisiert. Es fänden individuelle Abweichungen statt. Verbrauchte ein Arbeiter bedeutend mehr Zeit in der Produktion einer Ware, als gesellschaftlich erheischt ist, wiche die für ihn individuell notwendige Arbeitszeit bedeutend ab von der gesellschaftlich notwendigen oder der Durchschnittsarbeitszeit, so gälte seine Arbeit nicht als Durchschnittsarbeit, seine Arbeitskraft nicht als durchschnittliche Arbeitskraft. Sie verkaufte sich gar nicht oder nur unter dem Durchschnittswert der Arbeitskraft. Ein bestimmtes Minimum der Arbeitsfertigkeit ist also vorausgesetzt, und wir werden später sehn, daß die kapitalistische Produktion Mittel findet, dies Minimum zu messen. Nichtsdestoweniger weicht das Minimum vom Durchschnitt ab, obgleich auf der andren Seite der Durchschnittswert der Arbeitskraft gezahlt werden muß. Von den sechs Kleinmeistern würde der eine daher mehr, der andre weniger als die allgemeine Rate des Mehrwerts herausschlagen. Die Ungleichheiten würden sich für die Gesellschaft kompensieren, aber nicht für den einzelnen Meister. Das Gesetz der Verwertung überhaupt realisiert sich also für den einzelnen Produzenten erst vollständig, sobald er als Kapitalist produziert, viele Arbeiter gleichzeitig anwendet, also von vornherein gesellschaftliche Durchschnittsarbeit in Bewegung setzt.(9) | |||
Auch bei gleichbleibender Arbeitsweise bewirkt die gleichzeitige Anwendung einer größren Arbeiteranzahl eine Revolution in den gegenständlichen Bedingungen des Arbeitsprozesses. Baulichkeiten, worin viele arbeiten, Lager für Rohmaterial usw., Gefäße, Instrumente, Apparate usw., die vielen gleichzeitig oder abwechselnd dienen, kurz, ein Teil der Produktionsmittel wird jetzt gemeinsam im Arbeitsprozeß konsumiert. Einerseits wird der Tauschwert von Waren, also auch von Produktionsmitteln, durchaus nicht erhöht durch irgendwelche erhöhte Ausbeutung ihres Gebrauchswerts. Andrerseits wächst der Maßstab der gemeinsam gebrauchten Produktionsmittel. Ein Zimmer, worin 20 Weber mit ihren 20 Webstühlen arbeiten, muß weiter gestreckt sein als das Zimmer eines unabhängigen '''<344>''' Webers mit zwei Gesellen. Aber die Produktion einer Werkstatt für 20 Personen kostet weniger Arbeit als die von 10 Werkstätten für je zwei Personen, und so wächst überhaupt der Wert massenweise konzentrierter und gemeinsamer Produktionsmittel nicht verhältnismäßig mit ihrem Umfang und ihrem Nutzeffekt. Gemeinsam vernutzte Produktionsmittel geben geringren Wertbestandteil an das einzelne Produkt ab, teils weil der Gesamtwert, den sie abgeben, sich gleichzeitig auf eine größre Produktenmasse verteilt, teils weil sie, im Vergleich zu vereinzelten Produktionsmitteln, zwar mit absolut größrem, aber, ihren Wirkungskreis betrachtet, mit relativ kleinrem Wert in den Produktionsprozeß eintreten. Damit sinkt ein Wertbestandteil des konstanten Kapitals, also proportionell zu seiner Größe auch der Gesamtwert der Ware. Die Wirkung ist dieselbe, als ob die Produktionsmittel der Ware wohlfeiler produziert würden. Diese Ökonomie in der Anwendung der Produktionsmittel entspringt nur aus ihrem gemeinsamen Konsum im Arbeitsprozeß vieler. Und sie erhalten diesen Charakter als Bedingungen gesellschaftlicher Arbeit oder gesellschaftliche Bedingungen der Arbeit im Unterschied von den zersplitterten und relativ kostspieligen Produktionsmitteln vereinzelter selbständiger Arbeiter oder Kleinmeister, selbst wenn die vielen nur räumlich zusammen, nicht miteinander arbeiten. Ein Teil der Arbeitsmittel erwirbt diesen gesellschaftlichen Charakter, bevor ihn der Arbeitsprozeß selbst erwirbt. | |||
Die Ökonomie der Produktionsmittel ist überhaupt von doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten. Das eine Mal, soweit sie Waren verwohlfeilert und dadurch den Wert der Arbeitskraft senkt. Das andre Mal, soweit sie das Verhältnis des Mehrwerts zum vorgeschoßnen Gesamtkapital, d.h. zur Wertsumme seiner konstanten und variablen Bestandteile, verändert. Der letztre Punkt wird erst im ersten Abschnitt des Dritten Buchs dieses Werks erörtert, wohin wir des Zusammenhangs wegen auch manches schon hierher Gehörige verweisen. Der Gang der Analyse gebietet diese Zerreißung des Gegenstands, die zugleich dem Geist der kapitalistischen Produktion entspricht. Da hier nämlich die Arbeitsbedingungen dem Arbeiter selbständig gegenübertreten, erscheint auch ihre Ökonomie als eine besondre Operation, die ihn nichts angeht und daher getrennt ist von den Methoden, welche seine persönliche Produktivität erhöhen. | |||
Die Form der Arbeit vieler, die in demselben Produktionsprozeß oder in verschiednen, aber zusammenhängenden Produktionsprozessen planmäßig neben- und miteinander arbeiten, heißt Kooperation.(10) | |||
'''<345>''' Wie die Angriffskraft einer Kavallerieschwadron oder die Widerstandskraft eines Infanterieregiments wesentlich verschieden ist von der Summe der von jedem Kavalleristen und Infanteristen vereinzelt entwickelten Angriffs- und Widerstandskräfte, so die mechanische Kraftsumme vereinzelter Arbeiter von der gesellschaftlichen Kraftpotenz, die sich entwickelt, wenn viele Hände gleichzeitig in derselben ungeteilten Operation zusammenwirken, z.B. wenn es gilt, eine Last zu heben, eine Kurbel zu drehn oder einen Widerstand aus dem Weg zu räumen.(11) Die Wirkung der kombinierten Arbeit könnte hier von der vereinzelten gar nicht oder nur in viel längren Zeiträumen oder nur auf einem Zwergmaßstab hervorgebracht werden. Es handelt sich hier nicht nur um Erhöhung der individuellen Produktivkraft durch die Kooperation, sondern um die Schöpfung einer Produktivkraft, die an und für sich Massenkraft sein muß.(11a) | |||
Abgesehn von der neuen Kraftpotenz, die aus der Verschmelzung vieler Kräfte in eine Gesamtkraft entspringt, erzeugt bei den meisten produktiven Arbeiten der bloße gesellschaftliche Kontakt einen Wetteifer und eine eigne Erregung der Lebensgeister (animal spirits), welche die individuelle Leistungsfähigkeit der einzelnen erhöhen, so daß ein Dutzend Personen zusammen in einem gleichzeitigen Arbeitstag von 144 Stunden ein viel größres Gesamtprodukt liefern als zwölf vereinzelte Arbeiter, von denen jeder 12 Stunden, oder als ein Arbeiter, der 12 Tage nacheinander arbeitet.(12) Dies '''<346>''' rührt daher, daß der Mensch von Natur, wenn nicht, wie Aristoteles meint, ein politisches (13), jedenfalls ein gesellschaftliches Tier ist. | |||
Obgleich viele dasselbe oder Gleichartiges gleichzeitig miteinander verrichten, kann die individuelle Arbeit eines jeden dennoch als Teil der Gesamtarbeit verschiedne Phasen des Arbeitsprozesses selbst darstellen, die der Arbeitsgegenstand, infolge der Kooperation, rascher durchläuft. Z.B. wenn Maurer eine Reihe von Händen bilden, um Bausteine vom Fuß eines Gestells bis zu seiner Spitze zu befördern, tut jeder von ihnen dasselbe, aber dennoch bilden die einzelnen Verrichtungen kontinuierliche Teile einer Gesamtverrichtung, besondre Phasen, die jeder Baustein im Arbeitsprozeß durchlaufen muß und wodurch ihn etwa die 24 Hände des Gesamtarbeiters rascher fördern als die zwei Hände jedes einzelnen Arbeiters, der das Gerüst auf- und abstiege.(14) Der Arbeitsgegenstand durchläuft denselben Raum in kürzerer Zeit. Andrerseits findet Kombination der Arbeit statt, wenn ein Bau z.B. von verschiednen Seiten gleichzeitig angegriffen wird, obgleich die Kooperierenden dasselbe oder Gleichartiges tun. Der kombinierte Arbeitstag von 144 Stunden, der den Arbeitsgegenstand vielseitig im Raum angreift, weil der kombinierte Arbeiter oder Gesamtarbeiter vorn und hinten Augen und Hände hat und in gewissem Grad Allgegenwart besitzt, fördert das Gesamtprodukt rascher als 12 zwölfstündige Arbeitstage mehr oder minder vereinzelter Arbeiter, die ihr Werk einseitiger angreifen müssen. In derselben Zeit reifen verschiedne Raumteile des Produkts. | |||
Wir betonten, daß die vielen, die einander ergänzen, dasselbe oder Gleichartiges tun, weil diese einfachste Form gemeinsamer Arbeit auch in der aus- '''<347>''' gebildetsten Gestalt der Kooperation eine große Rolle spielt. Ist der Arbeitsprozeß kompliziert, so erlaubt die bloße Masse der Zusammenarbeitenden, die verschiednen Operationen unter verschiedne Hände zu verteilen, daher gleichzeitig zu verrichten und dadurch die zur Herstellung des Gesamtprodukts nötig Arbeitszeit zu verkürzen.(15) | |||
In vielen Produktionszweigen gibt es kritische Momente, d.h. durch die Natur des Arbeitsprozesses selbst bestimmte Zeitepochen, während deren bestimmte Arbeitsresultate erzielt werden müssen. Soll z.B. eine Herde Schafe geschoren oder eine Morgenanzahl Kornland gemäht und geherbstet werden, so hängt Quantität und Qualität des Produkts davon ab, daß die Operation zu einer gewissen Zeit begonnen und zu einer gewissen Zeit beendet wird. Der Zeitraum, den der Arbeitsprozeß einnehmen darf, ist hier vorgeschrieben, wie etwa beim Heringsfang. Der einzelne kann aus einem Tag nur einen Arbeitstag herausschneiden, sage von 12 Stunden, aber die Kooperation von 100 z.B. erweitert einen zwölfstündigen Tag zu einem Arbeitstag von 1.200 Stunden. Die Kürze der Arbeitsfrist wird kompensiert durch die Größe der Arbeitsmasse, die im entscheidenden Augenblick auf das Produktionsfeld geworfen wird. Die rechtzeitige Wirkung hängt hier ab von der gleichzeitigen Anwendung vieler kombinierten Arbeitstage, der Umfang des Nutzeffekts von der Arbeiteranzahl, die jedoch stets kleiner bleibt als die Anzahl der Arbeiter, die vereinzelt in demselben Zeitraum denselben Wirkungsraum ausfüllen würden.(16) Es ist der Mangel dieser Kooperation, wodurch im Westen der Vereinigten Staaten eine Masse Korn und in den Teilen Ostindiens, wo englische Herrschaft das alte Gemeinwesen zerstört hat, eine Masse Baumwolle jährlich verwüstet wird.(17) | |||
'''<348>''' Auf der einen Seite erlaubt die Kooperation, die Raumsphäre der Arbeit auszurecken, und wird daher für gewisse Arbeitsprozesse schon durch den räumlichen Zusammenhang des Arbeitsgegenstandes erheischt, wie bei Trockenlegung von Land, Eindämmung, Bewäßrung, Kanal-, Straßen-, Eisenbahnbauten usw. Andrerseits ermöglicht sie, verhältnismäßig zur Stufenleiter der Produktion, räumliche Verengung des Produktionsgebiets. Diese Beschränkung der Raumsphäre der Arbeit bei gleichzeitiger Ausdehnung ihrer Wirkungssphäre, wodurch eine Masse falscher Kosten (faux frais) erspart werden, entspringt aus der Konglomeration der Arbeiter, dem Zusammenrücken verschiedner Arbeitsprozesse und der Konzentration der Produktionsmittel.(18) | |||
Verglichen mit einer gleich großen Summe vereinzelter individueller Arbeitstage, produziert der kombinierte Arbeitstag größre Massen von Gebrauchswert und vermindert daher die zur Produktion eines bestimmten Nutzeffekts nötig Arbeitszeit. Ob er im gegebnen Fall diese gesteigerte Produktivkraft erhält, weil er die mechanische Kraftpotenz der Arbeit erhöht oder ihre räumliche Wirkungssphäre ausdehnt oder das räumliche Produktionsfeld im Verhältnis zur Stufenleiter der Produktion verengt oder im kritischen Moment viel Arbeit in wenig Zeit flüssig macht oder den Wetteifer der einzelnen erregt und ihre Lebensgeister spannt oder den gleichartigen Verrichtungen vieler den Stempel der Kontinuität und Vielseitigkeit aufdrückt, oder verschiedne Operationen gleichzeitig verrichtet oder die Produktionsmittel durch ihren gemeinschaftlichen Gebrauch öko- '''<349>''' nomisiert oder der individuellen Arbeit den Charakter gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit verleiht, unter allen Umständen ist die spezifische Produktivkraft des kombinierten Arbeitstags gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit oder Produktivkraft gesellschaftlicher Arbeit. Sie entspringt aus der Kooperation selbst. Im planmäßigen Zusammenwirken mit andern streift der Arbeiter seine individuellen Schranken ab und entwickelt sein Gattungsvermögen.(19) | |||
Wenn Arbeiter überhaupt nicht unmittelbar zusammenwirken können, ohne zusammen zu sein, ihre Konglomeration auf bestimmtem Raum daher Bedingung ihrer Kooperation ist, können Lohnarbeiter nicht kooperieren, ohne daß dasselbe Kapital, derselbe Kapitalist sie gleichzeitig anwendet, also ihre Arbeitskräfte gleichzeitig kauft. Der Gesamtwert dieser Arbeitskräfte oder die Lohnsumme der Arbeiter für den Tag, die Woche usw., muß daher in der Tasche des Kapitalisten vereint sein, bevor die Arbeitskräfte selbst im Produktionsprozeß vereint werden. Zahlung von 300 Arbeitern auf einmal, auch nur für einen Tag, bedingt mehr Kapitalauslage als Zahlung weniger Arbeiter Woche für Woche, während des ganzen Jahrs. Die Anzahl der kooperierenden Arbeiter, oder die Stufenleiter der Kooperation, hängt also zunächst ab von der Größe des Kapitals, das der einzelne Kapitalist im Ankauf von Arbeitskraft auslegen kann, d.h. von dem Umfang, worin je ein Kapitalist über die Lebensmittel vieler Arbeiter verfügt. | |||
Und wie mit dem variablen, verhält es sich mit dem konstanten Kapital. Die Auslage für Rohmaterial z.B. ist 30mal größer für den einen Kapitalisten, der 300, als für jeden der 30 Kapitalisten, der je 10 Arbeiter beschäftigt. Wertumfang und Stoffmasse der gemeinsam benutzten Arbeitsmittel wachsen zwar nicht in demselben Grad wie die beschäftigte Arbeiteranzahl, aber sie wachsen beträchtlich. Konzentration größrer Massen von Produktionsmitteln in der Hand einzelner Kapitalisten ist also materielle Bedingung für die Kooperation von Lohnarbeitern, und der Umfang der Kooperation, oder die Stufenleiter der Produktion, hängt ab vom Umfang dieser Konzentration. | |||
Ursprünglich erschien eine gewisse Minimalgröße des individuellen Kapitals notwendig, damit die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten '''<350>''' Arbeiter, daher die Masse des produzierten Mehrwerts hinreiche, den Arbeitsanwender selbst von der Handarbeit zu entbinden, aus einem Kleinmeister einen Kapitalisten zu machen und so das Kapitalverhältnis formell herzustellen. Sie erscheint jetzt als materielle Bedingung für die Verwandlung vieler zersplitterter und voneinander unabhängiger individueller Arbeitsprozesse in einen kombinierten gesellschaftlichen Arbeitsprozeß. | |||
Ebenso erschien ursprünglich das Kommando des Kapitals über die Arbeit nur als formelle Folge davon, daß der Arbeiter statt für sich, für den Kapitalisten und daher unter dem Kapitalisten arbeitet. Mit der Kooperation vieler Lohnarbeiter entwickelt sich das Kommando des Kapitals zum Erheischnis für Ausführung des Arbeitsprozesses selbst, zu einer wirklichen Produktionsbedingung. Der Befehl des Kapitalisten auf dem Produktionsfeld wird jetzt so unentbehrlich wie der Befehl des Generals auf dem Schlachtfeld. | |||
Alle unmittelbar gesellschaftliche oder gemeinschaftliche Arbeit auf größrem Maßstab bedarf mehr oder minder einer Direktion, welche die Harmonie der individuellen Tätigkeiten vermittelt und die allgemeinen Funktionen vollzieht, die aus der Bewegung des produktiven Gesamtkörpers im Unterschied von der Bewegung seiner selbständigen Organe entspringen. Ein einzelner Violinspieler dirigiert sich selbst, ein Orchester bedarf des Musikdirektors. Diese Funktion der Leitung, Überwachung und Vermittlung, wird zur Funktion des Kapitals, sobald die ihm untergeordnete Arbeit kooperativ wird. Als spezifische Funktion des Kapitals erhält die Funktion der Leitung spezifische Charaktermale. | |||
Zunächst ist das treibende Motiv und der bestimmende Zweck des kapitalistischen Produktionsprozesses möglichst große Selbstverwertung des Kapitals (20), d.h. möglichst große Produktion von Mehrwert, also möglichst große Ausbeutung der Arbeitskraft durch den Kapitalisten. Mit der Masse der gleichzeitig beschäftigten Arbeiter wächst ihr Widerstand und damit notwendig der Druck des Kapitals zur Bewältigung dieses Widerstands. Die Leitung des Kapitalisten ist nicht nur eine aus der Natur des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses entspringende und ihm angehörige besondre Funktion, sie ist zugleich Funktion der Ausbeutung eines gesellschaftlichen Arbeitsprozesses und daher bedingt durch den unvermeidlichen Antagonismus zwischen dem Ausbeuter und dem Rohmaterial seiner Ausbeutung. Ebenso wächst mit dem Umfang der Produktionsmittel, die dem Lohnarbeiter als fremdes Eigentum gegenüberstehn, die Notwendigkeit der '''<351>''' Kontrolle über deren sachgemäße Verwendung.(21) Die Kooperation der Lohnarbeiter ist ferner bloße Wirkung des Kapitals, das sie gleichzeitig anwendet. Der Zusammenhang ihrer Funktionen und ihre Einheit als produktiver Gesamtkörper liegen außer ihnen, im Kapital, das sie zusammenbringt und zusammenhält. Der Zusammenhang ihrer Arbeiten tritt ihnen daher ideel als Plan, praktisch als Autorität des Kapitalisten gegenüber, als Macht eines fremden Willens, der ihr Tun seinem Zweck unterwirft. | |||
Wenn daher die kapitalistische Leitung dem Inhalt nach zwieschlächtig ist, wegen der Zwieschlächtigkeit des zu leitenden Produktionsprozesses selbst, welcher einerseits gesellschaftlicher Arbeitsprozeß zur Herstellung eines Produkts, andrerseits Verwertungsprozeß des Kapitals, so ist sie der Form nach despotisch. Mit der Entwicklung der Kooperation auf größrem Maßstab entwickelt dieser Despotismus seine eigentümlichen Formen. Wie der Kapitalist zunächst entbunden wird von der Handarbeit, sobald sein Kapital jene Minimalgröße erreicht hat, womit die eigentlich kapitalistische Produktion erst beginnt, so tritt er jetzt die Funktion unmittelbarer und fortwährender Beaufsichtigung der einzelnen Arbeiter und Arbeitergruppen selbst wieder ab an eine besondre Sorte von Lohnarbeitern. Wie eine Armee militärischer, bedarf eine unter dem Kommando desselben Kapitals zusammenwirkende Arbeitermasse industrieller Oberofiziere (Dirigenten, managers) und Unteroffiziere (Arbeitsaufseher, foremen, overlookers, contre-maîtres), die während des Arbeitsprozesses im Namen des Kapitals kommandieren. Die Arbeit der Oberaufsicht befestigt sich zu ihrer ausschließlichen Funktion. Bei Vergleichung der Produktionsweise unabhängi- '''<352>''' ger Bauern oder selbständiger Handwerker mit der auf Sklaverei beruhenden Plantagenwirtschaft zählt der politische Ökonom diese Arbeit der Oberaufsicht zu den faux frais de production.(21a) Bei Betrachtung der kapitalistischen Produktionsweise identifiziert er dagegen die Funktion der Leitung, soweit sie aus der Natur des gemeinschaftlichen Arbeitsprozesses entspringt, mit derselben Funktion, soweit sie durch den kapitalistischen und daher antagonistischen Charakter dieses Prozesses bedingt wird.(22) Der Kapitalist ist nicht Kapitalist, weil er industrieller Leiter ist, sondern er wird industrieller Befehlshaber, weil er Kapitalist ist. Der Oberbefehl in der Industrie wird Attribut des Kapitals, wie zur Feudalzeit der Oberbefehl in Krieg und Gericht Attribut des Grundeigentums war.(22a) | |||
Eigentümer seiner Arbeitskraft ist der Arbeiter, solange er als Verkäufer derselben mit dem Kapitalist marktet, und er kann nur verkaufen, was er besitzt, seine individuelle, vereinzelte Arbeitskraft. Dies Verhältnis wird in keiner Weise dadurch verändert, daß der Kapitalist 100 Arbeitskräfte statt einer kauft oder mit 100 voneinander unabhängigen Arbeitern Kontrakte schließt statt mit einem einzelnen. Er kann die 100 Arbeiter anwenden, ohne sie kooperieren zu lassen. Der Kapitalist zahlt daher den Wert der 100 selbständigen Arbeitskräfte, aber er zahlt nicht die kombinierte Arbeitskraft der Hundert. Als unabhängige Personen sind die Arbeiter Vereinzelte, die in ein Verhältnis zu demselben Kapital, aber nicht zueinander treten. Ihre Kooperation beginnt erst im Arbeitsprozeß, aber im Arbeitsprozeß haben sie bereits aufgehört, sich selbst zu gehören. Mit dem Eintritt in denselben sind sie dem Kapital einverleibt. Als Kooperierende, als Glieder eines werktätigen Organismus, sind sie selbst nur eine besondre Existenzweise des '''<353>''' Kapitals. Die Produktivkraft, die der Arbeiter als gesellschaftlicher Arbeiter entwickelt, ist daher Produktivkraft des Kapitals. Die gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit entwickelt sich unentgeltlich, sobald die Arbeiter unter bestimmte Bedingungen gestellt sind, und das Kapital stellt sie unter diese Bedingungen. Weil die gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit dem Kapital nichts kostet, weil sie andrerseits nicht von dem Arbeiter entwickelt wird, bevor seine Arbeit selbst dem Kapital gehört, erscheint sie als Produktivkraft, die das Kapital von Natur besitzt, als seine immanente Produktivkraft. | |||
Kolossal zeigt sich die Wirkung der einfachen Kooperation in den Riesenwerken der alten Asiaten, Ägypter, Etrusker usw. | |||
"Es geschah in vergangnen Zeiten, daß diese asiatischen Staaten nach Bestreitung ihrer Zivil- und Militärausgaben sich im Besitz eines Überschusses von Lebensmitteln befanden, die sie für Werke der Pracht und des Nutzens verausgaben konnten. Ihr Kommando über die Hände und Arme fast der ganzen nicht ackerbauenden Bevölkrung und die ausschließliche Verfügung des Monarchen und der Priesterschaft über jenen Überschuß boten ihnen die Mittel zur Errichtung jener mächtigen Monumente, womit sie das Land erfüllten ... In der Bewegung der kolossalen Statuen und der enormen Massen, deren Transport Staunen erregt, wurde fast nur menschliche Arbeit verschwenderisch angewandt. Die Zahl der Arbeiter und die Konzentration ihrer Mühen genügte. So sehn wir mächtige Korallenriffe aus den Tiefen des Ozeans zu Inseln anschwellen und festes Land bilden, obgleich jeder individuelle Ablagerer (depositary) winzig, schwach und verächtlich ist. Die nicht ackerbauenden Arbeiter einer asiatischen Monarchie haben außer ihren individuellen körperlichen Bemühungen wenig zum Werk zu bringen, aber ihre Zahl ist ihre Kraft, und die Macht der Direktion über diese Massen gab jenen Riesenwerken den Ursprung. Es war die Konzentration der Revenuen, wovon die Arbeiter leben, in einer Hand oder wenigen Händen, welcher solche Unternehmungen möglich machte."(23) | |||
Diese Macht asiatischer und ägyptischer Könige oder etruskischer Theokraten usw. ist in der modernen Gesellschaft auf den Kapitalisten übergegangen, ob er nun als vereinzelter Kapitalist auftritt, oder, wie bei Aktiengesellschaften, als kombinierter Kapitalist. | |||
Die Kooperation im Arbeitsprozeß, wie wir sie in den Kulturanfängen der Menschheit, bei Jägervölkern (23a) oder etwa in der Agrikultur indischer '''<354>''' Gemeinwesen vorherrschend finden, beruht einerseits auf dem Gemeineigentum an den Produktionsbedingungen, andrerseits darauf, daß das einzelne Individuum sich von der Nabelschnur des Stammes oder des Gemeinwesens noch ebensowenig losgerissen hat wie das Bienenindividuum vom Bienenstock. Beides unterscheidet sie von der kapitalistischen Kooperation. Die sporadische Anwendung der Kooperation auf großem Maßstab in der antiken Welt, dem Mittelalter und den modernen Kolonien beruht auf unmittelbaren Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnissen, zumeist auf der Sklaverei. Die kapitalistische Form setzt dagegen von vornherein den freien Lohnarbeiter voraus, der seine Arbeitskraft dem Kapital verkauft. Historisch jedoch entwickelt sie sich im Gegensatz zur Bauernwirtschaft und zum unabhängigen Handwerksbetrieb, ob dieser zünftige Form besitze oder nicht.(24) Ihnen gegenüber erscheint die kapitalistische Kooperation nicht als eine besondre historische Form der Kooperation, sondern die Kooperation selbst als eine dem kapitalistischen Produktionsprozeß eigentümliche und ihn spezifisch unterscheidende historische Form. | |||
Wie die durch die Kooperation entwickelte gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit als Produktivkraft des Kapitals erscheint, so die Kooperation selbst als eine spezifische Form des kapitalistischen Produktionsprozesses im Gegensatz zum Produktionsprozeß vereinzelter unabhängiger Arbeiter oder auch Kleinmeister. Es ist die erste Änderung, welche der wirkliche Arbeitsprozeß durch seine Subsumtion unter das Kapital erfährt. Diese Änderung geht naturwüchsig vor sich. Ihre Voraussetzung, gleichzeitige Beschäftigung einer größren Anzahl von Lohnarbeitern in demselben Arbeitsprozeß, bildet den Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktion. Dieser fällt mit dem Dasein des Kapitals selbst zusammen. Wenn sich die kapitalistische Produktionsweise daher einerseits als historische Notwendigkeit für die Verwandlung des Arbeitsprozesses in einen gesellschaftlichen Prozeß darstellt, so andrerseits diese gesellschaftliche Form des Arbeitsprozesses als eine vom Kapital angewandte Methode, um ihn durch Steigerung seiner Produktivkraft profitlicher auszubeuten. | |||
In ihrer bisher betrachteten einfachen Gestalt fällt die Kooperation zusammen mit der Produktion auf größrer Stufenleiter, bildet aber keine feste '''<355>''' charakteristische Form einer besondren Entwicklungsepoche der kapitalistischen Produktionsweise. Höchstens erscheint sie annähernd so in den noch handwerksmäßigen Anfängen der Manufaktur (25) und in jeder Art großer Agrikultur, welche der Manufakturperiode entspricht und sich wesentlich nur durch die Masse der gleichzeitig angewandten Arbeiter und den Umfang der konzentrierten Produktionsmittel von der Bauernwirtschaft unterscheidet. Die einfache Kooperation ist stets noch vorherrschende Form solcher Produktionszweige, worin das Kapital auf großer Stufeneiter operiert, ohne daß Teilung der Arbeit oder Maschinerie eine bedeutende Rolle spielte. | |||
Die Kooperation bleibt die Grundform der kapitalistischen Produktionsweise, obgleich ihre einfache Gestalt selbst als besondre Form neben ihren weiterentwickelten Formen erscheint. | |||
----Fußnoten | |||
(8) "Ohne Frage besteht ein beträchtlicher Unterschied zwischen dem Wert der Arbeit eines Mannes und dem der Arbeit eines andren durch unterschiedliche Kraft, Geschicklichkeit und redlichen Fleiß. Aber ich bin auf Grund meiner sorgfältigen Beobachtung völlig sicher, daß beliebige fünf Mann in ihrer Gesamtheit eine gleiche Menge Arbeit liefern wie fünf andre, die in den erwähnten Lebensperioden stehen. Das heißt, daß sich unter diesen fünf Mann einer befindet, der alle Eigenschaften eines guten Arbeiters hat, einer ein schlechter Arbeiter ist, während die andren drei mittelmäßig sind und sich dem ersten und letzten annähern. So wird man also schon in einer so kleinen Gruppe von selbst fünf Mann die Gesamtheit all dessen finden, was fünf Mann leisten können." (E. Burke, l.c.p. 15, 16.) Cf. Quételet über das Durchschnittsindividuum. <= | |||
(9) Herr Professor Roscher will entdeckt haben, daß eine Nähmamsell, die während zwei Tagen von der Frau Professorin beschäftigt wird, mehr Arbeit liefert, als zwei Nähmamsellen, welche die Frau Professorin am selben Tage beschäftigt. Der Herr Professor stelle seine Beobachtungen über den kapitalistischen Produktionsprozeß nicht in der Kinderstube an und nicht unter Umständen, worin die Hauptperson fehlt, der Kapitalist. <= | |||
(10) "Concours de forces." (Destutt de Tracy, l.c.p. 80.) <= | |||
(11) "Es gibt zahlreiche Verrichtungen von so einfacher Art, daß sie keine Zerlegung in Teile zulassen, die jedoch nur durch das Zusammenwirken vieler Paare von Händen ausgeführt werden können. So das Heben eines großen Baumstamms auf einen Wagen ... kurz, alles, was nicht getan werden kann, ohne daß sich eine große Zahl von Händepaaren gegenseitig und gleichzeitig bei derselben ungeteilten Beschäftigung helfen." (E. G. Wakefield, "A View of the Art of Colonization", London 1849, p. 168.) <= | |||
(11a) "Während ein Mann nicht fähig ist, eine Tonnenlast zu heben, und 10 Mann sich dabei anstrengen müssen, können es einhundert Mann aber mit der Kraft nur je eines ihrer Finger tun." (John Bellers, "Proposals for raising a colledge of industry", London 1696, p. 21.) <= | |||
(12) "Man hat auch" (wenn dieselbe Arbeiterzahl von einem Pächter auf 300, statt von 10 Pächtern auf je 30 acres angewandt wird) "in der relativen Zahl der Knechte einen Vorteil, der nicht so leicht zu erkennen ist, außer von Männern der Praxis. Man sagt natürlich, daß sich 1 : 4 wie 3 : 12 verhält; aber dies bewährt sich nicht in der Praxis. Denn in der Erntezeit und bei vielen andren Verrichtungen, die ähnliche Eile erfordern, wird durch Zusammenfassen vieler Arbeitskräfte die Arbeit besser und schneller geschafft. Z.B. bewältigen bei der Ernte 2 Fuhrleute, 2 Auflader, 2 Zureicher, 2 Recher, dazu der Rest beim Schober oder in der Scheune zusammen doppelt soviel Arbeit wie die gleiche Anzahl, wenn sie in verschiedne Gruppen und auf verschiedne Pachten aufgeteilt wäre." ([J. Arbuthnot,] "An Enquiry into the Connection between the present price of provisions and the size of farms." By a Farmer, London 1773, p. 7, 8.) <= | |||
(13) Aristoteles' Definition ist eigentlich die, daß der Mensch von Natur Stadtbürger. Sie ist für das klassische Altertum ebenso charakteristisch als Franklins Definition, daß der Mensch von Natur Instrumentenmacher, für das Yankeetum. <= | |||
(14) "Ferner muß man feststellen, daß diese partielle Arbeitsteilung auch da erfolgen kann, wo die Arbeiter mit einer gleichen Verrichtung beschäftigt sind. Maurer z.B., die Ziegel von Hand zu Hand zu einem höheren Gerüst wandern lassen, tun alle die gleiche Arbeit, und dennoch existiert unter ihnen eine Art von Arbeitsteilung, die darin besteht, daß jeder von ihnen den Ziegel ein bestimmtes Stück weiterwandern läßt und alle zusammen ihn viel schneller an den gegebnen Ort kommen lassen, als wenn jeder von ihnen seinen Ziegel einzeln bis zum höheren Gerüst hinauftrüge." (F. Skrabek, "Théorie des richesses sociales", 2ème éd,. Paris 1839, t. I, p. 97, 98.) <= | |||
(15) "Wenn es sich um die Ausführung einer komplizierten Arbeit handelt, müssen verschiedene Dinge gleichzeitig getan werden. Der eine macht das eine, während der andere etwas andres macht, und alle tragen zu einer Wirkung bei, die ein einzelner Mensch nicht hätte erzeugen können. Der eine rudert, während der andere steuert und ein dritter das Netz auswirft oder den Fisch harpuniert, und der Fischfang hat einen Erfolg, der ohne diese Kooperation unmöglich wäre." (Destutt de Tracy, l.c.p. 78.) <= | |||
(16) "Ihre" (der Arbeit in der Agrikultur) "Ausführung im entscheidenden Augenblick hat um so größere Wirkung." ([J. Arbuthnot,] "An Inquiry into the Connection between the present price etc.", p. 7.) "In der Agrikultur gibt es keinen wichtigeren Faktor als den Faktor der Zeit." (Liebig, "Über Theorie und Praxis in der Landwirthschaft", 1856, p. 23.) <= | |||
(17) "Das nächste Übel, da man schwerlich in einem Lande zu finden erwartet, welches mehr Arbeit exportiert als irgendein andres der Welt, abgesehen vielleicht von China und England, besteht in der Unmöglichkeit, eine genügende Anzahl von Händen zur Baumwollernte zu beschaffen. Infolgedessen bleiben große Mengen Baumwolle ungepflückt, während ein andrer Teil von der Erde aufgesammelt wird, wenn er abgefallen und selbstverständlich verfärbt und teilweise verfault ist, so daß wegen Arbeitermangels zur richtigen Jahreszeit der Pflanzer tatsächlich gezwungen ist, sich mit dem Verlust eines großen Teils jener Baumwollernte abzufinden, auf die England so sehr wartet." ("Bengal Hurkaru. Bi-Monthly Overland Summary of News", 22nd July 1861.) <= | |||
(18) "Beim Fortschritt in der Bodenbebauung wird alles Kapital und alle Arbeit, die früher zerstreut auf 500 acres verwandt wurden, ja vielleicht noch mehr, jetzt auf die gründlichere Bearbeitung von 100 acres konzentriert." Obgleich "im Verhältnis zum angewandten Betrage von Kapital und Arbeit der Raum enger geworden ist, stellt er doch eine erweiterte Produktionssphäre dar, im Vergleich zu der Produktionssphäre, die früher von einem einzigen, unabhängigen Produzenten besessen oder bebaut worden war". (R. Jones, "An Essay on the Distribution of Wealth", "On Rent", London 1831, p. 191.) <= | |||
(19) "Die Kraft des einzelnen Menschen ist ganz gering, aber die Vereinigung der ganz geringen Kräfte ergibt Gesamtkraft, die größer ist als die Summe aller Teilkräfte, so daß schon die bloße Vereinigung der Kräfte die Zeit verringern und den Raum ihrer Wirkung vergrößern kann." (G. R. Carli, Note zu P. Verri, l.c., t. XV, p. 196.) <= | |||
(20) "Profite ... sind der einzige Zweck des Geschäfts." (J. Vanderlint, l.c.p. 11.) <= | |||
(21) Ein englisches Philisterblatt, der "Spectator" vom 26. Mai 1866, berichtet, daß nach Einführung einer Art von Kompagniegeschäft zwischen Kapitalist und Arbeitern in der "wirework company of Manchester" <Gesellschaft für Drahtverarbeitung in Manchester>: "das erste Ergebnis eine plötzliche Abnahme der Materialverschwendung war, da die Arbeiter nicht einsahen, weshalb sie mit ihrem Eigentum verschwenderischer umgehen sollten als mit dem der Kapitalisten, und Materialverschwendung ist neben schlichten Außenständen vielleicht die größte Verlustquelle in den Fabriken". Das selbe Blatt entdeckt als Grundmangel der Rochdale cooperative experiments: "They showed that associations of workmen could manage shops, mills, and almost all forms of industry with success, and they immensely improved the condition of the men, but then they did not leave a clear place for masters." ("Sie bewiesen, daß Arbeiterassoziationen Boutiquen, Fabriken und beinahe alle Formen der Industrie mit Erfolg handhaben können, und sie verbesserten außerordentlich die Lage der Leute selbst, aber! aber, dann ließen sie keine sichtbaren Platz für Kapitalisten offen." Quelle horreur! <Wie schrecklich!>) <= | |||
(21a) Nachdem Professor Cairnes die "superintendence of labour" <"Überwachung der Arbeit"> als einen Hauptcharakter der Sklavenproduktion in den südlichen Staaten von Nordamerika dargestellt hat, fährt er fort: "Da der bäuerliche Eigentümer" (des Nordens) "das ganze Produkt seines Bodens <bei Cairnes: Produkt seiner Arbeit> für sich behält, braucht er keine besonderen Ansporn zur Anstrengung. Überwachung wird hier völlig unnötig." (Cairnes, l.c.p. 48, 49.) <= | |||
(22) Sir James Steuart, überhaupt ausgezeichnet durch offnes Auge für die charakteristisch-gesellschaftlichen Unterschiede verschiedner Produktionsweisen, bemerkt: "Warum vernichten größe Manufakturunternehmungen das Hausgewerbe, wenn nicht dadurch, daß sie der Einfachheit der Sklavenarbeit näher kommen?" ("Princ. of Pol. Econ.", London 1767, v. I, p. 167, 168.) <= | |||
(22a) Auguste Comte und seine Schule hätten daher in derselben Art die ewige Notwendigkeit von Feudalherrn beweisen können, wie sie dies für die Kapitalherrn getan. <= | |||
(23) R. Jones, "Text-book of Lectures etc.", p. 77, 78. Die altassyrischen, ägyptischen usw. Sammlungen in London und andren europäischen Hauptstädten machen uns zu Augenzeugen jener kooperativen Arbeitsprozesse. <= | |||
(23a) Linguet in seiner "Théorie des Lois civiles" hat vielleicht nicht unrecht, wenn er die Jagd für die erste Form der Kooperation und Menschenjagd (Krieg) für eine der ersten Formen der Jagd erklärt. <= | |||
(24) Die kleine Bauernwirtschaft und der unabhängige Handwerksbetrieb, die beide teils die Basis der feudalen Produktionsweise bilden, teils nach deren Auflösung neben dem kapitalistischen Betrieb erscheinen, bilden zugleich die ökonomische Grundlage der klassischen Gemeinwesen zu ihrer besten Zeit, nachdem sich das ursprünglich orientalische Gemeineigentum aufgelöst und bevor sich die Sklaverei der Produktion ernsthaft bemächtigt hat. <= | |||
(25) "Ist nicht die Vereinigung von Geschicklichkeit, Fleiß und Wetteifer vieler zusammen am selben Werk der Weg, es vorwärts zu bringen? Und wäre es sonst England möglich gewesen, seine Wollmanufaktur zu einem solchen Grad der Vollendung zu bringen?" (Berkeley, "The Querist", Lond. 1750, p. 56, § 521.) <= | |||
=== <u>ZWÖLFTES KAPITEL: Teilung der Arbeit und Manufaktur</u> === | |||
''1. Doppelter Ursprung der Manufaktur'' | |||
'''<356>''' Die auf Teilung der Arbeit beruhende Kooperation schafft sich ihre klassische Gestalt in der Manufaktur. Als charakteristische Form des kapitalistischen Produktionsprozesses herrscht sie vor während der eigentlichen Manufakturperiode, die, rauh angeschlagen, von Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum letzten Drittel des achtzehnten währt. | |||
Die Manufaktur entspringt auf doppelte Weise. | |||
Entweder werden Arbeiter von verschiedenartigen, selbständigen Handwerken, durch deren Hände ein Produkt bis zu seiner letzten Reife laufen muß, in eine Werkstatt unter dem Kommando desselben Kapitalisten vereinigt. Z.B. eine Kutsche war das Gesamtprodukt der Arbeiten einer großen Anzahl unabhängiger Handwerker, wie Stellmacher, Sattler, Schneider, Schlosser, Gürtler, Drechsler, Posamentierer, Glaser, Maler, Lackierer, Vergolder usw. Die Kutschenmanufaktur vereinigt alle diese verschiednen Handwerker in ein Arbeitshaus, wo sie einander gleichzeitig in die Hand arbeiten. Man kann eine Kutsche zwar nicht vergolden, bevor sie gemacht ist. Werden aber viele Kutschen gleichzeitig gemacht, so kann ein Teil beständig vergoldet werden, während ein andrer Teil eine frühre Phase des Produktionsprozesses durchläuft. Soweit stehn wir noch auf dem Boden der einfachen Kooperation, die ihr Material an Menschen und Dingen vorfindet. Indes tritt sehr bald eine wesentliche Veränderung ein. Der Schneider, Schlosser, Gürtler usw., der nur im Kutschenmachen beschäftigt ist, verliert nach und nach mit der Gewohnheit auch die Fähigkeit, sein altes Handwerk in seiner ganzen Ausdehnung zu betreiben. Andrerseits erhält sein vereinseitigtes Tun jetzt die zweckmäßigste Form für die verengte Wirkungssphäre. Ursprünglich erschien die Kutschenmanufaktur als eine Kombination selbständiger Handwerke. Sie wird allmählich Teilung der '''<357>''' Kutschenproduktion in ihre verschiednen Sonderoperationen, wovon jede einzelne zur ausschließlichen Funktion eines Arbeiters kristallisiert und deren Gesamtheit vom Verein dieser Teilarbeiter verrichtet wird. Ebenso entstand die Tuchmanufaktur und eine ganze Reihe andrer Manufakturen aus der Kombination verschiedner Handwerke unter Kommando desselben Kapitals.(26) | |||
Die Manufaktur entspringt aber auch auf entgegengesetztem Wege. Es werden viele Handwerker, die dasselbe oder Gleichartiges tun, z.B. Papier oder Typen oder Nadeln machen, von demselben Kapital gleichzeitig in derselben Werkstatt beschäftigt. Es ist dies Kooperation in der einfachsten Form. Jeder dieser Handwerker (vielleicht mit einem oder zwei Gesellen) macht die ganze Ware und vollbringt also die verschiednen, zu ihrer Herstellung erheischten Operationen der Reihe nach. Er arbeitet in seiner alten handwerksmäßigen Weise fort. Indes veranlassen bald äußere Umstände, die Konzentration der Arbeiter in demselben Raum und die Gleichzeitigkeit ihrer Arbeiten anders zu vernutzen. Es soll z.B. ein größeres Quantum fertiger Ware in einer bestimmten Zeitfrist geliefert werden. Die Arbeit wird daher verteilt. Statt die verschiednen Operationen von demselben Handwerker in einer zeitlichen Reihenfolge verrichten zu lassen, werden sie voneinander losgelöst, isoliert, räumlich nebeneinander gestellt, jede derselben einem andren Handwerker zugewiesen und alle zusammen von den Kooperierenden gleichzeitig ausgeführt. Diese zufällige Verteilung wiederholt sich, zeigt ihre eigentümlichen Vorteile und verknöchert nach und nach zur systematischen Teilung der Arbeit. Aus dem indivi- '''<358>''' duellen Produkt eines selbständigen Handwerkers, der vielerlei tut, verwandelt sich die Ware in das gesellschaftliche Produkt eines Vereins von Handwerkern, von denen jeder fortwährend nur eine und dieselbe Teiloperation verrichtet. Dieselben Operationen, die ineinander flossen als sukzessive Verrichtungen des deutschen zünftigen Papiermachers, verselbständigten sich in der holländischen Papiermanufaktur zu nebeneinander laufenden Teiloperationen vieler kooperierenden Arbeiter. Der zünftige Nadler von Nürnberg bildet das Grundelement der englischen Nadelmanufaktur. Während aber jener eine Nadler eine Reihe von vielleicht 20 Operationen nacheinander durchlief, verrichteten hier bald 20 Nadler nebeneinander, jeder nur eine der 20 Operationen, die infolge von Erfahrungen noch viel weiter gespaltet, isoliert und zu ausschließlichen Funktionen einzelner Arbeiter verselbständigt wurden. | |||
Die Ursprungsweise der Manufaktur, ihre Herausbildung aus dem Handwerk ist also zwieschlächtig. Einerseits geht sie von der Kombination verschiedenartiger, selbständiger Handwerke aus, die bis zu dem Punkt verunselbständigt und vereinseitigt werden, wo sie nur noch einander ergänzende Teiloperationen im Produktionsprozeß einer und derselben Ware bilden. Andrerseits geht sie von der Kooperation gleichartiger Handwerker aus, zersetzt dasselbe individuelle Handwerk in seine verschiednen besondren Operationen und isoliert und verselbständigt diese bis zu dem Punkt, wo jede derselben zur ausschließlichen Funktion eines besondren Arbeiters wird. Einerseits führt daher die Manufaktur Teilung der Arbeit in einen Produktionsprozeß ein oder entwickelt sie weiter, andrerseits kombiniert sie früher geschiedne Handwerke. Welches aber immer ihr besondrer Ausgangspunkt, ihre Schlußgestalt ist dieselbe - ein Produktionsmechanismus, dessen Organe Menschen sind. | |||
Zum richtigen Verständnis der Teilung der Arbeit in der Manufaktur ist es wesentlich, folgende Punkte festzuhalten: Zunächst fällt die Analyse des Produktionsprozesses in seine besondren Phasen hier ganz und gar zusammen mit der Zersetzung einer handwerksmäßigen Tätigkeit in ihre verschiednen Teiloperationen. Zusammengesetzt oder einfach, die Verrichtung bleibt handwerksmäßig und daher abhängig von Kraft, Geschick, Schnelle, Sicherheit des Einzelarbeiters in Handhabung seines Instruments. Das Handwerk bleibt die Basis. Diese enge technische Basis schließt wirklich wissenschaftliche Analyse des Produktionsprozesses aus, da jeder Teilprozeß, den das Produkt durchmacht, als handwerksmäßige Teilarbeit ausführbar sein muß. Eben weil das handwerksmäßige Geschick so die Grundlage des Produktionsprozesses bleibt, wird jeder Arbeiter ausschließ- '''<359>''' lich einer Teilfunktion angeeignet und seine Arbeitskraft in das lebenslängliche Organ dieser Teilfunktion verwandelt. Endlich ist diese Teilung der Arbeit eine besondre Art der Kooperation, und manche ihrer Vorteile entspringen aus dem allgemeinen Wesen, nicht aus dieser besondren Form der Kooperation. | |||
''2. Der Teilarbeiter und sein Werkzeug'' | |||
Gehn wir nun näher auf das einzelne ein, so ist zunächst klar, daß ein Arbeiter, der lebenslang eine und dieselbe einfache Operation verrichtet, seinen ganzen Körper in ihr automatisch einseitiges Organ verwandelt und daher weniger Zeit dazu verbraucht als der Handwerker, der eine ganze Reihe von Operationen abwechselnd ausführt. Der kombinierte Gesamtarbeiter, der den lebendigen Mechanismus der Manufaktur bildet, besteht aber aus lauter solchen einseitigen Teilarbeitern. Im Vergleich zum selbständigen Handwerk wird daher mehr in weniger Zeit produziert oder die Produktivkraft der Arbeiter gesteigert.(27) Auch vervollkommnet sich die Methode der Teilarbeit, nachdem sie zur ausschließlichen Funktion einer Person verselbständigt ist. Die stete Wiederholung desselben beschränkten Tuns und die Konzentration der Aufmerksamkeit auf dieses Beschränkte lehren erfahrungsmäßig den bezweckten Nutzeffekt mit geringstem Kraftaufwand erreichen. Da aber immer verschiedne Arbeitergenerationen gleichzeitig zusammenleben und in denselben Manufakturen zusammenwirken, befestigen, häufen und übertragen sich bald die so gewonnenen technischen Kunstgriffe.(28) | |||
Die Manufaktur produziert in der Tat die Virtuosität des Detailarbeiters, indem sie die naturwüchsige Sonderung der Gewerbe, die sie in der Gesellschaft vorfand, im Innern der Werkstatt reproduziert und systematisch zum Extrem treibt. Andrerseits entspricht ihre Verwandlung der Teilarbeit in den Lebensberuf eines Menschen dem Trieb früherer Gesellschaften, die Gewerbe erblich zu machen, sie in Kasten zu versteinern oder in Zünfte zu verknöchern, falls bestimmte historische '''<360>''' Bedingungen dem Kastenwesen widersprechende Variabilität des Individuums erzeugen. Kasten und Zünfte entspringen aus demselben Naturgesetz, welches die Sonderung von Pflanzen und Tieren in Arten und Unterarten regelt, nur daß auf einem gewissen Entwicklungsgrad die Erblichkeit der Kasten oder die Ausschließlichkeit der Zünfte als gesellschaftliches Gesetz dekretiert wird.(29) | |||
"Die Musline von Dakka sind an Feinheit, die Kattune und andre Zeuge von Koromandel an Pracht und Dauerhaftigkeit der Farben niemals übertroffen worden. Und dennoch werden sie produziert ohne Kapital, Maschinerie, Teilung der Arbeit oder irgendeins der andren Mittel, die der Fabrikation in Europa so viele Vorteile bieten. Der Weber ist ein vereinzeltes Individuum, der das Gewebe auf Bestellung eines Kunden verfertigt und mit einem Webstuhl von der einfachsten Konstruktion, manchmal nur bestehend aus hölzernen, roh zusammengefügten Stangen. Er besitzt nicht einmal einen Apparat zum Aufziehn der Kette, der Webstuhl muß daher in seiner ganzen Länge ausgestreckt bleiben und wird so unförmlich und weit, daß er keinen Raum findet in der Hütte des Produzenten, der seine Arbeit daher in freier Luft verrichten muß, wo sie durch jede Wetterändrung unterbrochen wird."(30) | |||
Es ist nur das von Generation auf Generation gehäufte und von Vater auf Sohn vererbte Sondergeschick, das dem Hindu wie der Spinne diese Virtuosität verleiht. Und dennoch verrichtet ein solcher indischer Weber sehr komplizierte Arbeit, verglichen mit der Mehrzahl der Manufakturarbeiter. | |||
Ein Handwerker, der die verschiednen Teilprozesse in der Produktion eines Machwerks nacheinander ausführt, muß bald den Platz, bald die Instrumente wechseln. Der Übergang von einer Operation zur andren '''<361>''' unterbricht den Fluß seiner Arbeit und bildet gewissermaßen Poren in seinem Arbeitstag. Diese Poren verdichten sich, sobald er den ganzen Tag eine und dieselbe Operation kontinuierlich verrichtet, oder sie verschwinden in dem Maße, wie der Wechsel seiner Operation abnimmt. Die gesteigerte Produktivität ist hier entweder der zunehmenden Ausgabe von Arbeitskraft in einem gegebnen Zeitraum geschuldet, also wachsender Intensität der Arbeit oder einer Abnahme des unproduktiven Verzehrs von Arbeitskraft. Der Überschuß von Kraftaufwand nämlich, den jeder Übergang aus der Ruhe in die Bewegung erheischt, kompensiert sich bei längrer Fortdauer der einmal erreichten Normalgeschwindigkeit. Andrerseits zerstört die Kontinuität gleichförmiger Arbeit die Spann- und Schwungkraft der Lebensgeister, die im Wechsel der Tätigkeit selbst ihre Erholung und ihren Reiz finden. | |||
Die Produktivität der Arbeit hängt nicht nur von der Virtuosität des Arbeiters ab, sondern auch von der Vollkommenheit seiner Werkzeuge. Werkzeuge derselben Art, wie Schneider-, Bohr-, Stoß-, Schlaginstrumente usw., werden in verschiednen Arbeitsprozessen gebraucht, und in demselben Arbeitsprozeß dient dasselbe Instrument zu verschiednen Verrichtungen. Sobald jedoch die verschiednen Operationen eines Arbeitsprozesses voneinander losgelöst sind und jede Teiloperation in der Hand des Teilarbeiters eine möglichst entsprechende und daher ausschließliche Form gewinnt, werden Verändrungen der vorher zu verschiednen Zwecken dienenden Werkzeuge notwendig. Die Richtung ihres Formwechsels ergibt sich aus der Erfahrung der besondren Schwierigkeiten, welche die unveränderte Form in den Weg legt. Die Differenzierung der Arbeitsinstrumente, wodurch Instrumente derselben Art besondre feste Formen für jede besondre Nutzanwendung erhalten, und ihre Spezialisierung, wodurch jedes solches Sonderinstrument nur in der Hand spezifischer Teilarbeiter in seinem ganzen Umfang wirkt, charakterisieren die Manufaktur. Zu Birmingham allein produziert man etwa 500 Varietäten von Hämmern, wovon jeder nicht nur für einen besondren Produktionsprozeß, sondern eine Anzahl Varietäten oft nur für verschiedne Operationen in demselben Prozeß dient. Die Manufakturperiode vereinfacht, verbessert und vermannigfacht die Arbeitswerkzeuge durch deren Anpassung an die ausschließlichen Sonderfunktionen der Teilarbeiter.(31) Sie schafft damit zu- '''<362>''' gleich eine der materiellen Bedingungen der Maschinerie, die aus einer Kombination einfacher Instrumente besteht. | |||
Der Detailarbeiter und sein Instrument bilden die einfachen Elemente der Manufaktur. Wenden wir uns jetzt zu ihrer Gesamtgestalt. | |||
3. Die beiden Grundformen der Manufaktur - | |||
heterogene Manufaktur und organische Manufaktur | |||
Die Gliederung der Manufaktur besitzt zwei Grundformen, die trotz gelegentlicher Verschlingung zwei wesentlich verschiedne Arten bilden und namentlich auch bei der spätren Verwandlung der Manufaktur in die maschinenartig betriebne, große Industrie eine ganz verschiedne Rolle spielen. Dieser Doppelcharakter entspringt aus der Natur des Machwerks selbst. Es wird entweder gebildet durch bloß mechanische Zusammensetzung selbständiger Teilprodukte oder verdankt seine fertige Gestalt einer Reihenfolge zusammenhängender Prozesse und Manipulationen. | |||
Eine Lokomotive z.B. besteht aus mehr als 5.000 selbständigen Teilen. Sie kann jedoch nicht als Beispiel der ersten Art der eigentlichen Manufaktur gelten, weil sie ein Gebilde der großen Industrie ist. Wohl aber die Uhr, an welcher auch William Petty die manufakturmäßige Teilung der Arbeit veranschaulicht. Aus dem individuellen Werk eines Nürnberger Handwerkers verwandelte sich die Uhr in das gesellschaftliche Produkt einer Unzahl von Teilarbeitern, wie Rohwerkmacher, Uhrfedermacher, Zifferblattmacher, Spiralfedermacher, Steinloch- und Rubinhebelmacher, Zeigermacher, Gehäusemacher, Schraubenmacher, Vergolder, mit vielen Unterabteilungen, wie z.B. Räderfabrikant (Messing- und Stahlräder wieder geschieden), Triebmacher, Zeigerwerkmacher, acheveur de pignon (befestigt die Räder auf den Trieben, poliert die facettes usw.), Zapfenmacher, planteur de finissage (setzt verschiedne Räder und Triebe in das Werk), finisseur de barillet (läßt Zähne einschneiden, macht die Löcher zur richtigen Weite, härtet Stellung und Gesperr), Hemmungmacher, bei der Zylinderhemmung wieder Zylindermacher, Steigradmacher, Unruhe- '''<363>''' macher, Requettemacher (das Rückwerk, woran die Uhr reguliert wird), planteur d'échappement (eigentliche Hemmungmacher); dann der repasseur de barillet (macht Federhaus und Stellung ganz fertig), Stahlpolierer, Räderpolierer, Schraubenpolierer, Zahlenmaler, Blattmacher (schmilzt das Email auf das Kupfer), fabricant de pendants (macht bloß die Bügel des Gehäuses), finisseur de charnière (steckt den Messingstift in die Mitte des Gehäuses etc.), faiseur de secret (macht die Federn im Gehäuse, die den Deckel aufspringen machen), graveur, ciseleur, polisseur de boîte <Polierer des Gehäuses> usw., usw., endlich der repasseur, der die ganze Uhr zusammensetzt und sie gehend abliefert. Nur wenige Teile der Uhr laufen durch verschiedne Hände, und alle diese membra disjecta sammeln sich erst in der Hand, die sie schließlich in ein mechanisches Ganzes verbindet. Dies äußerliche Verhältnis des fertigen Produkts zu seinen verschiedenartigen Elementen läßt hier, wie bei ähnlichem Machwerk, die Kombination der Teilarbeiter in derselben Werkstatt zufällig. Die Teilarbeiten können selbst wieder als voneinander unabhängige Handwerke betrieben werden, wie im Kanton Waadt und Neuchâtel, während in Genf z.B. große Uhrenmanufakturen bestehn, d.h. unmittelbare Kooperation der Teilarbeiter unter dem Kommando eines Kapitals stattfindet. Auch im letztren Fall werden Zifferblatt, Feder und Gehäuse selten in der Manufaktur selbst verfertigt. Der kombinierte manufakturmäßige Betrieb ist hier nur unter ausnahmsweisen Verhältnissen profitlich, weil die Konkurrenz unter den Arbeitern, die zu Hause arbeiten wollen, am größten ist, die Zersplittrung der Produktion in eine Masse heterogener Prozesse wenig Verwendung gemeinschaftlicher Arbeitsmittel erlaubt und der Kapitalist bei der zerstreuten Fabrikation die Auslage für Arbeitsgebäude usw. erspart.(32) Indes ist auch die Stellung dieser '''<364>''' Detailarbeiter, die zu Hause, aber für einen Kapitalisten (Fabrikant, établisseur) arbeiten, ganz und gar verschieden von der des selbständigen Handwerkers, welcher für seine eignen Kunden arbeitet.(33) | |||
Die zweite Art der Manufaktur, ihre vollendete Form, produziert Machwerke, die zusammenhängende Entwicklungsphasen, eine Reihenfolge von Stufenprozessen durchlaufen, wie z.B. der Draht in der Nähnadelmanufaktur die Hände von 72 und selbst 92 spezifischen Teilarbeitern durchläuft. | |||
Soweit solche Manufaktur ursprünglich zerstreute Handwerke kombiniert, vermindert sie die räumliche Trennung zwischen den besondren Produktionsphasen des Machwerks. Die Zeit seines Übergangs aus einem Stadium in das andre wird verkürzt, ebenso die Arbeit, welche diese Übergänge vermittelt.(34) Im Vergleich zum Handwerk wird so Produktivkraft gewonnen, und zwar entspringt dieser Gewinn aus dem allgemeinen kooperativen Charakter der Manufaktur. Andrerseits bedingt ihr eigentümliches Prinzip der Teilung der Arbeit eine Isolierung der verschiednen Produktionsphasen, die als ebenso viele handwerksmäßige Teilarbeiten gegeneinander verselbständigt sind. Die Herstellung und Erhaltung des Zusammenhangs zwischen den isolierten Funktionen ernötigt beständigen Transport des Machwerks aus einer Hand in die andre und aus einem Prozeß in den andren. Vom Standpunkt der großen Industrie tritt dies als eine charakteristische, kostspielige und dem Prinzip der Manufaktur immanente Beschränktheit hervor.(35) | |||
Betrachtet man ein bestimmtes Quantum Rohmaterial, z.B. von Lumpen in der Papiermanufaktur oder von Draht in der Nadelmanufaktur, so durchläuft es in den Händen der verschiednen Teilarbeiter eine zeitliche Stufenfolge von Produktionsphasen bis zu seiner Schlußgestalt. Betrachtet '''<365>''' man dagegen die Werkstatt als einen Gesamtmechanismus, so befindet sich das Rohmaterial gleichzeitig in allen seinen Produktionsphasen auf einmal. Mit einem Teil seiner vielen instrumentbewaffneten Hände zieht der aus den Detailarbeiten kombinierte Gesamtarbeiter den Draht, während er gleichzeitig mit andren Händen und Werkzeugen ihn streckt, mit andren schneidet, spitzt etc. Aus einem zeitlichen Nacheinander sind die verschiednen Stufenprozesse in ein räumliches Nebeneinander verwandelt. Daher Lieferung von mehr fertiger Ware in demselben Zeitraum.(36) Jene Gleichzeitigkeit entspringt zwar aus der allgemeinen kooperativen Form des Gesamtprozesses, aber die Manufaktur findet nicht nur die Bedingungen der Kooperation vor, sondern schafft sie teilweise erst durch die Zerlegung der handwerksmäßigen Tätigkeit. Andrerseits erreicht sie diese gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses nur durch Festschmieden desselben Arbeiters an dasselbe Detail. | |||
Da das Teilprodukt jedes Teilarbeiters zugleich nur eine besondre Entwicklungsstufe desselben Machwerks ist, liefert ein Arbeiter dem andren oder eine Arbeitergruppe der andern ihr Rohmaterial. Das Arbeitsresultat des einen bildet den Ausgangspunkt für die Arbeit des andren. Der eine Arbeiter beschäftigt daher hier unmittelbar den andren. Die notwendige Arbeitszeit zur Erreichung des bezweckten Nutzeffekts in jedem Teilprozeß wird erfahrungsmäßig festgestellt, und der Gesamtmechanismus der Manufaktur beruht auf der Voraussetzung, daß in gegebner Arbeitszeit ein gegebnes Resultat erzielt wird. Nur unter dieser Voraussetzung können die verschiednen, einander ergänzenden Arbeitsprozesse ununterbrochen, gleichzeitig und räumlich nebeneinander fortgehn. Es ist klar, daß diese unmittelbare Abhängigkeit der Arbeiten und daher der Arbeiter voneinander jeden einzelnen zwingt, nur die notwendige Zeit zu seiner Funktion zu verwenden, und so eine ganz andre Kontinuität, Gleichförmigkeit, Regelmäßigkeit, Ordnung (37) und namentlich auch Intensität der Arbeit '''<366>''' erzeugt wird als im unabhängigen Handwerk oder selbst der einfachen Kooperation. Daß auf eine Ware nur die zu ihrer Herstellung gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit verwandt wird, erscheint bei der Warenproduktion überhaupt als äußrer Zwang der Konkurrenz, weil, oberflächlich ausgedrückt, jeder einzelne Produzent die Ware zu ihrem Marktpreis verkaufen muß. Lieferung von gegebnem Produktenquantum in gegebner Arbeitszeit wird dagegen in der Manufaktur technisches Gesetz des Produktionsprozesses selbst.(38) | |||
Verschiedne Operationen bedürfen jedoch ungleicher Zeitlängen und liefern daher in gleichen Zeiträumen ungleiche Quanta von Teilprodukten. Soll also derselbe Arbeiter tagaus, tagein stets nur dieselbe Operation verrichten, so müssen für verschiedne Operationen verschiedne Verhältniszahlen von Arbeitern verwandt werden, z.B. 4 Gießer und 2 Abbrecher auf einen Frottierer in einer Typenmanufaktur, wo der Gießer stündlich 2.000 Typen gießt, der Abbrecher 4.000 abbricht und der Frottierer 8.000 blank reibt. Hier kehrt das Prinzip der Kooperation in seiner einfachsten Form zurück, gleichzeitige Beschäftigung vieler, die Gleichartiges tun, aber jetzt als Ausdruck eines organischen Verhältnisses. Die manufakturmäßige Teilung der Arbeit vereinfacht und vermannigfacht also nicht nur die qualitativ unterschiednen Organe des gesellschaftlichen Gesamtarbeiters, sondern schafft auch ein mathematisch festes Verhältnis für den quantitativen Umfang dieser Organe, d.h. für die relative Arbeiterzahl oder relative Größe der Arbeitergruppen in jeder Sonderfunktion. Sie entwickelt mit der qualitativen Gliederung die quantitative Regel und Proportionalität des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses. | |||
Ist die passendste Verhältniszahl der verschiednen Gruppen von Teilarbeitern erfahrungsmäßig festgesetzt für eine bestimmte Stufenleiter der Produktion, so kann man diese Stufenleiter nur ausdehnen, indem man ein Multipel jeder besondren Arbeitergruppe verwendet.(39) Es kommt hinzu, daß dasselbe Individuum gewisse Arbeiten ebensogut auf größerer als '''<367>''' kleinerer Staffel ausführt, z.B. die Arbeit der Oberaufsicht, den Transport der Teilprodukte aus einer Produktionsphase in die andre usw. Die Verselbständigung dieser Funktionen oder ihre Zuweisung an besondre Arbeiter wird also erst vorteilhaft mit Vergrößrung der beschäftigten Arbeiterzahl, aber diese Vergrößrung muß sofort alle Gruppen proportionell ergreifen. | |||
Die einzelne Gruppe, eine Anzahl von Arbeitern, die dieselbe Teilfunktion verrichten, besteht aus homogenen Elementen und bildet ein besondres Organ des Gesamtmechanismus. In verschiednen Manufakturen jedoch ist die Gruppe selbst ein gegliederter Arbeitskörper, während der Gesamtmechanismus durch die Wiederholung oder Vervielfältigung dieser produktiven Elementarorganismen gebildet wird. Nehmen wir z.B. die Manufaktur von Glasflaschen. Sie zerfällt in drei wesentlich unterschiedne Phasen. Erstens die vorbereitende Phase, wie Bereitung der Glaskomposition, Mengung von Sand, Kalk usw. und Schmelzung dieser Komposition zu einer flüssigen Glasmasse.(40) In der ersten Phase sind verschiedne Teilarbeiter beschäftigt, ebenso in der Schlußphase, der Entfernung der Flaschen aus den Trockenöfen, ihrer Sortierung, Verpackung usw. Zwischen beiden Phasen steht in der Mitte die eigentliche Glasmacherei oder Verarbeitung der flüssigen Glasmasse. An demselben Munde eines Glasofens arbeitet eine Gruppe, die in England das "hole" (Loch) heißt und aus einem bottle maker oder finischer, einem blower, einem gatherer, einem putter up oder whetter off und einem taker in <Flaschenmacher oder Fertigmacher, einem Bläser, einem Anfänger, einem Aufstapler oder Absprenger und einem Abträger> zusammengesetzt ist. Diese fünf Teilarbeiter bilden ebenso viele Sonderorgane eines einzigen Arbeitskörpers, der nur als Einheit, also nur durch unmittelbare Kooperation der fünf wirken kann. Fehlt ein Glied des fünfteiligen Körpers, so ist er paralysiert. Derselbe Glasofen hat aber verschiedne Öffnungen, in England z.B. 4-6, deren jede einen irdenen Schmelztiegel mit flüssigem Glas birgt und wovon jede eine eigne Arbeitergruppe von derselben fünfgliedrigen Form beschäftigt. Die Gliederung jeder einzelnen Gruppe beruht hier unmittelbar auf der Teilung der Arbeit, während das Band zwischen den verschiednen gleichartigen Gruppen einfache Kooperation ist, die eins der Produktionsmittel, hier den Glasofen, durch gemeinsamen '''<368>''' Konsum ökonomischer verbraucht. Ein solcher Glasofen mit seinen 4-6 Gruppen bildet eine Glashütte, und eine Glasmanufaktur umfaßt eine Mehrzahl solcher Hütten, zugleich mit den Vorrichtungen und Arbeitern für die einleitenden und abschließenden Produktionsphasen. | |||
Endlich kann die Manufaktur, wie sie teilweis aus der Kombination verschiedner Handwerke entspringt, sich zu einer Kombination verschiedner Manufakturen entwickeln. Die größren englischen Glashütten z.B. fabrizieren ihre irdenen Schmelztiegel selbst, weil von deren Güte das Gelingen oder Mißlingen des Produkts wesentlich abhängt. Die Manufaktur eines Produktionsmittels wird hier mit der Manufaktur des Produkts verbunden. Umgekehrt kann die Manufaktur des Produkts verbunden werden mit Manufakturen, worin es selbst wieder als Rohmaterial dient oder mit deren Produkten es später zusammengesetzt wird. So findet man z.B. die Manufaktur von Flintglas kombiniert mit der Glasschleiferei und der Gelbgießerei, letztre für die metallische Einfassung mannigfacher Glasartikel. Die verschiednen kombinierten Manufakturen bilden dann mehr oder minder räumlich getrennte Departemente einer Gesamtmanufaktur, zugleich voneinander unabhängige Produktionsprozesses, jeder mit eigner Teilung der Arbeit. Trotz mancher Vorteile, welche die kombinierte Manufaktur bietet, gewinnt sie, auf eigner Grundlage, keine wirklich technische Einheit. Diese entsteht erst bei ihrer Verwandlung in den maschinenmäßigen Betrieb. | |||
Die Manufakturperiode, welche Verminderung der zur Warenproduktion notwendigen Arbeitszeit bald als bewußtes Prinzip ausspricht (41), entwickelt sporadisch auch den Gebrauch von Maschinen, namentlich für gewisse einfache erste Prozesse, die massenhaft und mit großem Kraftaufwand auszuführen sind. So wird z.B. bald in der Papiermanufaktur das Zermalmen der Lumpen durch Papiermühlen und in der Metallurgie das Zerstoßen der Erze durch sogenannte Pochmühlen verrichtet.(42) Die elementarische Form aller Maschinerie hatte das römische Kaiserreich überliefert in der Wassermühle.(43) Die Handwerksperiode vermachte die großen '''<369>''' Erfindungen des Kompasses, des Pulvers, der Buchdruckerei und der automatischen Uhr. Im großen und ganzen jedoch spielt die Maschinerie jene Nebenrolle, die Adam Smith ihr neben der Teilung der Arbeit anweist.(44) Sehr wichtig wurde die sporadische Anwendung der Maschinerie im 17. Jahrhundert, weil sie den großen Mathematikern jener Zeit praktische Anhaltspunkte und Reizmittel zur Schöpfung der modernen Mechanik darbot. | |||
Die spezifische Maschinerie der Manufakturperiode bleibt der aus vielen Teilarbeitern kombinierte Gesamtarbeiter selbst. Die verschiednen Operationen, die der Produzent einer Ware abwechselnd verrichtet und die sich im Ganzen seines Arbeitsprozesses verschlingen, nehmen ihn verschiedenartig in Anspruch. In der einen muß er mehr Kraft entwickeln, in der andren mehr Gewandtheit, in der dritten mehr geistige Aufmerksamkeit usw., und dasselbe Individuum besitzt diese Eigenschaften nicht in gleichem Grad. Nach der Trennung, Verselbständigung und Isolierung der verschiednen Operationen werden die Arbeiter ihren vorwiegenden Eigenschaften gemäß geteilt, klassifiziert und gruppiert. Bilden ihre Naturbesonderheiten die Grundlage, worauf sich die Teilung der Arbeit pfropft, so entwickelt die Manufaktur, einmal eingeführt, Arbeitskräfte, die von Natur nur zu einseitiger Sonderfunktion taugen. Der Gesamtarbeiter besitzt jetzt alle produktiven Eigenschaften in gleich hohem Grad der Virtuosität und verausgabt sie zugleich aufs ökonomischste, indem er alle seine Organe, individualisiert in besondren Arbeitern oder Arbeitergruppen, ausschließlich zu ihren spezifischen Funktionen verwendet.(45) Die '''<370>''' Einseitigkeit und selbst die Unvollkommenheit des Teilarbeiters werden zu seiner Vollkommenheit als Glied des Gesamtarbeiters.(46) Die Gewohnheit einer einseitigen Funktion verwandelt ihn in ihr naturgemäß sicher wirkendes Organ, während der Zusammenhang des Gesamtmechanismus ihn zwingt, mit der Regelmäßigkeit eines Maschinenteils zu wirken.(47) | |||
Da die verschiednen Funktionen des Gesamtarbeiters einfacher oder zusammengesetzter, niedriger oder höher, erheischen seine Organe, die individuellen Arbeitskräfte, sehr verschiedne Grade der Ausbildung und besitzen daher sehr verschiedne Werte. Die Manufaktur entwickelt also eine Hierarchie der Arbeitskräfte, der eine Stufenleiter der Arbeitslöhne entspricht. Wird einerseits der individuelle Arbeiter einer einseitigen Funktion angeeignet und lebenslang annexiert, so werden ebensosehr die verschiednen Arbeitsverrichtungen jener Hierarchie der natürlichen und erworbnen Geschicklichkeiten angepaßt.(48) Jeder Produktionsprozeß bedingt indes gewisse einfache Hantierungen, deren jeder Mensch, wie er geht und steht, fähig ist. Auch sie werden jetzt von ihrem flüssigen Zusammenhang mit den inhaltvollern Momenten der Tätigkeit losgelöst und zu ausschließlichen Funktionen verknöchert. | |||
'''<371>''' Die Manufaktur erzeugt daher in jedem Handwerk, das sie ergreift, eine Klasse sogenannter ungeschickter Arbeiter, die der Handwerksbetrieb streng ausschloß. Wenn sie die durchaus vereinseitigte Spezialität auf Kosten des ganzen Arbeitsvermögens zur Virtuosität entwickelt, beginnt sie auch schon den Mangel aller Entwicklung zu einer Spezialität zu machen. Neben die hierarchische Abstufung tritt die einfache Scheidung der Arbeiter in geschickte und ungeschickte. Für letztre fallen die Erlernungskosten ganz weg, für erstre sinken sie, im Vergleich zum Handwerker, infolge vereinfachter Funktion. In beiden Fällen sinkt der Wert der Arbeitskraft.(49) Ausnahme findet statt, soweit die Zersetzung des Arbeitsprozesses neue zusammenfassende Funktionen erzeugt, die im Handwerksbetrieb gar nicht oder nicht in demselben Umfang vorkamen. Die relative Entwertung der Arbeitskraft, die aus dem Wegfall oder der Verminderung der Erlernungskosten entspringt, schließt unmittelbar höhere Verwertung des Kapitals ein, denn alles, was die zur Reproduktion der Arbeitskraft notwendige Zeit verkürzt, verlängert die Domäne der Mehrarbeit. | |||
4. Teilung der Arbeit innerhalb der Manufaktur | |||
und Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft | |||
Wir betrachteten erst den Ursprung der Manufaktur, dann ihre einfachen Elemente, den Teilarbeiter und sein Werkzeug, endlich ihren Gesamtmechanismus. Wir berühren jetzt kurz das Verhältnis zwischen der manufakturmäßigen Teilung der Arbeit und der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit, welche die allgemeine Grundlage aller Warenproduktion bildet. | |||
Hält man nur die Arbeit selbst im Auge, so kann man die Trennung der gesellschaftlichen Produktion in ihre großen Gattungen, wie Agrikultur, Industrie usw., als Teilung der Arbeit im allgemeinen, die Sonderung dieser Produktionsgattungen in Arten und Unterarten als Teilung der Arbeit im besondren, und die Teilung der Arbeit innerhalb einer Werkstatt als Teilung der Arbeit im einzelnen bezeichnen.(50) | |||
'''<372>''' Die Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft und die entsprechende Beschränkung der Individuen auf besondre Berufssphären entwickelt sich, wie die Teilung der Arbeit innerhalb der Manufaktur, von entgegengesetzten Ausgangspunkten. Innerhalb einer Familie (50a), weiter entwickelt eines Stammes, entspringt eine naturwüchsige Teilung der Arbeit aus den Geschlechts- und Alterverschiedenheiten, also auf rein physiologischer Grundlage, die mit der Ausdehnung des Gemeinwesens, der Zunahme der Bevölkerung und namentlich dem Konflikt zwischen verschiednen Stämmen und der Unterjochung eines Stamms durch den andren ihr Material ausweitet. Andrerseits, wie ich früher bemerkt , entspringt der Produktenaustausch an den Punkten, wo verschiedne Familien, Stämme, Gemeinwesen in Kontakt kommen, denn nicht Privatpersonen sondern Familien, Stämme usw. treten sich in den Anfängen der Kultur selbständig gegenüber. Verschiedne Gemeinwesen finden verschiedne Produktionsmittel und verschiedne Lebensmittel in ihrer Naturumgebung vor. Ihre Produktionsweise, Lebensweise und Produkte sind daher verschieden. Es ist diese naturwüchsige Verschiedenheit, die bei dem Kontakt der Gemeinwesen den Austausch der wechselseitigen Produkte und daher die allmähliche Verwandlung dieser Produkte in Waren hervorruft. Der Austausch schafft nicht den Unterschied der Produktionssphären, sondern setzt die unterschiednen in Beziehung und verwandelt sie so in mehr oder minder voneinander abhängige Zweige einer gesellschaftlichen Gesamtproduktion. Hier entsteht die gesellschaftliche Teilung der Arbeit '''<373>''' durch den Austausch ursprünglich verschiedner, aber voneinander unabhängiger Produktionssphären. Dort, wo die physiologische Teilung der Arbeit den Ausgangspunkt bildet, lösen sich die besondren Organe eines unmittelbar zusammengehörigen Ganzen voneinander ab, zersetzen sich, zu welchem Zersetzungsprozeß der Warenaustausch mit fremden Gemeinwesen den Hauptanstoß gibt, und verselbständigen sich bis zu dem Punkt, wo der Zusammenhang der verschiednen Arbeiten durch den Austausch der Produkte als Waren vermittelt wird. Es ist in dem einen Fall Verunselbständigung der früher Selbständigen, in dem andren Verselbständigung der früher Unselbständigen. | |||
Die Grundlage aller entwickelten und durch Warenaustausch vermittelten Teilung der Arbeit ist die Scheidung von Stadt und Land.(51) Man kann sagen, daß die ganze ökonomische Geschichte der Gesellschaft sich in der Bewegung dieses Gegensatzes resümiert, auf den wir jedoch hier nicht weiter eingehn. | |||
Wie für die Teilung der Arbeit innerhalb der Manufaktur eine gewisse Anzahl gleichzeitig angewandter Arbeiter die materielle Voraussetzung bildet, so für die Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft die Größe der Bevölkerung und ihre Dichtigkeit, die hier an die Stelle der Agglomeration in derselben Werkstatt tritt.(52) Indes ist diese Dichtigkeit etwas Relatives. Ein relativ spärlich bevölkertes Land mit entwickelten Kommunikationsmitteln besitzt eine dichtere Bevölkerung als ein mehr bevölkertes Land mit unentwickelten Kommunikationsmitteln, und in dieser Art sind z.B. die nördlichen Staaten der amerikanischen Union dichter bevölkert als Indien.(53) | |||
'''<374>''' Da Warenproduktion und Warenzirkulation die allgemeine Voraussetzung der kapitalistischen Produktionsweise, erheischt manufakturmäßige Teilung der Arbeit eine schon bis zu gewissem Entwicklungsgrad gereifte Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft. Umgekehrt entwickelt und vervielfältigt die manufakturmäßige Teilung der Arbeit rückwirkend jene gesellschaftliche Teilung der Arbeit. Mit der Differenzierung der Arbeitsinstrumente differenzieren sich mehr und mehr die Gewerbe, welche diese Instrumente produzieren.(54) Ergreift der manufakturmäßige Betrieb ein Gewerb, das bisher als Haupt- oder Nebengewerb mit andren zusammenhing und von demselben Produzenten ausgeführt wurde, so findet sofort Scheidung und gegenseitige Verselbständigung statt. Ergreift er eine besondre Produktionsstufe einer Ware, so verwandeln sich ihre verschiednen Produktionsstufen in verschiedne unabhängige Gewerbe. Es ward bereits angedeutet, daß, wo das Machwerk ein bloß mechanisch zusammengesetztes Ganze von Teilprodukten, die Teilarbeiten sich selbst wieder zu eignen Handwerken verselbständigen können. Um die Teilung der Arbeiter vollkommner innerhalb einer Manufaktur auszuführen, wird derselbe Produktionszweig, je nach der Verschiedenheit seiner Rohstoffe oder der verschiednen Formen, die derselbe Rohstoff erhalten kann, in verschiedne, zum Teil ganz neue Manufakturen gespaltet. So wurden bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Frankreich allein über 100 verschiedenartige Seidenzeuge gewebt, und in Avignon z.B. war es Gesetz, daß "jeder Lehrling sich immer nur einer Fabrikationsart widmen und nicht die Verfertigung mehrerer Zeugarten zugleich lernen durfte". Die territoriale Teilung der Arbeit, welche besondre Produktionszweige an besondre Distrikte eines Landes bannt, erhält neuen Anstoß durch den manufakturmäßigen Betrieb, der alle Besonderheiten ausbeutet.(55) Reiches Material zur Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft liefert der '''<375>''' Manufakturperiode die Erweiterung des Weltmarkts und das Kolonialsystem, die zum Umkreis ihrer allgemeinen Existenzbedingungen gehören. Es ist hier nicht der Ort, weiter nachzuweisen, wie sie neben der ökonomischen jede andre Sphäre der Gesellschaft ergreift und überall die Grundlage zu jener Ausbildung des Fachwesens, der Spezialitäten, und einer Parzellierung des Menschen legt, die schon A. Ferguson, den Lehrer A. Smiths, in den Ausruf ausbrechen ließ: "Wir machen eine Nation von Heloten, und es gibt keine Freien unter uns."(56) | |||
Trotz der zahlreichen Analogien jedoch und der Zusammenhänge zwischen der Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft und der Teilung innerhalb einer Werkstatt sind beide nicht nur graduell, sondern wesentlich unterschieden. Am schlagendsten scheint die Analogie unstreitig, wo ein innres Band verschiedne Geschäftszweige verschlingt. Der Viehzüchter z.B. produziert Häute, der Gerber verwandelt die Häute in Leder, der Schuster das Leder in Stiefel. Jeder produziert hier ein Stufenprodukt, und die letzte fertige Gestalt ist das kombinierte Produkt ihrer Sonderarbeiten. Es kommen hinzu die mannigfachen Arbeitszweige, die dem Viehzüchter, Gerber, Schuster Produktionsmittel liefern. Man kann sich nun mit A. Smith einbilden, diese gesellschaftliche Teilung der Arbeit unterscheide sich von der manufakturmäßigen nur subjektiv, nämlich für den Beobachter, der hier die mannigfachen Teilarbeiten auf einen Blick räumlich zusammensieht, während dort ihre Zerstreuung über große Flächen und die große Zahl der in jedem Sonderzweig Beschäftigten den Zusammenhang verdunklen.(57) Was aber stellt den Zusammenhang her '''<376>''' zwischen den unabhängigen Arbeiten von Viehzüchter, Gerber, Schuster? Das Dasein ihrer respektiven Produkte als Waren. Was charakterisiert dagegen die manufakturmäßige Teilung der Arbeit? Daß der Teilarbeiter keine Ware produziert.(58) Erst das gemeinsame Produkt der Teilarbeiter verwandelt sich in Ware.(58a) Die Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft ist vermittelt durch den Kauf und Verkauf der Produkte verschiedner Arbeitszweige, der Zusammenhang der Teilarbeiten in der Manufaktur durch den Verkauf verschiedner Arbeitskräfte an denselben Kapitalisten, der sie als kombinierte Arbeitskraft verwendet. Die manufakturmäßige Teilung der Arbeit unterstellt Konzentration der Produktionsmittel in der Hand eines Kapitalisten, die gesellschaftliche Teilung der Arbeit Zersplitterung der Produktionsmittel unter viele voneinander unabhängige Warenproduzenten. Statt daß in der Manufaktur das eherne Gesetz der Verhältniszahl oder Proportionalität bestimmte Arbeitermassen unter bestimmte Funktionen subsumiert, treiben Zufall und Willkür ihr buntes Spiel in der Verteilung der Warenproduzenten und ihrer Produktionsmittel unter die verschiednen gesellschaftlichen Arbeitszweige. Zwar suchen sich die verschiednen Produktionssphären beständig ins Gleichgewicht zu setzen, indem einerseits jeder Warenproduzent einen Gebrauchswert produzieren, '''<377>''' also ein besondres gesellschaftliches Bedürfnis befriedigen muß, der Umfang dieser Bedürfnisse aber quantitativ verschieden ist und ein innres Band die verschiednen Bedürfnismassen zu einem naturwüchsigen System verkettet; indem andrerseits das Wertgesetz der Waren bestimmt, wieviel die Gesellschaft von ihrer ganzen disponiblen Arbeitszeit auf die Produktion jeder besondren Warenart verausgaben kann. Aber diese beständige Tendenz der verschiednen Produktionssphären, sich ins Gleichgewicht zu setzen, betätigt sich nur als Reaktion gegen die beständige Aufhebung dieses Gleichgewichts. Die bei der Teilung der Arbeit im Innern der Werkstatt a priori und planmäßig befolgte Regel wirkt bei der Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft nur a posteriori als innre, stumme, im Barometerwechsel der Marktpreise wahrnehmbare, die regellose Willkür der Warenproduzenten überwältigende Naturnotwendigkeit. Die manufakturmäßige Teilung der Arbeit unterstellt die unbedingte Autorität des Kapitalisten über Menschen, die bloße Glieder eines ihm gehörigen Gesamtmechanismus bilden; die gesellschaftliche Teilung der Arbeit stellt unabhängige Warenproduzenten einander gegenüber, die keine andre Autorität anerkennen als die der Konkurrenz, den Zwang, den der Druck ihrer wechselseitigen Interessen auf sie ausübt, wie auch im Tierreich das bellum omnium contra omnes <der Krieg aller gegen alle> die Existenzbedingungen aller Arten mehr oder minder erhält. Dasselbe bürgerliche Bewußtsein, das die manufakturmäßige Teilung der Arbeit, die lebenslängliche Annexation des Arbeiters an eine Detailverrichtung und die unbedingte Unterordnung der Teilarbeiter unter das Kapital als eine Organisation der Arbeit feiert, welche ihre Produktivkraft steigre, denunziert daher ebenso laut jede bewußte gesellschaftliche Kontrolle und Reglung des gesellschaftliche Produktionsprozesses als einen Eingriff in die unveretzlichen Eigentumsrechte, Freiheit und sich selbst bestimmende "Genialität" des individuellen Kapitalisten. Es ist sehr charakteristisch, daß die begeisterten Apologeten des Fabriksystems nichts Ärgres gegen jede allgemeine Organisation der gesellschaftlichen Arbeit zu sagen wissen, als daß sie die ganze Gesellschaft in eine Fabrik verwandeln würde. | |||
Wenn die Anarchie der gesellschaftlichen und die Despotie der manufakturmäßigen Arbeitsteilung einander in der Gesellschaft der kapitalistischen Produktionsweise bedingen, bieten dagegen frühere Gesellschaftsformen, worin die Besonderung der Gewerbe sich naturwüchsig entwickelt, dann kristallisiert und endlich gesetzlich befestigt hat, einerseits das Bild einer plan- und autoritätsmäßigen Organisation der gesellschaftlichen Arbeit, während sie anderseits die Teilung der Arbeit innerhalb der '''<378>''' Werkstatt ganz ausschließen oder nur auf einem Zwergmaßstab oder nur sporadisch und zufällig entwickeln.(59) | |||
Jene uraltertümlichen, kleinen indischen Gemeinwesen z.B., die zum Teil noch fortexistieren, beruhn auf gemeinschaftlichem Besitz des Grund und Bodens, auf unmittelbarer Verbindung von Agrikultur und Handwerk und auf einer festen Teilung der Arbeit, die bei Anlage neuer Gemeinwesen als gegebner Plan und Grundriß dient. Sie bilden sich selbst genügende Produktionsganze, deren Produktionsgebiet von 100 bis auf einige 1.000 Acres wechselt. Die Hauptmasse der Produkte wird für den unmittelbaren Selbstbedarf der Gemeinde produziert, nicht als Ware, und die Produktion selbst ist daher unabhängig von der durch Warenaustausch vermittelten Teilung der Arbeit im großen und ganzen der indischen Gesellschaft. Nur der Überschuß der Produkte verwandelt sich in Ware, zum Teil selbst wieder erst in der Hand des Staats, dem ein bestimmtes Quantum seit undenklichen Zeiten als Naturalrente zufließt. Verschiedne Teile Indiens besitzen verschiedne Formen des Gemeinwesens. In der einfachsten Form bebaut die Gemeinde das Land gemeinschaftlich und verteilt seine Produkte unter ihre Glieder, während jede Familie Spinnen, Weben usw. als häusliches Nebengewerb treibt. Neben dieser gleichartig beschäftigten Masse finden wir den "Haupteinwohner", Richter, Polizei und Steuereinnehmer in einer Person; den Buchhalter, der die Rechnung über den Ackerbau führt und alles darauf Bezügliche katastriert und registriert; einen Beamten, der Verbrecher verfolgt und fremde Reisende beschützt und von einem Dorf zum andren geleitet; den Grenzmann, der die Grenzen der Gemeinde gegen die Nachbargemeinden bewacht; den Wasseraufseher, der das Wasser aus den gemeinschaftlichen Wasserbehältern zu Ackerbauzwecken verteilt; den Braminen, der die Funktionen des religiösen Kultus verrichtet; den Schulmeister, der die Gemeindekinder im Sand schreiben und lesen lehrt; den Kalenderbraminen, der als Astrolog die Zeiten für Saat, Ernte und die guten und bösen Stunden für alle besondren Ackerbauarbeiten angibt; einen Schmied und '''<379>''' einen Zimmermann, welche alle Ackerbauwerkzeuge verfertigen und ausbessern; den Töpfer, der alle Gefäße für das Dorf macht; den Barbier, den Wäscher für die Reinigung der Kleider, den Silberschmied, hier und da den Poeten, der in einigen Gemeinden den Silberschmied, in andren den Schulmeister ersetzt. Dies Dutzend Personen wird auf Kosten der ganzen Gemeinde erhalten. Wächst die Bevölkerung, so wird eine neue Gemeinde nach dem Muster der alten auf unbebautem Boden angesiedelt. Der Gemeindemechanismus zeigt planmäßige Teilung der Arbeit, aber ihre manufakturmäßige Teilung ist unmöglich, indem der Markt für Schmied, Zimmermann usw. unverändert bleibt und höchstens, je nach dem Größenunterschied der Dörfer, statt eines Schmieds, Töpfers usw. ihrer zwei oder drei vorkommen.(60) Das Gesetz, das die Teilung der Gemeindearbeit regelt, wirkt hier mit der unverbrüchlichen Autorität eines Naturgesetzes, während jeder besondre Handwerker, wie Schmied usw., nach überlieferter Art, aber selbständig und ohne Anerkennung irgendeiner Autorität in seiner Werkstatt, alle zu seinem Fach gehörigen Operationen verrichtet. Der einfache produktive Organismus dieser selbstgenügenden Gemeinwesen, die sich beständig in derselben Form reproduzieren und, wenn zufällig zerstört, an demselben Ort, mit demselben Namen, wieder aufbauen (61), liefert den Schlüssel zum Geheimnis der Unveränderlichkeit asiatischer Gesellschaften, so auffallend kontrastiert durch die beständige Auflösung und Neubildung asiatischer Staaten und rastlosen Dynastenwechsel. Die Struktur der ökonomischen Grundelemente der Gesellschaft bleibt von den Stürmen der politischen Wolkenregion unberührt. | |||
Die Zunftgesetze, wie schon früher bemerkt, verhinderten planmäßig, '''<380>''' durch äußerste Beschränkung der Gesellenzahl, die ein einzelner Zunftmeister beschäftigen durfte, seine Verwandlung in einen Kapitalisten. Ebenso konnte er Gesellen nur beschäftigen in dem ausschließlichen Handwerk, worin er selbst Meister war. Die Zunft wehrte eifersüchtig jeden Übergriff des Kaufmannskapitals ab, der einzig freien Form des Kapitals, die ihr gegenüberstand. Der Kaufmann konnte alle Waren kaufen, nur nicht die Arbeit als Ware. Er war nur geduldet als Verleger der Handwerksprodukte. Riefen äußere Umstände eine fortschreitende Teilung der Arbeit hervor, so zerspalteten sich bestehende Zünfte in Unterarten oder lagerten sich neue Zünfte neben die alten hin, jedoch ohne Zusammenfassung verschiedner Handwerke in einer Werkstatt. Die Zunftorganisation, sosehr ihre Besondrung, Isolierung und Ausbildung der Gewerbe zu den materiellen Existenzbedingungen der Manufakturperiode gehören, schloß daher die manufakturmäßige Teilung der Arbeit aus. Im großen und ganzen blieben der Arbeiter und seine Produktionsmittel miteinander verbunden wie die Schnecke mit dem Schneckenhaus, und so fehlte die erste Grundlage der Manufaktur, die Verselbständigung der Produktionsmittel als Kapital gegenüber dem Arbeiter. | |||
Während die Teilung der Arbeit im Ganzen einer Gesellschaft, ob vermittelt oder unvermittelt durch den Warenaustausch, den verschiedenartigsten ökonomischen Gesellschaftsformationen angehört, ist die manufakturmäßige Teilung der Arbeit eine ganz spezifische Schöpfung der kapitalistischen Produktionsweise. | |||
''5. Der kapitalistische Charakter der Manufaktur'' | |||
Eine größere Arbeiteranzahl unter dem Kommando desselben Kapitals bildet den naturwüchsigen Ausgangspunkt, wie der Kooperation überhaupt, so der Manufaktur. Umgekehrt entwickelt die manufakturmäßige Teilung der Arbeit das Wachstum der angewandten Arbeiterzahl zur technischen Notwendigkeit. Das Arbeiterminimum, das ein einzelner Kapitalist anwenden muß, ist ihm jetzt durch die vorhandne Teilung der Arbeit vorgeschrieben. Andrerseits sind die Vorteile weitrer Teilung bedingt durch weitere Vermehrung der Arbeiteranzahl, die nur noch in Vielfachen ausführbar. Mit dem variablen muß aber auch der konstante Bestandteil des Kapitals wachsen, neben dem Umfang der gemeinsamen Produktionsbedingungen, wie Baulichkeiten, Öfen usw., namentlich auch und viel rascher als die Arbeiteranzahl, das Rohmaterial. Seine Masse, verzehrt in '''<381>''' gegebner Zeit durch gegebnes Arbeitsquantum, nimmt in demselben Verhältnis zu wie die Produktivkraft der Arbeit infolge ihrer Teilung. Wachsender Minimalumfang von Kapital in der Hand der einzelnen Kapitalisten oder wachsende Verwandlung der gesellschaftlichen Lebensmittel und Produktionsmittel in Kapital ist also ein aus dem technischen Charakter der Manufaktur entspringendes Gesetz.(62) | |||
Wie in der einfachen Kooperation ist in der Manufaktur der funktionierende Arbeitskörper eine Existenzform des Kapitals. Der aus vielen individuellen Teilarbeitern zusammengesetzte gesellschaftliche Produktionsmechanismus gehört dem Kapitalisten. Die aus der Kombination der Arbeiten entspringende Produktivkraft erscheint daher als Produktivkraft des Kapitals. Die eigentliche Manufaktur unterwirft nicht nur den früher selbständigen Arbeiter dem Kommando und der Disziplin des Kapitals, sondern schafft überdem eine hierarchische Gliederung unter den Arbeitern selbst. Während die einfache Kooperation die Arbeitsweise der einzelnen im großen und ganzen unverändert läßt, revolutioniert die Manufaktur sie von Grund aus und ergreift die individuelle Arbeitskraft an ihrer Wurzel. Sie verkrüppelt den Arbeiter in eine Abnormität, indem sie sein Detailgeschick treibhausmäßig fördert durch Unterdrückung einer Welt von produktiven Trieben und Anlagen, wie man in den La-Plata-Staaten ein ganzes Tier abschlachtet, um sein Fell oder seinen Talg zu erbeuten. Die besondren Teilarbeiten werden nicht nur unter verschiedne Individuen verteilt, sondern das Individuum selbst wird geteilt, in das automatische Triebwerk einer Teilarbeit verwandelt (63) und die abgeschmackte Fabel des Menenius Agrippa verwirklicht, die einen Menschen als bloßes Fragment '''<382>''' seines eignen Körpers darstellt.(64) Wenn der Arbeiter ursprünglich seine Arbeitskraft an das Kapital verkauft, weil ihm die materiellen Mittel zur Produktion einer Ware fehlen, versagt jetzt seine individuelle Arbeitskraft selbst ihren Dienst, sobald sie nicht an das Kapital verkauft wird. Sie funktioniert nur noch in einem Zusammenhang, der erst nach ihrem Verkauf existiert, in der Werkstatt des Kapitalisten. Seiner natürlichen Beschaffenheit nach verunfähigt, etwas Selbständiges zu machen, entwickelt der Manufakturarbeiter produktive Tätigkeit nur noch als Zubehör zur Werkstatt des Kapitalisten.(65) Wie dem auserwählten Volk auf der Stirn geschrieben stand, daß es das Eigentum Jehovas, so drückt die Teilung der Arbeit dem Manufakturarbeiter einen Stempel auf, der ihn zum Eigentum des Kapitals brandmarkt. | |||
Die Kenntnisse, die Einsicht und der Wille, die der selbständige Bauer oder Handwerker, wenn auch auf kleinem Maßstab, entwickelt, wie der Wilde alle Kunst des Kriegs als persönliche List ausübt, sind jetzt nur noch für das Ganze der Werkstatt erheischt. Die geistigen Potenzen der Produktion erweitern ihren Maßstab auf der einen Seite, weil sie auf vielen Seiten verschwinden. Was die Teilarbeiter verlieren, konzentriert sich ihnen gegenüber im Kapital.(66) Es ist ein Produkt der manufakturmäßigen Teilung der Arbeit, ihnen die geistigen Potenzen des materiellen Produktionsprozesses als fremdes Eigentum und sie beherrschende Macht gegenüberzustellen. Dieser Scheidungsprozeß beginnt in der einfachen Kooperation, wo der Kapitalist den einzelnen Arbeitern gegenüber die Einheit und den Willen des gesellschaftlichen Arbeitskörpers vertritt. Er entwickelt sich in der Manufaktur, die den Arbeiter zum Teilarbeiter verstümmelt. Er vollendet sich in der großen Industrie, welche die Wissenschaft als selbständige Produktionspotenz von der Arbeit trennt und in den Dienst des Kapitals preßt.(67) | |||
'''<383>''' In der Manufaktur ist die Bereicherung des Gesamtarbeiters und daher des Kapitals an gesellschaftlicher Produktivkraft bedingt durch die Verarmung des Arbeiters an individuellen Produktivkräften. | |||
"Die Unwissenheit ist die Mutter der Industrie wie des Aberglaubens. Nachdenken und Einbildungskraft sind dem Irrtum unterworfen; aber die Gewohnheit, den Fuß oder die Hand zu bewegen, hängt weder von dem einen noch von der andren ab. Manufakturen prosperieren also da am meisten, wo man am meisten sich des Geistes entschlägt, in der Art, daß die Werkstatt als eine Maschine betrachtet werden kann, deren Teile Menschen sind."(68) | |||
In der Tat wandten einige Manufakturen in der Mitte des 18. Jahrhunderts für gewisse einfache Operationen, welche aber Fabrikgeheimnisse bildeten, mit Vorliebe halbe Idioten an.(69) | |||
"Der Geist der großen Mehrzahl der Menschen", sagt A. Smith, "entwickelt sich notwendig aus und an ihren Alltagsverrichtungen. Ein Mensch, der sein ganzes Leben in der Verrichtung weniger einfacher Operationen verausgabt ... hat keine Gelegenheit, seinen Verstand zu üben ... Er wird im allgemeinen so stupid und unwissend, wie es für eine menschliche Kreatur möglich ist." | |||
Nachdem Smith den Stumpfsinn des Teilarbeiters geschildert, fährt er fort: | |||
"Die Einförmigkeit seines stationären Lebens verdirbt natürlich auch den Mut seines Geistes ... Sie zerstört selbst die Energie seines Körpers und verunfähigt ihn, seine Kraft schwunghaft und ausdauernd anzuwenden, außer in der Detailbeschäftigung, wozu er herangezogen ist. Sein Geschick in seinem besondren Gewerke scheint so erworben auf Kosten seiner intellektuellen, sozialen und kriegerischen Tugenden. Aber in jeder industriellen und zivilisierten Gesellschaft ist dies der Zustand, worin der arbeitende Arme (the labouring poor), d.h. die große Masse des Volks notwendig verfallen muß."(70) | |||
'''<384>''' Um die aus der Teilung der Arbeit entspringende völlige Verkümmerung der Volksmasse zu verhindern, empfiehlt A. Smith Volksunterricht von Staats wegen, wenn auch in vorsichtig homöopathischen Dosen. Konsequent polemisiert dagegen sein französischer Übersetzer und Kommentator, G. Garnier, der sich unter dem ersten französischen Kaisertum naturgemäß zum Senator entpuppte. Volksunterricht verstoße wider die ersten Gesetze der Teilung der Arbeit und mit demselben "proskribiere man unser ganzes Gesellschaftssystem". | |||
"Wie alle andren Teilungen der Arbeit", sagte er, "wird die zwischen Handarbeit und Verstandesarbeit (71) ausgesprochner und entschiedner im Maße, wie die Gesellschaft" (er wendet richtig diesen Ausdruck an für das Kapital, das Grundeigentum und ihren Staat) "reicher wird. Gleich jeder andren ist diese Teilung der Arbeit eine Wirkung vergangner und eine Ursache künftiger Fortschritte ... Darf die Regierung denn dieser Teilung der Arbeit entgegenwirken und sie in ihrem naturgemäßen Gang aufhalten? Darf sie einen Teil der Staatseinnahme zum Versuch verwenden, zwei Klassen von Arbeit, die ihre Teilung und Trennung erstreben, zu verwirren und zu vermischen?"(72) | |||
Eine gewisse geistige und körperliche Verkrüppelung ist unzertrennlich selbst von der Teilung der Arbeit im ganzen und großen der Gesellschaft. Da aber die Manufakturperiode diese gesellschaftliche Zerspaltung der Arbeitszweige viel weiter führt, andrerseits erst mit der ihr eigentümlichen Teilung das Individuum an seiner Lebenswurzel ergreift, liefert sie auch zuerst das Material und den Anstoß zur industriellen Pathologie.(73) | |||
'''<385>''' "Einen Menschen unterabteilen, heißt ihn hinrichten, wenn er das Todesurteil verdient, ihn meuchelmorden, wenn er es nicht verdient. Die Unterabteilung der Arbeit ist der Meuchelmord eines Volks."(74) | |||
Die auf Teilung der Arbeit beruhende Kooperation oder die Manufaktur ist in ihren Anfängen ein naturwüchsiges Gebild. Sobald sie einige Konsistenz und Breite des Daseins gewonnen, wird sie zur bewußten, planmäßigen und systematischen Form der kapitalistischen Produktionsweise. Die Geschichte der eigentlichen Manufaktur zeigt, wie die ihr eigentümliche Teilung der Arbeit zunächst erfahrungsmäßig, gleichsam hinter dem Rücken der handelnden Personen, die sachgemäßen Formen gewinnt, dann aber, gleich dem zünftigen Handwerke, die einmal gefundne Form traditionell festzuhalten strebt und in einzelnen Fällen jahrhundertlang festhält. Ändert sich diese Form, so, außer in Nebendingen, immer nur infolge einer Revolution der Arbeitsinstrumente. Die moderne Manufaktur - ich spreche hier nicht von der auf Maschinerie beruhenden großen Industrie - findet entweder, wie z.B. die Kleidermanufaktur, in den großen Städten, wo sie entsteht, die disjecta membra poetae <zerstreuten Glieder des Dichters> bereits fertig vor und hat sie nur aus ihrer Zerstreuung zu sammeln, oder das Prinzip der Teilung liegt auf flacher Hand, indem einfach die verschiednen Verrichtungen der handwerksmäßigen Produktion (z.B. beim Buchbinden) besondren Arbeitern ausschließlich angeeignet werden. Es kostet noch keine Woche Erfahrung, in solchen Fällen die Verhältniszahl zwischen den für jede Funktion nötigen Händen zu finden.(75) | |||
'''<386>''' Die manufakturmäßige Teilung der Arbeit schafft durch Analyse der handwerksmäßigen Tätigkeit, Spezifizierung der Arbeitsinstrumente, Bildung der Teilarbeiter, ihre Gruppierung und Kombination in einem Gesamtmechanismus, die qualitative Gliederung und quantitative Proportionalität gesellschaftlicher Produktionsprozesse, also eine bestimmte Organisation gesellschaftlicher Arbeit und entwickelt damit zugleich neue, gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit. Als spezifisch kapitalistische Form des gesellschaftlichen Produktionsprozesses - und auf den vorgefundnen Grundlagen konnte sie sich nicht anders als in der kapitalistischen Form entwickeln - ist sie nur eine besondre Methode, relativen Mehrwert zu erzeugen oder die Selbstverwertung des Kapitals - was man gesellschaftlichen Reichtum, "Wealth of Nations" usw. nennt - auf Kosten der Arbeiter zu erhöhn. Sie entwickelt die gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit nicht nur für den Kapitalisten, statt für den Arbeiter, sondern durch die Verkrüpplung des individuellen Arbeiters. Sie produziert neue Bedingungen der Herrschaft des Kapitals über die Arbeit. Wenn sie daher einerseits als historischer Fortschritt und notwendiges Entwicklungsmoment im ökonomischen Bildungsprozeß der Gesellschaft erscheint, so andrerseits als ein Mittel zivilisierter und raffinierter Exploitation. | |||
Die politische Ökonomie, die als eigne Wissenschaft erst in der Manufakturperiode aufkommt, betrachtet die gesellschaftliche Teilung der Arbeit überhaupt nur vom Standpunkt der manufakturmäßigen Teilung der Arbeit (76), als Mittel, mit demselben Quantum Arbeit mehr Ware zu produzieren, daher die Waren zu verwohlfeilern und die Akkumulation des Kapitals zu beschleunigen. Im strengsten Gegensatz zu dieser Akzentuierung der Quantität und des Tauschwerts halten sich die Schriftsteller des klassischen Altertums ausschließlich an Qualität und Gebrauchswert.(77) In- '''<387>''' folge der Scheidung der gesellschaftlichen Produktionszweige werden die Waren besser gemacht, die verschiednen Triebe und Talente der Menschen wählen sich entsprechende Wirkungssphären (78), und ohne Beschränkung ist nirgendwo Bedeutendes zu leisten.(79) Also Produkt und Produzent werden verbessert durch die Teilung der Arbeit. Wird gelegentlich auch das Wachstum der Produktenmasse erwähnt, so nur mit Bezug auf die größre Fülle des Gebrauchswerts. Es wird mit keiner Silbe des Tauschwerts, der Verwohlfeilerung der Waren gedacht. Dieser Standpunkt des Gebrauchswerts herrscht sowohl bei Plato (80), der die Teilung der Arbeit als '''<388>''' Grundlage der gesellschaftlichen Scheidung der Stände behandelt, als bei Xenophon (81), der mit seinem charakteristisch bürgerlichen Instinkt schon der Teilung der Arbeit innerhalb einer Werkstatt näher rückt. Platos Republik, soweit in ihr die Teilung der Arbeit als das gestaltende Prinzip des Staats entwickelt wird, ist nur atheniensische Idealisierung des ägyptischen Kastenwesens, wie Ägypten als industrielles Musterland auch andren seiner Zeitgenossen gilt, z.B. dem Isokrates (82), und diese Be- '''<389>''' deutung selbst noch für die Griechen der römischen Kaiserzeit behielt.(83) | |||
Während der eigentlichen Manufakturperiode, d.h. der Periode, worin die Manufaktur die herrschende Form der kapitalistischen Produktionsweise, stößt die volle Ausführung ihrer eignen Tendenzen auf vielseitige Hindernisse. Obgleich sie, wie wir sahen, neben der hierarchischen Gliederung der Arbeiter eine einfache Scheidung zwischen geschickten und ungeschickten Arbeitern schafft, bleibt die Zahl der letztren durch den überwiegenden Einfluß der erstren sehr beschränkt. Obgleich sie die Sonderoperationen dem verschiednen Grad von Reife, Kraft und Entwicklung ihrer lebendigen Arbeitsorgane anpaßt und daher zu produktiver Ausbeutung von Weibern und Kindern drängt, scheitert diese Tendenz im großen und ganzen an den Gewohnheiten und dem Widerstand der männlichen Arbeiter. Obgleich die Zersetzung der handwerksmäßigen Tätigkeit die Bildungskosten und daher den Wert der Arbeiter senkt, bleibt für schwierigere Detailarbeit eine längre Erlernungszeit nötig und wird auch da, wo sie vom Überfluß, eifersüchtig von den Arbeitern aufrechterhalten. Wir finden z.B. in England die laws of apprenticeship <Lehrlingsgesetze> mit ihrer siebenjährigen Lernzeit bis zum Ende der Manufakturperiode in Vollkraft und erst von der großen Industrie über Haufen geworfen. Da das Handwerksgeschick die Grundlage der Manufaktur bleibt und der in ihr funktionierende Gesamtmechanismus kein von den Arbeitern selbst unabhängiges objektives Skelett besitzt, ringt das Kapital beständig mit der Insubordination der Arbeiter. | |||
"Die Schwäche der menschlichen Natur", ruft Freund Ure aus, "ist so groß, daß der Arbeiter, je geschickter, desto eigenwilliger und schwieriger zu behandeln wird und folglich dem Gesamtmechanismus durch seine rappelköpfigen Launen schweren Schaden zufügt."(84) | |||
'''<390>''' Durch die ganze Manufakturperiode läuft daher die Klage über den Disziplinmangel der Arbeiter.(85) Und hätten wir nicht die Zeugnisse gleichzeitiger Schriftsteller, die einfachen Tatsachen, daß es vom 16. Jahrhundert bis zur Epoche der großen Industrie dem Kapital mißlingt, sich der ganzen disponiblen Arbeitszeit der Manufakturarbeiter zu bemächtigen, daß die Manufakturen kurzlebig sind und mit der Ein- oder Auswandrung der Arbeiter ihren Sitz in dem einen Land verlassen und in dem andren aufschlagen, würden Bibliotheken sprechen. "Ordnung muß auf die eine oder die andre Weise gestiftet werden", ruft 1770 der wiederholt zitierte Verfasser des "Essay on Trade and Commerce". Ordnung, hallt es 66 Jahre später zurück aus dem Mund des Dr. Andrew Ure, "Ordnung" fehlte in der auf "dem scholastischen Dogma der Arbeit" beruhenden Manufaktur, und "Arkwright schuf die Ordnung". | |||
Zugleich konnte die Manufaktur die gesellschaftliche Produktion weder in ihrem ganzen Umfang ergreifen noch in ihrer Tiefe umwälzen. Sie gipfelte als ökonomisches Kunstwerk auf der breiten Grundlage des städtischen Handwerks und der ländlich häuslichen Industrie. Ihre eigne enge technische Basis trat auf einem gewissen Entwicklungsgrad mit den von ihr selbst geschaffnen Produktionsbedürfnissen in Widerspruch. | |||
Eins ihrer vollendetsten Gebilde war die Werkstatt zur Produktion der Arbeitsinstrumente selbst, und namentlich auch der bereits angewandten komplizierteren mechanischen Apparate. | |||
"Ein solches Atelier", sagt Ure, "bot dem Auge die Teilung der Arbeit in ihren mannigfachen Abstufungen. Bohrer, Meißel, Drechselbank hatten jede ihre eignen Arbeiter, hierarchisch gegliedert nach dem Grad ihrer Geschicklichkeit." | |||
Dies Produkt der manufakturmäßigen Teilung der Arbeit produzierte seinerseits - Maschinen. Sie heben die handwerksmäßige Tätigkeit als das regelnde Prinzip der gesellschaftlichen Produktion auf. So wird einerseits der technische Grund der lebenslangen Annexation des Arbeiters an eine Teilfunktion weggeräumt. Andrerseits fallen die Schranken, welche dasselbe Prinzip der Herrschaft des Kapitals noch auferlegte. | |||
----Fußnoten | |||
(26) Um ein mehr modernes Beispiel dieser Bildungsart der Manufaktur anzuführen, folgendes Zitat. Die Seidenspinnerei und Weberei von Lyon und Nîmes "ist ganz patriarchalisch; sie beschäftigt viele Frauen und Kinder, aber ohne sie zu übermüden oder zugrunde zu richten; sie läßt sie in ihren schönen Tälern der Drôme, des Var, der Isère und von Vaucluse, um dort Seidenraupen zu züchten, und ihre Kokons abzuwickeln; sie wird niemals zu einem regelrechten Fabrikbetrieb. Um trotzdem in so hohen Maße angewandt zu werden ... nimmt hier das Prinzip der Arbeitsteilung eine besondere Eigenart an. Es gibt zwar Hasplerinnen, Seidenzwirner, Färber, Kettenschlichter, ferner Weber; aber sie sind nicht in derselben Werkstatt vereinigt, nicht von demselben Meister abhängig; alle sind sie unabhängig." (A. Blanqui, "Cours d'Écon. Industrielle", Recueilli par A. Blaise, Paris 1838-1839, p. 79.) Seit Blanqui dies schrieb, sind die verschiednen unabhängigen Arbeiter zu Teil in Fabriken vereinigt worden. {Zur 4. Aufl. - Und seit Marx obiges schrieb, hat der Kraftstuhl sich in diesen Fabriken eingebürgert und verdrängt rasch den Handwebstuhl. Die Krefelder Seidenindustrie weiß ebenfalls ein Lied davon zu singen. - F. E.} <= | |||
(27) "Je mehr eine Arbeit von großer Mannigfaltigkeit gegliedert und verschiedenen Teilarbeitern zugewiesen wird, um so mehr muß sie notwendigerweise besser und schneller ausgeführt werden, mit weniger Verlust an Zeit und Arbeit." ("The Advantages of the East India Trade", Lond. 1720, p. 71.) <= | |||
(28) "Leicht von der Hand gehende Arbeit ist überlieferte Geschicklichkeit." (Th. Hodgskin, Popular Political Economy, p. 48.) <= | |||
(29) "Auch die Künste sind ... in Ägypten zu dem gehörigen Grad von Vollkommenheit gediehn. Denn in diesem Lande allein dürfen die Handwerker durchaus nicht in die Geschäfte einer andren Bürgerklasse eingreifen, sondern bloß den nach dem Gesetz ihrem Stamme erblich zugehörigen Beruf treiben ... Bei andren Völkern findet man, daß die Gewerbsleute ihre Aufmerksamkeit auf zu viele Gegenstände verteilen ... Bald versuchen sie es mit dem Landbau, bald lassen sie sich in Handelsgeschäfte ein, bald befassen sie sich mit zwei oder drei Künsten zugleich. In Freistaaten laufen sie meist in die Volksversammlungen ... In Ägypten dagegen verfällt jeder Handwerker in schwere Strafen, wenn er sich in Staatsgeschäfte mischt oder mehrere Künste zugleich treibt. So kann nichts ihren Berufsfleiß stören ... Zudem, wie sie von ihren Vorfahren viele Regeln haben, sind sie eifrig darauf bedacht, noch neue Vorteile aufzufinden." (Diodorus Siculus: "Historische Bibliothek", I. I, c. 74.) <= | |||
(30) "Historical and descriptive Account of Brit. India etc." By Hugh Murray, James Wilson etc., Edinburgh 1832, v. II, p. 449, 450. Der indische Webstuhl ist hochschäftig, d.h., die Kette ist vertikal aufgespannt. <= | |||
(31) Darwin bemerkt in seinem epochemachenden Werk "Über die Entstehung der Arten" mit Bezug auf die natürlichen Organe der Pflanzen und Tiere: "Solange ein und dasselbe Organ verschiedne Arbeiten zu verrichten hat, läßt sich ein Grund für seine Veränderlichkeit vielleicht darin finden, daß natürliche Züchtung jede kleine Abweichung der Form weniger sorgfältig erhält oder unterdrückt, als wenn dasselbe Organ nur zu einem besondren Zwecke allein bestimmt wäre. So mögen Messer, welche allerlei Dinge zu schneiden bestimmt sind, im ganzen so ziemlich von einerlei Form sein, während ein nur zu einerlei Gebrauch bestimmtes Werkzeug für jeden andren Gebrauch auch eine andre Form haben muß." <= | |||
(32) Genf hat im Jahr 1854 80.000 Uhren produziert, noch nicht ein Fünfteil der Uhrenproduktion des Kantons Neuchâtel. Chaux-de-Fonds, das man als eine einzige Uhrenmanufaktur betrachten kann, liefert allein jährlich doppelt soviel als Genf. Von 1850-1861 lieferte Genf 720.000 Uhren. Siehe "Report from Geneva on the Watch Trade" in "Reports by H. M.'s Secretaries of Embassy and Legation on the Manufactures, Commerce etc.", Nr. 6, 1863. Wenn die Zusammenhangslosigkeit der Prozesse, worin die Produktion nur zusammengesetzter Machwerke zerfällt, an und für sich die Verwandlung solcher Manufakturen in den Maschinenbetrieb der großen Industrie sehr erschwert, kommen bei der Uhr noch zwei andre Hindernisse hinzu, die Kleinheit und Delikatesse ihrer Elemente und ihr Luxuscharakter, daher ihre Varietät, so daß z.B. in den besten Londoner Häusern das ganze Jahr hindurch kaum ein Dutzend Uhren gemacht werden, die sich ähnlich sehn. Die Uhrenfabrik von Vacheron & Constantin, die mit Erfolg Maschinerie anwendet, liefert auch höchstens 3-4 verschiedne Varietäten von Größe und Form. <= | |||
(33) In der Uhrmacherei, diesem klassischen Beispiel der heterogenen Manufaktur, kann man sehr genau die oben erwähnte aus der Zersetzung der handwerksmäßigen Tätigkeit entspringende Differenzierung und Spezialisierung der Arbeitsinstrumente studieren. <= | |||
(34) "Wenn die Menschen so dicht nebeneinander arbeiten, muß der Transport notwendigerweise geringer sein." ("The Advantages of the East India Trade", p. 106.) <= | |||
(35) "Die Vereinzelung der verschiedenen Produktionsstufen in der Manufaktur, die aus der Verwendung von Handarbeit folgt, erhöht die Produktionskosten ungeheuer, wobei der Verlust in der Hauptsache durch die bloße Beförderung von einem Arbeitsprozeß zum anderen entsteht." ("The Industry of Nations", Lond. 1855, part II, p. 200.) <= | |||
(36) "Sie" (die Teilung der Arbeit) "verursacht auch eine Zeitersparnis, indem sie die Arbeit in ihre verschiedenen Zweige zerlegt, die alle im gleichen Augenblick ausgeführt werden können ... Durch die gleichzeitige Durchführung all der verschiedenen Arbeitsprozesse, die ein einzelner getrennt hätte ausführen müssen, wird es z.B. möglich, eine Menge Nadeln in derselben Zeit fertigzustellen, in der eine einzelne Nadel sonst nur abgeschnitten oder zugespitzt worden wäre." (Dugald Stewart, l.c.p. 319.) <= | |||
(37) "Je mannigfaltiger die Spezialarbeiter in jeder Manufaktur, ... um so ordentlicher und regelmäßiger ist jede Arbeit; diese muß notwendig in weniger Zeit getan werden, und die Arbeit muß sich vermindern." ("The Advantages etc.", p. 68.) <= | |||
(38) Indes erreicht der manufakturmäßige Betrieb dies Resultat in vielen Zweigen nur unvollkommen, weil er die allgemeinen chemischen und physikalischen Bedingungen des Produktionsprozesses nicht mit Sicherheit zu kontrollieren weiß. <= | |||
(39) "Wenn die Erfahrung, je nach der besondren Natur der Produkte jeder Manufaktur, sowohl die vorteilhafteste Art, die Fabrikation in Teiloperationen zu spalten, als auch die für sie nötige Arbeiterzahl kennen gelehrt hat, werden alle Etablissements, die kein exaktes Multipel dieser Zahl anwenden, mit mehr Kosten fabrizieren ... Dies ist eine der Ursachen der kolossalen Ausdehnung industrieller Etablissements." (Ch. Babbage, "On the Economy of Machinery", Lond. 1832, ch. XXI, p. 172, 173.) <= | |||
(40) In England ist der Schmelzofen getrennt vom Glasofen, an dem das Glas verarbeitet wird, in Belgien z.B. dient derselbe Ofen zu beiden Prozessen. <= | |||
(41) Man kann dies unter andren ersehn aus W. Petty, John Bellers, Andrew Yarranton, "The Advantages of the East-India Trade" und J. Vanderlint. <= | |||
(42) Noch gegen Ende des 16. Jahrhunderts bedient sich Frankreich der Mörser und Siebe zum Pochen und Waschen der Erze. <= | |||
(43) Die ganze Entwicklungsgeschichte der Maschinerie läßt sich verfolgen an der Geschichte der Getreidemühlen. Die Fabrik heißt im Englischen immer noch mill <Mühle>. In deutschen technologischen Schriften aus den ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts findet man noch den Ausdruck Mühle nicht nur für alle mit Naturkräften getriebene Maschinerie, sondern selbst für alle Manufakturen, die maschinenartige Apparate anwenden. <= | |||
(44) Wie man aus dem Vierten Buch dieser Schrift näher sehn wird, hat A. Smith keinen einzigen neuen Satz über die Teilung der Arbeit aufgestellt. Was ihn aber als den zusammenfassenden politischen Ökonomen der Manufakturperiode charakterisiert, ist der Akzent, den er auf die Teilung der Arbeiter legt. Die untergeordnete Rolle, die er der Maschinerie anweist, rief im Beginn der großen Industrie Lauderdales, in einer weiterentwickelten Epoche Ures Polemik hervor. A. Smith verwechselt auch die Differenzierung der Instrumente, wobei die Teilarbeiter der Manufaktur selbst sehr tätig waren, mit der Maschinenerfindung. Es sind nicht die Manufakturarbeiter, sondern Gelehrte, Handwerker, selbst Bauern (Brindley) usw., die hier eine Rolle spielen. <= | |||
(45) "Indem man das Machwerk in mehrere verschiedne Operationen teilt, deren jede verschiedne Grade von Gewandtheit und Kraft erheischt, kann der Manufakturherr sich genau das jeder Operation entsprechende Quantum von Kraft und Gewandtheit verschaffen. Wäre dagegen das ganze Werk von einem Arbeiter zu verrichten, so müßte dasselbe Individuum genug Gewandtheit für die delikatesten und genug Kraft für die mühseligsten Operationen besitzen." (Ch. Babbage, l.c., ch. XIX.) <= | |||
(46) Z.B. einseitige Muskelentwicklung, Knochenverkrümmung usw. <= | |||
(47) Sehr richtig antwortet Herr Wm. Marschall, der general manager einer Glasmanufakter, auf die Frage des Untersuchungskommissärs, wie die Arbeitsamkeit unter den beschäftigten Jungen aufrechterhalten werde: "Sie können ihre Arbeit gar nicht vernachlässigen; haben sie erst einmal zu arbeiten begonnen, so müssen sie auch weitermachen; sie sind gradeso wie Teile einer Maschine." ("Child. Empl. Comm., Fourth Report", 1865, p. 247.) <= | |||
(48) Dr. Ure in seiner Apotheose der großen Industrie fühlt die eigentümlichen Charaktere der Manufaktur schärfer heraus als frühere Ökonomen, die nicht sein polemisches Interesse hatten, und selbst als seine Zeitgenossen, z.B. Babbage, der ihm zwar überlegen ist als Mathematiker und Mechaniker, aber dennoch die große Industrie eigentlich nur vom Standpunkt der Manufaktur auffaßt. Ure bemerkt: "Die Aneignung der Arbeiter an jede Sonderoperation bildet das Wesen der Verteilung der Arbeiten." Andrerseits bezeichnet er diese Verteilung als "Anpassung der Arbeiten an die verschiednen individuellen Fähigkeiten" und charakterisiert endlich das ganze Manufaktursystem als "ein System von Gradationen nach dem Rang der Geschicklichkeit", als "eine Teilung der Arbeit nach den verschiednen Graden des Geschicks" usw. (Ure, "Philos. of Manuf.", p. 19-23 passim.) <= | |||
(49) "Jeder Handwerker, der ... instand gesetzt wurde, sich durch die Praxis in einer Einzelverrichtung zu vervollkommnen ... wurde ein billigerer Arbeiter." (Ure, l.c.p. 19.) <= | |||
(50) "Die Teilung der Arbeit geht von der Trennung der verschidenartigsten Professionen fort bis zu jener Teilung, wo mehrere Arbeiter sich in die Anfertigung eines und desselben Produkts teilen, wie in der Manufaktur." (Storch, "Cours d'Écon. Pol.", Pariser Ausgabe, t. I, p. 173.) "Wir begegnen bei den Völkern, die eine gewisse Stufe der Zivilisation erreicht haben, drei Arten von Arbeitsteilung: die erste, die wir die allgemeine nennen, führt die Scheidung der Produzenten in Landwirte, Gewerbetreibende und Kaufleute herbei, sie entspricht den drei Hauptzweigen der nationalen Arbeit; die zweite, die man die besondere nennen könnte, ist die Teilung jedes Arbeitszweigs in Arten ... die dritte Arbeitsteilung endlich, die man als Teilung der Arbeitsverrichtung oder als Arbeitsteilung im eigentlichen Sinne bezeichnen sollte, ist diejenige, die sich in den einzelnen Handwerken und Berufen herausbildet ... und in den meisten Manufakturen und Werkstätten Fuß faßt." (Skarbek, l.c.p. 84, 85.) <= | |||
(50a) {Note zur 3. Aufl. - Spätere sehr gründliche Studien der menschlichen Urzustände führten den Verfasser zum Ergebnis, daß ursprünglich nicht die Familie sich zum Stamm ausgebildet, sondern umgekehrt, der Stamm die ursprüngliche naturwüchsige Form der auf Blutsverwandtschaft beruhenden menschlichen Vergesellschaftung war, so daß aus der beginnenden Auflösung der Stammesbande erst später die vielfach verschiednen Formen der Familie sich entwickelten. - F. E.} <= | |||
(51) Sir James Steuart hat diesen Punkt am besten behandelt. Wie wenig sein Werk, welches 10 Jahres vor dem "Wealth of Nations" erschien, heutzutage bekannt ist, sieht man u.a. daraus, daß die Bewundrer des Malthus nicht einmal wissen, daß dieser in der ersten Ausgabe seiner Schrift über die "Population", vom rein deklamatorischen Teil abgesehn, neben den Pfaffen Wallace und Townsend fast nur den Steuart abschreibt. <= | |||
(52) "Es gibt eine gewisse Bevölkerungsdichte, die zweckdienlich ist, sowohl für den gesellschaftlichen Verkehr als auch für jenes Zusammenwirken der Kräfte, durch das der Ertrag der Arbeit gesteigert wird." (James Mill, l.c.p. 50.) "Wenn die Zahl der Arbeiter wächst, steigt die Produktivkraft der Gesellschaft im gleichen Verhältnis zu diesem Wachstum, multipliziert mit der Wirkung der Arbeitsteilung." (Th. Hodgskin, l.c.p. 120.) <= | |||
(53) Infolge der großen Baumwollnachfrage seit 1861 wurde in einigen sonst zahlreich bevölkerten Distrikten Ostindiens die Baumwollproduktion auf Kosten der Reisproduktion ausgedehnt. Es entstand daher partielle Hungersnot, weil wegen mangelnder Kommunikationsmittel und daher mangelnden physischen Zusammenhangs der Reisausfall in einem Distrikt nicht durch Zufuhr aus andren Distrikten ausgeglichen werden konnte. <= | |||
(54) So bildete die Fabrikation der Weberschiffchen schon während des 17. Jahrhunderts einen besondren Industriezweig in Holland. <= | |||
(55) "Ist nicht die Wollmanufaktur Englands in verschiedene Teile oder Zweige geschieden, die sich an besonderen Orten festgesetzt haben, wo sie allein oder hauptsächlich hergestellt werden; feine Tuche in Somersetshire, grobe in Yorkshire, doppelbreite in Exeter, Seide in Sudbury, Krepps in Norwich, Halbwollstoffe in Kendal, Decken in Whitney usw.!" (Berkeley, "The Qerist", 1750, § 520.) <= | |||
(56) A. Ferguson, "History of Civil Society", Edinb. 1767, part IV, sect. II, p. 285. <= | |||
(57) In den eigentlichen Manufakturen, sagt er, scheint die Teilung der Arbeit größer, weil "die in jedem einzelnen Arbeitszweig Beschäftigten oft in einem Arbeitshaus zusammen sein und vom Beobachter mit einem Blick übersehen werden können. In jenen großen Manufakturen (!) dagegen, welche dazu bestimmt sind, die Hauptbedürfnisse der großen Masse der Bevölkerung zu befriedigen, sind in jedem einzelnen Arbeitszweig so viele Arbeiter beschäftigt, daß man sie unmöglich in einem Arbeitshaus zusammenbringen kann ... die Teilung ist nicht annähernd so offensichtlich." (A. Smith, "Wealth of Nations", b. I, ch. I.) Der berühmte Passus in demselben Kapitel, der mit den Worten beginnt: "Man betrachte die Habe des gewöhnlichsten Handwerkers oder Tagelöhners in einem zivilisierten und blühenden Lande usw." und dann weiter ausmalt, wie zahllos mannigfaltige Gewerbe zur Befriedigung der Bedürfnisse eines gewöhnlichen Arbeiters zusammenwirken, ist ziemlich wörtlich kopiert aus B. de Mandevilles Remarks zu seiner "Fable of the Bees, or, Privte Vices, Publick Benefits." (Erste Ausgabe ohne Remarks 1705, mit den Remarks 1714.) <= | |||
(58) "Es gibt aber nichts mehr, was man als den natürlichen Lohn der Arbeit eines einzelnen bezeichnen könnte. Jeder Arbeiter erzeugt nur einen Teil eines Ganzen, und da jeder Teil für sich allein ohne Wert oder Nutzen ist, gibt es nichts, was der Arbeiter nehmen und wovon er sagen könnte: Das ist mein Erzeugnis, das will ich für mich behalten." ("Labour defended against the claims of Capital", Lond. 1825, p. 25.) Der Verfasser dieser vorzüglichen Schrift ist der früher zitierte Th. Hodgskin. <= | |||
(58a) Note zur 2. Ausgabe. Dieser Unterschied zwischen gesellschaftlicher und manufakturmäßiger Teilung der Arbeit wurde den Yankees praktisch illustriert. Eine der während des Bürgerkriegs zu Washington neu ausgeheckten Steuern war die Akzise von 6% auf "alle industriellen Produkte". Frage: Was ist ein industrielles Produkt? Antwort des Gesetzgebers: Ein Ding ist produziert, "wenn es gemacht ist" (when it is made), und es ist gemacht, wenn für den Verkauf fertig. Nun ein Beispiel aus vielen. Manufakturen zu New York und Philadelphia hatten früher Regenschirme mit allem Zubehör "gemacht". Da ein Regenschirm aber ein Mixtum compositum ganz heterogener Bestandteile, wurden letztre nach und nach zu Machwerken unabhängig voneinander und an verschiednen Orten betriebner Geschäftszweige. Ihre Teilprodukte gingen nun als selbständige Waren ein in die Regenschirm-Manufaktur, welche sie nur noch in ein Ganzes zusammensetzt. Die Yankees haben derartige Artikel "assembled articles" (versammelte Artikel) getauft, was sie namentlich verdienten als Sammelplätze von Steuern. So "versammelte" der Regenschirm erstens 6% Akzise auf den Preis jedes seiner Elemente und hinwiederum 6% auf seinen eignen Gesamtpreis. <= | |||
(59) "Man kann als allgemeine Regel aufstellen: Je weniger die Autorität der Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft vorsteht, desto mehr entwickelt sich die Arbeitsteilung im Innern der Werkstatt und um so mehr ist sie der Autorität eines einzelnen unterworfen. Danach steht die Autorität in der Werkstatt und die in der Gesellschaft, in bezug auf die Arbeitsteilung, im umgekehrten Verhältnis zueinander." (Karl Marx, l.c.p. 130, 131 <Siehe Band 4, S. 151>.) <= | |||
(60) Lieut. Col. Mark Wilks, "Historical Sketches on the South of India", Lond. 1810 bis 1817, v. I, p. 118-120. Eine gute Zusammenstellung der verschiednen Formen des indischen Gemeinwesens findet man in George Campbells "Modern India", London 1852. <= | |||
(61) "Unter dieser einfachen Form ... haben die Einwohner des Landes seit unvordenklichen Zeiten gelebt. Die Grenzen der Dorfgebiete wurden nur selten geändert; und obgleich die Dörfer wiederholt durch Krieg, Hungersnot und Seuchen heimgesucht, ja verwüstet wurden, haben derselbe Name, dieselben Grenzen, dieselben Interessen und selbst dieselben Familien sich durch Generationen fortgesetzt. Die Einwohner ließen sich durch den Zusammenbruch und die Teilung von Königreichen nicht anfechten; solange das Dorf ungeteilt bleibt, ist es ihnen gleichgültig, an welche Macht es abgetreten wird oder welchem Herrscher es zufällt. Seine innere Wirtschaft bleibt unverändert." (Th. Stamfort Raffles, late Lieut. Gov. of Java, "The History of Java", Lond. 1817, v. I, p. 285.) <= | |||
(62) "Es genügt nicht, daß zur Unterabteilung der Handwerke nötig Kapital" (sollte heißen, die dazu nötigen Lebens- und Produktionsmittel) "sich in der Gesellschaft vorhanden vorfinde; es ist außerdem nötig, daß es in den Händen der Unternehmer in hinreichend beträchtlichen Massen akkumuliert sei, um sie zur Arbeit auf großer Stufenleiter zu befähigen ... Je mehr die Teilung zunimmt, erheischt die beständige Beschäftigung einer selben Zahl von Arbeitern immer beträchtlicheres Kapital in Werkzeugen, Rohstoffen usw." (Storch, "Cours d'Écon. Polit.", Pariser Ausg., t. I, p. 250, 251.) "Die Konzentration der Produktionsinstrumente und die Arbeitsteilung sind ebenso untrennbar voneinander wie auf dem Gebiete der Politik die Zentralisation der öffentlichen Gewalten und die Teilung der Privatinteressen." (Karl Marx, l.c.p. 134 <Siehe Band, S.153>.) <= | |||
(63) Dugald Stewart nennt die Manufakturarbeiter "lebende Automaten ... , die für Teilarbeiten verwandt werden". (l.c.p. 318.) <= | |||
(64) Bei den Korallen bildet jedes Individuum in der Tat den Magen für die ganze Gruppe. Es führt ihr aber Nahrungsstoff zu, statt wie der römische Patrizier ihn wegzuführen. <= | |||
(65) "Der Arbeiter, der ein ganzes Handwerk beherrscht, kann überall arbeiten und seinen Unterhalt finden: der andere" (der Manufakturarbeiter) "ist nur noch ein Zubehör und besitzt, von seinen Arbeitskollegen getrennt, weder Befähigung noch Unabhängigkeit und ist deshalb gezwungen, das Gesetz anzunehmen, das man für richtig hält, ihm aufzuerlegen." (Storch, l.c., édit. Petersb. 1815, t. I, p. 204.) <= | |||
(66) A. Ferguson, l.c.p. 281: "Der eine mag gewonnen haben, was der andere verloren hat." <= | |||
(67) "Der Mann des Wissens und der produktive Arbeiter sind weit voneinander getrennt, und die Wissenschaft, statt in der Hand des Arbeiters seine eignen Produktivkräfte für ihn selbst zu vermehren, hat sich fast überall ihm gegenübergestellt ... Kenntnis wird ein Instrument, fähig, von der Arbeit getrennt und ihr entgegengesetzt zu werden." (W. Thompson, "An Inquiry into the Principles of the Distribution of Wealth", London 1824, p. 274.) <= | |||
(68) A. Ferguson, l.c.p. 280. <= | |||
(69) J. D. Tuckett, "A History of the Past and Present State of the Labouring Population", London 1846, v. I, p. 148. <= | |||
(70) A. Smith, "Wealth of Nations", b. V, ch. I, art. II. Als Schüler A. Fergusons, der die nachteiligen Folgen der Teilung der Arbeit entwickelt hatte, war A. Smith über diesen Punkt durchaus klar. Im Eingang seines Werks, wo die Teilung der Arbeit exprofesso gefeiert wird, deutet er sie nur vorübergehend als Quelle der gesellschaftlichen Ungleichheiten an. Erst im 5. Buch über das Staatseinkommen reproduziert er Ferguson. Ich habe in "Misère de a Philosophie" das Nötige über das historische Verhältnis von Ferguson, A. Smith, Lemontey und Say in ihrer Kritik der Teilung der Arbeit gegeben und dort auch zuerst die manufakturmäßig Teilung der Arbeit als spezifische Form der kapitalistischen Produktionsweise dargestellt. (l.c.p. 122 sq. <Siehe Band, S. 145-147>) <= | |||
(71) Ferguson sagt bereits l.c.p. 281: "Und das Denken selbst kann in diesem Zeitalter der Arbeitsteilungen zu einem besonderen Gewerbe werden." <= | |||
(72) G. Garnier, t. V seiner Übersetzung, p. 4-5. <= | |||
(73) Ramazzini, Professor der praktischen Medizin zu Padua, veröffentlichte 1713 sein Werk "De morbis artificum", 1777 ins Französische übersetzt, wieder abgedruckt 1841 in der "Encyclopédie des Sciences Médicales. 7me Div. Auteurs Classiques". Die Periode der großen Industrie hat seinen Katalog der Arbeiterkrankheiten natürlich sehr vermehrt. Siehe u.a. "Hygiène physique et morale de l'ouvrier dans les grandes villes en général, et dans la ville de Lyon en particulier". Par le Dr. A. L. Fonteret, Paris 1858, und [R. H. Rohatzsch,] "Die Krankheiten, welche verschiednen Ständen, Altern und Geschlechtern eigenthümlich sind", 6 Bände, Ulm 1840. Im Jahre 1854 ernannte die Society of Arts eine Untersuchungskommission über industrielle Pathologie. Die Liste der von dieser Kommission gesammelten Dokumente findet man im Katalog des "Twickenham Economic Museum". Sehr wichtig die offiziellen "Reports on Public Health". Sieh auch Eduard Reich, M.D., "Ueber die Entartung des Menschen", Erlangen 1868. <= | |||
(74) "To subdivide a man is to execute him, if he deserves the sentence, to assassinate him, if he does not ... the subdivision of labour is the assassination of a people." (D. Urquhart, "Familiar Words", London 1855, p. 119.) Hegel hatte sehr ketzerische Ansichten über die Teilung der Arbeit. "Unter gebildeten Menschen kann man zunächst solche verstehn, die alles machen können, was andre tun", sagt er in seiner Rechtsphilosophie. <= | |||
(75) Der gemütliche Glaube an das Erfindungsgenie, das der einzelne Kapitalist in der Teilung der Arbeit a priori ausübe, findet sich nur noch bei deutschen Professoren, wie Herrn Roscher z.B., der dem Kapitalisten, aus dessen Jupiterhaupt die Teilung der Arbeit fertig hervorspringe, zum Dank "diverse Arbeitslöhne" widmet. Die größre oder geringre Anwendung der Teilung der Arbeit hängt von der Länge der Börse ab, nicht von der Größe des Genies. <= | |||
(76) Mehr als A. Smith fixieren ältere Schriftsteller, wie Petty, wie der anonyme Verfasser der "Advantages of the East-India Trade" etc., den kapitalistischen Charakter der manufakturmäßigen Teilung der Arbeit. <= | |||
(77) Ausnahme unter den Modernen bilden einige Schriftsteller des 18. Jahrhunderts, die in bezug auf Teilung der Arbeit fast nur den Alten nachsprechen, wie Beccaria und James Harris. So Beccaria: "Jedem beweist seine eigne Erfahrung, daß, wenn man Hand und Geist immer derselben Art von Arbeiten und Produkten zuwendet, man diese leichter, reichlicher und besser herstellt, als wenn jeder einzeln für sich das, was er benötigt, herstellen würde ... Auf diese Weise teilen sich die Menschen zum Nutzen der Allgemeinheit und zu ihrem eignen Vorteil in verschiedne Klassen und Stände." (Cesare Beccaria, "Elementi di Econ. Publica", ed. Custodi, Part. Moderna, t. XI, p. 28.) James Harris, später Earl of Malmesbury, berühmt durch die "Diaries" über seine Gesandtschaft in Petersburg, sagt selbst in einer Note zu seinem "Dialogue concerning Happiness", London 1741, später wieder abgedruckt in "Three Treatises etc.", 3. ed., Lond. 1772: "Der ganze Beweis dafür, daß die Gesellschaft etwas Natürliches ist" (nämlich durch die "Teilung der Beschäftigungen"), "ist dem zweiten Buch von Platos "Republik" entnommen." <= | |||
(78) So in der Odyssee, XIV, 228: "Denn ein andrer Mann ergötzt sich auch an andren Arbeiten" und Archilochus beim Sextus Empiricus: "Jeder erquickt seinen Sinn bei andrer Arbeit." <= | |||
(79) "Poll' hpistato erga, kakwz d' hpistato panta "[griechsch: "Poll' epistaio erga, kakos d'epistano panta." <"Viele Arbeiten konnt' er, doch alle konnt' er schlecht."> - Der Athenienser fühlte sich als Warenproduzent dem Spartaner überlegen, weil dieser im Krieg wohl über Menschen, nicht aber über Geld verfügen könne, wie Thukydides den Perikles sagen läßt in der Rede, worin er die Athenienser zum Peloponnesischen Krieg aufstachet: "Mit ihren Körpern Krieg zu führen sind die Selbstwirtschaftenden eher bereit als mit Geld." (Thuk., l. I, c. 141.) Dennoch blieb ihr Ideal, auch in der materiellen Produktion, die autarkeia [griechisch: autarkeia] <Autarkie>, die der Teilung der Arbeit gegenübersteht, "denn bei diesen gibt es Wohlstand, bei jenen aber auch die Unabhängigkeit". Man muß dabei erwägen, daß es noch zur Zeit des Sturzes der 30 Tyrannen keine 5.000 Athener ohne Grundeigentum gab. <= | |||
(80) Plato entwickelt die Teilung der Arbeit innerhalb des Gemeinwesens aus der Vielseitigkeit der Bedürfnisse und der Einseitigkeit der Anlagen der Individuen. Hauptgesichtspunkt bei ihm, daß der Arbeiter sich nach dem Werk richten müsse, nicht das Werk nach dem Arbeiter, was unvermeidlich, wenn er verschiedne Künste zugleich, also eine oder die andre als Nebenwerk treibe. "Denn die Arbeit will nicht warten auf die freie Zeit dessen, der sie macht, sondern der Arbeiter muß sich an die Arbeit halten, aber nicht in leichtfertiger Weise. - Dies ist notwendig. - Daraus folgt also, daß man mehr von allem verfertigt und sowohl schöner als auch leichter, wenn einer nur eine Sache macht, seiner natürlichen Begabung gemäß und zur richtigen Zeit, frei von andern Geschäften." ("De Republica", II, 2. ec., Baiter, Orelli etc.) Ähnlich bei Thukydides, l.c.c. 142: "Das Seewesen ist eine Kunst so sehr wie irgend etwas andres und kann nicht bei etwa vorkommenden Fällen als Nebenwerk betrieben werden, sondern vielmehr nichts andres neben ihm als Nebenwerk." Muß das Werk, sagt Plato, auf den Arbeiter warten, so wird oft der kritische Zeitpunkt der Produktion verpaßt und das Machwerk verdorben, "ergo u kairon diollutai" [griechisch: "ergou kairon diollytai." <"die rechte Zeit für die Arbeit geht verloren">] Dieselbe platonische Idee findet man wieder im Protest der englischen Bleichereibesitzer gegen die Klausel des Fabrikakts, die eine bestimmte Eßstunde für alle Arbeiter festsetzt. Ihr Geschäft könne sich nicht nach den Arbeitern richten, denn "von den verschiedenen Operationen des Absengens, Waschens, Bleichens, Mangelns, Pressens und Färbens kann keine in einem bestimmten Augenblick ohne Gefahr der Schädigung abgebrochen werden ... Das Erzwingen derselben Essensstunde für alle Arbeiter kann gelegentlich wertvolle Güter dadurch in Gefahr bringen, daß der Arbeitsprozeß nicht beendet wird." Le platonisme où va-t-il se nicher! <Wo wird der Platonismus sich noch überall einnisten!> <= | |||
(81) Xenophon erzählt, es sei nicht nur ehrenvoll, Speisen von der Tafel des Perserkönigs zu erhalten, sondern diese Speisen seien auch viel schmackhafter als andre. "Und dies ist nichts Wunderbares, denn wie die übrigen Künste in den großen Städten besonders vervollkommnet sind, ebenso werden die königlichen Speisen ganz eigens zubereitet. Denn in den kleinen Städten macht derselbe Bettstelle, Türe, Pflug, Tisch; oft baut er obendrein noch Häuser und ist zufrieden, wenn er selbst so eine für seinen Unterhalt ausreichende Kundschaft findet. Es ist rein unmöglich, daß ein Mensch, der so vielerlei treibt, alles gut mache. In den großen Städten aber, wo jeder einzelne viele Käufer findet, genügt auch ein Handwerk, um seinen Mann zu nähren. Ja oft gehört dazu nicht einmal ein ganzes Handwerk, sondern der eine macht Mannsschuhe, der andre Weiberschuhe. Hier und da lebt einer bloß vom Nähen, der andre vom Zuschneiden der Schuhe; der eine schneidet bloß Kleider zu, der andre setzt die Stücke nur zusammen. Notwendig ist es nun, daß der Verrichter der einfachsten Arbeit sie unbedingt auch am besten macht. Ebenso steht's mit der Kochkunst." (Xen., "Cyrop.", l. VIII, c. 2.) Die zu erzielende Güte des Gebrauchswerts wird hier ausschließlich fixiert, obgleich schon Xenophon die Stufenleiter der Arbeitsteilung vom Umfang des Markts abhängig weiß. <= | |||
(82) "Er" (Busiris) "teilte alle in besondere Kasten ... befahl, daß immer die nämlichen die gleichen Geschäfte treiben sollten, weil er wußte, daß die, welche mit ihren Beschäftigungen wechseln, in keinem Geschäft gründlich werden; die aber, welche beständig bei denselben Beschäftigungen bleiben, jedes aufs vollendetste zustande bringen. Wirklich werden wir auch finden, daß sie in Beziehung auf Künste und Gewerbe ihre Rivalen mehr übertroffen haben als sonst der Meister den Stümper und in Beziehung auf die Einrichtung, wodurch sie die Königsherrschaft und übrige Staatsverfassung erhalten, so vortrefflich sind, daß die berühmten Philosophen, welche darüber zu sprechen unternehmen, die Staatsverfassung Ägyptens vor andren lobten." (Isokr., "Busiris",c. 8.) <= | |||
(83) cf. Diod. Sic. <= | |||
(84) Ure, l.c.p. 20. <= | |||
(85) Das im Text Gesagte gilt viel mehr für England als für Frankreich und mehr für Frankreich als Holland. <= | |||
=== <u>DREIZEHNTES KAPITEL: TEIL I (ABSCHNITT 1 BIS 3) - Maschinerie und große Industrie</u> === | |||
''1. Entwicklung der Maschinerie'' | |||
'''<391>''' John Stuart Mill sagt in seinen "Prinzipien der politischen Ökonomie": | |||
"Es ist fraglich, ob alle bisher gemachten mechanischen Erfindungen die Tagesmühe irgendeines menschlichen Wesens erleichtert haben."(86) | |||
Solches ist jedoch auch keineswegs der Zweck der kapitalistisch verwandten Maschinerie. Gleich jeder andren Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit soll sie Waren verwohlfeilern und den Teil des Arbeitstags, den der Arbeiter für sich selbst braucht, verkürzen, um den andren Teil seines Arbeitstags, den er dem Kapitalisten umsonst gibt, zu verlängern. Sie ist Mittel zur Produktion von Mehrwert. | |||
Die Umwälzung der Produktionsweise nimmt in der Manufaktur die Arbeitskraft zum Ausgangspunkt, in der großen Industrie das Arbeitsmittel. Es ist also zunächst zu untersuchen, wodurch das Arbeitsmittel aus einem Werkzeug in eine Maschine verwandelt wird oder wodurch sich die Maschine vom Handwerksinstrument unterscheidet. Es handelt sich hier nur um große, allgemeine Charakterzüge, denn abstrakt strenge Grenzlinien scheiden ebensowenig die Epochen der Gesellschafts- wie die der Erdgeschichte. | |||
Mathematiker und Mechaniker - und man findet dies hier und da von englischen Ökonomen wiederholt - erklären das Werkzeug für eine ein- '''<392>''' fache Maschine und die Maschine für ein zusammengesetztes Werkzeug. Sie sehn hier keinen wesentlichen Unterschied und nennen sogar die einfachen mechanischen Potenzen, wie Hebel, schiefe Ebne, Schraube, Keil usw., Maschinen.(87) In der Tat besteht jede Maschine aus jenen einfachen Potenzen, wie immer verkleidet und kombiniert. Vom ökonomischen Standpunkt jedoch taugt die Erklärung nichts, denn ihr fehlt das historische Element. Andrerseits sucht man den Unterschied zwischen Werkzeug und Maschine darin, daß beim Werkzeug der Mensch die Bewegungskraft, bei der Maschine eine von der menschlichen verschiedne Naturkraft, wie Tier, Wasser, Wind usw.(88) Danach wäre ein mit Ochsen bespannter Pflug, der den verschiedensten Produktionsepochen angehört, eine Maschine, Claussens Circular Loom <Rundwebstuhl>, der von der Hand eines einzigen Arbeiters bewegt, 96.000 Maschen in einer Minute verfertigt, ein bloßes Werkzeug. Ja, derselbe loom wäre Werkzeug, wenn mit der Hand, und Maschine, wenn mit Dampf bewegt. Da die Anwendung von Tierkraft eine der ältesten Erfindungen der Menschheit, ginge in der Tat die Maschinenproduktion der Handwerksproduktion voraus. Als John Wyatt 1735 seine Spinnmaschine und mit ihr die industrielle Revolution des 18. Jahrhunderts ankündigte, erwähnte er mit keinem Wort, daß statt eines Menschen ein Esel die Maschine treibe, und dennoch fiel diese Rolle dem Esel zu. Eine Maschine, "um ohne Finger zu spinnen", lautete sein Programm.(89) | |||
'''<393>''' Alle entwickelte Maschinerie besteht aus drei wesentlich verschiednen Teilen, der Bewegungsmaschine, dem Transmissionsmechanismus, endlich der Werkzeugmaschine oder Arbeitsmaschine. Die Bewegungsmaschine wirkt als Triebkraft des ganzen Mechanismus. Sie erzeugt ihre eigne Bewegungskraft, wie die Dampfmaschine, kalorische Maschine, elektro-magnetische Maschine usw., oder sie empfängt den Anstoß von einer schon fertigen Naturkraft außer ihr, wie das Wasserrad vom Wassergefäll, der Windflügel vom Wind usw. Der Transmissionsmechanismus, zusammengesetzt aus Schwungrädern, Treibwellen, Zahnrädern, Kreiselrädern, Schäften, Schnüren, Riemen, Zwischengeschirr und Vorgelege der verschiedensten Art, regelt die Bewegung, verwandelt, wo es nötig, ihre Form, z.B. aus einer perpendikulären in eine kreisförmige, verteilt und überträgt sie auf die Werkzeugmaschinerie. Beide Teile des Mechanismus sind nur vorhanden, um der Werkzeugmaschine die Bewegung mitzuteilen, wodurch sie den Arbeitsgegenstand anpackt und zweckgemäß verändert. Dieser Teil der Maschinerie, die Werkzeugmaschine, ist es, wovon die industrielle Revolution im 18. Jahrhundert ausgeht. Sie bildet noch jeden Tag von neuem den Ausgangspunkt, sooft Handwerksbetrieb oder Manufakturbetrieb in Maschinenbetrieb übergeht. | |||
Sehn wir uns nun die Werkzeugmaschine oder eigentliche Arbeitsmaschine näher an, so erscheinen im großen und ganzen, wenn auch oft in sehr modifizierter Form, die Apparate und Werkzeuge wieder, womit der Handwerker und Manufakturarbeiter arbeitet, aber statt als Werkzeuge des Menschen jetzt als Werkzeuge eines Mechanismus oder als mechanische. Entweder ist die ganze Maschine nur eine mehr oder minder veränderte mechanische Ausgabe des alten Handwerksinstruments, wie bei '''<394>''' dem mechanischen Webstuhl (90), oder die am Gerüst der Arbeitsmaschine angebrachten tätigen Organe sind alte Bekannte, wie Spindeln bei der Spinnmaschine, Nadeln beim Strumpfwirkerstuhl, Sägeblätter bei der Sägemaschine, Messer bei der Zerhackmaschine usw. Der Unterschied dieser Werkzeuge von dem eigentlichen Körper der Arbeitsmaschine erstreckt sich bis auf ihre Geburt. Sie werden nämlich immer noch großenteils handwerksmäßig oder manufakturmäßig produziert und später erst an den maschinenmäßig produzierten Körper der Arbeitsmaschine befestigt.(91) Die Werkzeugmaschine ist also ein Mechanismus, der nach Mitteilung der entsprechenden Bewegung mit seinen Werkzeugen dieselben Operationen verrichtet, welche früher der Arbeiter mit ähnlichen Werkzeugen verrichtete. Ob die Triebkraft nun vom Menschen ausgeht oder selbst wieder von einer Maschine, ändert am Wesen der Sache nichts. Nach Übertragung des eigentlichen Werkzeugs vom Menschen auf einen Mechanismus tritt eine Maschine an die Stelle eines bloßen Werkzeugs. Der Unterschied springt sofort ins Auge, auch wenn der Mensch selbst noch der erste Motor bleibt. Die Anzahl von Arbeitsinstrumenten, womit er gleichzeitig wirken kann, ist durch die Anzahl seiner natürlichen Produktionsinstrumente, seiner eignen körperlichen Organe, beschränkt. Man versuchte in Deutschland erst einen Spinner zwei Spinnräder treten, ihn also gleichzeitig mit zwei Händen und zwei Füßen arbeiten zu lassen. Dies war zu anstrengend. Später erfand man ein Tretspinnrand mit zwei Spindeln, aber die Spinnvirtuosen, die zwei Fäden gleichzeitig spinnen konnten, waren fast so selten als zweiköpfige Menschen. Die Jenny spinnt dagegen von vornherein mit 12-18 Spindeln, der Strumpfwirkerstuhl strickt mit viel 1.000 Nadeln auf einmal usw. Die Anzahl der Werkzeuge, womit dieselbe Werkzeugmaschine gleichzeitig spielt, ist von vornherein emanzipiert von der organischen Schranke, wodurch das Handwerkszeug eines Arbeiters beengt wird. | |||
An vielem Handwerkszeug besitzt der Unterschied zwischen dem '''<395>''' Menschen als bloßer Triebkraft und als Arbeiter mit dem eigentlichen Operateur eine sinnlich besonderte Existenz. Z.B. beim Spinnrad wirkt der Fuß nur als Triebkraft, während die Hand, die an der Spindel arbeitet, zupft und dreht, die eigentliche Spinnoperation verrichtet. Grade diesen letzten Teil des Handwerksinstruments ergreift die industrielle Revolution zuerst und überläßt dem Menschen, neben der neuen Arbeit die Maschine mit seinem Auge zu überwachen und ihre Irrtümer mit seiner Hand zu verbessern, zunächst noch die rein mechanische Rolle der Triebkraft. Werkzeuge dagegen, auf die der Mensch von vornherein nur als einfache Triebkraft wirkt, wie z.B. beim Drehn der Kurbel einer Mühle (92), bei[m] Pumpen, beim Auf- und Abbewegen der Arme eines Blasebalgs, beim Stoßen eines Mörsers etc., rufen zwar zuerst die Anwendung von Tieren, Wasser, Wind (93) als Bewegungskräften hervor. Sie recken sich, teilweise innerhalb, sporadisch schon lange vor der Manufakturperiode zu Maschinen, aber sie revolutionieren die Produktionsweise nicht. Daß sie selbst in ihrer handwerksmäßigen Form bereits Maschinen sind, zeigt sich in der Periode der großen Industrie. Die Pumpen z.B., womit die Holländer 1836/37 den See von Harlem auspumpten, waren nach dem Prinzip gewöhnlicher Pumpen konstruiert, nur daß zyklopische Dampfmaschinen statt der Menschenhände ihre Kolben trieben. Der gewöhnliche und sehr unvollkommne Blasbalg des Grobschmieds wird noch zuweilen in England durch bloße Verbindung seines Arms mit einer Dampfmaschine in eine mechanische Luftpumpe verwandelt. Die Dampfmaschine selbst, wie sie Ende des 17. Jahrhunderts während der Manufakturperiode erfunden ward und bis zum Anfang der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts fortexistierte (94), '''<396>''' rief keine industrielle Revolution hervor. Es war vielmehr umgekehrt die Schöpfung der Werkzeugmaschinen, welche die revolutionierte Dampfmaschine notwendig machte. Sobald der Mensch, statt mit dem Werkzeug auf den Arbeitsgegenstand, nur noch als Triebkraft auf eine Werkzeugmaschine wirkt, wird die Verkleidung der Triebkraft in menschliche Muskel zufällig und kann Wind, Wasser, Dampf usw. an die Stelle treten. Dies schließt natürlich nicht aus, daß solcher Wechsel oft große technische Ändrungen des ursprünglich für menschliche Treibkraft allein konstruierten Mechanismus bedingt. Heutzutage werden alle Maschinen, die sich erst Bahn brechen müssen, wie Nähmaschinen, Brotbereitungsmaschinen usw., wenn sie den kleinen Maßstab nicht von vornherein durch ihre Bestimmung ausschließen, für menschliche und rein mechanische Triebkraft zugleich konstruiert. | |||
Die Maschine, wovon die industrielle Revolution ausgeht, ersetzt den Arbeiter, der ein einzelnes Werkzeug handhabt, durch einen Mechanismus, der mit einer Masse derselben oder gleichartiger Werkzeuge auf einmal operiert und von einer einzigen Triebkraft, welches immer ihre Form, bewegt wird.(95) Hier haben wir die Maschine, aber erst als einfaches Element der maschinenmäßigen Produktion. | |||
Die Erweitrung des Umfangs der Arbeitsmaschine und der Zahl ihrer gleichzeitig operierenden Werkzeuge bedingt einen massenhafteren Bewegungsmechanismus, und dieser Mechanismus zur Überwältigung seines eignen Widerstands eine mächtigere Triebkraft als die menschliche, abgesehn davon, daß der Mensch ein sehr unvollkommnes Produktionsinstrument gleichförmiger und kontinuierlicher Bewegung ist. Vorausgesetzt, daß er nur noch als einfache Triebkraft wirkt, also an die Stelle seines Werkzeugs eine Werkzeugmaschine getreten ist, können Naturkräfte ihn jetzt auch als Triebkraft ersetzen. Von allen aus der Manufakturperiode überlieferten großen Bewegungskräften war die Pferdekraft die schlechteste, teils weil ein Pferd seinen eignen Kopf hat, teils wegen seiner Kostspieligkeit und des beschränkten Umfangs, worin es in Fabriken allein anwendbar ist.(96) Dennoch wurde das Pferd häufig während der Kinderzeit '''<397>''' der großen Industrie angewandt, wie außer dem Jammer gleichzeitiger Agronomen schon der bis heute überlieferte Ausdruck der mechanischen Kraft in Pferdekraft bezeugt. Der Wind war zu unstet und unkontrollierbar, und die Anwendung der Wasserkraft überwog außerdem in England, dem Geburtsort der großen Industrie, schon während der Manufakturperiode. Man hatte bereits im 17. Jahrhundert versucht, zwei Läufer und also auch zwei Mahlgänge mit einem Wasserrad in Bewegung zu setzen. Der geschwollne Umfang des Transmissionsmechanismus geriet aber jetzt in Konflikt mit der nun unzureichenden Wasserkraft, und dies ist einer der Umstände, der zur genauern Untersuchung der Reibungsgesetze trieb. Ebenso führte das ungleichförmige Wirken der Bewegungskraft bei Mühlen, die durch Stoßen und Ziehen mit Schwengeln in Bewegung gesetzt wurden, auf die Theorie und Anwendung des Schwungrads (97), das später eine so wichtige Rolle in der großen Industrie spielt. In dieser Art entwickelte die Manufakturperiode die ersten wissenschaftlichen und technischen Elemente der großen Industrie. Arkwrights Throstlesspinnerei wurde von vornherein mit Wasser getrieben. Indes war auch der Gebrauch der Wasserkraft als herrschender Triebkraft mit erschwerenden Umständen verbunden. Sie konnte nicht beliebig erhöht und ihrem Mangel nicht abgeholfen werden, sie versagte zuweilen und war vor allem rein '''<398>''' lokaler Natur.(98) Erst mit Watts zweiter, sog. doppelt wirkender Dampfmaschine war ein erster Motor gefunden, der seine Bewegungskraft selbst erzeugt aus der Verspeisung von Kohlen und Wasser, dessen Kraftpotenz ganz unter menschlicher Kontrolle steht, der mobil und ein Mittel der Lokomotion, städtisch und nicht gleich dem Wasserrad ländlich, die Konzentration der Produktion in Städten erlaubt, statt sie wie das Wasserrad über das Land zu zerstreuen (99), universell in seiner technologischen Anwendung, in seiner Residenz verhältnismäßig wenig durch lokale Umstände bedingt. Das große Genie Watts zeigt sich in der Spezifikation des Patents, das er April 1784 nahm, und worin seine Dampfmaschine nicht als eine Erfindung zu besondren Zwecken, sondern als allgemeiner Agent der großen Industrie geschildert wird. Er deutet hier Anwendungen an, wovon manche, wie z.B. der Dampfhammer, mehr als ein halbes Jahrhundert später erst eingeführt wurden. Jedoch bezweifelte er die Anwendbarkeit der Dampfmaschine auf Seeschiffahrt. Seine Nachfolger, Boulton und Watt, stellten 1851 die kolossalste Dampfmaschine für Ocean steamers <Ozeandampfer> auf der Londoner Industrieausstellung aus. | |||
Nachdem erst die Werkzeuge aus Werkzeugen des menschlichen Organismus in Werkzeuge eines mechanischen Apparats, der Werkzeugmaschine, verwandelt, erhielt nun auch die Bewegungsmaschine eine selbständige, von den Schranken menschlicher Kraft völlig emanzipierte Form. Damit sinkt die einzelne Werkzeugmaschine, die wir bisher betrachtet, zu einem bloßen Element der maschinenmäßigen Produktion herab. Eine Bewegungsmaschine konnte jetzt viele Arbeitsmaschinen gleichzeitig treiben. | |||
'''<399>''' Mit der Anzahl der gleichzeitig bewegten Arbeitsmaschine wächst die Bewegungsmaschine und dehnt sich der Transmissionsmechanismus zu einem weitläufigen Apparat aus. | |||
Es ist nun zweierlei zu unterscheiden, Kooperation vieler gleichartiger Maschinen und Maschinensystem. | |||
In dem einen Fall wird das ganze Machwerk von derselben Arbeitsmaschine verrichtet. Sie führt alle die verschiednen Operationen aus, welche ein Handwerker mit seinem Werkzeug, z.B. der Weber mit seinem Webstuhl, verrichtete oder welche Handwerker mit verschiednen Werkzeugen, sei es selbständig oder als Glieder einer Manufaktur, der Reihe nach ausführten.(100) Z.B. in der modernen Manufaktur von Briefkuverts faltete ein Arbeiter das Papier mit dem Falzbein, ein andrer legte den Gummi auf, ein dritter schlug die Klappe um, auf welche die Devise aufgedrückt wird, ein vierter bossierte die Devise usw., und bei jeder dieser Teiloperationen mußte jede einzelne Enveloppe die Hände wechseln. Eine einzige Enveloppemaschine verrichtet alle diese Operationen auf einen Schlag und macht 3.000 und mehr Enveloppes in einer Stunde. Eine auf der Londoner Industrieausstellung von 1862 ausgestellte amerikanische Maschine zur Bereitung von Papiertuten schneidet das Papier, kleistert, faltet und vollendet 300 Stück per Minute. Der innerhalb der Manufaktur geteilte und in einer Reihenfolge ausgeführte Gesamtprozeß wird hier von einer Arbeitsmaschine vollbracht, die durch Kombination verschiedner Werkzeuge wirkt. Ob nun eine solche Arbeitsmaschine nur mechanische Wiedergeburt eines komplizierteren Handwerkszeuges sei oder Kombination verschiedenartiger, manufakturmäßig partikularisierter einfacher Instrumente - in der Fabrik, d.h. in der auf Maschinenbetrieb gegründeten Werkstatt, erscheint jedesmal die einfache Kooperation wieder, und zwar zunächst (wir sehn hier vom Arbeiter ab) als räumliche Konglomeration gleichartiger und gleichzeitig zusammenwirkender Arbeitsmaschinen. So wird eine Webfabrik durch das Nebeneinander vieler '''<400>''' mechanischen Webstühle und eine Nähfabrik durch das Nebeneinander vieler Nähmaschinen in demselben Arbeitsgebäude gebildet. Aber es existiert hier eine technische Einheit, indem die vielen gleichartigen Arbeitsmaschinen gleichzeitig und gleichmäßig ihren Impuls empfangen vom Herzschlag des gemeinsamen ersten Motors, auf sie übertragen durch den Transmissionsmechanismus, der ihnen auch teilweis gemeinsam ist, indem sich nur besondre Ausläufe davon für jede einzelne Werkzeugmaschine verästeln. Ganz wie viele Werkzeuge die Organe einer Arbeitsmaschine, bilden viele Arbeitsmaschinen jetzt nur noch gleichartige Organe desselben Bewegungsmechanismus. | |||
Ein eigentliches Maschinensystem tritt aber erst an die Stelle der einzelnen selbständigen Maschine, wo der Arbeitsgegenstand eine zusammenhängende Reihe verschiedner Stufenprozesse durchläuft, die von einer Kette verschiedenartiger, aber einander ergänzender Werkzeugmaschinen ausgeführt werden. Hier erscheint die der Manufaktur eigentümliche Kooperation durch Teilung der Arbeit wieder, aber jetzt als Kombination von Teilarbeitsmaschinen. Die spezifischen Werkzeuge der verschiednen Teilarbeiter, in der Wollmanufaktur z.B. der Wollschläger, Wollkämmer, Wollscherer, Wollspinner usw., verwandeln sich jetzt in die Werkzeuge spezifizierter Arbeitsmaschinen, von denen jede ein besondres Organ für eine besondre Funktion im System des kombinierten Werkzeugmechanismus bildet. Die Manufaktur selbst liefert dem Maschinensystem in den Zweigen, worin es zuerst eingeführt wird, im großen und ganzen die naturwüchsige Grundlage der Teilung und daher der Organisation des Produktionsprozesses.(101) Indes tritt sofort ein wesentlicher Unterschied ein. In '''<401>''' der Manufaktur müssen Arbeiter, vereinzelt oder in Gruppen, jeden besondren Teilprozeß mit ihrem Handwerkszeug ausführen. Wird der Arbeiter dem Prozeß angeeignet, so ist aber auch vorher der Prozeß dem Arbeiter angepaßt. Dies subjektive Prinzip der Teilung fällt weg für die maschinenartige Produktion. Der Gesamtprozeß wird hier objektiv, an und für sich betrachtet, in seine konstituierenden Phasen analysiert, und das Problem, jeden Teilprozeß auszuführen und die verschiednen Teilprozesse zu verbinden, durch technischen Anwendung der Mechanik, Chemie usw. gelöst (102), wobei natürlich nach wie vor die theoretische Konzeption durch gehäufte praktische Erfahrung auf großer Stufenleiter vervollkommnet werden muß. Jede Teilmaschine liefert der zunächst folgenden ihr Rohmaterial, und da sie alle gleichzeitig wirken, befindet sich das Produkt ebenso fortwährend auf den verschiednen Stufen seines Bildungsprozesses, wie im Übergang aus einer Produktionsphase in die andre. Wie in der Manufaktur die unmittelbare Kooperation der Teilarbeiter bestimmte Verhältniszahlen zwischen den besondren Arbeitergruppen schafft, so in dem gegliederten Maschinensystem die beständige Beschäftigung der Teilmaschinen durch einander ein bestimmtes Verhältnis zwischen ihrer Anzahl, ihrem Umfang und ihrer Geschwindigkeit. Die kombinierte Arbeitsmaschine, jetzt ein gegliedertes System von verschiedenartigen einzelnen Arbeitsmaschinen und von Gruppen derselben, ist um so vollkommner, je kontinuierlicher ihr Gesamtprozeß, d.h. mit je weniger Unterbrechung das Rohmaterial von seiner ersten Phase zu seiner letzten übergeht, je mehr also statt der Menschenhand der Mechanismus selbst es von einer Produktionsphase in die andre fördert. Wenn in der Manufaktur die Isolierung der Sonderprozesse ein durch die Teilung der Arbeit selbst gegebnes Prinzip ist, so herrscht dagegen in der entwickelten Fabrik die Kontinuität der Sonderprozesse. | |||
Ein System der Maschinerie, beruhe es nun auf bloßer Kooperation gleichartiger Arbeitsmaschinen, wie in der Weberei, oder auf einer Kombination verschiedenartiger, wie in der Spinnerei, bildet an und für sich einen großen Automaten, sobald es von einem sich selbst bewegenden '''<402>''' ersten Motor getrieben wird. Indes kann das Gesamtsystem z.B. von der Dampfmaschine getrieben werden, obgleich entweder einzelne Werkzeugmaschinen für gewisse Bewegungen noch den Arbeiter brauchen, wie die zum Einfahren der Mule nötige Bewegung vor der Einführung der selfacting mule und immer noch bei Feinspinnerei, oder aber bestimmte Teile der Maschine zur Verrichtung ihres Werks gleich einem Werkzeug vom Arbeiter gelenkt werden müssen, wie beim Maschinenbau vor der Verwandlung des slide rest (ein Drehapparat) in einen selfactor. Sobald die Arbeitsmaschine alle zur Bearbeitung des Rohstoffs nötigen Bewegungen ohne menschliche Beihilfe verrichtet und nur noch menschlicher Nachhilfe bedarf, haben wir ein automatisches System der Maschinerie, das indes beständiger Ausarbeitung im Detail fähig ist. So sind z.B. der Apparat, der die Spinnmaschine von selbst stillsetzt, sobald ein einzelner Faden reißt, und der selfachting stop, der den verbesserten Dampfwebstuhl stillsetzt, sobald der Spule des Weberschiffs der Einschlagsfaden ausgeht, ganz moderne Erfindung. Als ein Beispiel sowohl der Kontinuität der Produktion als der Durchführung des automatischen Prinzips kann die moderne Papierfabrik gelten. An der Papierproduktion kann überhaupt der Unterschied verschiedner Produktionsweisen, auf Basis verschiedner Produktionsmittel, wie der Zusammenhang der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse mit diesen Produktionsweisen, im einzelnen vorteilhaft studiert werden, da uns die ältere deutsche Papiermacherei Muster der handwerksmäßigen Produktion, Holland im 17. und Frankreich im 18. Jahrhundert Muster der eigentlichen Manufaktur und das moderne England Muster der automatischen Fabrikation in diesem Zweig liefern, außerdem in China und Indien noch zwei verschiedne altasiatische Formen derselben Industrie existieren. | |||
Als gegliedertes System von Arbeitsmaschinen, die ihre Bewegung nur vermittelst der Transmissionsmaschinerie von einem zentralen Automaten empfangen, besitzt der Maschinenbetrieb seine entwickeltste Gestalt. An die Stelle der einzelnen Maschine tritt hier ein mechanisches Ungeheuer, dessen Leib ganze Fabrikgebäude füllt und dessen dämonische Kraft, erst versteckt durch die fast feierlich gemeßne Bewegung seiner Riesenglieder, im fieberhaft tollen Wirbeltanz seiner zahllosen eigentlichen Arbeitsorgane ausbricht. | |||
Es gab Mules, Dampfmaschinen usw., bevor es Arbeiter gab, deren ausschließliches Geschäft es war, Dampfmaschinen, Mules usw. zu machen, ganz wie der Mensch Kleider trug, bevor es Schneider gab. Die Erfindungen von Vaucanson, Arkwright, Watt usw. waren jedoch nur ausführbar, '''<403>''' weil jene Erfinder ein von der Manufakturperiode fertig geliefertes und beträchtliches Quantum geschickter mechanischer Arbeiter vorfanden. Ein Teil dieser Arbeiter bestand aus selbständigen Handwerkern verschiedner Profession, ein andrer Teil war in Manufakturen vereinigt, worin, wie früher erwähnt, die Teilung der Arbeit mit besondrer Strenge waltete. Mit der Zunahme der Erfindungen und der wachsenden Nachfrage nach den neu erfundnen Maschinen entwickelte sich mehr und mehr einerseits die Sondrung der Maschinenfabrikation in mannigfaltige selbständige Zweige, andrerseits die Teilung der Arbeit im Innern der maschinenbauenden Manufakturen. Wir erblicken hier also in der Manufaktur die unmittelbare technische Grundlage der großen Industrie. Jene produzierte die Maschinerie, womit diese in den Produktionssphären, die sie zunächst ergriff, den handwerks- und manufakturmäßigen Betrieb aufhob. Der Maschinenbetrieb erhob sich also naturwüchsig auf einer ihm unangemeßnen materiellen Grundlage. Auf einem gewissen Entwicklungsgrad mußte er diese erst fertig vorgefundne und dann in ihrer alten Form weiter ausgearbeitete Grundlage selbst umwälzen und sich eine seiner eignen Produktionsweise entsprechende neue Basis schaffen. Wie die einzelne Maschine zwergmäßig bleibt, solange sie nur durch Menschen bewegt wird, wie das Maschinensystem sich nicht frei entwickeln konnte, bevor an die Stelle der vorgefundnen Triebkräfte - Tier, Wind und selbst Wasser - die Dampfmaschine trat, ebenso war die große Industrie in ihrer ganzen Entwicklung gelähmt, solange ihr charakteristisches Produktionsmittel, die Maschine selbst, persönlicher Kraft und persönlichem Geschick seine Existenz verdankte, also abhing von der Muskelentwicklung, der Schärfe des Blicks und der Virtuosität der Hand, womit der Teilarbeiter in der Manufaktur und der Handwerker außerhalb derselben ihr Zwerginstrument führten. Abgesehn von der Verteurung der Maschinen infolge dieser Ursprungsweise - ein Umstand, welcher das Kapital als bewußtes Motiv beherrscht - blieb so die Ausdehnung der bereits maschinenmäßig betriebnen Industrie und das Eindringen der Maschinerie in neue Produktionszweige rein bedingt durch das Wachstum einer Arbeiterkategorie, die wegen der halbkünstlerischen Natur ihres Geschäfts nur allmählich und nicht sprungweis vermehrt werden konnte. Aber auf einer gewissen Entwicklungsstufe geriet die große Industrie auch technisch in Widerstreit mit ihrer handwerks- und manufakturmäßigen Unterlage. Ausreckung des Umfangs der Bewegungsmaschinen, des Transmissionsmechanismus und der Werkzeugmaschinen, größere Komplikation, Mannigfaltigkeit und strengere Regelmäßigkeit ihrer Bestandteile, im Maße wie die Werkzeugmaschine '''<404>''' sich von dem handwerksmäßigen Modell, das ihren Bau ursprünglich beherrscht, losriß und eine freie, nur durch ihre mechanische Aufgabe bestimmte Gestalt erhielt (103), Ausbildung des automatischen Systems und stets unvermeidlichere Anwendung von schwer zu bewältigendem Material, z.B. Eisen statt Holz - die Lösung aller dieser naturwüchsig entspringenden Aufgaben stieß überall auf die persönlichen Schranken, die auch das in der Manufaktur kombinierte Arbeiterpersonal nur dem Grad, nicht dem Wesen nach durchbricht. Maschinen z.B. wie die moderne Druckerpresse, der moderne Dampfwebstuhl und die moderne Kardiermaschine, konnten nicht von der Manufaktur geliefert werden. | |||
Die Umwälzung der Produktionsweise in einer Sphäre der Industrie bedingt ihre Umwälzung in der andren. Es gilt dies zunächst für solche Industriezweige, welche zwar durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit isoliert sind, so daß jeder derselben eine selbständige Ware produziert, sich aber dennoch als Phasen eines Gesamtprozesses verschlingen. So machte die Maschinenspinnerei Maschinenweberei nötig und beide zusammen die mechanisch-chemische Revolution in der Bleicherei, Druckerei und Färberei. So rief andrerseits die Revolution in der Baumwollspinnerei die Erfindung des gin zur Trennung der Baumwollfaser vom Samen hervor, womit erst die Baumwollproduktion auf dem nun erheischten großen Maßstab möglich ward.(104) Die Revolution in der Produktionsweise der Industrie und Agrikultur ernötigte namentlich aber auch eine Revolution in den allgemeinen Bedingungen des gesellschaftlichen Produk- '''<405>''' tionsprozesses, d.h. den Kommunikations- und Transportmitteln. Wie die Kommunikations- und Transportmittel einer Gesellschaft, deren Pivot, um mich eines Ausdrucks Fouriers zu bedienen, die kleine Agrikultur mit ihrer häuslichen Nebenindustrie und das städtische Handwerk waren, den Produktionsbedürfnissen der Manufakturperiode mit ihrer erweiterten Teilung der gesellschaftlichen Arbeit, ihrer Konzentration von Arbeitsmitteln und Arbeitern und ihren Kolonialmärkten durchaus nicht mehr genügen konnten, daher auch in der Tat umgewälzt wurden, so verwandelten sich die von der Manufakturperiode überlieferten Transport- und Kommunikationsmittel bald in unerträgliche Hemmschuhe für die große Industrie mit ihrer fieberhaften Geschwindigkeit der Produktion, ihrer massenhaften Stufenleiter, ihrem beständigen Werfen von Kapital- und Arbeitermassen aus einer Produktionssphäre in die andre und ihren neugeschaffnen weltmarktlichen Zusammenhängen. Abgesehn von ganz umgewälztem Segelschiffbau, wurde das Kommunikations- und Transportwesen daher allmählich durch ein System von Flußdampfschiffen, Eisenbahnen, ozeanischen Dampfschiffen und Telegraphen der Produktionsweise der großen Industrie angepaßt. Die furchtbaren Eisenmassen aber, die jetzt zu schmieden, zu schweißen, zu schneiden, zu bohren und zu formen waren, erforderten ihrerseits zyklopische Maschinen, deren Schöpfung der manufakturmäßige Maschinenbau versagte. | |||
Die große Industrie mußte sich also ihres charakteristischen Produktionsmittels, der Maschine selbst, bemächtigen und Maschinen durch Maschinen produzieren. So erst schuf sie ihre adäquate technische Unterlage und stellte sich auf ihre eignen Füße. Mit dem wachsenden Maschinenbetrieb in den ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts bemächtigte sich die Maschinerie in der Tat allmählich der Fabrikation der Werkzeugmaschinen. Jedoch erst während der letztverfloßnen Dezennien riefen ungeheurer Eisenbahnbau und ozeanische Dampfschiffahrt die zur Konstruktion von ersten Motoren angewandten zyklopischen Maschinen ins Leben. | |||
Die wesentlichste Produktionsbedingung für die Fabrikation von Maschinen durch Maschinen war eine jeder Kraftpotenz fähige und doch zugleich ganz kontrollierbare Bewegungsmaschine. Sie existierte bereits in der Dampfmaschine. Aber es galt zugleich die für die einzelnen Maschinenteile nötigen streng geometrischen Formen wie Linie, Ebne, Kreis, Zylinder, Kegel und Kugel maschinenmäßig zu produzieren. Dies Problem löste Henry Maudslay im ersten Dezennium des 19. Jahrhunderts durch die Erfindung des slide-rest, der bald automatisch gemacht und in modifizierter Form von der Drechselbank, wofür er zuerst bestimmt war, auf andre '''<406>''' Konstruktionsmaschinen übertragen wurde. Diese mechanische Vorrichtung ersetzt nicht irgendein besondres Werkzeug, sondern die menschliche Hand selbst, die eine bestimmte Form hervorbringt, durch Vorhalten, Anpassen und Richtung der Schärfe von Schneideinstrumenten usw. gegen oder über das Arbeitsmaterial, z.B. Eisen. So gelang es, die geometrischen Formen der einzelnen Maschinenteile | |||
"mit einem Grad von Leichtigkeit, Genauigkeit und Raschheit zu produzieren, den keine gehäufte Erfahrung der Hand des geschicktesten Arbeiters verleihen verleihen konnte".(105) | |||
Betrachten wir nun den Teil der zum Maschinenbau angewandten Maschinerie, der die eigentliche Werkzeugmaschine bildet, so erscheint das handwerksmäßige Instrument wieder, aber in zyklopischem Umfang. Der Operateur der Bohrmaschine z.B. ist ein ungeheurer Bohrer, der durch eine Dampfmaschine getrieben wird und ohne den umgekehrt die Zylinder großer Dampfmaschinen und hydraulischer Pressen nicht produziert werden könnten. Die mechanische Drechselbank ist die zyklopische Wiedergeburt der gewöhnlichen Fußdrechselbank, die Hobelmaschine ein eiserner Zimmermann, der mit denselben Werkzeugen in Eisen arbeitet, womit der Zimmermann in Holz; das Werkzeug, welches in den Londoner Schiffswerften das Furnierwerk schneidet, ist ein riesenartiges Rasiermesser, das Werkzeug der Schermaschine, welche Eisen schneidet, wie die Schneiderschere Tuch, eine Monstreschere, und der Dampfhammer operiert mit einem gewöhnlichen Hammerkopf, aber von solchem Gewicht, daß Thor selbst ihn nicht schwingen könnte.(106) Einer dieser Dampfhämmer z.B., die eine Erfindung von Nasmyth sind, wiegt über 6 Tonnen und stürzt mit einem perpendikulären Fall von 7 Fuß auf einen Amboß von 36 Tonnen Gewicht. Er pulverisiert spielend einen Granitblock und ist nicht minder '''<407>''' fähig, einen Nagel in weiches Holz mit einer Aufeinanderfolge leiser Schläge einzutreiben.(107) | |||
Als Maschinerie erhält das Arbeitsmittel eine materielle Existenzweise, welche Ersetzung der Menschenkraft durch Naturkräfte und erfahrungsmäßiger Routine durch bewußte Anwendung der Naturwissenschaft bedingt. In der Manufaktur ist die Gliederung des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses rein subjektiv, Kombination von Teilarbeitern; im Maschinensystem besitzt die große Industrie einen ganz objektiven Produktionsorganismus, den der Arbeiter als fertige materielle Produktionsbedingung vorfindet. In der einfachen und selbst in der durch Teilung der Arbeit spezifizierten Kooperation erscheint die Verdrängung des vereinzelten Arbeiters durch den vergesellschafteten immer noch mehr oder minder zufällig. Die Maschinerie, mit einigen später zu erwähnenden Ausnahmen, funktioniert nur in der Hand unmittelbar vergesellschafteter oder gemeinsamer Arbeit. Der kooperative Charakter des Arbeitsprozesses wird jetzt also durch die Natur des Arbeitsmittels selbst diktierte technische Notwendigkeit. | |||
2. Wertabgabe der Maschinerie an das Produkt | |||
Man sah, daß die aus Kooperation und Teilung der Arbeit entspringenden Produktivkräfte dem Kapital nichts kosten. Sie sind Naturkräfte der gesellschaftlichen Arbeit. Naturkräfte, wie Dampf, Wasser usw., die zu produktiven Prozessen angeeignet werden, kosten ebenfalls nichts. Wie aber der Mensch eine Lunge zum Atmen braucht, braucht er ein "Gebild von Menschenhand", um Naturkräfte produktiv zu konsumieren. Ein Wasserrad ist nötig, um die Bewegungskraft des Wassers, eine Dampfmaschine, um die Elastizität des Dampfs auszubeuten. Wie mit den Naturkräften verhält es sich mit der Wissenschaft. Einmal entdeckt, kostet das Gesetz über die Abweichung der Magnetnadel im Wirkungskreise eines elektrischen Stroms oder über Erzeugung von Magnetismus im Eisen, um das ein elektrischer Strom kreist, keinen Deut.(108) Aber zur Ausbeutung '''<408>''' dieser Gesetze für Telegraphie usw. bedarf es eines sehr kostspieligen und weitläufigen Apparats. Durch die Maschine wird, wie wir sahen, das Werkzeug nicht verdrängt. Aus einem Zwergwerkzeug des menschlichen Organismus reckt es sich in Umfang und Anzahl zum Werkzeug eines vom Menschen geschaffnen Mechanismus. Statt mit dem Handwerkszeug, läßt das Kapital den Arbeiter jetzt mit einer Maschine arbeiten, die ihre Werkzeuge selbst führt. Wenn es daher auf den ersten Blick klar ist, daß die große Industrie durch Einverleibung ungeheurer Naturkräfte und der Naturwissenschaft in den Produktionsprozeß die Produktivität der Arbeit außerordentlich steigern muß, ist es keineswegs ebenso klar, daß diese gesteigerte Produktivkraft nicht durch vermehrte Arbeitsausgabe auf der andren Seite erkauft wird. Gleich jedem andren Bestandteil des konstanten Kapitals schafft die Maschinerie keinen Wert, gibt aber ihren eignen Wert an das Produkt ab, zu dessen Erzeugung sie dient. Soweit sie Wert hat und daher Wert auf das Produkt überträgt, bildet sie einen Wertbestandteil desselben. Statt es zu verwohlfeilern, verteuert sie es im Verhältnis zu ihrem eignen Wert. Und es ist handgreiflich, daß Maschine und systematisch entwickelte Maschinerie, das charakteristische Arbeitsmittel der großen Industrie, unverhältnismäßig an Wert schwillt, verglichen mit den Arbeitsmitteln des Handwerks- und Manufakturbetriebs. | |||
Es ist nun zunächst zu bemerken, daß die Maschinerie stets ganz in den Arbeitsprozeß und immer nur teilweis in den Verwertungsprozeß eingeht. Sie setzt nie mehr Wert zu, als sie im Durchschnitt durch ihre Abnutzung verliert. Es findet also große Differenz statt zwischen dem Wert der Maschinen und dem periodisch von ihr auf das Produkt übertragnen Wertteil. Es findet eine große Differenz statt zwischen der Maschine als wertbildendem und als produktbildendem Element. Je größer die Periode, während welcher dieselbe Maschinerie wiederholt in demselben Arbeitsprozeß dient, desto größer jene Differenz. Allerdings haben wir gesehn, daß jedes eigentliche Arbeitsmittel oder Produktionsinstrument immer ganz in den Arbeitsprozeß und stets nur stückweis, im Verhältnis zu seinem täglichen Durchschnittsverschleiß, in den Verwertungsprozeß eingeht. Diese Differenz jedoch zwischen Benutzung und Abnutzung ist viel größer '''<409>''' bei der Maschinerie als bei dem Werkzeug, weil sie, aus dauerhafterem Material gebaut, länger lebt, weil ihre Anwendung, durch streng wissenschaftliche Gesetze geregelt, größre Ökonomie in der Verausgabung ihrer Bestandteile und ihrer Konsumtionsmittel ermöglicht, und endlich, weil ihr Produktionsfeld unverhältnismäßig größer ist als das des Werkzeugs. Ziehn wir von beiden, von Maschinerie und Werkzeug, ihre täglichen Durchschnittskosten ab oder den Wertbestandteil, den sie durch täglichen Durchschnittsverschleiß und den Konsum von Hilfsstoffen, wie Öl, Kohlen usw., dem Produkt zusetzen, so wirken sie umsonst, ganz wie ohne Zutun menschlicher Arbeit vorhandne Naturkräfte. Um soviel größer der produktive Wirkungsumfang der Maschinerie als der des Werkzeuge, um soviel größer ist der Umfang ihres unentgeltlichen Dienstes, verglichen mit dem des Werkzeugs. Erst in der großen Industrie lernt der Mensch, das Produkt seiner vergangnen, bereits vergegenständlichten Arbeit auf großem Maßstab gleich einer Naturkraft umsonst wirken zu lassen.(109) | |||
Es ergab sich bei Betrachtung der Kooperation und Manufaktur, daß gewisse allgemeine Produktionsbedingungen, wie Baulichkeiten usw., im Vergleich mit den zersplitterten Produktionsbedingungen vereinzelter Arbeiter durch den gemeinsamen Konsum ökonomisiert werden, daher das Produkt weniger verteuern. Bei der Maschinerie wird nicht nur der Körper einer Arbeitsmaschine von ihren vielen Werkzeugen, sondern dieselbe Bewegungsmaschine nebst einem Teil des Transmissionsmechanismus von vielen Arbeitsmaschinen gemeinsam verbraucht. | |||
Gegeben die Differenz zwischen dem Wert der Maschinerie und dem auf ihr Tagesprodukt übertragnen Wertteil, hängt der Grad, worin dieser Wertteil das Produkt verteuert, zunächst vom Umfang des Produkts ab, gleichsam von seiner Oberfläche. Herr Baynes aus Blackburn schätzt in einer 1857 veröffentlichten Vorlesung, daß | |||
'''<410>''' "jede reale (109a) mechanische Pferdekraft 450 selfacting Mulespindeln nebst Vorgeschirr treibt oder 200 Throstlespindeln oder 15 Webstühle für 40 inch cloth <Zoll Tuch> nebst den Vorrichtungen zum Aufziehn der Kette, Schlichten usw." | |||
Es ist im ersten Fall das Tagesprodukt von 450 Mulespindeln, im zweiten von 200 Throstlespindeln, im dritten von 15 mechanischen Webstühlen, worüber sich die täglichen Kosten einer Dampfpferdekraft und der Verschleiß der von ihr in Bewegung gesetzten Maschinerie verteilen, so daß hierdurch auf eine Unze Garn oder eine Elle Geweb nur ein winziger Wertteil übertragen wird. Ebenso im obigen Beispiel mit dem Dampfhammer. Da sich sein täglicher Verschleiß, Kohlenkonsum usw. verteilen auf die furchtbaren Eisenmassen, die er täglich hämmert, hängt sich jedem Zentner Eisen nur ein geringer Wertteil an, der sehr groß wäre, sollte das zyklopische Instrument kleine Nägel eintreiben. | |||
Den Wirkungskreis der Arbeitsmaschine, also die Anzahl ihrer Werkzeuge, oder, wo es sich um Kraft handelt, deren Umfang gegeben, wird die Produktenmasse von der Geschwindigkeit abhängen, womit sie operiert, also z.B. von der Geschwindigkeit, womit sich die Spindel dreht, oder der Anzahl Schläge, die der Hammer in einer Minute austeilt. Manche jener '''<411>''' kolossalen Hämmer geben 70 Schläge, Ryders Schmiedepatentmaschne, die Dampfhämmer in kleineren Dimensionen zum Schmieden von Spindeln anwendet, 700 Schläge in einer Minute. | |||
Die Proportion gegeben, worin die Maschinerie Wert auf das Produkt überträgt, hängt die Größe dieses Wertteils von ihrer eignen Wertgröße ab.(110) Je weniger Arbeit sie selbst enthält, desto weniger Wert setzt sie dem Produkt zu. Je weniger Wert abgebend, desto produktiver ist sie und desto mehr nähert sich ihr Dienst dem der Naturkräfte. Die Produktion der Maschinerie durch Maschinerie verringert aber ihren Wert, verhältnismäßig zu ihrer Ausdehnung und Wirkung. | |||
Eine vergleichende Analyse der Preise handwerks- oder manufakturmäßig produzierter Waren und der Preise derselben Waren als Maschinenprodukt ergibt im allgemeinen das Resultat, daß beim Maschinenprodukt der dem Arbeitsmittel geschuldete Wertbestandteil relativ wächst, aber absolut abnimmt. Das heißt, seine absolute Größe nimmt ab, aber seine Größe im Verhältnis zum Gesamtwert des Produkts, z.B. eines Pfundes Garns, nimmt zu.(111) | |||
'''<412>''' Es ist klar, daß bloßes Deplacement der Arbeit stattfindet, also die Gesamtsumme der zur Produktion einer Ware erheischten Arbeit nicht vermindert oder die Produktivkraft der Arbeit nicht vermehrt wird, wenn die Produktion einer Maschine so viel Arbeit kostet, als ihre Anwendung erspart. Die Differenz jedoch zwischen der Arbeit, die sie kostet, und der Arbeit, die sie erspart, oder der Grad ihrer Produktivität hängt offenbar nicht ab von der Differenz zwischen ihrem eignen Wert und dem Wert des von ihr ersetzten Werkzeugs. Die Differenz dauert so lange, als die Arbeitskosten der Maschine und daher der von ihr dem Produkt zugesetzte Wertteil kleiner bleiben als der Wert, den der Arbeiter mit seinem Werkzeug dem Arbeitsgegenstand zusetzen würde. Die Produktivität der Maschinen mißt sich daher an dem Grad, worin sie menschliche Arbeitskraft ersetzt. Nach Herrn Baynes kommen auf 450 Mulespindeln nebst Vormaschinerie, die von einer Dampfpferdekraft getrieben werden, 2<sup>1</sup>/2 Arbeiter (112) und werden mit jeder selfacting mule spindle bei zehnstündigem Arbeitstag 13 Unzen Garn (Durchschnittsnummer), also wöchentlich 365<sup>5</sup>/8 Pfund Garn von 2<sup>1</sup>/2 Arbeitern gesponnen. Bei ihrer Verwandlung in Garn absorbieren ungefähr 366 Pfund Baumwolle (wir sehn der Vereinfachung halber vom Abfall ab) also nur 150 Arbeitsstunden oder 15 '''<413>''' zehnstündige Arbeitstage, während mit dem Spinnrad, wenn der Handspinner 13 Unzen Garn in 60 Stunden liefert, dasselbe Quantum Baumwolle 2.700 Arbeitstage von 10 Stunden oder 27.000 Arbeitsstunden absorbieren würde.(113) Wo die alte Methode des blockprinting oder der Handkattundruckerei durch Maschinendruck verdrängt ist, druckt eine einzige Maschine mit dem Beistand eines Mannes oder Jungen so viel vierfarbigen Kattun in einer Stunde wie früher 200 Männer.(114) Bevor Eli Whitney 1793 den cottongin erfand, kostete die Trennung eines Pfundes Baumwolle vom Samen einen Durchschnittsarbeitstag. Infolge seiner Erfindung konnten täglich 100 Pfd. Baumwolle von einer Negerin gewonnen werden und die Wirksamkeit des gin ward seitdem noch bedeutend erhöht. Ein Pfund Baumwollfaser, früher zu 50 Cents produziert, wird später mit größrem Profit, d.h. mit Einschluß von mehr unbezahlter Arbeit, zu 10 Cents verkauft. In Indien wendet man zur Trennung der Faser vom Samen ein halbmaschinenartiges Instrument an, die Churka, womit ein Mann und eine Frau täglich 28 Pfd. reinigen. Mit der von Dr. Forbes vor einigen Jahren erfundnen Churka produzieren 1 Mann und 1 Junge täglich 250 Pf.; wo Ochsen, Dampf oder Wasser als Triebkräfte gebraucht werden, sind nur wenige Jungen und Mädchen als feeders (Handlanger des Materials für die Maschine) erheischt. Sechzehn dieser Maschinen, mit Ochsen getrieben, verrichten täglich das frühere Durchschnittstagewerk von 750 Leuten.(115) | |||
Wie bereits erwähnt, verrichtet die Dampfmaschine, beim Dampfpflug, in einer Stunde zu 3 d. oder <sup>1</sup>/4 sh. so viel Werk wie 66 Menschen zu 15 sh. per Stunde. Ich komme auf dieses Beispiel zurück gegen eine falsche Vorstellung. Die 15 sh. sind nämlich keineswegs der Ausdruck der während einer Stunde von den 66 Menschen zugefügten Arbeit. War das Verhältnis von Mehrarbeit zu notwendiger Arbeit 100%, so produzierten diese 66 Arbeiter per Stunde einen Wert von 30 sh., obgleich sich '''<414>''' nur 33 Stunden in einem Äquivalent für sie selbst, d.h. im Arbeitslohn von 15 sh. darstellen. Gesetzt also, eine Maschine koste ebensoviel als der Jahreslohn von 150 durch sie verdrängten Arbeitern, sage 3.000 Pfd.St., so sind 3.000 Pfd.St. keineswegs der Geldausdruck der von 150 Arbeitern gelieferten und dem Arbeitsgegenstand zugesetzten Arbeit, sondern nur des Teils ihrer Jahresarbeit, der sich für sie selbst in Arbeitslohn darstellt. Dagegen drückt der Geldwert der Maschine von 3.000 Pfd.St. alle während ihrer Produktion verausgabte Arbeit aus, in welchem Verhältnis immer diese Arbeit Arbeitslohn für den Arbeiter und Mehrwert für den Kapitalisten bilde. Kostet die Maschine also ebensoviel als die von ihr ersetzte Arbeitskraft, so ist die in ihr selbst vergegenständlichte Arbeit stets viel kleiner als die von ersetzte lebendige Arbeit.(116) | |||
Ausschließlich als Mittel zur Verwohlfeilerung des Produkts betrachtet, ist die Grenze für den Gebrauch der Maschinerie darin gegeben, daß ihre eigne Produktion weniger Arbeit kostet, als ihre Anwendung Arbeit ersetzt. Für das Kapital jedoch drückt sich diese Grenze enger aus. Da es nicht die angewandte Arbeit zahlt, sondern den Wert der angewandten Arbeitskraft, wird ihm der Maschinengebrauch begrenzt durch die Differenz zwischen dem Maschinenwert und dem Wert der von ihr ersetzten Arbeitskraft. Da die Teilung des Arbeitstags in notwendige Arbeit und Mehrarbeit in verschiednen Ländern verschieden ist, ebenso in demselben Lande zu verschiednen Perioden oder während derselben Periode in verschiednen Geschäftszweigen; da ferner der wirkliche Lohn des Arbeiters bald unter den Wert seiner Arbeitskraft sinkt, bald über ihn steigt, kann die Differenz zwischen dem Prise der Maschinerie und dem Preise der von ihr zu ersetzenden Arbeitskraft sehr variieren, wenn auch die Differenz zwischen dem zur Produktion der Maschine nötigen Arbeitsquantum und dem Gesamtquantum der von ihr ersetzten Arbeit dieselbe bleibt.(116a) Es ist aber nur die erstere Differenz, welche die Produktionskosten der Ware für den Kapitalisten selbst bestimmt und ihn durch die Zwangsgesetze der Konkurrenz beeinflußt. Es werden daher heute Maschinen in England erfunden, die nur in Nordamerika angewandt werden, wie Deutschland im 16. und 17. Jahrhundert Maschinen erfand, die nur Holland anwandte, und wie '''<415>''' manche französische Erfindung des 18. Jahrhunderts nur in England ausgebeutet ward. Die Maschine selbst produziert in älter entwickelten Ländern durch ihre Anwendung auf einige Geschäftszweige in andren Zweigen solchen Arbeitsüberfluß (redundancy of labour, sagt Ricardo), daß hier der Fall des Arbeitslohns unter den Wert der Arbeitskraft den Gebrauch der Maschinerie verhindert und ihn vom Standpunkt des Kapitals, dessen Gewinn ohnehin aus der Vermindrung nicht der angewandten, sondern der bezahlten Arbeit entspringt, überflüssig, oft unmöglich macht. In einigen Zweigen der englischen Wollmanufaktur ist während der letzten Jahre die Kinderarbeit sehr vermindert, hier und da fast verdrängt worden. Warum? Der Fabrikakt ernötigte eine doppelte Kinderreihe, von denen je eine 6, die andre 4 Stunden, oder jede nur 5 Stunden arbeitet. Die Eltern wollten aber die half-times (Halbzeitler) nicht wohlfeiler verkaufen als früher die full-times (Vollzeitler). Daher Ersetzung der half-times durch Maschinerie.(117) Vor dem Verbot der Arbeit von Weibern und Kindern (unter 10 Jahren) in Minen fand das Kapital die Methode, nackte Weiber und Mädchen, oft mit Männern zusammengebunden in Kohlen- und andren Minen zu vernutzen, so übereinstimmend mit seinem Moralkodex und namentlich auch seinem Hauptbuch, daß es erst nach dem Verbot zur Maschinerie griff. Die Yankees haben Maschinen zum Steinklopfen erfunden. Die Engländer wenden sie nicht an, weil der "Elende" ("wretch" ist Kunsstausdruck der englischen politischen Ökonomie für den Agrikulturarbeiter), der diese Arbeit verrichtet, einen so geringen Teil seiner Arbeit bezahlt erhält, daß Maschinerie die Produktion für den Kapitalisten verteuern würde.(118) In England werden gelegentlich statt der Pferde immer '''<416>''' noch Weiber zum Ziehn usw. bei den Kanalbooten verwandt (119), weil die zur Produktion von Pferden und Maschinen erheischte Arbeit ein mathematisch gegebenes Quantum, die zur Erhaltung von Weibern der Surpluspopulation dagegen unter aller Berechnung steht. Man findet daher nirgendwo schamlosere Verschwendung von Menschenkraft für Lumpereien, als gerade in England, dem Land der Maschinen. | |||
3. Nächste Wirkungen des maschinenmäßigen Betriebs auf den Arbeiter | |||
Den Ausgangspunkt der großen Industrie bildet, wie gezeigt, die Revolution des Arbeitsmittels, und das umgewälzte Arbeitsmittel erhält seine meist entwickelte Gestalt im gegliederten Maschinensystem der Fabrik. Bevor wir zusehn, wie diesem objektiven Organismus Menschenmaterial einverleibt wird, betrachten wir einige allgemeine Rückwirkungen jener Revolution auf den Arbeiter selbst. | |||
a) Aneignung zuschüssiger Arbeitskräfte durch das Kapital. | |||
Weiber- und Kinderarbeit | |||
Sofern die Maschinerie Muskelkraft entbehrlich macht, wird sie zum Mittel, Arbeiter ohne Muskelkraft oder von unreifer Körperentwicklung, aber größrer Geschmeidigkeit der Glieder anzuwenden. Weiber- und Kinderarbeit war daher das erste Wort der kapitalistischen Anwendung der Maschinerie! Dies gewaltige Ersatzmittel von Arbeit und Arbeitern verwandelte sich damit sofort in ein Mittel, die Zahl der Lohnarbeiter zu vermehren durch Einreihung aller Mitglieder der Arbeiterfamilie, ohne Unterschied von Geschlecht und Alter, unter die unmittelbare Botmäßigkeit des Kapitals. Die Zwangsarbeit für den Kapitalisten usurpierte nicht nur die Stelle des Kinderspiels, sondern auch der freien Arbeit im häuslichen Kreis, innerhalb sittlicher Schranke, für die Familie selbst.(120) | |||
'''<417>''' Der Wert der Arbeitskraft war bestimmt nicht nur durch die zur Erhaltung des individuellen erwachsnen Arbeiters, sondern durch die zur Erhaltung der Arbeiterfamilie nötige Arbeitszeit. Indem die Maschinerie alle Glieder der Arbeiterfamilie auf den Arbeitsmarkt wirft, verteilt sie den Wert der Arbeitskraft des Mannes über seine ganze Familie. Sie entwertet daher seine Arbeitskraft. Der Ankauf der in 4 Arbeitskräfte z.B. parzellierten Familie kostet vielleicht mehr als früher der Ankauf der Arbeitskraft des Familienhaupts, aber dafür treten 4 Arbeitstage an die Stelle von einem, und ihr Preis fällt im Verhältnis zum Überschuß der Mehrarbeit der vier über die Mehrarbeit des einen. Vier müssen nun nicht nur Arbeit, sondern Mehrarbeit für das Kapital liefern, damit eine Familie lebe. So erweitert die Maschinerie von vornherein mit dem menschlichen Exploitationsmaterial, dem eigensten Ausbeutungsfeld des Kapitals (121), zugleich den Exploitationsgrad. | |||
Sie revolutioniert ebenso von Grund aus die formelle Vermittlung des Kapitalverhältnisses, den Kontrakt zwischen Arbeiter und Kapitalist. Auf Grundlage des Warenaustausches war es erste Voraussetzung, daß sich Kapitalist und Arbeiter als freie Personen, als unabhängige Warenbesitzer, '''<418>''' der eine Besitzer von Geld und Produktionsmitteln, der andre Besitzer von Arbeitskraft, gegenübertraten. Aber jetzt kauft das Kapital Unmündige oder Halbmündige. Der Arbeiter verkaufte früher seine eigne Arbeitskraft, worüber er als formell freie Person verfügte. Er verkauft jetzt Weib und Kind. Er wird Sklavenhändler.(122) Die Nachfrage nach Kinderarbeit gleicht oft auch in der Form der Nachfrage nach Negersklaven, wie man sie in amerikanischen Zeitungsinseraten zu lesen gewohnt war. | |||
"Meine Aufmerksamkeit", sagt z.B. ein englischer Fabrikinspektor, "wurde gelenkt auf eine Annonce in dem Lokalblatt einer der bedeutendsten Manufakturstädte meines Distrikts, wovon folgendes die Kopie: Gebraucht 12 bis 20 Jungen, nicht jünger, als was für 13 Jahre passieren kann. Lohn 4 sh. per Woche. Anzufragen etc."(123) | |||
Die Phrase "was für 13 Jahre passieren kann" bezieht sich darauf, daß nach dem Factory Act Kinder unter 13 Jahren nur 6 Stunden arbeiten dürfen. Ein amtlich qualifizierter Arzt (certifying surgeon) muß das Alter bescheinigen. Der Fabrikant verlangt also Jungen, die so aussehn, als ob sie schon dreizehnjährig. Die manchmal sprungweise Abnahme in der Anzahl der von Fabrikanten beschäftigten Kinder unter 13 Jahren, überraschend in der englischen Statistik der letzten 20 Jahre, war nach Aussage der Fabrikinspektoren selbst großenteils das Werk von certifying surgeons, welche das Kindesalter der Exploitationslust der Kapitalisten und dem Schacherbedürfnis der Eltern gemäß verschoben. In dem berüchtigten Lon- '''<419>''' doner Distrikt von Bethnal Green wird jeden Montag und Dienstag morgen offner Markt gehalten, worin Kinder beiderlei Geschlechts vom 9. Jahre an sich selbst an die Londoner Seidenmanufakturen vermieten. "Die gewöhnlichen Bedingungen sind 1 sh. 8 d. die Woche (die den Eltern gehören) und 2 d. für mich selbst nebst Tee." Die Kontrakte gelten nur für die Woche. Die Szenen und die Sprache während der Dauer dieses Markts sind wahrhaft empörend.(124) Es kommt immer noch in England vor, daß Weiber "Jungen vom Workhouse nehmen und sie jedem beliebigen Käufer für 2 sh. 6 d. wöchentlich vermieten".(125) Trotz der Gesetzgebung werden immer noch mindestens 2.000 Jungen in Großbritannien als lebendige Schornsteinfegermaschinen (obgleich Maschinen zu ihrem Ersatz existieren) von ihren eignen Eltern verkauft.(126) Die von der Maschinerie bewirkte Revolution im Rechtsverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer der Arbeitskraft, so daß die ganze Transaktion selbst den Schein eines Kontrakts zwischen freien Personen verliert, bot dem englischen Parlament später den juristischen Entschuldigungsgrund für Staatseinmischung in das Fabrikwesen. Sooft das Fabrikgesetz die Kinderarbeit in bisher unangefochtnen Industiezweigen auf 6 Stunden beschränkt, ertönt stets neu der Fabrikantenjammer: ein Teil der Eltern entziehe die Kinder nun der gemaßregelten Industrie, um sie in solche zu verkaufen, wo noch "Freiheit der Arbeit" herrscht, d.h., wo Kinder unter 13 Jahren gezwungen werden, wie Erwachsne zu arbeiten, also auch teurer loszuschlagen sind. Da aber das Kapital von Natur ein Leveller ist, d.h. in allen Produktionssphären Gleichheit der Exploitationsbedingungen der Arbeit als sein angebornes Menschenrecht verlangt, wird die legale Beschränkung der Kinderarbeit in einem Industriezweig Ursache ihrer Beschränkung in dem andren. | |||
Bereits früher wurde der physische Verderb der Kinder und jungen Personen angedeutet, wie der Arbeiterweiber, welche die Maschinerie erst direkt in den auf ihrer Grundlage aufschießenden Fabriken und dann indirekt in allen übrigen Industriezweigen der Exploitation des Kapitals unterwirft. Hier verweilen wir daher nur bei einem Punkt, der ungeheuren Sterblichkeit von Arbeiterkindern in ihren ersten Lebensjahren. In England gibt es 16 Registrationsdistrikte, wo im jährlichen Durchschnitt auf 100.000 lebende Kinder unter einem Jahr nur 9.085 Todesfälle (in einem '''<420>''' Distrikt nur 7.047) kommen, in 24 Distrikten über 10.000, aber unter 11.000, in 39 Distrikten über 11.000, aber unter 12.000, in 48 Distrikten über 12.000, aber unter 13.000, in 22 Distrikten über 20.000, in 25 Distrikten über 21.000, in 17 über 22.000, in 11 über 23.000, in Hoo, Wolverhampton, Ashton-under-Lyne und Preston über 24.000, in Nottingham, Stockport und Bradford über 25.000, in Wisbeach 26.001 und in Manchester 26.125.(127) Wie eine offizielle ärztliche Untersuchung im Jahre 1861 nachwies, sind, von Lokalumständen abgesehn, die hohen Sterblichkeitsraten vorzugsweise der außerhäuslichen Beschäftigung der Mütter geschuldet und der daher entspringenden Vernachlässigung und Mißhandlung der Kinder, u.a. unpassender Nahrung, Mangel an Nahrung, Fütterung mit Opiaten usw., dazu die unnatürliche <3. und 4. Auflage: natürliche> Entfremdung der Mütter gegen ihre Kinder, im Gefolge davon absichtliche Aushungerung und Vergiftung.(128) In solchen Agrikulturdistrikten, "wo ein Minimum weiblicher Beschäftigung existiert, ist dagegen die Sterblichkeitsrate am niedrigsten"(129). Die Untersuchungskommission von 1861 ergab jedoch das unerwartete Resultat, daß in einigen an der Nordsee gelegnen rein ackerbauenden Distrikten die Sterblichkeitsrate von Kindern unter einem Jahr fast die der verrufensten Fabrikdistrikte erreichte. Dr. Julian Hunter wurde daher beauftragt, dies Phänomen an Ort und Stelle zu erforschen. Sein Bericht ist dem "VI. Report on Public Health" einverleibt.(130) Man hatte bisher vermutet, Malaria und andre, niedrig gelegnen und sumpfigen Landstrichen eigentümliche Krankheiten dezimierten die Kinder. Die Untersuchung ergab das grade Gegenteil, nämlich, | |||
"daß dieselbe Ursache, welche die Malaria vertrieb, nämlich die Verwandlung des Bodens aus Morast im Winter und dürftiger Weide im Sommer in fruchtbares Kornland, die außerordentliche Todesrate der Säuglinge schuf"(131). | |||
'''<421>''' Die 70 ärztlichen Praktiker, die Dr. Hunter in jenen Distrikten verhörte, waren "wunderbar einstimmig" über diesen Punkt. Mit der Revolution der Bodenkultur wurde nämlich das industrielle System eingeführt. | |||
"Verheiratete Weiber, die in Banden mit Mädchen und Jungen zusammen arbeiten, werden dem Pächter von einem Manne, welcher der 'Gangmeister' heißt und die Banden im ganzen mietet, für eine bestimmte Summe zur Verfügung gestellt. Diese Banden wandern oft viele Meilen von ihren Dörfern weg, man trifft sie morgens und abends auf den Landstraßen, die Weiber bekleidet mit kurzen Unterröcken und entsprechenden Röcken und Stiefeln und manchmal Hosen, sehr kräftig und gesund von Aussehn, aber verdorben durch gewohnheitsmäßige Liederlichkeit und rücksichtslos gegen die unheilvollen Folgen, welche ihre Vorliebe für diese tätige und unabhängige Lebensart auf ihre Sprößlinge wälzt, die zu Haus verkümmern."(132) | |||
Alle Phänomene der Fabrikdistrikte reproduzieren sich hier, in noch höherm Grad versteckter Kindermord und Behandlung der Kinder mit Opiaten.(133) | |||
"Meine Kenntnis der von ihr erzeugten Übel", sagt Dr. Simon, der ärzliche Beamte des englischen Privy-Council und Redakteur en chef der Berichte über "Public Health", "muß den tiefen Abscheu entschuldigen, womit ich jede umfassende industrielle Beschäftigung erwachsner Weiber betrachte."(134) "Es wird", ruft Fabrikinspektor R. Baker in einem offiziellen Bericht aus, "es wird in der Tat ein Glück für die Manufakturdistrikte Englands sein, wenn jeder verheirateten Frau, die Familie hat, verboten wird, in irgendeiner Fabrik zu arbeiten."(135) | |||
Die aus der kapitalistischen Exploitation der Weiber- und Kinderarbeit entspringende moralische Verkümmrung ist von F. Engels in seiner "Lage der arbeitenden Klasse Englands" <Siehe Band 2> und von andren Schriftstellern so erschöpfend dargestellt worden, daß ich hier nur daran erinnere. Die intellektuelle Verödung aber, künstlich produziert durch die Verwandlung un- '''<422>''' reifer Menschen in bloße Maschinen zur Fabrikation von Mehrwert und sehr zu unterscheiden von jener naturwüchsigen Unwissenheit, welche den Geist in Brache legt ohne Verderb seiner Entwicklungsfähigkeit, seiner natürlichen Fruchtbarkeit selbst, zwang endlich sogar das englische Parlament in allen dem Fabrikgesetz unterworfnen Industrien, den Elementarunterricht zur gesetzlichen Bedingung für den "produktiven" Verbrauch von Kindern unter 14 Jahren zu machen. Der Geist der kapitalistischen Produktion leuchtete hell aus der liederlichen Redaktion der sog. Erziehungsklauseln der Fabrikakte, aus dem Mangel administrativer Maschinerie, wodurch dieser Zwangsunterricht großenteils wieder illusorisch wird, aus der Fabrikantenopposition selbst gegen dies Unterrichtsgesetz und aus ihren praktischen Kniffen und Schlichen zu seiner Umgehung. | |||
"Die Gesetzgebung allein ist zu tadeln, weil sie ein Truggesetz (delusive law) erlassen hat, das unter dem Schein, für die Erziehung der Kinder zu sorgen, keine einzige Bestimmung enthält, wodurch dieser vorgeschützte Zweck gesichert werden kann. Es bestimmt nichts, außer daß die Kinder für eine bestimmte Stundenzahl" (3 Stunden) "per Tag innerhalb der vier Wände eines Platzes, Schule benamst, eingeschlossen werden sollen und daß der Anwender des Kindes hierüber wöchentlich ein Zertifikat von einer Person erhalten muß, die sich als Schullehrer oder Schullehrerin mit ihrem Namen unterzeichnet."(136) | |||
Vor dem Erlaß des amendierten Fabrikakts von 1844 waren Schulbesuchszertifikate nicht selten, die von Schulmeister oder Schulmeisterin mit einem Kreuz unterzeichnet wurden, da letztre selbst nicht schreiben konnten. | |||
"Beim Besuch, den ich einer solchen Zertifikate ausstellenden Schule abstattete, war ich so betroffen von der Unwissenheit des Schulmeisters, daß ich zu ihm sagte: "Bitte, mein Herr, können Sie lesen?" Seine Antwort war: 'Ih jeh, Ebbes (summat).' Zu seiner Rechtfertigung fügte er hinzu: 'Jedenfalls stehe ich vor meinen Schülern.'" | |||
Während der Vorbereitung des Akts von 1844 denunzierten die Fabrikinspektoren den schmählichen Zustand der Plätze, Schulen benamst, deren Zertifikate sie als zu Gesetz vollgültig zulassen mußten. Alles was sie durchsetzten, war, daß seit 1844 | |||
"die Zahlen im Schulzertifikat in der Handschrift des Schulmeisters ausgefüllt, ditto sein Vor- und Zuname von ihm selbst unterschrieben sein müssen".(137) | |||
'''<423>''' Sir John Kincaid, Fabrikinspektor für Schottland, erzählt von ähnlichen amtlichen Erfahrungen. | |||
"Die erste Schule, die wir besuchten, wurde von einer Mrs. Ann Killin gehalten. Auf meine Aufforderung, ihren Namen zu buchstabieren, machte sie gleich einen Schnitzer, indem sie mit dem Buchstaben C begann, aber sich sofort korrigierend sagte, ihr Name fange mit K an. Bei Ansicht ihrer Unterschrift in den Schulzertifikatbüchern bemerkte ich jedoch, daß sie ihn verschiedenartig buchstabierte, während die Handschrift keinen Zweifel über ihre Lehrunfähigkeit ließ. Auch gab sie selbst zu, sie könne das Register nicht führen ... In einer zweiten Schule fand ich das Schulzimmer 15 Fuß lang und 10 Fuß breit und zählte in diesem Raum 75 Kinder, die etwas Unverständliches herquiekten."(138)"Es sind jedoch nicht nur solche Jammerhöhlen, worin die Kinder Schulzertifikate, aber keinen Unterricht erhalten, denn in vielen Schulen, wo der Lehrer kompetent ist, scheitern seine Bemühungen fast ganz an dem sinnverwirrenden Knäuel von Kindern aller Alter, aufwärts von Dreijährigen. Sein Auskommen, elend im besten Fall, hängt ganz von der Zahl der Pence ab, empfangen von der größten Anzahl Kinder, die es möglich ist, in ein Zimmer zu stopfen. Dazu kommt spärliche Schulmöblierung, Mangel an Büchern und andrem Lehrmaterial und die niederschlagende Wirkung einer benauten und ekelhaften Luft auf die armen Kinder selbst. Ich war in vielen solchen Schulen, wo ich ganze Reihen Kinder sah, die absolut nichts taten; und dies wird als Schulbesuch bescheinigt, und solche Kinder figurieren in der offiziellen Statistik als erzogen (educated)."(139) | |||
In Schottland suchen die Fabrikanten dem Schulbesuch unterworfne Kinder möglichst auszuschließen. | |||
"Die genügt, um die große Mißgunst der Fabrikanten gegen die Erziehungsklauseln zu beweisen."(140) | |||
Grotesk-entsetzlich erscheint dies in den Kattun- usw. Druckereien, die durch ein eignes Fabrikgesetz geregelt sind. Nach den Bestimmungen des Gesetzes | |||
"muß jedes Kind, bevor es in einer solchen Druckerei beschäftigt wird, Schule besucht haben für mindestens 30 Tage und nicht weniger als 150 Stunden während der 6 Monate, die dem ersten Tag seiner Beschäftigung unmittelbar vorhergehn. Während der Fortdauer seiner Beschäftigung in der Druckerei muß es Schule besuchen ebenfalls für eine Periode von 30 Tagen und 150 Stunden während jeder Wechselperiode von 6 Monaten ... Der Schulbesuch muß zwischen 8 Uhr morgens und 6 Uhr nachmittags stattfinden. Kein Besuch von weniger als 2 1/2 oder mehr als 5 Stunden an demselben Tag soll als Teil der 150 Stunden gezählt werden. Unter gewöhnlichen Umständen '''<424>''' besuchen die Kinder die Schule vormittags und nachmittags für 30 Tage, 5 Stunden per Tag, und nach Ablauf der 30 Tage, wenn die statutenmäßgie Gesamtsumme von 150 Stunden erreicht ist, wenn sie, in ihrer eignen Sprache zu reden, ihr Buch abgemacht haben, kehren sie zur Druckerei zurück, wo sie wieder 6 Monate bleiben, bis ein andrer Abschlagstermin des Schulbesuchs fällig wird, und dann bleiben sie wieder in der Schule, bis das Buch wieder abgemacht ist ... Sehr viele Jungen, welche die Schule während der vorschriftsmäßigen 150 Stunden besuchen, sind bei ihrer Rückkehr aus dem sechsmonatlichen Aufenthalt in der Druckerei gradeso weit wie im Anfang ... Sie haben natürlich alles wieder verloren, was sie durch den früheren Schulbesuch gewonnen hatten. In anderen Kattundruckereien wird der Schulbesuch ganz und gar abhängig gemacht von den Geschäftsbedürfnissen der Fabrik. Die erforderliche Stundenzahl wird vollgemacht während jeder sechsmonatlichen Periode durch Abschlagszahlungen von 3 bis 5 Stunden auf einmal, die vielleicht über 6 Monate zerstreut sind. Z.B. an einem Tage wird die Schule besucht von 8 bis 11 Uhr morgens, an einem andren Tage von 1 bis 4 Uhr nachmittags, und nachdem das Kind dann wieder für eine Reihe Tage weggeblieben, kommt es plötzlich wieder von 3 bis 6 Uhr nachmittags; dann erscheint es vielleicht für 3 oder 4 Tage hintereinander, oder für eine Woche, verschwindet dann wieder für 3 Wochen oder einen ganzen Monat und kehrt zurück an einigen Abfallstagen für einige Sparstunden, wenn seine Anwender seiner zufällig nicht bedürfen; und so wird das Kind sozusagen hin und her gepufft (buffeted) von der Schule in die Fabrik, von der Fabrik in die Schule, bis die Summe der 150 Stunden abgezählt ist."(141) | |||
Durch den überwiegenden Zusatz von Kindern und Weibern zum kombinierten Arbeitspersonal bricht die Maschinerie endlich den Widerstand, den der männliche Arbeiter in der Manufaktur der Despotie des Kapitals noch entgegensetzte.(142) | |||
b) Verlängrung des Arbeitstags | |||
'''<425>'''Wenn die Maschinerie das gewaltigste Mittel ist, die Produktivität der Arbeit zu steigern, d.h. die zur Produktion einer Ware nötige Arbeitszeit zu verkürzen, wird sie als Träger des Kapitals zunächst in den unmittelbar von ihr ergriffnen Industrien zum gewaltigsten Mittel, den Arbeitstag über jede naturgemäße Schranke hinaus zu verlängern. Sie schafft einerseits neue Bedingungen, welche das Kapital befähigen, dieser seiner beständigen Tendenz die Zügel frei schießen zu lassen, andrerseits neue Motive zur Wetzung seines Heißhungers nach fremder Arbeit. | |||
Zunächst verselbständigt sich in der Maschinerie die Bewegung und Werktätigkeit des Arbeitsmittels gegenüber dem Arbeiter. Es wird an und für sich ein industrielles Perpetuum mobile, das ununterbrochen fortproduzieren würde, stieße es nicht auf gewisse Naturschranken in seinen menschlichen Gehilfen: ihre Körperschwäche und ihren Eigenwillen. Als Kapital, und als solches besitzt der Automat im Kapitalisten Bewußtsein und Willen, ist es daher mit dem Trieb begeistet, die widerstrebende, aber elastische menschliche Naturschranke auf den Minimalwiderstand einzuzwängen.(143) Dieser ist ohnehin vermindert durch die scheinbare Leichtigkeit der Arbeit an der Maschine und das füg- und biegsamere Weiber- und Kinderelement.(144) | |||
'''<426>''' Die Produktivität der Maschinerie steht, wie wir sahen, in umgekehrtem Verhältnis zur Größe des von ihr auf das Machwerk übertragnen Wertbestandteils. Je länger die Periode, worin sie funktioniert, desto größer die Produktenmasse, worüber sich der von ihr zugesetzte Wert verteilt, und desto kleiner der Wertteil, den sie der einzelnen Ware zufügt. Die aktive Lebensperiode der Maschinerie ist aber offenbar bestimmt durch die Länge des Arbeitstags oder die Dauer des täglichen Arbeitsprozesses, multipliziert mit der Anzahl Tage, worin er sich wiederholt. | |||
Der Maschinenverschleiß entspricht keineswegs exakt mathematisch ihrer Benutzungszeit. Und selbst dies vorausgesetzt, umfaßt eine Maschine, die während 7<sup>1</sup>/2 Jahren täglich 16 Stunden dient, eine ebenso große Produktionsperiode und setzt dem Gesamtprodukt nicht mehr Wert zu als dieselbe Maschine, die während 15 Jahren nur 8 Stunden täglich dient. Im erstren Fall aber wäre der Maschinenwert doppelt so rasch reproduziert als im letztren und der Kapitalist hätte vermittelst derselben in 7<sup>1</sup>/2 Jahren so viel Mehrarbeit eingeschluckt als sonst in 15. | |||
Der materielle Verschleiß der Maschine ist doppelt. Der eine entspringt aus ihrem Gebrauch, wie Geldstücke durch Zirkulation verschleißen, der andre aus ihrem Nichtgebrauch, wie ein untätig Schwert in der Scheide verrostet. Es ist dies ihr Verzehr durch die Elemente. Der Verschleiß erster Art steht mehr oder minder in direktem Verhältnis, der letztre zu gewissem Grad in umgekehrtem Verhältnis zu ihrem Gebrauch.(145) | |||
Neben dem materiellen unterliegt die Maschine aber auch einem sozusagen moralischen Verschließ. Sie verliert Tauschwert im Maße, worin entweder Maschinen derselben Konstruktion wohlfeiler reproduziert werden können oder beßre Maschinen konkurrierend neben sie treten.(146)In beiden '''<427>''' Fällen ist ihr Wert, so jung und lebenskräftig sie sonst noch sein mag, nicht mehr bestimmt durch die tatsächlich in ihr selbst vergegenständlichte, sondern durch die zu ihrer eignen Reproduktion oder zur Reproduktion der beßren Maschine notwendige Arbeitszeit. Sie ist daher mehr oder minder entwertet. Je kürzer die Periode, worin ihr Gesamtwert reproduziert wird, desto geringer die Gefahr des moralischen Verschleißes, und je länger der Arbeitstag, um so kürzer jene Periode. Bei der ersten Einführung der Maschinerie in irgendeinen Produktionszweig folgen Schlag auf Schlag neue Methoden zu ihrer wohfeilern Reproduktion (147) und Verbeßrungen, die nicht nur einzelne Teile oder Apparate, sondern ihre ganze Konstruktion ergreifen. In ihrer ersten Lebensperiode wirkt daher dies besondre Motiv zur Verlängrung des Arbeitstags am akutesten.(148) | |||
Unter sonst gleichbleibenden Umständen und bei gegebnem Arbeitstag erheischt Exploitation verdoppelter Arbeiteranzahl ebensowohl Verdopplung des in Maschinerie und Baulichkeiten ausgelegten Teils des konstanten Kapitals als des in Rohmaterial, Hilfsstoffen usw. ausgelegten. Mit verlängertem Arbeitstag dehnt sich die Stufenleiter der Produktion, während der in Maschinerie und Baulichkeiten ausgelegte Kapitalteil unverändert bleibt.(149) Nicht nur der Mehrwert wächst daher, sondern die zur Ausbeutung desselben notwendigen Auslagen nehmen ab. Zwar findet dies auch sonst mehr oder minder bei aller Verlängrung des Arbeitstags statt, fällt '''<428>''' aber hier entscheidender ins Gewicht, weil der in Arbeitsmittel verwandelte Kapitalteil überhaupt mehr ins Gewicht fällt.(150) Die Entwicklung des Maschinenbetriebs bindet nämlich einen stets wachsenden Bestandteil des Kapitals in eine Form, worin es einerseits fortwährend verwertbar ist, andrerseits Gebrauchswert und Tauschwert verliert, sobald sein Kontakt mit der lebendigen Arbeit unterbrochen wird. "Wenn", belehrte Herr Ashwort, ein englischer Baumwollmagnat, den Professor Nassau W. Senior, | |||
"wenn ein Ackersmann seinen Spaten niederlegt, macht er für diese Periode ein Kapital von 18 d. nutzlos. Wenn einer von unsren Leuten" (d.h. den Fabrikarbeitern) "die Fabrik verläßt, macht er ein Kapital nutzlos, das 100.000 Pfd.St. gekostet hat."(151) | |||
Man denke nur! Ein Kapital, das 100.000 Pfd.St. gekostet hat, auch nur für einen Augenblick "nutzlos" zu machen! Es ist in der Tat himmelschreiend, daß einer unsrer Leute überhaupt jemals die Fabrik verläßt! Der wachsende Umfang der Maschinerie macht, wie der von Ashworth belehrte Senior einsieht, eine stets wachsende Verlängrung des Arbeitstags "wünschenswert".(152) | |||
Die Maschine produziert relativen Mehrwert, nicht nur, indem sie die Arbeitskraft direkt entwertet und dieselbe indirekt durch Verwohlfeilerung der in ihre Reproduktion eingehenden Waren verwohlfeilert, sondern auch, '''<429>''' indem sie bei ihrer ersten sporadischen Einführung die vom Maschinenbesitzer verwandte Arbeit in potenzierte Arbeit verwandelt, den gesellschaftlichen Wert des Maschinenprodukts über seinen individuellen Wert erhöht und den Kapitalisten so befähigt, mit geringrem Wertteil des Tagesprodukts den Tageswert der Arbeitskraft zu ersetzen. Während dieser Übergangsperiode, worin der Maschinenbetrieb eine Art Monopol bleibt, sind daher die Gewinne außerordentlich, und der Kapitalist sucht diese "erste Zeit der jungen Liebe" gründlichst auszubeuten durch möglichste Verlängrung des Arbeitstags. Die Größe des Gewinns wetzt den Heißhunger nach mehr Gewinn. | |||
Mit der Verallgemeinerung der Maschinerie im selben Produktionszweig sinkt der gesellschaftliche Wert des Maschinenprodukts auf seinen individuellen Wert und macht sich das Gesetz geltend, daß der Mehrwert nicht aus den Arbeitskräften entspringt, welche der Kapitalist durch die Maschine ersetzt hat, sondern umgekehrt aus den Arbeitskräften, welche er an ihr beschäftigt. Der Mehrwert entspringt nur aus dem variablen Teil des Kapitals, und wir sahen, daß die Masse des Mehrwerts durch zwei Faktoren bestimmt ist, die Rate des Mehrwerts und die Anzahl der gleichzeitig beschäftigten Arbeiter. Bei gegebner Länge des Arbeitstags wird die Rate des Mehrwerts bestimmt das Verhältnis, worin der Arbeitstag in notwendige Arbeit und Mehrarbeit zerfällt. Die Anzahl der gleichzeitig beschäftigten Arbeiter hängt ihrerseits ab von dem Verhältnis des variablen Kapitalteils zum konstanten. Es ist nun klar, daß der Maschinenbetrieb, wie er immer durch Steigrung der Produktivkraft der Arbeit die Mehrarbeit auf Kosten der notwendigen Arbeit ausdehne, dies Resultat nur hervorbringt, indem er die Anzahl der von einem gegebnen Kapital beschäftigten Arbeiter vermindert. Er verwandelt einen Teil des Kapitals, der früher variabel war, d.h. sich in lebendige Arbeitskraft umsetzte, in Maschinerie, also in konstantes Kapital, das keinen Mehrwert produziert. Es ist unmöglich, z.B. aus zwei Arbeitern so viel Mehrwert auszupressen als aus 24. Wenn jeder der 24 Arbeiter auf 12 Stunden nur eine Stunde Mehrarbeit liefert, liefern sie zusammen 24 Stunden Mehrarbeit, während die Gesamtarbeit der zwei Arbeiter nur 24 Stunden beträgt. Es liegt also in der Anwendung der Maschinerie zur Produktion von Mehrwert ein immanenter Widerspruch, indem sie von den beiden Faktoren des Mehrwerts, den ein Kapital von gegebner Größe liefert, den einen Faktor, die Rate des Mehrwerts, nur dadurch vergrößert, daß sie den andren Faktor, die Arbeiterzahl, verkleinert. Dieser immanente Widerspruch tritt hervor, sobald mit der Verallgemeinerung der Maschinerie in einem Industriezweig der Wert der maschinen- '''<430>''' mäßig produzierten Ware zum regelnden gesellschaftlichen Wert aller Waren derselben Art wird, und es ist dieser Widerspruch, der wiederum das Kapital, ohne daß es sich dessen bewußt wäre (153), zur gewaltsamsten Verlängrung des Arbeitstags treibt, um die Abnahme in der verhältnismäßigen Anzahl der exploitierten Arbeiter durch Zunahme nicht nur der relativen, sondern auch absoluten Mehrarbeit zu kompensieren. | |||
Wenn also die kapitalistische Anwendung der Maschinerie einerseits neue mächtige Motive zur maßlosen Verlängrung des Arbeitstags schafft und die Arbeitsweise selbst wie den Charakter des gesellschaftlichen Arbeitskörpers in einer Art umwälzt, die den Widerstand gegen diese Tendenz bricht, produziert sie andrerseits, teils durch Einstellung dem Kapital früher unzugänglicher Schichten der Arbeiterklasse, teils durch Freisetzung der von der Maschine verdrängten Arbeiter, eine überflüssige Arbeiterpopulation (154), die sich das Gesetz vom Kapital diktieren lassen muß. Daher das merkwürdige Phänomen in der Geschichte der modernen Industrie, daß die Maschine alle sittlichen und natürlichen Schranken des Arbeitstags über den Haufen wirft. Daher das ökonomische Paradoxon, daß das gewaltigste Mittel zur Verkürzung der Arbeitszeit in das unfehlbarste Mittel umschlägt, alle Lebenszeit des Arbeiters und seiner Familie in disponible Arbeitszeit für die Verwertung des Kapitals zu verwandeln. "Wenn", träumte Aristoteles, der größte Denker des Altertums, | |||
"wenn jedes Werkzeug auf Geheiß, oder auch vorausahnend, das ihm zukommende Werk verrichten könnte, wie des Dädalus Kunstwerke sich von selbst bewegten oder die Dreifüße des Hephästos aus eignem Antrieb an die heilige Arbeit gingen, wenn so die Weberschiffe von selbst webten, so bedürfte es weder für den Werkmeister der Gehilfen noch für die Herrn der Sklaven."(155) | |||
Und Antipatros, ein griechischer Dichter aus der Zeit des Cicero, begrüßte die Erfindung der Wassermühle zum Mahlen des Getreides, diese Elementarform aller produktiven Maschinerie, als Befreierin der Sklavin- '''<431>''' nen und Herstellerin des goldnen Zeitalters!(156) "Die Heiden, ja die Heiden!" Sie begriffen, wie der gescheite Bastiat entdeckt hat, und schon vor ihm der noch klügre MacCulloch, nichts von politischer Ökonomie und Christentum. Sie begriffen u.a. nicht, daß die Maschine das probateste Mittel zur Verlängerung des Arbeitstags ist. Sie entschuldigten etwa die Sklaverei des einen als Mittel zur vollen menschlichen Entwicklung des andren. Aber Sklaverei der Massen predigen, um einige rohe oder halbgebildete Parvenüs zu "eminent spinners", "extensive sausage makers" und "influential shoe black dealers" <"hervorragenden Spinnern", "großen Wurstfabrikanten" und "einflußreichen Schuhwichshändlern"> zu machen, dazu fehlte ihnen das spezifisch christliche Organ. | |||
c) Intensifikation der Arbeit | |||
Die maßlose Verlängrung des Arbeitstags, welche die Maschinerie in der Hand des Kapitals produziert, führt, wie wir sahen, später eine Reaktion der in ihrer Lebenswurzel bedrohten Gesellschaft herbei und damit einen gesetzlich beschränkten Normalarbeitstag. Auf Grundlage des letztren entwickelt sich ein Phänomen, das uns schon früher begegnete, zu entscheidender Wichtigkeit - nämlich die Intensifikation der Arbeit. Bei der Analyse des absoluten Mehrwerts handelte es sich zunächst um die extensive Größe der Arbeit, während der Grad ihrer Intensität als gegeben vorausgesetzt war. Wir haben jetzt den Umschlag der extensiven Größe in intensive oder Gradgröße zu betrachten. | |||
Es ist selbstverständlich, daß mit dem Fortschritt des Maschinenwesens und der gehäuften Erfahrung einer eignen Klasse von Maschinen- '''<432>''' arbeitern die Geschwindigkeit und damit die Intensität der Arbeit naturwüchsig zunehmen. So geht in England während eines halben Jahrhunderts die Verlängrung des Arbeitstags Hand in Hand mit der wachsenden Intensität der Fabrikarbeit. Indes begreift man, daß bei einer Arbeit, wo es sich nicht um vorübergehende Paroxysmen handelt, sondern um tagaus, tagein wiederholte, regelmäßige Gleichförmigkeit, ein Knotenpunkt eintreten muß, wo Ausdehnung des Arbeitstags und Intensität der Arbeit einander ausschließen, so daß die Verlängrung des Arbeitstags nur mit schwächrem Intensitätsgrad der Arbeit und umgekehrt ein erhöhter Intensitätsgrad nur mit Verkürzung des Arbeitstags verträglich bleibt. Sobald die allmählich anschwellende Empörung der Arbeiterklasse den Staat zwang, die Arbeitszeit gewaltsam zu verkürzen und zunächst der eigentlichen Fabrik einen Normalarbeitstag zu diktieren, von diesem Augenblick also, wo gesteigerte Produktion von Mehrwert durch Verlängrung der Arbeitstags ein für allemal abgeschnitten war, warf sich das Kapital mit aller Macht und vollem Bewußtsein auf die Produktion von relativem Mehrwert durch beschleunigte Entwicklung des Maschinensystems. Gleichzeitig tritt eine Änderung in dem Charakter des relativen Mehrwerts ein. Im allgemeinen besteht die Produktionsmethode des relativen Mehrwerts darin, durch gesteigerte Produktivkraft der Arbeit den Arbeiter zu befähigen, mit derselben Arbeitsausgabe in derselben Zeit mehr zu produzieren. Dieselbe Arbeitszeit setzt nach wie vor dem Gesamtprodukt denselben Wert zu, obgleich dieser unveränderte Tauschwert sich jetzt in mehr Gebrauchswerten darstellt und daher der Wert der einzelnen Ware sinkt. Anders jedoch, sobald die gewaltsame Verkürzung des Arbeitstags mit dem ungeheuren Anstoß, den sie der Entwicklung der Produktivkraft und der Ökonomisierung der Produktionsbedingungen gibt, zugleich vergrößerte Arbeitsausgabe in derselben Zeit, erhöhte Anspannung der Arbeitskraft, dichtere Ausfüllung der Poren der Arbeitszeit, d.h. Kondensation der Arbeit dem Arbeiter zu einem Grad aufzwingt, der nur innerhalb des verkürzten Arbeitstags erreichbar ist. Diese Zusammenpressung einer größren Masse Arbeit in eine gegebne Zeitperiode zählt jetzt als was sie ist, als größres Arbeitsquantum. Neben das Maß der Arbeitszeit als "ausgedehnter Größe" tritt jetzt das Maß ihres Verdichtungsgrads.(157) Die intensivere Stunde des zehnstündigen Arbeitstags '''<433>''' enthält jetzt so viel oder mehr Arbeit, d.h. verausgabte Arbeitskraft, als die porösere Stunde des zwölfstündigen Arbeitstags. Ihr Produkt hat daher so viel oder mehr Wert als das der poröseren 1<sup>1</sup>/5 Stunden. Abgesehn von der Erhöhung des relativen Mehrwerts durch die gesteigerte Produktivkraft der Arbeit, liefern jetzt z.B. 3<sup>1</sup>/3 Stunden Mehrarbeit auf 6<sup>2</sup>/3 Stunden notwendiger Arbeit dem Kapitalisten dieselbe Wertmasse wie vorher 4 Stunden Mehrarbeit auf 8 Stunden notwendiger Arbeit. | |||
Es fragt sich nun, wie wird die Arbeit intensifiziert? | |||
Die erste Wirkung des verkürzten Arbeitstags beruht auf dem selbstverständlichen Gesetz, daß die Wirkungsfähigkeit der Arbeitskraft im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Wirkungszeit steht. Es wird daher, innerhalb gewisser Grenzen, am Grad der Kraftäußerung gewonnen, was an ihrer Dauer verlorengeht. Daß der Arbeiter aber auch wirklich mehr Arbeitskraft flüssig macht, dafür sorgt das Kapital durch die Methode der Zahlung.(158) In Manufakturen, der Töpferei z.B., wo die Maschinerie keine oder unbedeutende Rolle spielt, hat die Einführung des Fabrikgesetzes schlagend bewiesen, daß bloße Verkürzung des Arbeitstags die Regelmäßigkeit, Gleichförmigkeit, Ordnung, Kontinuität und Energie der Arbeit wundervoll erhöht.(159) Diese Wirkung schien jedoch zweifelhaft in der eigentlichen Fabrik, weil die Abhängigkeit des Arbeiters von der kontinuierlichen und gleichförmigen Bewegung der Maschine hier längst die strengste Disziplin geschaffen hatte. Als daher 1844 die Herabsetzung des Arbeitstags unter 12 Stunden verhandelt ward, erklärten die Fabrikanten fast einstimmig, | |||
"ihre Aufseher paßten in den verschiednen Arbeitsräumen auf, daß die Hände keine Zeit verlören", "der Grad der Wachsamkeit und Aufmerksamkeit auf seiten der Arbeiter (the extent of vigilance and attention on the part of the workmen) sei kaum steigrungsfähig", und alle andren Umstände, wie Gang der Maschinerie usw. als gleichbleibend vorausgesetzt, "sei es daher Unsinn, in wohlgeführten Fabriken von der gesteigerten Aufmerksamkeit usw. der Arbeiter irgendein erkleckliches Resultat zu erwarten".(160) | |||
Diese Behauptung ward durch Experimente widerlegt. Herr R. Gardner ließ in seinen zwei großen Fabriken zu Preston vom 20. April 1844 anstatt '''<434>''' 12 nur noch 11 Stunden per Tag arbeiten. Nach ungefähr Jahresfrist ergab sich das Resultat, daß | |||
"dasselbe Quantum Produkt zu denselben Kosten erhalten ward, und sämtliche Arbeiter in 11 Stunden ebensoviel Arbeitslohn verdienten, wie früher in 12".(161) | |||
Ich übergehe hier die Experimente in den Spinn- und Kardierräumen, weil sie mit Zunahme in der Geschwindigkeit der Maschinerie (um 2%) verbunden waren. In dem Webedepartement dagegen, wo zudem sehr verschiedne Sorten leichter, figurenhaltiger Phantasieartikel gewebt wurden, fand durchaus keine Änderung in den objektiven Produktionsbedingungen statt. Das Resultat war: | |||
"Vom 6. Januar bis 20. April 1844, mit zwölfstündigem Arbeitstag, wöchentlicher Durchschnittslohn jedes Arbeiters 10 sh. 1 1/2 d., vom 20. April bis 29. Juni 1844, mit elfstündigem Arbeitstag, wöchentlicher Durchschnittslohn 10 sh. 3 1/2 d."(162) | |||
Es wurde hier in 11 Stunden mehr produziert als früher in 12, ausschließlich infolge größrer gleichmäßiger Ausdauer der Arbeiter und Ökonomie ihrer Zeit. Während sie denselben Lohn empfingen und 1 Stunde freie Zeit gewannen, erhielt der Kapitalist dieselbe Produktenmasse und sparte Verausgabung von Kohle, Gas usw. für eine Stunde. Ähnliche Experimente wurden mit gleichem Erfolg in den Fabriken der Herren Horrocks und Jacson ausgeführt.(163) | |||
Sobald die Verkürzung des Arbeitstags, welche zunächst die subjektive Bedingung der Kondensation der Arbeit schafft, nämlich die Fähigkeit des Arbeiters, mehr Kraft in gegebner Zeit flüssig zu machen, zwangsgesetzlich wird, wird die Maschine in der Hand des Kapitals zum objektiven und systematisch angewandten Mittel, mehr Arbeit in derselben Zeit zu erpressen. Es geschieht dies in doppelter Weise: durch erhöhte Geschwindigkeit der Maschinen und erweiterten Umfang der von demselben Arbeiter zu überwachenden Maschinerie oder seines Arbeitsfeldes. Verbesserte Konstruktion der Maschinerie ist teils notwendig zur Ausübung des größren '''<435>''' Drucks auf den Arbeiter, teils begleitet sie von selbst die Intensifikation der Arbeit, weil die Schranke des Arbeitstags den Kapitalisten zu strengstem Haushalt der Produktionskosten zwingt. Die Verbesserung der Dampfmaschine erhöht die Anzahl ihrer Kolbenschläge in einer Minute und erlaubt zugleich, durch größere Kraftersparung einen umfangreichren Mechanismus mit demselben Motor zu treiben, bei gleichbleibendem oder selbst fallendem Kohlenverzehr. Die Verbesserung des Transmissionsmechanismus vermindert die Reibung und, was die moderne Maschinerie so augenfällig vor der ältren auszeichnet, reduziert Durchmesser und Gewicht der großen und kleinen Wellenbäume auf ein stets fallendes Minimum. Die Verbesserungen der Arbeitsmaschinerie endlich vermindern bei erhöhter Geschwindigkeit und ausgedehnterer Wirkung ihren Umfang, wie beim modernen Dampfwebstuhl, oder vergrößern mit dem Rumpf Umfang und Zahl der von ihr geführten Werkzeuge, wie bei der Spinnmaschine, oder vermehren die Beweglichkeit dieser Werkzeuge durch unscheinbare Detailveränderungen, wie derartig bei der selfacting mule in der Mitte der fünfziger Jahre die Geschwindigkeit der Spindeln um <sup>1</sup>/5 gesteigert wurde. | |||
Die Verkürzung des Arbeitstags auf 12 Stunden datiert in England von 1832. Schon 1836 erklärte ein englischer Fabrikant: | |||
"Verglichen mit früher ist die Arbeit, die in den Fabriken zu verrichten, sehr gewachsen, infolge der größren Aufmerksamkeit und Tätigkeit, welche die bedeutend vermehrte Geschwindigkeit der Maschinerie vom Arbeiter erheischt."(164) | |||
Im Jahr 1844 machte Lord Ashley, jetzt Graf Shaftesbury, folgende dokumentarisch belegte Aufstellungen im Hause der Gemeinen: | |||
"Die Arbeit der in den Fabrikprozessen Beschäftigten ist jetzt dreimal so groß, als bei der Einführung solcher Operationen. Die Maschinerie hat zweifelsohne ein Werk verrichtet, welches die Sehnen und Muskeln von Millionen Menschen ersetzt, aber sie hat auch erstaunlich (prodigiously) die Arbeit der durch ihre furchtbare Bewegung beherrschten Menschen vermehrt ... Die Arbeit, einem Paar Mules während 12 Stunden auf und ab zu folgen, zum Spinnen von Garn Nr. 40, schloß im Jahre 1815 das Durchlaufen einer Distanz von 8 Meilen ein. Im Jahre 1832 betrug die im Gefolge eines Mulepaars, zum Spinnen derselben Nummer, während 12 Stunden zu durchreisende Distanz 20 Meilen und oft mehr. Im Jahre 1825 hatte der Spinner während 12 Stunden 820 Auszüge an jeder Mule zu machen, was eine Gesamtsumme von 1.640 für 12 Stunden ergab. Im Jahre 1832 hatte der Spinner während seines zwölfstündigen Arbeitstags an jeder Mule 2.200 Auszüge zu machen, zusammen 4.400, im Jahre 1844 an jeder Mule 2.400, zusammen 4.800: und in einigen Fällen ist die erheischte Arbeits- '''<436>''' masse (amount of labour) noch größer ... Ich habe hier ein andres Dokument von 1842 in der Hand, worin nachgewiesen wird, daß die Arbeit progressiv zunimmt, nicht nur, weil eine größre Entfernung zu durchreisen ist, sondern weil die Quantität der produzierten Waren sich vermehrt, während die Händezahl proportionell abnimmt; und ferner, weil nun oft schlechtere Baumwolle gesponnen wird, die mehr Arbeit erfordert ... Im Kardierraum hat auch große Zunahme der Arbeit stattgefunden. Eine Person tut jetzt die Arbeit, die früher zwischen zwei verteilt war ... In der Weberei, worin eine große Anzahl Personen, meist weiblichen Geschlechts, beschäftigt ist, ist die Arbeit während der letzten Jahre um volle 10% gewachsen, infolge der vermehrten Geschwindigkeit der Maschinerie. Im Jahre 1838 war die Zahl der hanks <Docken>, die wöchentlich gesponnen wurde, 18.000, im Jahre 1843 belief sie sich auf 21.000. Im Jahr 1819 war die Zahl der picks <Schußschläge> beim Dampfwebestuhl 60 per Minute, im Jahre 1842 betrug sie 140, was einen großen Zuwachs von Arbeit anzeigt."(165) | |||
Angesichts dieser merkwürdigen Intensität, welche die Arbeit unter der Herrschaft des Zwölfstundengesetzes bereits 1844 erreicht hatte, schien damals die Erklärung der englischen Fabrikanten berechtigt, jeder weitere Fortschritt in dieser Richtung sei unmöglich, daher jede weitere Abnahme der Arbeitszeit identisch mit Abnahme der Produktion. Die scheinbare Richtigkeit ihres Räsonnements wird am besten bewiesen durch folgende gleichzeitige Äußerung ihres rastlosen Zensors, des Fabrikinspektors Leonard Horner: | |||
"Da die produzierte Quantität hauptsächlich geregelt wird durch die Geschwindigkeit der Maschinerie, muß es das Interesse des Fabrikanten sein, sie mit dem äußersten Geschwindigkeitsgrad zu treiben, der mit folgenden Bedingungen vereinbar ist: Bewahrung der Maschinerie vor zu raschem Verderb, Erhaltung der Qualität des fabrizierten Artikels, und Fähigkeit des Arbeiters, der Bewegung zu folgen ohne größre Anstrengung, als er kontinuierlich leisten kann. Es ereignet sich oft, daß der Fabrikant in seiner Hast die Bewegung zu sehr beschleunigt. Brüche und schlechtes Machwerk wiegen dann die Geschwindigkeit mehr als auf, und er ist gezwungen, den Gang der Maschinerie zu mäßigen. Da ein aktiver und einsichtsvoller Fabrikant das erreichbare Maximum ausfindet, schloß ich, daß es unmöglich ist, in 11 Stunden so viel zu produzieren als in 12. Ich nahm außerdem an, daß der per Stücklohn bezahlte Arbeiter sich aufs äußerste anstrengt, soweit er denselben Arbeitsgrad kontinuierlich aushalten kann."(166) | |||
Horner schloß daher, trotz der Experimente von Gardner usw., daß eine weitre Herabsetzung des Arbeitstages unter 12 Stunden die Quantität '''<437>''' des Produkts vermindern müsse.(167) Er selbst zitiert 10 Jahre später sein Bedenken von 1845 zum Beweis, wie wenig er damals noch die Elastizität der Maschinerie und der menschlichen Arbeitskraft begriff, die beide gleichmäßig durch die zwangsweise Verkürzung des Arbeitstags aufs höchste gespannt werden. | |||
Kommen wir nun zur Periode nach 1847, seit Einführung des Zehnstundengesetzes in die englischen Baumwoll-, Woll-, Seiden- und Flachsfabriken. | |||
"Die Geschwindigkeit der Spindeln ist auf Throstles um 500, auf Mules um 1.000 Drehungen in einer Minute gewachsen, d.h. die Geschwindigkeit der Throstlespindel, die 1839 4.500 Drehungen in einer Minute zählte, beträgt nun" (1862) "5.000, und die der Mulespindel, die 5.000 zählte, beträgt jetzt 6.000 in der Minute; dies beläuft sich im ersten Fall auf 1/10 und im zweiten auf 1/6 <1.-4. Auflage: 1/5>zusätzlicher Geschwindigkeit."(168) | |||
Jas. Nasmyth, der berühmte Zivilingenieur von Patricroft, bei Manchester, setzte 1852 in einem Brief an Leonard Horner die von 1848-1852 gemachten Verbesserungen in der Dampfmaschine auseinander. Nachdem er bemerkt, daß die Dampfpferdekraft, in der offiziellen Fabrikstatistik fortwährend geschätzt nach ihrer Wirkung im Jahr 1828 (169), nur noch nominell ist und nur als Index der wirklichen Kraft dienen kann, sagt er u.a.: | |||
"Es unterliegt keinem Zweifel, daß Dampfmaschinerie von demselben Gewicht, oft dieselben identischen Maschinen, an denen nur die modernen Verbeßrungen angebracht sind, im Durchschnitt 50% mehr Werk als früher verrichten und daß in vielen Fällen dieselben identischen Dampfmaschinen, die in den Tagen der beschränkten Geschwindigkeit von 220 Fuß per Minute 50 Pferdekraft lieferten, heute, mit vermindertem Kohlenkonsum, über 100 liefern ... Die moderne Dampfmaschine von derselben nominellen Pferdekraft wird mit größrer Gewalt als früher getrieben, infolge der Verbeßrungen in ihrer Konstruktion, vermindertem Umfang und Bau der Dampf- '''<438>''' kessel usw. ... Obgleich daher dieselbe Händezahl wie früher im Verhältnis zur nominellen Pferdekraft beschäftigt wird, werden weniger Hände verwand im Verhältnis zur Arbeitsmaschinerie."(170) | |||
Im Jahre 1850 verwandten die Fabriken des Vereinigten Königreichs 134.217 nominelle Pferdekraft zur Bewegung von 25.638.716 Spindeln und 301.445 Webstühlen. Im Jahr 1856 betrug die Zahl der Spindeln und Webstühle respektive 33.503.580 und 369.205. Wäre die erheischte Pferdekraft dieselbe geblieben wie 1850, so waren 1856: 175.000 Pferdekraft nötig. Sie betrug aber nach dem offiziellen Ausweis nur 161.435, also über 10.000 Pferdekraft weniger, als wenn man nach der Basis von 1850 rechnet.(171) | |||
"Die durch den letzten Return von 1856" (offizielle Statistik) "festgestellten Tatsachen sind, daß das Fabriksystem reißend rasch um sich greift, die Zahl der Hände im Verhältnis zur Maschinerie abgenommen hat, die Dampfmaschine durch Ökonomie der Kraft und andre Methoden ein größres Maschinengewicht treibt und ein vermehrtes Quantum Machwerk erzielt wird infolge verbesserter Arbeitsmaschinen, veränderter Methoden der Fabrikation, erhöhter Geschwindigkeit der Maschinerie und vieler andrer Ursachen."(172) "Die großen in Maschinen jeder Art eingeführten Verbeßrungen haben deren Produktivkraft sehr gesteigert. Ohne allen Zweifel gab die Verkürzung des Arbeitstags ... den Stachel zu diesen Verbeßrungen. Letztre und die intensivre Anstrengung des Arbeiters bewirkten, daß wenigstens ebensoviel Machwerk in dem" (um zwei Stunden oder 1/6) "verkürzten Arbeitstag als früher während des längren geliefert wird."(173) | |||
Wie die Bereicherung der Fabrikanten mit der intensivren Ausbeutung der Arbeitskraft zunahm, beweist schon der eine Umstand, daß das durchschnittliche Wachstum der englischen Baumwollen- usw. -Fabriken von 1838 bis 1850 pro Jahr 32, von 1850 bis 1856 dagegen 86 jährlich betrug. | |||
So groß in den 8 Jahren 1848 bis 1856, unter der Herrschaft des zehnstündigen Arbeitstags, der Fortschritt der englischen Industrie, wurde er wieder weit überflügelt in der folgenden sechsjährigen Periode von 1856 bis 1862. In der Seidenfabrik z.B. 1856: Spindeln 1.093.799, 1862: 1.388.544; 1856: Webstühle 9.260 und 1862: 10.709. Dagegen 1856: Arbeiteranzahl 56.137 und 1862: 52.429. Dies ergibt Zunahme der Spindelzahl 26,9% und der Webstühle 15,6% mit gleichzeitiger Abnahme der Arbeiteranzahl '''<439>''' um 7%. Im Jahre 1850 wurden in der Worsted-Fabrik angewandt 875.830 Spindeln, 1856: 1.324.549 (Zunahme von 51,2%) und 1862: 1.289.172 (Abnahme von 2,7%). Zählt man aber die Dublierspindeln ab, die in der Aufzählung für das Jahr 1856, aber nicht für 1862 figurieren, so blieb die Anzahl der Spindeln seit 1856 ziemlich stationär. Dagegen ward seit 1850 in vielen Fällen die Geschwindigkeit der Spindeln und Webstühle verdoppelt. Die Zahl der Dampfwebstühle in der Worsted-Fabrik 1850: 32.617, 1856: 38.956 und 1862: 43.048. Es waren dabei beschäftigt 1850: 79.737 Personen, 1856: 87.794 und 1862: 86.063, aber davon Kinder unter 14 Jahren 1850: 9.956, 1856: 11.228: und 1862 13.178. Trotz sehr vermehrter Anzahl der Webstühle, 1862 verglichen mit 1856, nahm also die Gesamtzahl der beschäftigten Arbeit ab, die der exploitierten Kinder zu.(174) | |||
Am 27. April 1863 erklärte das Parlamentsmitglied Ferrand im Unterhause: | |||
"Arbeiterdelegierte von 16 Distrikten von Lancashire und Cheshire, in deren Auftrag ich spreche, haben mir mitgeteilt, daß die Arbeit in den Fabriken infolge der Verbeßrung der Maschinerie beständig wachse. Statt daß früher eine Person mit Gehilfen zwei Webstühle bediente, bedient sie jetzt drei ohne Gehilfen, und es ist gar nichts Ungewöhnliches, daß eine Person ihrer vier bedient usw. Zwölf Stunden Arbeit, wie aus den mitgeteilten Tatsachen hervorgeht, werden jetzt in weniger als 10 Arbeitsstunden gepreßt. Es ist daher selbstverständlich, in welchem ungeheuren Umfang die Mühen der Fabrikarbeiter sich seit den letzten Jahren vermehrt haben."(175) | |||
Obgleich daher die Fabrikinspektoren die günstigen Resultate der Fabrikgesetze von 1844 und 1850 unermüdlich und mit vollem Recht lobpreisen, gestehn sie doch, daß die Verkürzung des Arbeitstags bereits eine die Gesundheit der Arbeiter, also die Arbeitskraft selbst zerstörende Intensität der Arbeit hervorgerufen habe. | |||
'''<440>''' "In den meisten Baumwoll-, Worsted- und Seidenfabriken scheint der erschöpfende Zustand von Aufregung, nötig für die Arbeit an der Maschinerie, deren Bewegung in den letzten Jahren so außerordentlich beschleunigt worden ist, eine der Ursachen des Überschusses der Sterblichkeit an Lungenkrankheiten, den Dr. Greenhow in seinem jüngsten bewundernswerten Bericht nachgewiesen hat."(176) | |||
Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, daß die Tendenz des Kapitals, sobald ihm Verlängrung des Arbeitstags ein für allemal durch das Gesetz abgeschnitten ist, sich durch systematische Steigrung des Intensitätsgrads der Arbeit gütlich zu tun und jede Verbeßrung der Maschinerie in ein Mittel zu größrer Aussaugung der Arbeitskraft zu verkehren, bald wieder zu einem Wendepunkt treiben muß, wo abermalige Abnahme der Arbeitsstunden unvermeidlich wird.(177) Andrerseits überflügelt der Sturmmarsch der englischen Industrie von 1848 bis zur Gegenwart, d.h. während der Periode des zehnstündigen Arbeitstags, noch weit mehr die Zeit von 1833 bis 1837, d.h. die Periode des zwölfstündigen Arbeitstags, als letztre das halbe Jahrhundert seit Einführung des Fabriksystems, d.h. die Periode des unbeschränkten Arbeitstags.(178) | |||
----Fußnoten | |||
(86) "It is questionable, if all the mechanical inventions yet made have lightened the day's toil of any human being." Mill hätte sagen sollen, "of any human being not fed by other people's labour" <"irgendeines menschlichen Wesens, das nicht von andrer Leute Arbeit lebt">, denn die Maschinerie hat unstreitig die Zahl der vornehmen Müßiggänger sehr vermehrt. <= | |||
(87) Sieh z.B. Huttons "Course of Mathematics". <= | |||
(88) "Von diesem Gesichtspunkt aus läßt sich denn auch eine scharfe Grenze zwischen Werkzeug und Maschine ziehn: Spaten, Hammer, Meißel usw., Hebel- und Schraubenwerke, für welche, mögen sie übrigens noch so künstlich sein, der Mensch die bewegende Kraft ist ... dies alles fällt unter den Begriff des Werkzeugs; während der Pflug mit der ihn bewegenden Tierkraft, Wind- usw. Mühlen zu den Maschinen zu zählen sind." (Wilhelm Schulz, "Die Bewegung der Produktion", Zürich 1843, p. 38.) Eine in mancher Hinsicht lobenswerte Schrift. <= | |||
(89) Schon vor ihm wurden, wenn auch sehr unvollkommene, Maschinen zum Vorspinnen angewandt, wahrscheinlich zuerst in Italien. Eine kritische Geschichte der Technologie würde überhaupt nachweisen, wie wenig irgendeine Erfindung des 18. Jahrhunderts einem einzelnen Individuum gehört. Bisher existiert kein solches Werk. Darwin hat das Interesse auf die Geschichte der natürlichen Technologie gelenkt, d.h. auf die Bildung der Pflanzen- und Tierorgane als Produktionsinstrumente für das Leben der Pflanzen und Tiere. Verdient die Bildungsgeschichte der produktiven Organe des Gesellschaftsmenschen, der materiellen Basis jeder besondren Gesellschaftsorganisation, nicht gleiche Aufmerksamkeit? Und wäre sie nicht leichter zu liefern, da, wie Vico sagt, die Menschengeschichte sich dadurch von der Naturgeschichte unterscheidet, daß wir die eine gemacht und die andre nicht gemacht haben? Die Technologie enthüllt das aktive Verhalten des Menschen zur Natur, den unmittelbaren Produktionsprozeß seines Lebens, damit auch seiner gesellschaftlichen Lebensverhältnisse und der ihnen entquellenden geistigen Vorstellungen. Selbst alle Religionsgeschichte, die von dieser materiellen Basis abstrahiert, ist - unkritisch. Es ist in der Tat viel leichter, durch Analyse den irdischen Kern der religiösen Nebelbildungen zu finden, als umgekehrt, aus den jedesmaligen wirklichen Lebensverhältnissen ihre verhimmelten Formen zu entwickeln. Die letztre ist die einzig materialistische und daher wissenschaftliche Methode. Die Mängel des abstrakt naturwissenschaftlichen Materialismus, der den geschichtlichen Prozeß ausschließt, ersieht man schon aus den abstrakten und ideologischen Vorstellungen seiner Wortführer, sobald sie sich über ihre Spezialität hinauswagen. <= | |||
(90) Namentlich in der ursprünglichen Form des mechanischen Webstuhls erkennt man den alten Webstuhl auf den ersten Blick wieder. Wesentlich verändert erscheint er in seiner modernen Form. <= | |||
(91) Erst seit ungefähr 1850 wird ein stets wachsender Teil der Werkzeuge der Arbeitsmaschinen maschinenmäßig in England fabriziert, obgleich nicht von denselben Fabrikanten, welche die Maschinen selbst machen. Maschinen zur Fabrikation solcher mechanischen Werkzeuge sind z.B. die automatic bobbin-making engine, card-setting engine, Maschinen zum Machen der Weberlitzen, Maschinen zum Schmieden von mule und throstle Spindeln. <= | |||
(92) Moses von Ägypten sagt: "Du sollst dem Ochsen, der drischt, nicht das Maul verbinden." Die christlich germanischen Philanthropen legten dagegen dem Leibeignen, den sie als Triebkraft zum Mahlen verwandten, eine große hölzerne Scheibe um den Hals, damit er kein Mehl mit der Hand zum Mund bringen könne. <= | |||
(93) Teils Mangel an lebendigem Wassergefäll, teils Kampf gegen sonstigen Wasserüberfluß zwangen die Holländer zur Anwendung des Winds als Triebkraft. Die Windmühle selbst erhielten sie aus Deutschland, wo diese Erfindung einen artigen Kampf zwischen Adel, Pfaffen und Kaiser hervorrief, wem denn von den drei der Wind "gehöre". Luft macht eigen, hieß es in Deutschland, während der Wind Holland frei macht. Was er hier eigen machte, war nicht der Holländer, sondern der Grund und Boden für den Holländer. Noch 1836 wurden 12.000 Windmühlen von 6.000 Pferdekraft in Holland verwandt, um zwei Dritteile des Lands vor Rückverwandlung in Morast zu schützen. <= | |||
(94) Sie wurde zwar schon sehr verbessert durch Watts erste, sogenannte einfach wirkende Kampfmaschine, blieb aber in dieser Form bloße Hebemaschine für Wasser und Salzsole. <= | |||
(95) "Die Vereinigung aller dieser einfachen Instrumente, durch einen einzigen Motor in Bewegung gesetzt, bildet eine Maschine." (Babbage, l.c.[p. 136.]) <= | |||
(96) John C. Morton verlas Dezember 1859 in der Society of Arts einen Aufsatz über "die in der Agrikultur angewandten Kräfte". Es heißt darin u.a.: "Jede Verbeßrung, welche die Gleichförmigkeit des Bodens fördert, macht die Dampfmaschine zur Erzeugung rein mechanischer Kraft anwendbarer ... Pferdekraft wird erheischt, wo krumme Hecken und andre Hindernisse gleichförmige Aktion verhindern. Diese Hindernisse schwinden täglich mehr. In Operationen, die mehr Ausübung des Willens und weniger wirkliche Kraft erfordern, ist die durch den menschlichen Geist von Minute zu Minute gelenkte Kraft, also Menschenkraft, allein anwendbar." Herr Morton reduziert dann Dampfkraft, Pferdekraft und Menschenkraft auf die bei Dampfmaschinen gewöhnliche Maßeinheit, nämlich die Kraft, 33.000 Pfund in der Minute um einen Fuß zu heben, und berechnet die Kosten einer Dampfpferdekraft bei der Dampfmaschine auf 3 d. und beim Pferde auf 5<sup>1</sup>/2 d. per Stunde. Ferner kann das Pferd bei voller Erhaltung seiner Gesundheit nur 8 Stunden täglich angewandt werden. Durch Dampfkraft können mindestens 3 von je 7 Pferden auf bebautem Land während des ganzen Jahrs erspart werden, zu einem Kostenpreis, nicht größer als dem der entlaßnen Pferde während der 3 oder 4 Monate, wo sie allein wirklich vernutzt werden. In den Agrikulturoperationen, worin die Dampfkraft angewandt werden kann, verbessert sie endlich, verglichen mit der Pferdekraft, die Qualität des Machwerks. Um das Werk der Dampfmaschine zu verrichten, müßten 66 Arbeiter per Stunde zu zusammen 15 sh., und um das der Pferde zu verrichten, 32 Mann zu zusammen 8 sh per Stunde angewandt werden. <= | |||
(97) Faulhaber, 1625; De Cous, 1688. <= | |||
(98) Die moderne Erfindung der Turbinen befreit die industrielle Ausbeutung der Wasserkraft von vielen frühern Schranken. <= | |||
(99) "In der Frühzeit der Textilmanufaktur war der Standort der Fabrik von der Existenz eines Wasserlaufs abhängig, der genügend Gefälle hatte, um ein Wasserrad zu drehen; und obwohl nun die Einrichtung der Wassermühlen den Beginn der Auflösung des Systems der Hausindustrie bedeutete, stellten die Mühlen, die notwendigerweise an Wasserläufen gelegen sein mußten und häufig in beträchtlicher Entfernung voneinander standen, eher einen Teil eines ländlichen als eines städtischen Systems dar; erst durch die Einführung der Dampfkraft als Ersatz für den Wasserlauf wurden die Fabriken in Städten und an Orten zusammengedrängt, wo Kohle und Wasser, die zur Dampferzeugung benötigt wurden, in ausreichender Menge vorhanden waren. Die Dampfmaschine ist die Mutter der Industriestädte." (A. Redgrave in "Reports of the Insp. of Fact. 30th April 1860", p. 36.) <= | |||
(100) Vom Standpunkt der manufakturmäßigen Teilung war Weben keine einfache, sondern vielmehr eine komplizierte handwerksmäßige Arbeit, und so ist der mechanische Webstuhl eine Maschine, die sehr Mannigfaltiges verrichtet. Es ist überhaupt eine falsche Vorstellung, daß die moderne Maschinerie sich ursprünglich solcher Operationen bemächtigt, welche die manufakturmäßige Teilung der Arbeit vereinfacht hatte. Spinnen und Weben wurden während der Manufakturperiode in neue Arten gesondert und ihre Werkzeugen verbessert und variiert, aber der Arbeitsprozeß selbst, in keiner Weise geteilt, blieb handwerksmäßig. Es ist nicht die Arbeit, sondern das Arbeitsmittel, wovon die Maschine ausgeht. <= | |||
(101) Vor der Epoche der großen Industrie war die Wollmanufaktur die herrschende Manufaktur Englands. In ihr wurden daher während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die meisten Experimente gemacht. Der Baumwolle, deren mechanische Verarbeitung minder mühvolle Vorbereitungen erfordert, kamen die an der Schafwolle gemachten Erfahrungen zugut, wie später umgekehrt die mechanische Wollindustrie sich auf Grundlage der mechanischen Baumwollspinnerei und Weberei entwickelt. Einzelne Elemente der Wollmanufaktur sind erst seit den letzten Dezennien dem Fabriksystem einverleibt worden, z.B. das Wollkämmen. "Die Anwendung mechanischer Kraft auf den Prozeß des Wollkämmens ... , die seit der Einführung der 'Kämmaschine', speziell der Listerschen, in großem Ausmaß erfolgt ... , hatte unzweifelhaft die Wirkung, daß eine große Anzahl von Arbeitern aus der Arbeit geworfen wurde. Wolle wurde vorher mit der Hand gekämmt, zumeist in der Cottage des Kämmers. Jetzt wird sie ganz allgemein in der Fabrik gekämmt, und Handarbeit ist, abgesehen von einigen besonderen Arten von Arbeit, bei denen handgekämmte Wolle noch vorgezogen wird, verdrängt worden. Viele von den Handkämmern fanden Arbeit in den Fabriken, aber das Arbeitsprodukt des Handkämmers ist im Verhältnis zu dem der Maschine so klein, daß eine sehr große Zahl von Kämmern ohne Beschäftigung geblieben ist." ("Rep. of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1856", p. 16.) <= | |||
(102) "Das Prinzip des Fabriksystems besteht also darin ... die Teilung des Arbeitsprozesses in seine wesentlichen Bestandteile an die Stelle der Verteilung oder Abstufung der Arbeit unter die einzelnen Handwerker zu setzen." (Ure, l.c.p. 20.) <= | |||
(103) Der mechanische Webstuhl in seiner ersten Form besteht hauptsächlich aus Holz, der verbesserte, moderne, aus Eisen. Wie sehr im Anfang die alte Form des Produktionsmittels seine neue Form beherrscht, zeigt u.a. die oberflächlichste Vergleichung des modernen Dampfwebstuhls mit dem alten, der modernen Blasinstrumente in Eisengießereien mit der ersten unbehiflichen mechanischen Wiedergeburt des gewöhnlichen Blasbalgs, und vielleicht schlagender als alles andre eine vor der Erfindung der jetzigen Lokomotiven versuchte Lokomotive, die in der Tat zwei Füße hatte, welche sie abwechselnd wie ein Pferd aufhob. Erst nach weitrer Entwicklung der Mechanik und gehäufter praktischer Erfahrung wird die Form die Form gänzlich durch das mechanische Prinzip bestimmt und daher gänzlich emanzipiert von der überlieferten Körperform des Werkzeugs, das sich zur Maschine entpuppt. <= | |||
(104) Des Yankee Eli Whitney cottongin war bis zur neuesten Zeit im wesentlichen weniger verändert worden als irgendeine andre Maschine des 18. Jahrhunderts. Erst in den letzten Dezennien (vor 1867) hat ein andrer Amerikaner, Herr Emery von Albany, New York, Whitneys Maschine durch eine ebenso einfache als wirksame Verbeßrung antiquiert. <= | |||
(105) "The Industry of Nations", Lond. 1855, Part II, p. 239. Es heißt ebendaselbst: "So einfach und äußerlich unbedeutend, wie dieses Zubehör zur Drehbank erscheinen mag, glauben wir doch nicht zu viel zu behaupten, wenn wir feststellen, daß sein Einfluß auf die bessere und ausgedehntere Verwendung von Maschinen ebenso groß gewesen ist wie der, den Watts Verbesserungen der Dampfmaschine hervorgerufen haben. Seine Einführung hatte sofort eine Vervollkommnung und Verbilligung aller Maschinen zur Folge und trieb zu weiteren Erfindungen und Verbesserungen." <= | |||
(106) Eine dieser Maschinen in London zum Schmieden von paddle-wheel shafts <Schaufelradwellen> führt den Namen "Thor". Sie schmiedet einen Schaft von 16<sup>1</sup>/2 Tonnen Gewicht mit derselben Leichtigkeit, wie der Schmied ein Hufeisen. <= | |||
(107) Die in Holz arbeitenden Maschinen, die auch auf kleinem Maßstab angewandt werden können, sind meist amerikanische Erfindung. <= | |||
(108) Die Wissenschaft kostet dem Kapitalisten überhaupt "nichts", was ihn durchaus nicht hindert, sie zu exploitieren. Die "fremde" Wissenschaft wird dem Kapital einverleibt wie fremde Arbeit. "Kapitalistische" Aneignung und "persönliche" Aneignung, sei es von Wissenschaft, sei es von materiellem Reichtum, sind aber ganz und gar disparate Dinge. Dr. Ure selbst bejammerte die grobe Unbekanntschaft seiner lieben, Maschinen exploitierenden Fabrikanten mit der Mechanik, und Liebig weiß von der haarsträubenden Unwissenheit der englischen chemischen Fabrikanten in der Chemie zu erzählen. <= | |||
(109) Ricardo faßt diese, übrigens von ihm ebensowenig wie der allgemeine Unterschied zwischen Arbeitsprozeß und Verwertungsprozeß entwickelte Wirkung der Maschinen manchmal so vorzugsweise ins Auge, daß er gelegentlich den Wertbestandteil vergißt, den Maschinen an das Produkt abgeben, und sie ganz und gar mit den Naturkräften zusammenwirft. So z.B. "Adam Smith unterschätzt nirgends die Dienste, die Naturkräfte und Maschinerie uns leisten, aber er unterscheidet sehr richtig die Natur des Wertes, den sie den Waren zusetzen ... da sie ihre Arbeit kostenlos tun, setzt ihr uns geleisteter Beistand dem Tauschwert nichts zu". (Ricardo, l.c.p. 336, 337.) Ricardos Bemerkung ist natürlich richtig gegen. J. B. Say, der sich vorfaselt, die Maschinen leisteten den "Dienst", Wert zu schaffen, der Teil des "Profits" bilde. <= | |||
(109a) {Note zur 3. Aufl. - Eine "Pferdekraft" ist gleich der Kraft von 33.000 Fußpfund in der Minute, d.h. der Kraft, die 33.000 Pfund in der Minute um 1 Fuß (englisch) hebt oder 1 Pfund um 33.000 Fuß. Dies ist die oben gemeinte Pferdekraft. In der gewöhnlichen Geschäftssprache und auch hie und da in Zitaten dieses Buchs wird aber unterschieden zwischen "nominellen" und "kommerziellen" oder "indizierten" Pferdekräften derselben Maschine. Die alte oder nominelle Pferdekraft wird berechnet ausschließlich aus Kolbenhub und Zylinderdurchmesser und läßt Dampfdruck und Kolbengeschwindigkeit ganz außer Berücksichtigung. D.h., faktisch sagt sie aus: Diese Dampfmaschine hat z.B. 50 Pferdekraft, wenn sie mit demselben schwachen Dampfdruck und derselben geringen Kolbengeschwindigkeit getrieben wird wie zur Zeit von Boulton und Watt. Letztere beiden Faktoren sind aber seitdem enorm gewachsen. Um die von einer Maschine heute wirklich gelieferte mechanische Kraft zu messen, wurde der Indikator erfunden, der den Dampfdruck anzeigt. Die Kolbengeschwindigkeit läßt sich leicht feststellen. So ist das Maß der "indizierten" oder "kommerziellen" Pferdekraft einer Maschine eine mathematische Formel, welche Zylinderdurchmesser, Höhe des Kolbenhubs, Kolbengeschwindigkeit und Dampfdruck gleichzeitig berücksichtigt und damit anzeigt, wievielmal die Maschine in der Minute 33.000 Fußpfund wirklich leistet. Eine nominelle Pferdekraft kann daher in Wirklichkeit drei, vier, selbst fünf indizierte oder wirkliche Pferdekräfte leisten. Dies zur Erklärung verschiedner späterer Zitate. - F. E.} <= | |||
(110) Der in kapitalistischen Vorstellungen befangne Leser vermißt hier natürlich den "Zins", den die Maschine, pro rata ihres Kapitalwerts, dem Produkt zusetzt. Es ist jedoch leicht einzusehn, daß die Maschine, da sie so wenig als irgendein andrer Bestandteil des konstanten Kapitals Neuwert erzeugt, keinen solchen unter dem Namen "Zins" zusetzen kann. Es ist ferner klar, daß hier, wo es sich um die Produktion des Mehrwerts handelt, kein Teil desselben unter dem Namen "Zins" a priori vorausgesetzt werden kann. Die kapitalistische Rechnungsweise, die prima facie <dem ersten Anschein nach> abgeschmackt und den Gesetzen der Wertbildung widersprechend scheint, findet im Dritten Buch dieser Schrift ihre Erklärung. <= | |||
(111) Dieser von der Maschine zugesetzte Wertbestandteil fällt absolut und relativ, wo sie Pferde verdrängt, überhaupt Arbeitstiere, die nur als Bewegungskraft, nicht als Stoffwechselmaschinen benutzt werden. Nebenbei bemerkt, Descartes mit seiner Definition der Tiere als bloßer Maschinen sieht mit den Augen der Manufakturperiode im Unterschied zum Mittelalter, dem das Tier als Gehilfe des Menschen galt, wie später wieder dem Herrn v. Haller in seiner "Restauration der Staatswissenschaften". Daß Descartes ebenso wie Baco eine veränderte Gestalt der Produktion und praktische Beherrschung der Natur durch den Menschen als Resultat der veränderten Denkmethode betrachtete, zeigt sein "Discours de la Méthode", wo es u.a. heißt: "Es ist möglich" (durch die von ihm in die Philosophie eingeführte Methode), "zu Kenntnissen zu gelangen, die für das Leben sehr nützlich sind, und an Stelle jener spekulativen Philosophie, die man in den Schulen lehrt, eine praktische Philosophie zu finden, durch die wir die Kräfte und die Wirksamkeit des Feuers, des Wassers, der Luft, der Gestirne und aller anderen uns umgebenden Körper - indem wir sie ebenso genau kennen wie die verschiedenen Gewerbe unserer Handwerker - auch ebenso zu all den Gebrauchszwecken verwenden könnten, für die sie geeignet sind, und uns so zu Meistern und Besitzern der Natur machen können", und so "zur Vervollkommnung des menschlichen Lebens beitragen." In der Vorrede zu Sir Dudley Norths, "Discourses upon Trade" (1691) heißt es, die Methode des Descartes, auf die politischen Ökonomie angewandt, habe sie von alten Märchen und abergläubischen Vorstellungen über Geld, Handel usw. zu befreien angefangen. Im Durchschnitt schließen sich jedoch die englischen Ökonomen der frühern Zeit an Baco und Hobbes als ihre Philosophen an, während Locke später "der Philosoph" kat exochn <schlechthin> der politischen Ökonomie für England, Frankreich und Italien ward. <= | |||
(112) Nach einem Jahresbericht der Handelskammer zu Essen (Okt. 1863) produzierte 1862 die Kruppsche Gußstahlfabrik mittelst 161 Schmelz-, Glüh- und Zementöfen, 32 Dampfmaschinen (im Jahr 1800 war das ungefähr die Gesamtzahl der in Manchester angewandten Dampfmaschinen) und 14 Dampfhämmern, welche zusammen 1.236 Pferdekraft repräsentieren, 49 Schmiedeessen, 203 Werkzeugmaschinen und zirka 2.400 Arbeitern - 13 Millionen Pfund Gußstahl. Hier noch nicht 2 Arbeiter auf 1 Pferdekraft. <= | |||
(113) Babbage berechnet, daß in Java 117% dem Baumwollwert fast nur durch die Spinnarbeit zugesetzt werden. Zur selben Zeit (1832) betrug in England der Gesamtwert, den Maschinerie und Arbeit der Baumwolle bei der Feinspinnerei zusetzten, ungefähr 33% auf den Wert des Rohmaterials. ("On the Economy of Machinery", p. 165, 166.) <= | |||
(114) Beim Maschinendruck außerdem Farbe erspart. <= | |||
(115) Vgl. "Paper read by Dr. Watson, Reporter on Products to the Government of India, before the Society of Arts", 17. April 1860. <= | |||
(116) "Diese stummen Agenten" (die Maschinen) "sind immer das Produkt von viel weniger Arbeit als jene, die sie verdrängen, selbst dann, wenn sie gleichen Geldwert haben." (Ricardo, l.c.p. 40.) <= | |||
(116a) Note zur 2. Ausgabe. In einer kommunistischen Gesellschaft hätte daher die Maschinerie einen ganz andren Spielraum als in der bürgerlichen Gesellschaft. <= | |||
(117) "Die Anwender der Arbeit wollen nicht unnötig zwei Schichten von Kindern unter dreizehn in Dienst nehmen ... Eine Gruppe von Fabrikanten, die Spinner von Wollgarn, verwendet tatsächlich heute selten Kinder unter dreizehn Jahren, d.h. Halbzeitler. Sie haben verbesserte und neue Maschinen verschiedener Art eingeführt, durch die eine Verwendung von Kindern" (d.h. unter 13 J.) "ganz überflüssig wurde; als Beispiel will ich zur Illustration für diese Verminderung der Zahl der Kinder einen Arbeitsprozeß erwähnen, bei dem an die bestehenden Maschinen ein Apparat, genannt Anstückmaschine, angeschlossen wurde, durch den die Arbeit von sechs oder vier Halbzeitlern, je nach der Beschaffenheit der einzelnen Maschine, von einer jugendlichen Person" (über 13 J.) "geleistet werden kann ... Das Halbzeitsystem" stimulierte "die Erfindung der Anstückmaschine." ("Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1858", [p. 42, 43].) <= | |||
(118) "Maschinerie ... kann häufig solange nicht verwendet werden, solange die Arbeit" (er meint Lohn) "nicht steigt." (Ricardo, l.c.p. 479.) <= | |||
(119) Sieh "Report of the Social Science Congress at Edinburgh. Octob. 1863". <= | |||
(120) Dr. Edward Smith wurde während der den Amerikanischen Bürgerkrieg begleitenden Baumwollkrise von der englischen Regierung nach Lancashire, Cheshire usw. geschickt, zur Berichterstattung über den Gesundheitszustand der Baumwollarbeiter. Er berichtet u.a.: Hygienisch habe die Krise, abgesehn von der Verbannung der Arbeiter aus der Fabrikatmosphäre, vielerlei andre Vorteile. Die Arbeiterfrauen fänden jetzt die nötige Muße, ihren Kindern die Brust zu reichen, statt sie mit Godfrey's Cordial (einem Opiat) zu vergiften. Sie hätten die Zeit gewonnen, kochen zu lernen. Unglücklicherweise fiel diese Kochkunst in einen Augenblick, wo sie nichts zu essen hatten. Aber man sieht, wie das Kapital die für die Konsumtion nötige Familienarbeit usurpiert hat zu seiner Selbstverwertung. Ebenso wurde die Krise benutzt, um in eignen Schulen die Töchter der Arbeiter nähen zu lehren. Eine amerikanische Revolution und eine Weltkrise erheischt, damit die Arbeitermädchen, die für die ganze Welt spinnen, nähen lernen! <= | |||
(121) "Die Zahl der Arbeiter hat sehr zugenommen, weil man immer mehr Männer durch Frauenarbeit und vor allem Erwachsenen- durch Kinderarbeit ersetzt. Drei Mädchen im Alter von 13 Jahren mit Löhnen von 6 bis 8 sh. die Woche haben einen Mann reifen Alters mit einem Lohn von 18 bis 45 sh. verdrängt." (Th. de Quincey, "The Logic of Politic. Econ.", Lond. 1844, Note zu p. 147.) Da gewisse Funktionen der Familie, z.B. Warten und Säugen der Kinder usw., nicht ganz unterdrückt werden können, müssen die vom Kapital konfiszierten Familienmütter mehr oder minder Stellvertreter dingen. Die Arbeiten, welche der Familienkonsum erheischt, wie Nähen, Flicken usw., müssen durch Kauf fertiger Waren ersetzt werden. Der verminderten Ausgabe von häuslicher Arbeit entspricht also vermehrte Geldausgabe. Die Produktionskosten der Arbeiterfamilie wachsen daher und gleichen die Mehreinnahme aus. Es kommt hinzu, daß Ökonomie und Zweckmäßigkeit in Vernutzung und Bereitung der Lebensmittel unmöglich werden. Über diese von der offiziellen politischen Ökonomie verheimlichten Tatsachen findet man reichliches Material in den "Reports" der Fabrikinspektoren, der "Children's Employment Commission" und namentlich auch den "Reports on Public Health". <= | |||
(122) Im Kontrast zur großen Tatsache, daß die Beschränkung der Weiber- und Kinderarbeit in den englischen Fabriken von den erwachsnen männlichen Arbeitern dem Kapital aberobert wurde, findet man noch in den jüngsten Berichten der "Children's Employment Commission" wahrhaft empörende und durchaus sklavenhändlerische Züge der Arbeitereltern mit Bezug auf den Kinderschacher. Der kapitalistische Pharisäer aber, wie man aus denselben "Reports" sehn kann, denunziert diese von ihm selbst geschaffne, verewigte und exploitierte Bestialität, die er sonst "Freiheit der Arbeit" tauft. "Arbeit von kleinen Kindern wurde zu Hilfe genommen ... sogar um für ihr eigen täglich Brot zu arbeiten. Ohne die Kraft, eine so über alles Maß schwere Arbeit zu ertragen, ohne Belehrung, die ihrer künftigen Lebensführung zustatten käme, wurden sie in eine physisch und moralisch verseuchte Umgebung hineingestoßen. Der jüdische Historiker hat über die Zerstörung Jerusalems durch Titus die Bemerkung gemacht, es sei kein Wunder gewesen, daß die Stadt vernichtet, ja so völlig vernichtet worden sei, wenn eine unmenschliche Mutter ihren eigenen Sprößling opferte, um die Gier hemmungslosen Hungers zu stillen." ("Public Economy Concentrated", Carlisle 1833, p. 66.) <= | |||
(123) A. Redgrave in "Reports of Insp. of Fact. for 31st October 1858", p. 40, 41. <= | |||
(124) "Children's Employment Commission, V. Report", London 1866, p. 81, n. 31. {Zur 4 Aufl. - Die Seidenindustrie von Bethnal Green ist jetzt fast vernichtet. - F. E.} <= | |||
(125) "Child. Employm. Comm., III. Report", Lond. 1864, p. 53, n. 15. <= | |||
(126) l.c., "V. Report", p.XXII, n. 137. <= | |||
(127) "Sixth Report on Public Health", Lond. 1864, p. 34. <= | |||
(128) "Sie" (die Untersuchung von 1861) " ... zeigte überdies, daß, während unter den beschriebenen Umständen die Kleinkinder an der Vernachlässigung und schlechten Behandlung zugrunde gehen, die durch die Arbeit ihrer Mütter bedingt sind, die Mütter in erschreckendem Ausmaß die natürlichen Regungen gegenüber ihren Sprößlingen verlieren - gewöhnlich kümmert sie deren Tod nicht sehr, und manchmal ... ergreifen sie direkte Maßnahmen, um ihn herbeizuführen." (l.c.) <= | |||
(129) l.c.p. 454. <= | |||
(130) l.c.p. 454-462. "Reports by Dr. Henry Julian Hunter on the excessive mortality of infants in some rural districts of England." <= | |||
(131) l.c.p. 35 u. p. 455, 456. <= | |||
(132) l.c.p. 456. <= | |||
(133) Wie in den englischen Fabrikdistrikten, so dehnt sich auch in den Agrikulturdistrikten der Opiumkonsum unter den erwachsnen Arbeitern und Arbeiterinnen täglich aus. "Den Verkauf von Opiaten voranzutreiben ... ist das große Ziel einiger unternehmender Großhändler. Von Drogisten werden sie als der gangbarste Artikel angesehen."(l.c.p. 459.) Säuglinge, die Opiate empfingen, "verschrumpelten in kleine alte Männchen oder verschrumpften zu kleinen Affen". (l.c.p. 460.) Man sieht, wie Indien und China sich an England rächen. <= | |||
(134) l.c.p. 37. <= | |||
(135) "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1862", p. 59. Dieser Fabrikinspektor war früher Arzt. <= | |||
(136) Leonard Horner in "Reports of Insp. of Fact. for 30th April 1857", p. 17. <= | |||
(137) id. in "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1855", p. 18, 19. <= | |||
(138) Sir John Kincaid in "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1858", p. 31, 32. <= | |||
(139) Leonard Horner in "Reports etc. for 30th Apr. 1857", p. 17, 18. <= | |||
(140) Sir J. Kincaid [in] "Rep. Insp. Fact. 31st Oct. 1856", p. 66. <= | |||
(141) A. Redgrave in "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1857", p. 41-43. In den englischen Industriezweigen, wo der eigentliche Fabrikakt (nicht der zuletzt im Text angeführte Print Work's Act) seit längerer Zeit herrscht, sind die Hindernisse gegen die Erziehungsklauseln in den letzten Jahren einigermaßen überwältigt worden. In den nicht dem Fabrikgesetz unterworfenen Industrien herrschen noch sehr die Ansichten des Glasfabrikanten J. Geddes, der den Untersuchungskommissär White dahin belehrt: "Soviel ich sehn kann, ist das größre Quantum Erziehung, welches ein Teil der Arbeiterklasse seit den letzten Jahren genoß, vom Übel. Es ist gefährlich, indem es sie zu unabhängig macht." ("Children's Empl. Commission, IV. Report", London 1865, p. 253.) <= | |||
(142) "Herr E., ein Fabrikant, unterrichtete mich, daß er ausschließlich Weiber bei seinen mechanischen Webstühlen beschäftigt; er gebe verheirateten Weibern den Vorzug, besonders solchen mit Familie zu Hause, die von ihnen für den Unterhalt abhängt; sie sind viel aufmerksamer und gelehriger als unverheiratete und zur äußersten Anstrengung ihrer Kräfte gezwungen, um die notwendigen Lebensmittel beizuschaffen. So werden die Tugenden, die eigentümlichen Tugenden des weiblichen Charakters, zu seinem Schaden verkehrt - so wird alles Sittliche und Zarte ihrer Natur zum Mittel ihrer Sklaverei und ihres Leidens gemacht." ("Ten Hours' Factory Bill. The Speech of Lord Ashley, 15th March", London 1844, p. 20.) <= | |||
(143) "Seit der allgemeinen Einführung von kostspieligen Maschinen ist die menschliche Natur weit über ihre durchschnittliche Kraft beansprucht worden." (Robert Owen, "Observations on the effects of the manufacturing system", 2nd ed., London 1817, [p. 16].) <= | |||
(144) Die Engländer, die gern die erste empirische Erscheinungsform einer Sache als ihren Grund betrachten, geben oft den großen herodischen Kinderraub, den das Kapital in den Anfängen des Fabriksystems an den Armen- und Waisenhäusern verübte und wodurch es sich ein ganz willenloses Menschenmaterial einverleibte, als Grund der langen Arbeitszeit in den Fabriken an. So z.B. Fielden, selbst englischer Fabrikant: "Es ist klar, daß die lange Arbeitszeit durch den Umstand herbeigeführt wurde, daß man eine so große Anzahl verlassener Kinder aus verschiednen Teilen des Landes bekommen hat, so daß die Fabrikherren von den Arbeitern unabhängig waren und sie, nachdem sie erst einmal mit Hilfe des auf diese Weise aufgetriebenen armseligen Menschenmaterials die lange Arbeitszeit zur Gewohnheit gemacht hatten, diese auch ihren Nachbarn leichter aufzwingen konnten." (J. Fielden, "The Curse of the Factory System", Lond. 1836, p. 11.) Mit Bezug auf Weiberarbeit sagt Fabrikinspektor Saunders im Fabrikbericht von 1844: " Unter den Arbeiterinnen gibt es Frauen, die hintereinander für viele Wochen, mit Ausfall nur weniger Tage, von 6 Uhr morgens bis 12 Uhr nachts beschäftigt werden, mit weniger als 2 Stunden für Mahlzeiten, so daß ihnen für 5 Tage in der Woche von den 24 Tagesstunden nur 6 bleiben, um von und nach Haus zu gehn und im Bett auszuruhn." <= | |||
(145) "Der Anlaß ... zur Schädigung der empfindlichen beweglichen Teile des metallenen Mechanismus kann im Stillstand liegen." (Ure, l.c.p. 281.) <= | |||
(146) Der schon früher erwähnte "Manchester Spinner" ("Times", 26. Nov. 1862) zählt unter den Kosten der Maschinerie auf: "Er" (nämlich der "Abzug für Verschleiß der Maschinerie") "hat auch den Zweck, den Verlust zu decken, der fortgesetzt dadurch entsteht, daß Maschinen, bevor sie verschlissen sind, durch andre von neuer und besserer Konstruktion außer Gebrauch gesetzt werden." <= | |||
(147) "Man schätzt im großen, daß eine einzige Maschine nach einem neuen Modell zu konstruieren fünfmal soviel kostet als die Rekonstruktion derselben Maschine nach demselben Modell." (Babbage, l.c.p. 211, 212.) <= | |||
(148) "Seit einigen Jahren sind so bedeutende und zahlreiche Verbesserungen in der Tüllfabrikation gemacht worden, daß eine gut erhaltne Maschine zum ursprünglichen Kostenpreis von 1.200 Pfd.St. einige Jahre später zu 60 Pfd.St. verkauft wurde ... Die Verbeßrungen folgten sich mit solcher Geschwindigkeit, daß Maschinen unvollendet in der Hand ihrer Bauer blieben, weil sie durch glücklichere Erfindungen bereits veraltet waren." In dieser Sturm- und Drangperiode dehnten daher die Tüllfabrikanten bald die ursprüngliche Arbeitszeit von 8 Stunden mit doppelter Mannschaft auf 24 Stunden aus. (l.c.p. 233.) <= | |||
(149) "Es ist selbstverständlich, daß mit der Ebbe und Flut des Marktes und dem abwechselnden Wachsen und Schrumpfen der Nachfrage die Gelegenheiten ständig wiederkehren werden, wo der Fabrikant zusätzliches zirkulierendes Kapital anwenden kann, ohne zusätzliches fixes Kapital zu verwenden ... wenn zusätzliche Mengen an Rohmaterial ohne zusätzliche Ausgaben für Gebäude und Maschinerie verarbeitet werden können." (R. Torrens, "On Wages and Combination", Lond. 1834, p. 64.) <= | |||
(150) Der im Text erwähnte Umstand ist nur der Vollständigkeit wegen erwähnt, da ich erst im Dritten Buch die Profitrate, d.h. das Verhältnis des Mehrwerts zum vorgeschoßnen Gesamtkapital, behandle. <= | |||
(151) "When a labourer", said Mr. Ashworth, "lays down his spade, he renders useless, for that period, a capital worth 18 d. When one of our people leaves the mill, he renders useless a capital that has cost 100.000 pounds <bei Senior: 100 £>." (Senior, "Letters on the Factory Act", Lond. 1837, p. 14.) <= | |||
(152) "Das große Übergewicht des fixen im Verhältnis zum zirkulierenden Kapital ... macht lange Arbeitszeit wünschenswert." Mit dem wachsenden Umfang der Maschinerie usw. "wird der Antrieb zur Verlängerung der Arbeitszeit stärker, da dies das einzige Mittel ist, eine große Masse fixen Kapitals profitabel zu machen". (l.c.p. 11-14.) "Es gibt verschiedne Auslagen bei einer Fabrik, welche konstant bleiben, ob die Fabrik mehr oder weniger Zeit arbeite, z.B. Rente für die Baulichkeiten, lokale und allgemeine Steuern, Feuerversicherung, Arbeitslohn für verschiedne permanente Arbeiter. Verschlechtrung der Maschinerie nebst verschiednen andern Lasten, deren Proportion zum Profit im selben Verhältnis abnimmt, wie der Umfang der Produktion zunimmt." ("Reports of the Insp. of Fact. for 31st Oct. 1862", p. 19.) <= | |||
(153) Warum dieser immanente Widerspruch dem einzelnen Kapitalisten und daher auch der in seinen Anschauungen befangnen politischen Ökonomie nicht zum Bewußtsein kommt, wird man aus den ersten Abschnitten des Dritten Buchs ersehn. <= | |||
(154) Es ist eins der großen Verdienste Ricardos, die Maschinerie nicht nur als Produktionsmittel von Waren, sondern auch von "redundant population" <"überschüssiger Bevölkerung"> begriffen zu haben. <= | |||
(155) F. Biese, "Die Philosophie des Aristoteles", Zweiter Band, Berlin 1842, p. 408. <= | |||
(156) Ich gebe hier die Stolbergsche Übersetzung des Gedichts, weil es ganz so wie die früheren Zitate über Teilung der Arbeit den Gegensatz der antiken Anschauung zur modernen charakterisiert. | |||
("Gedichte aus dem Griechischen übersetzt von Christian Graf zu Stolberg", Hamburg 1782.) <= | |||
(157) Es finden natürlich überhaupt Unterschiede in der Intensität der Arbeiten verschiedner Produktionszweige statt. Diese kompensieren sich, wie schon A. Smith gezeigt hat, zum Teil durch jeder Arbeitsart eigne Nebenumstände. Einwirkung auf die Arbeitszeit als Wertmaß findet aber auch hier nur statt, soweit intensive und extensive Größe sich als entgegengesetzte und einander ausschließende Ausdrücke desselben Arbeitsquantums darstellen. <= | |||
(158) Namentlich durch den Stücklohn, eine Form, die im sechsten Abschnitt entwickelt wird. <= | |||
(159) Siehe "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1865". <= | |||
(160) "Reports of Insp. of Fact. for 1844 and the quarter ending 30th April 1845", p. 20, 21. <= | |||
(161) l.c.p. 19. Da der Stücklohn derselbe blieb, hing die Höhe des Wochenlohns vom Quantum des Produkts ab. <= | |||
(162) l.c.p. 20. <= | |||
(163) l.c.p. 21. Das moralische Element spielte bedeutende Rolle in den oben erwähnten Experimenten. "Wir", erklärten die Arbeiter dem Fabrikinspektor, "wir arbeiten munterer, wir denken ständig an die Belohnung, abends früher wegzukommen, und ein tatkräftiger und freudiger Geist durchdringt die ganze Fabrik, vom jüngsten Anstücker bis zum ältesten Arbeiter, und wir können einander viel bei der Arbeit helfen." (l.c.) <= | |||
(164) John Fielden, l.c.p. 32. <= | |||
(165) Lord Ashley, l.c.p. 6-9 passim. <= | |||
(166) "Reports of Insp. of Fact. to 30th April 1845", p. 20. <= | |||
(167) l.c.p. 22. <= | |||
(168) "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1862", p. 62. <= | |||
(169) Dies hat sich geändert mit dem "Parliamentary Return" von 1862. Hier tritt die wirkliche Dampfpferdekraft der modernen Dampfmaschinen und Wasserräder an die Stelle der nominellen (s. Note 109a). Auch sind die Dublierspindeln nicht mehr zusammengeworfen mit den eigentlichen Spinnspindeln (wie in den "Returns" von 1839, 1850 und 1856); ferner ist für die Wollfabriken die Zahl der "gigs" <"Rauhmaschinen"> hinzugefügt, Scheidung eingeführt zwischen Jute- und Hanffabriken einerseits, Flachsfabriken andrerseits, endlich zum ersten Mal die Strumpfwirkerei in den Bericht aufgenommen. <= | |||
(170) "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1856", p. 14, 20. <= | |||
(171) l.c.p. 14, 15. <= | |||
(172) l.c.p. 20. <= | |||
(173) "Reports etc. for 31st Oct. 1858", p. 10. Vgl. "Reports etc. for 30th April 1860", p. 30 sqq. <= | |||
(174) "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1862", p. 100, 103, 129, 130. <= | |||
(175) Mit dem modernen Dampfwebstuhl fabriziert ein Weber jetzt in 60 Stunden per Woche auf 2 Stühlen 26 Stück einer gewissen Art von bestimmter Länge und Breite, wovon er auf dem alten Dampfwebstuhl nur 4 fabrizieren konnte. Die Webkosten eines solchen Stücks waren schon Anfang der 1850er Jahre von 2 sh. 9 d. auf 5<sup>1</sup>/8 d. gefallen. | |||
Zusatz zur 2. Ausgabe. "Vor 30 Jahren" (1841) "verlangte man von einem Baumwollgarnspinner mit 3 Gehilfen nur die Überwachung eines Mulepaars mit 300 bis 324 Spindeln. Mit 5 Gehilfen hat er jetzt" (Ende 1871) "Mules zu überwachen, deren Spindelzahl 2.200 beträgt, und produziert mindestens siebenmal mehr Garn als 1841." (Alexander Redgrave, Fabrikinspektor, in "Journal of the Soc. of Arts", Jan. 5. 1872.) <= | |||
(176) "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1861", p. 25, 26. <= | |||
(177) Die Achtstundenagitation hat jetzt (1867) in Lancashire unter den Fabrikarbeitern begonnen. <= | |||
(178) Folgende wenige Zahlen zeigen den Fortschritt der eigentlichen "Factories" im U[nited] Kingd[om] seit 1848: | |||
''Export: Quantität'' | |||
{| class="wikitable" | |||
| colspan="2" |'''1848''' | |||
|'''1851''' | |||
|'''1860''' | |||
|'''1865''' | |||
|- | |||
| colspan="5" | | |||
|- | |||
| colspan="5" |'''Baumwollfabrik''' | |||
|- | |||
|Baumwollgarn (Pfd.) | |||
|135.831.162 | |||
|143.966.106 | |||
|197.343.655 | |||
|103.751.455 | |||
|- | |||
|Nähgarn (Pfd.) | |||
| | |||
|4.392.176 | |||
|6.297.554 | |||
|4.648.611 | |||
|- | |||
|Baumwollgewebe (Yds.) | |||
|1.091.373.930 | |||
|1.543.161.789 | |||
|2.776.218.427 | |||
|2.015.237.851 | |||
|- | |||
| colspan="5" |'''Flachs- und Hanffabrik''' | |||
|- | |||
|Garn (Pfd.) | |||
|11.722.182 | |||
|18.841.326 | |||
|31.210.612 | |||
|36.777.334 | |||
|- | |||
|Gewebe (Yds.) | |||
|88.901.519 | |||
|129.106.753 | |||
|143.996.773 | |||
|247.012.329 | |||
|- | |||
| colspan="5" |'''Seidenfabrik''' | |||
|- | |||
|Kettengarn, Twist, Garn (Pfd.) | |||
|(1846) 466.825 | |||
|462.513 | |||
|897.402 | |||
|812.589 | |||
|- | |||
| colspan="2" |Gewebe(Yds.) | |||
|(Pfd.) 1.181.455 | |||
|(Pfd.) 1.307.293 | |||
|2.869.837 | |||
|- | |||
| colspan="5" |'''Wollfabrik''' | |||
|- | |||
| colspan="2" |Wollen- u. Worsted-Garn (Pfd.) | |||
|14.670.880 | |||
|27.533.968 | |||
|31.669.267 | |||
|- | |||
| colspan="2" |Gewebe(Yds.) | |||
|151.231.153 | |||
|190.371.537 | |||
|278.837.418 | |||
|} | |||
''Export: Wert (in Pfd.St.)'' | |||
{| class="wikitable" | |||
| colspan="2" |'''1848''' | |||
|'''1851''' | |||
|'''1860''' | |||
|'''1865''' | |||
|- | |||
| colspan="5" | | |||
|- | |||
| colspan="5" |'''Baumwollfabrik''' | |||
|- | |||
|Baumwollgarn (Pfd.) | |||
|5.927.831 | |||
|6.634.026 | |||
|9.870.875 | |||
|10.351.049 | |||
|- | |||
|Baumwollgewebe | |||
|16753369 | |||
|23.454.810 | |||
|42.141.505 | |||
|46.903.796 | |||
|- | |||
| colspan="5" |'''Flachs- und Hanffabrik''' | |||
|- | |||
|Garn | |||
|493.449 | |||
|951.426 | |||
|1.801.272 | |||
|2.505.497 | |||
|- | |||
|Gewebe | |||
|1.802.789 | |||
|4.107.396 | |||
|4.804.803 | |||
|9.155.358 | |||
|- | |||
| colspan="5" |'''Seidenfabrik''' | |||
|- | |||
|Kettengarn, Twist, Garn | |||
|77.789 | |||
|196.380 | |||
|826.107 | |||
|768.064 | |||
|- | |||
| colspan="2" |Gewebe | |||
|1.130.398 | |||
|1.587.303 | |||
|1.409.221 | |||
|- | |||
| colspan="5" |'''Wollfabrik''' | |||
|- | |||
|Wollen- u. Worsted-Garn | |||
|776.975 | |||
|1.484.544 | |||
|3.843.450 | |||
|5.424.047 | |||
|- | |||
|Gewebe | |||
|5.733.828 | |||
|8.377.183 | |||
|12.156.998 | |||
|20.102.259 | |||
|} | |||
[[Datei:Das Kapital - Band 1 - Abbildung 4.png|zentriert|mini]] | |||
(Sieh die Blaubücher: "Statistical Abstract for the U. Kingd.", Nr. 8 und Nr. 13, Lond. 1861 und 1866.) | |||
In Lancashire vermehrten sich die Fabriken zwischen 1839 und 1850 nur um 4%, zwischen 1850 und 1856 um 19%, zwischen 1856 und 1862 um 33%, während in beiden elfjährigen Perioden die Zahl der beschäftigten Personen absolut zunahm, relativ fiel. Cf. "Reports of Fact. for 31st Oct. 1862", p. 63. In Lancashire herrscht die Baumwollfabrik vor. Welchen proportionellen Raum sie aber in der Fabrikation von Garn und Gewerbe überhaupt einnimmt, sieht man daraus, daß auf sie allein von allen derartigen Fabriken in England, Wales, Schottland und Irland 45,2% fallen, von allen Spindeln 83,3%, von allen Dampfwebstühlen 81,4%, von aller sie bewegenden Dampfpferdekraft 72,6% und von der Gesamtzahl der beschäftigten Personen 58,2%. (l.c.p. 62, 73.) <= | |||
4. Die Fabrik | |||
'''<441>''' Wir betrachteten im Beginn dieses Kapitels den Leib der Fabrik, die Gliedrung des Maschinensystems. Wir sahen dann, wie die Maschinerie das menschliche Exploitationsmaterial des Kapitals vermehrt durch Aneignung der Weiber- und Kinderarbeit, wie sie die ganze Lebenszeit des Arbeiters konfisziert durch maßlose Ausdehnung des Arbeitstags und wie ihr Fortschritt, der ein ungeheuer wachsendes Produkt in stets kürzrer Zeit zu liefern erlaubt, endlich als systematisches Mittel dient, in jedem Zeitmoment mehr Arbeit flüssig zu machen oder die Arbeitskraft stets intensiver auszubeuten. Wir wenden uns nun zum Fabrikganzen, und zwar in seiner ausgebildetsten Gestalt. | |||
Dr. Ure, der Pindar der automatischen Fabrik, beschreibt sie einerseits als | |||
"Kooperation verschiedner Klassen von Arbeitern, erwachsnen und nicht erwachsnen, die mit Gewandtheit und Fleiß ein System produktiver Maschinerie überwachen, das ununterbrochen durch eine Zentralkraft (den ersten Motor) in Tätigkeit gesetzt wird", | |||
andrerseits als | |||
"einen ungeheuren Automaten, zusammengesetzt aus zahllosen mechanischen und selbstbewußten Organen, die im Einverständnis und ohne Unterbrechung wirken, um einen und denselben Gegenstand zu produzieren, so daß alle diese Organe einer Bewegungskraft untergeordnet sind, die sich von selbst bewegt". | |||
'''<442>''' Diese beiden Ausdrücke sind keineswegs identisch. In dem einen erscheint der kombinierte Gesamtarbeiter oder gesellschaftliche Arbeitskörper als übergreifendes Subjekt und der mechanische Automat als Objekt; in dem andren ist der Automat selbst das Subjekt, und die Arbeiter sind nur als bewußte Organe seinen bewußtlosen Organen beigeordnet und mit denselben der zentralen Bewegungskraft untergeordnet. Der erstere Ausdruck gilt von jeder möglichen Anwendung der Maschinerie im großen, der andre charakterisiert ihre kapitalistische Anwendung und daher das moderne Fabriksystem. Ure liebt es daher auch, die Zentralmaschine, von der die Bewegung ausgeht, nicht nur als Automat, sondern als Autokrat darzustellen. | |||
"In diesen großen Werkstätten versammelt die wohltätige Macht des Dampfes ihre Myriaden von Untertanen um sich."(179) | |||
Mit dem Arbeitswerkzeug geht auch die Virtuosität in seiner Führung vom Arbeiter auf die Maschine über. Die Leistungsfähigkeit des Werkzeugs ist emanzipiert von den persönlichen Schranken menschlicher Arbeitskraft. Damit ist die technische Grundlage aufgehoben, worauf die Teilung der Arbeit in der Manufaktur beruht. An die Stelle der sie charakterisierenden Hierarchie der spezialisierten Arbeiter tritt daher in der automatischen Fabrik die Tendenz der Gleichmachung oder Nivellierung der Arbeiten, welche die Gehilfen der Maschinerie zu verrichten haben (180), an die Stelle der künstlich erzeugten Unterschiede der Teilarbeiter treten vorwiegend die natürlichen Unterschiede des Alters und Geschlechts. | |||
Soweit in der automatischen Fabrik die Teilung der Arbeit wiedererscheint, ist sie zunächst Verteilung von Arbeitern unter die spezialisierten Maschinen und von Arbeitermassen, die jedoch keine gegliederten Gruppen '''<443>''' bilden, unter die verschiednen Departements der Fabrik, wo sie an nebeneinander gereihten gleichartigen Werkzeugmaschinen arbeiten, also nur einfache Kooperation unter ihnen stattfindet. Die gegliederte Gruppe der Manufaktur ist ersetzt durch den Zusammenhang des Hauptarbeiters mit wenigen Gehilfen. Die wesentliche Scheidung ist die von Arbeitern, die wirklich an den Werkzeugmaschinen beschäftigt sind (es kommen hiezu einige Arbeiter zur Bewachung, resp. Füttrung der Bewegungsmaschine), und von bloßen Handlangern (fast ausschließlich Kinder) dieser Maschinenarbeiter. Zu den Handlangern zählen mehr oder minder alle "Feeders" (die den Maschinen bloß Arbeitsstoff darreichen). Neben diese Hauptklassen tritt ein numerisch unbedeutendes Personal, das mit der Kontrolle der gesamten Maschinerie und ihrer beständigen Reparatur beschäftigt ist, wie Ingenieure, Mechaniker, Schreiner usw. Es ist eine höhere, teils wissenschaftlich gebildete, teils handwerksmäßige Arbeiterklasse, außerhalb des Kreises der Fabrikarbeiter und ihnen nur aggregiert.(181) Diese Teilung der Arbeit ist rein technisch. | |||
Alle Arbeit an der Maschine erfordert frühzeitige Anlernung des Arbeiters, damit er seine eigne Bewegung der gleichförmig kontinuierlichen Bewegung eines Automaten anpassen lerne. Soweit die Gesamtmaschinerie selbst ein System mannigfacher, gleichzeitig wirkender und kombinierter Maschinen bildet, erfordert auch die auf ihr beruhende Kooperation eine Verteilung verschiedenartiger Arbeitergruppen unter die verschiedenartigen Maschinen. Aber der Maschinenbetrieb hebt die Notwendigkeit auf, diese Verteilung manufakturmäßig zu befestigen durch fortwährende Aneignung derselben Arbeiter an dieselbe Funktion.(182) Da die Gesamtbewegung der '''<444>''' Fabrik nicht vom Arbeiter ausgeht, sondern von der Maschine, kann fortwährender Personenwechsel stattfinden ohne Unterbrechung des Arbeitsprozesses. Den schlagendsten Beweis hierzu liefert das während der englischen Fabrikantenrevolte von 1848-1850 ins Werk gesetzte Relaissystem. Die Geschwindigkeit endlich, womit die Arbeit an der Maschine im jugendlichen Alter erlernt wird, beseitigt ebenso die Notwendigkeit, eine besondre Klasse Arbeiter ausschließlich zu Maschinenarbeitern heranzuziehn.(183) Die Dienste der bloßen Handlanger aber sind in der Fabrik teils durch Maschinen ersetzbar (184), teils erlauben sie wegen ihrer völligen Einfachheit raschen und beständigen Wechsel der mit dieser Plackerei belasteten Personen. | |||
Obgleich nun die Maschinerie das alte System der Teilung der Arbeit technisch über den Haufen wirft, schleppt es sich zunächst als Tradition '''<445>''' der Manufaktur gewohnheitsmäßig in der Fabrik fort, um dann systematisch vom Kapital als Exploitationsmittel der Arbeitskraft in noch ekelhaftrer Form reproduziert und befestigt zu werden. Aus der lebenslangen Spezialität, ein Teilwerkzeug zu führen, wird die lebenslange Spezialität, einer Teilmaschine zu dienen. Die Maschinerie wird mißbraucht, um den Arbeiter selbst von Kindesbeinen in den Teil einer Teilmaschine zu verwandeln.(185) Nicht nur werden so die zu seiner eignen Reproduktion nötigen Kosten bedeutend vermindert, sondern zugleich seine hilflose Abhängigkeit vom Fabrikganzen, also vom Kapitalisten, vollendet. Hier wie überall muß man unterscheiden zwischen der größren Produktivität, die der Entwicklung des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, und der größren Produktivität, die seiner kapitalistischen Ausbeutung geschuldet ist. | |||
In Manufaktur und Handwerk bedient sich der Arbeiter des Werkzeugs, in der Fabrik dient er der Maschine. Dort geht von ihm die Bewegung des Arbeitsmittels aus, dessen Bewegung er hier zu folgen hat. In der Manufaktur bilden die Arbeiter Glieder eines lebendigen Mechanismus. In der Fabrik existiert ein toter Mechanismus unabhängig von ihnen, und sie werden ihm als lebendige Anhängsel einverleibt. | |||
"Der trübselige Schlendrian einer endlosen Arbeitsqual, worin derselbe mechanische Prozeß immer wieder durchgemacht wird, gleicht der Arbeit des Sisyphus; die Last der Arbeit, gleich dem Felsen, fällt immer wieder auf den abgematteten Arbeiter zurück."(186) | |||
Während die Maschinenarbeit das Nervensystem aufs äußerste angreift, unterdrückt sie das vielseitige Spiel der Muskeln und konfisziert alle freie körperliche und geistige Tätigkeit.(187) Selbst die Erleichterung der Arbeit '''<446>''' wird zum Mittel der Tortur, indem die Maschine nicht den Arbeiter von der Arbeit befreit, sondern seine Arbeit vom Inhalt. Aller kapitalistischen Produktion, soweit sie nicht nur Arbeitsprozeß, sondern zugleich Verwertungsprozeß des Kapitals, ist es gemeinsam, daß nicht der Arbeiter die Arbeitsbedingung, sondern umgekehrt die Arbeitsbedingung den Arbeiter anwendet, aber erst mit der Maschinerie erhält diese Verkehrung technisch handgreifliche Wirklichkeit. Durch seine Verwandlung in einen Automaten tritt das Arbeitsmittel während des Arbeitsprozesses selbst dem Arbeiter als Kapital gegenüber, als tote Arbeit, welche die lebendige Arbeitskraft beherrscht und aussaugt. Die Scheidung der geistigen Potenzen des Produktionsprozesses von der Handarbeit und die Verwandlung derselben in Mächte des Kapitals über die Arbeit vollendet sich, wie bereits früher angedeutet, in der auf Grundlage der Maschinerie aufgebauten großen Industrie. Das Detailgeschick des individuellen, entleerten Maschinenarbeiters verschwindet als ein winzig Nebending vor der Wissenschaft, den ungeheuren Naturkräften und der gesellschaftlichen Massenarbeit, die im Maschinensystem verkörpert sind und mit ihm die Macht des "Meisters" (master) bilden. Dieser Meister, in dessen Hirn die Maschinerie und sein Monopol an derselben unzertrennlich verwachsen sind, ruft daher in Kollisionsfällen den "Händen" verächtlich zu: | |||
"Die Fabrikarbeiter sollten in heilsamer Erinnrung halten, daß ihre Arbeit in der Tat eine sehr niedrige Sorte geschickter Arbeit ist; daß keine leichter aneigenbar und in Anbetracht ihrer Qualität besser belohnt ist, daß keine durch kurze Unterweisung des mindest Erfahrnen in so kurzer Zeit und in solchem Überfluß zugeführt werden kann. Des Meisters Maschinerie spielt in der Tat eine viel wichtigere Rolle in dem Geschäfte der Produktion als die Arbeit und das Geschick des Arbeiters, die eine Erziehung von 6 Monaten lehren und jeder Bauernknecht lernen kann."(188) | |||
Die technische Unterordnung des Arbeiters unter den gleichförmigen Gang des Arbeitsmittels und die eigentümliche Zusammensetzung des '''<447>''' Arbeitskörpers aus Individuen beider Geschlechter und verschiedenster Altersstufen schaffen eine kasernenmäßige Disziplin, die sich zum vollständigen Fabrikregime ausbildet und die schon früher erwähnte Arbeit der Oberaufsicht, also zugleich die Teilung der Arbeiter in Handarbeiter und Arbeitsaufseher, in gemeine Industriesoldaten und Industrieunteroffiziere, völlig entwickelt. | |||
"Die Hauptschwierigkeit in der automatischen Fabrik bestand in der notwendigen Disziplin, um die Menschen auf ihre unregelmäßigen Gewohnheiten in der Arbeit verzichten zu machen und sie zu identifizieren mit der unveränderlichen Regelmäßigkeit des großen Automaten. Aber einen den Bedürfnissen und der Geschwindigkeit des automatischen Systems entsprechenden Disziplinarkodex zu erfinden und mit Erfolg auszuführen war ein Unternehmen, des Herkules würdig, das ist das edle Werk Arkwrights! Selbst heutzutage, wo das System in seiner ganzen Vollendung organisiert ist, ist es fast unmöglich, unter den Arbeitern, die das Alter der Mannbarkeit zurückgelegt haben, nützliche Gehilfen für das automatische System zu finden."(189) | |||
Der Fabrikkodex, worin das Kapital seine Autokratie über seine Arbeiter, ohne die sonst vom Bürgertum so beliebte Teilung der Gewalten und das noch beliebtere Repräsentativsystem, privatgesetzlich und eigenherrlich formuliert, ist nur die kapitalistische Karikatur der gesellschaftlichen Reglung des Arbeitsprozesses, welche nötig wird mit der Kooperation auf großer Stufenleiter und der Anwendung gemeinsamer Arbeitsmittel, namentlich der Maschinerie. An die Stelle der Peitsche des Sklaventreibers tritt das Strafbuch des Aufsehers. Alle Strafen lösen sich natürlich auf in Geldstrafen und Lohnabzüge, und der gesetzgeberische Scharfsinn der Fabrik-Lykurge macht ihnen die Verletzung ihrer Gesetze womöglich noch einbringlicher als deren Befolgung.(190) | |||
'''<448>''' Wir deuten nur hin auf die materiellen Bedingungen, unter denen die Fabrikarbeit verrichtet wird. Alle Sinnesorgane werden gleichmäßig verletzt durch die künstlich gesteigerte Temperatur, die mit Abfällen des Rohmaterials geschwängerte Atmosphäre, den betäubenden Lärm usw., abgesehn von der Lebensgefahr unter dicht gehäufter Maschinerie, die mit der Regelmäßigkeit der Jahreszeiten ihre industriellen Schlachtbulletins '''<449>''' produziert.(190a) Die Ökonomisierung der gesellschaftlichen Produktionsmittel, erst im Fabriksystem treibhausmäßig gereift, wird in der Hand des Kapitals zugleich zum systematischen Raub an den Lebensbedingungen des Arbeiters während der Arbeit, an Raum, Luft, Licht, und an persönlichen '''<450>''' Schutzmitteln wider lebensgefährliche oder gesundheitswidrige Umstände des Produktionsprozesses, von Vorrichtungen zur Bequemlichkeit des Arbeiters gar nicht zu sprechen.(191) Nennt Fourier mit Unrecht die Fabriken "gemilderte Bagnos"(192)? | |||
''5. Kampf zwischen Arbeiter und Maschine'' | |||
'''<451>''' Der Kampf zwischen Kapitalist und Lohnarbeiter beginnt mit dem Kapitalverhältnis selbst. Er tobt fort während der ganzen Manufakturperiode.(193) Aber erst seit der Einführung der Maschinerie bekämpft der Arbeiter das Arbeitsmittel selbst, die materielle Existenzweise des Kapitals. Er revoltiert gegen diese bestimmte Form des Produktionsmittels als die materielle Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise. | |||
Ziemlich ganz Europa erlebte während des 17. Jahrhunderts Arbeiterrevolten gegen die sog. Bandmühle (auch Schnurmühle oder Mühlenstuhl genannt), eine Maschine zum Weben von Bändern und Borten.(194) Ende des '''<452>''' ersten Dritteiles des 17. Jahrhunderts erlag eine Windsägemühle, von einem Holländer in der Nähe Londons angelegt, vor Pöbelexzessen. Noch Anfang des 18. Jahrhunderts überwanden durch Wasser getriebne Sägemaschinen in England nur mühsam den parlamentarisch unterstützten Volkswiderstand. Als Everet 1758 die erste vom Wasser getriebne Maschine zum Wollscheren erbaut hatte, wurde sie von 100.000 außer Arbeit gesetzten Menschen in Brand gesteckt. Gegen die scribbling mills <Krempelmühlen> und Kardiermaschinen Arkwrigths petitionierten 50.000 Arbeiter, die bisher vom Wollkratzen gelebt, beim Parlament. Die massenhafte Zerstörung von Maschinen in den englischen Manufakturdistrikten während der ersten 15 Jahre des 19. Jahrhunderts, namentlich infolge der Ausbeutung des Dampfwebstuhls, bot, unter dem Namen der Ludditenbewegung, der Antijakobiner-Regierung eines Sidmouth, Castlereagh usw. den Vorwand zu reaktionärsten Gewaltschritten. Es bedarf Zeit und Erfahrung, bevor der Arbeiter die Maschinerie von ihrer kapitalistischen Anwendung unterscheiden und daher seine Angriffe vom materiellen Produktionsmittel selbst auf dessen gesellschaftliche Exploitationsform übertragen lernt.(195) | |||
Die Kämpfe um den Arbeitslohn innerhalb der Manufaktur setzen die Manufaktur voraus und sind keineswegs gegen ihre Existenz gerichtet. Soweit die Bildung der Manufakturen bekämpft wird, geschieht es von den Zunftmeistern und privilegierten Städten, nicht von den Lohnarbeitern. Bei Schriftstellern der Manufakturperiode wird die Teilung der Arbeit daher vorherrschend als Mittel aufgefaßt, virtuell Arbeiter zu ersetzen, aber nicht, wirklich Arbeiter zu verdrängen. Dieser Unterschied ist selbstverständlich. Sagt man z.B., es würden 100 Millionen Menschen in England erheischt sein, um mit dem alten Spinnrad die Baumwolle zu verspinnen, die jetzt von 500.000 mit der Maschine versponnen wird, so heißt das natürlich nicht, daß die Maschine den Platz dieser Millionen, die nie '''<453>''' existiert haben, einnahm. Es heißt nur, daß viele Millionen Arbeiter erheischt wären, um die Spinnmaschinerie zu ersetzen. Sagt man dagegen, daß der Dampfwebstuhl in England 80.000 Weber auf das Pflaster warf, so spricht man nicht von existierender Maschinerie, die durch eine bestimmte Arbeiterzahl ersetzt werden müßte, sondern von einer existierenden Arbeiterzahl, die faktisch durch Maschinerie ersetzt oder verdrängt worden ist. Während der Manufakturperiode blieb der handwerksmäßige Betrieb, wenn auch zerlegt, die Grundlage. Die neuen Kolonialmärkte konnten durch die relativ schwache Anzahl der vom Mittelalter überlieferten städtischen Arbeiter nicht befriedigt werden, und die eigentlichen Manufakturen öffneten zugleich dem mit Auflösung der Feudalität von Grund und Boden verjagten Landvolke neue Produktionsgebiete. Damals trat also an der Teilung der Arbeit und der Kooperation in den Werkstätten mehr die positive Seite hervor, daß sie beschäftigte Arbeiter produktiver machen.(196) Kooperation und Kombination der Arbeitsmittel in den Händen weniger rufen, auf die Agrikultur angewandt, zwar große, plötzliche und gewaltsame Revolutionen der Produktionsweise und daher der Lebensbedingungen und Beschäftigungsmittel der Landbevölkerung hervor, in vielen Ländern lang vor der Periode der großen Industrie. Aber dieser Kampf spielt ursprünglich mehr zwischen großen und kleinen Landeigentümern als zwischen Kapital und Lohnarbeit; andrerseits, soweit Arbeiter durch Arbeitsmittel, Schafe, Pferde usw. verdrängt werden, bilden unmittelbare Gewaltakte hier in erster Instanz die Voraussetzung der industriellen Revolution. Erst werden die Arbeiter vom Grund und Boden ver- '''<454>'''jagt, und dann kommen die Schafe. Der Landdiebstahl auf großer Stufenleiter, wie in England, schafft der großen Agrikultur erst ihr Anwendungsfeld.(196a) In ihren Anfängen hat diese Umwälzung der Agrikultur daher mehr den Schein einer politischen Revolution. | |||
Als Maschine wird das Arbeitsmittel sofort zum Konkurrenten des Arbeiters selbst.(197) Die Selbstverwertung des Kapitals durch die Maschine steht im direkten Verhältnis zur Arbeiterzahl, deren Existenzbedingungen sie vernichtet. Das ganze System der kapitalistische Produktion beruht darauf, daß der Arbeiter seine Arbeitskraft als Ware verkauft. Die Teilung der Arbeit vereinseitigt diese Arbeitskraft zum ganz partikularisierten Geschick, ein Teilwerkzeug zu führen. Sobald die Führung des Werkzeugs der Maschine anheimfällt, erlischt mit dem Gebrauchswert der Tauschwert der Arbeiterkraft. Der Arbeiter wird unverkäuflich, wie außer Kurs gesetztes Papiergeld. Der Teil der Arbeiterklasse, den die Maschinerie so in überflüssige, d.h. nicht länger zur Selbstverwertung des Kapitals unmittelbar notwendige Bevölkerung verwandelt, geht einerseits unter in dem ungleichen Kampf des alten handwerksmäßigen und manufakturmäßigen Betriebs wider den maschinenmäßigen, überflutet andrerseits alle leichter zugänglichen Industriezweige, überfüllt den Arbeitsmarkt und senkt daher den Preis der Arbeitskraft unter ihren Wert. Ein großer Trost für die pauperisierten Arbeiter soll sein, daß ihre Leiden teils nur "zeitlich" ("a temporary inconvenience"), teils daß die Maschinerie sich nur allmählich eines ganzen Produktionsfelds bemächtigt, wodurch Umfang und Intensität ihrer vernichtenden Wirkung gebrochen werde. Der eine Trost schlägt den andren. Wo die Maschine allmählich ein Produktionsfeld ergreift, produziert sie chronisches Elend in der mit ihr konkurrierenden Arbeiterschichte. Wo der Übergang rasch, wirkt sie massenhaft und akut. Die Weltgeschichte bietet kein entsetzlicheres Schauspiel als den allmählichen, über Dezennien verschleppten, endlich 1838 besiegelten Untergang der englischen Handbaumwollweber. Viele von ihnen starben am Hungertod, viele vegetierten lange mit ihren Familien auf 2<sup>1</sup>/2 d. täglich.(198) Akut dagegen wirkte '''<455>''' die englische Baumwollmaschinerie auf Ostindien, dessen Generalgouverneur 1834/35 konstatierte: | |||
"Das Elend findet kaum seine Parallele in der Geschichte des Handels. Die Knochen der Baumwollweber bleichen die Ebenen von Indien." | |||
Allerdings, sofern diese Weber das Zeitliche segneten, bereitete ihnen die Maschine nur "zeitliche Mißstände". Übrigens ist die "zeitliche" Wirkung der Maschinerie permanent, indem sie beständig neue Produktionsgebiete ergreift. Die verselbständigte und entfremdete Gestalt, welche die kapitalistische Produktionsweise überhaupt den Arbeitsbedingungen und dem Arbeitsprodukt gegenüber dem Arbeiter gibt, entwickelt sich also mit der Maschinerie zum vollständigen Gegensatz.(199) Daher mit ihr zum erstenmal die brutale Revolte des Arbeiters gegen das Arbeitsmittel. | |||
Das Arbeitsmittel erschlägt den Arbeiter. Dieser direkte Gegensatz erscheint allerdings am handgreiflichsten, sooft neu eingeführte Maschinerie konkurriert mit überlieferten Handwerks- oder Manufakturbetrieb. Aber innerhalb der großen Industrie selbst wirkt fortwährende Verbeßrung der Maschinerie und Entwicklung des automatischen Systems analog. | |||
'''<456>''' "Der beständige Zweck verbesserter Maschinerie ist, die Handarbeit zu vermindern oder einen Ring in der Produktionskette der Fabrik durch Substitution eiserner für menschliche Apparate zu vollenden."(200) "Die Anwendung von Dampf- und Wasserkraft auf Maschinerie, die bisher mit der Hand bewegt wurde, ist das Ereignis jedes Tages ... Die kleineren Verbeßrungen in der Maschinerie, welche Ökonomie der Bewegungskraft, Verbeßrung des Machwerks, vermehrte Produktion in derselben Zeit oder Verdrängung eines Kindes, eines Frauenzimmers oder eines Mannes bezwecken, sind konstant, und obgleich scheinbar nicht von großem Gewicht, haben sie dennoch wichtige Resultate."(201) "Überall, wo eine Operation viel Geschick und eine sichre Hand verlangt, entzieht man sie so schnell als möglich den Armen des zu geschickten und oft zu Unregelmäßigkeiten aller Art geneigten Arbeiters, um einen besondren Mechanismus damit zu betrauen, der so gut geregelt ist, daß ein Kind ihn überwachen kann."(202) "Im automatischen System wird das Talent des Arbeiters progressiv verdrängt."(203) "Die Verbeßrung der Maschinerie erfordert nicht nur Vermindrung in der Anzahl der beschäftigten erwachsnen Arbeiter zur Erzielung eines bestimmten Resultats, sondern sie substituiert eine Klasse von Individuen einer andren Klasse, eine minder geschickte einer geschickteren, Kinder den Erwachsnen, Frauen den Männern. Alle diese Wechsel verursachen beständige Fluktuationen in der Rate des Arbeitslohns."(204) "Die Maschinerie wirft unaufhörlich Erwachsne aus der Fabrik heraus."(205) | |||
Die außerordentliche Elastizität des Maschinenwesens infolge gehäufter praktischer Erfahrung, des schon vorhandnen Umfangs mechanischer Mittel und des beständigen Fortschritts der Technik zeigte uns sein Sturmmarsch unter dem Druck eines verkürzten Arbeitstags. Aber wer hätte '''<457>''' 1860, im Zenitjahr der englischen Baumwollindustrie, die galoppierenden Verbesserungen der Maschinerie und die entsprechende Deplacierung von Handarbeit geahnt, welche die drei folgenden Jahre unter dem Stachel des Amerikanischen Bürgerkriegs hervorriefen? Von den offiziellen Anführungen der englischen Fabrikinspektoren über diesen Punkt genügen hier ein paar Beispiele. Ein Manchester Fabrikant erklärt: | |||
"Statt 75 Kardiermaschinen brauchen wir jetzt nur 12, welche dieselbe Quantität von ebenso guter, wenn nicht beßrer Qualität liefern ... Die Ersparung an Arbeitslohn beträgt 10 Pfd.St. wöchentlich, die an Baumwollabfall 10%." | |||
In einer Manchester Feinspinnerei wurde | |||
"vermittelst beschleunigter Bewegung und Einführung verschiedner self-acting Prozesse in einem Departement 1/4, in einem über 1/2 des Arbeiterpersonals beseitigt, während die Kämmaschine an der Stelle der zweiten Kardiermaschine die Zahl der früher im Kardierraum beschäftigten Hände sehr vermindert hat". | |||
Eine andre Spinnfabrik schätzt ihre allgemeine Ersparung von "Händen" auf 10%. Die Herren Gilmore, Spinner zu Manchester, erklären: | |||
"In unsrem blowing departement <unserer Gebläseabteilung> schätzten wir die infolge neuer Maschinerie gemachte Ersparung an Händen und Arbeitslohn auf ein volles Drittel ... in dem jack frame und drawing frame room <Spul- und Streckmaschinenraum> ungefähr 1/3 weniger in Auslage und Händen; im Spinnraum ungefähr 1/3 weniger in Auslage. Aber das ist nicht alles; wenn unser Garn jetzt zum Weber geht, ist es so sehr verbessert durch die Anwendung der neuen Maschinerie, daß sie mehr und besseres Gewebe als mit dem alten Maschinengarn produzieren."(206) | |||
Fabrikinspektor A. Redgrave bemerkt hiezu: | |||
"Die Verminderung der Arbeiter bei gesteigerter Produktion schreitet rasch vorwärts; in den Wollfabriken begann kürzlich eine neue Reduktion der Hände, und sie dauert fort; vor wenigen Tagen sagte mir ein Schulmeister, der bei Rochdale wohnt, die große Abnahme in den Mädchenschulen sei nicht nur dem Druck der Krise geschuldet, sondern auch den Änderungen in der Maschinerie der Wollfabrik, infolge deren eine Durchschnittsreduktion von 70 Halbzeitlern stattgefunden."(207) | |||
'''<458>''' Das Gesamtresultat der dem Amerikanischen Bürgerkrieg geschuldeten mechanischen Verbesserungen in der englischen Baumwollindustrie zeigt folgende Tabelle: | |||
{| class="wikitable" | |||
|''Zahl der Fabriken'' | |||
|1856 | |||
|1861 | |||
|1868 | |||
|- | |||
| colspan="4" | | |||
|- | |||
|England und Wales | |||
|2.046 | |||
|2.715 | |||
|2.405 | |||
|- | |||
|Schottland | |||
|152 | |||
|163 | |||
|131 | |||
|- | |||
|Irland | |||
|12 | |||
|9 | |||
|13 | |||
|- | |||
| colspan="4" | | |||
|- | |||
|Vereinigtes Königreich | |||
|2.210 | |||
|2.887 | |||
|2.549 | |||
|} | |||
{| class="wikitable" | |||
|''Anzahl der Dampfwebstühle'' | |||
|1856 | |||
|1861 | |||
|1868 | |||
|- | |||
| colspan="4" | | |||
|- | |||
|England und Wales | |||
|275.590 | |||
|367.125 | |||
|344.719 | |||
|- | |||
|Schottland | |||
|21.624 | |||
|30.110 | |||
|31.864 | |||
|- | |||
|Irland | |||
|1.622 | |||
|1.757 | |||
|2.746 | |||
|- | |||
| colspan="4" | | |||
|- | |||
|Vereinigtes Königreich | |||
|298.847 | |||
|399.992 | |||
|379.329 | |||
|} | |||
{| class="wikitable" | |||
|''Anzahl der Spindeln'' | |||
|1856 | |||
|1861 | |||
|1868 | |||
|- | |||
| colspan="4" | | |||
|- | |||
|England und Wales | |||
|25.818.576 | |||
|28.352.125 | |||
|30.478.228 | |||
|- | |||
|Schottland | |||
|2.041.129 | |||
|1.915.398 | |||
|13.97.546 | |||
|- | |||
|Irland | |||
|150.512 | |||
|119.944 | |||
|124.240 | |||
|- | |||
| colspan="4" | | |||
|- | |||
|Vereinigtes Königreich | |||
|28.010.217 | |||
|30.387.467 | |||
|32.000.014 | |||
|} | |||
{| class="wikitable" | |||
|''Anzahl der beschäftigten Personen'' | |||
|1856 | |||
|1861 | |||
|1868 | |||
|- | |||
| colspan="4" | | |||
|- | |||
|England und Wales | |||
|341.170 | |||
|407.598 | |||
|357.052 | |||
|- | |||
|Schottland | |||
|34.698 | |||
|41.237 | |||
|39.809 | |||
|- | |||
|Irland | |||
|3.345 | |||
|2.734 | |||
|4.203 | |||
|- | |||
| colspan="4" | | |||
|- | |||
|Vereinigtes Königreich | |||
|379.213 | |||
|451.569 | |||
|401.064 | |||
|} | |||
Von 1861 bis 1868 verschwanden also 338 Baumwollfabriken; d.h., produktivere und großartigere Maschinerie konzentrierte sich in den Händen einer geringern Zahl von Kapitalisten. Die Zahl der Dampfwebstühle nahm ab um 20.663; aber ihr Produkt hatte sich gleichzeitig vermehrt, so daß ein '''<459>''' verbesserter Webstuhl jetzt mehr leistete als ein alter. Endlich die Spindelzahl wuchs um 1.612.547, während die Zahl der beschäftigten Arbeiter um 50.505 abnahm. Das "zeitweilig" Elend, womit die Baumwollkrise die Arbeiter erdrückte, wurde also gesteigert und befestigt durch raschen und anhaltenden Fortschritt der Maschinerie. | |||
Die Maschinerie wirkt jedoch nicht nur als übermächtiger Konkurrent, stets auf dem Sprung, den Lohnarbeiter "überflüssig" zu machen. Als ihm feindliche Potenz wird sie laut und tendenziell vom Kapital proklamiert und gehandhabt. Sie wird das machtvollste Kriegsmittel zur Niederschlagung der periodischen Arbeiteraufstände, strikes usw. wider die Autokratie des Kapitals.(208) Nach Gaskell war gleich die Dampfmaschine ein Antagonist der "Menschenkraft", der den Kapitalisten befähigte, die steigenden Ansprüche der Arbeiter niederzuschmettern, die das beginnende Fabriksystem zur Krise zu treiben drohten.(209) Man könnte eine ganze Geschichte der Erfindungen seit 1830 schreiben, die bloß als Kriegsmittel des Kapitals wider Arbeiteremeuten ins Leben traten. Wir erinnern vor allem an die selfacting mule, weil sie eine neue Epoche des automatischen Systems eröffnet.(210) | |||
In seiner Aussage vor der Trades Unions Commission berichtet Nasmyth, der Erfinder des Dampfhammers, wie folgt über die Verbeßrungen der Maschinerie, die er einführte infolge des großen und langen strikes der Maschinenarbeiter 1851: | |||
"Der bezeichnende Zug unsrer modernen mechanischen Verbeßrungen ist die Einführung selbsttätiger Werkzeugmaschinen. Was jetzt ein mechanischer Arbeiter zu tun hat, und was jeder Junge tun kann, ist nicht, selbst zu arbeiten, sondern die schöne Arbeit der Maschine zu überwachen. Die ganze von ihrer Geschicklichkeit ausschließlich abhängende Klasse von Arbeitern ist jetzt beseitigt. Früher beschäftigte ich vier Jungen auf einen Mechaniker. Dank diesen neuen mechanischen Kombinationen habe ich die Zahl der erwachsenen Männer von 1.500 auf 750 reduziert. Die Folge war eine bedeutende Vermehrung meines Profits." | |||
'''<460>''' Ure sagt von einer Maschine zum Farbendruck in den Kattundruckereien: | |||
"Endlich suchten sich die Kapitalisten von dieser unerträglichen Sklaverei" (nämlich den ihnen lästigen Kontraktsbedingungen der Arbeiter) "zu befreien, indem sie die Hilfsquellen der Wissenschaft anriefen, und bald waren sie reintegriert in ihre legitimen Rechte, die des Kopfes über die andern Körperteile." | |||
Er sagt von einer Erfindung zum Kettenschlichten, deren unmittelbarer Anlaß ein strike: | |||
"Die Horde der Unzufriednen, die sich hinter den alten Linien der Teilung der Arbeit unbesiegbar verschanzt wähnte, sah sich so in die Flanke genommen und ihre Verteidigungsmittel vernichtet durch die moderne mechanische Taktik. Sie mußten sich auf Gnade und Ungnade ergeben." | |||
Er sagt von der Erfindung der selfacting mule: | |||
"Sie war berufen, die Ordnung unter den industriellen Klassen wiederherzustellen ... Diese Erfindung bestätigt die von uns bereits entwickelte Doktrin, daß das Kapital, indem es die Wissenschaft in seinen Dienst preßt, stets die rebellische Hand der Arbeit zur Gelehrigkeit zwingt."(211) | |||
Obgleich Ures Schrift 1835 erschien, also zur Zeit eines relativ noch schwach entwickelten Fabriksystems, bleibt sie der klassische Ausdruck des Fabrikgeists, nicht nur wegen ihres offenherzigen Zynismus, sondern auch wegen der Naivetät, womit er die gedankenlosen Widersprüche des Kapitalhirns ausplaudert. Nachdem er z.B. die "Doktrin" entwickelt, daß das Kapital mit Hilfe der von ihm in Sold genommenen Wissenschaft | |||
"stets die rebellische Hand der Arbeit zur Gelehrigkeit zwingt", entrüstet er sich darüber, "daß man von gewisser Seite die mechanisch-physische Wissenschaft anklagt, sich dem Despotismus reicher Kapitalisten zu leihen und zum Unterdrückungsmittel der armen Klassen herzugeben". | |||
Nachdem er weit und breit gepredigt, wie vorteilhaft rasche Entwicklung der Maschinerie den Arbeitern, warnt er sie, daß sie durch ihre Widersetzlichkeit, strikes usw., die Entwicklung der Maschinerie beschleunigen. | |||
"Derartige gewaltsame Revolten", sagt er, "zeigen die menschliche Kurzsichtigkeit in ihrem verächtlichsten Charakter, dem Charakter eines Menschen, der sich zu seinem eignen Henker macht." | |||
Wenige Seiten vorher heißt es umgekehrt: | |||
"Ohne die heftigen Kollisionen und Unterbrechungen, verursacht durch die irrigen Ansichten der Arbeiter, hätte sich das Fabriksystem noch viel rascher entwickelt und viel nützlicher für alle interessierten Parteien." | |||
'''<461>''' Dann ruft er wieder aus: | |||
"Zum Glück für die Bevölkerung der Fabrikbezirke Großbritanniens finden die Verbeßrungen in der Mechanik nur allmählich statt." "Mit Unrecht", sagt er, "klagt man die Maschinen an, daß sie den Arbeitslohn der Erwachsnen vermindern, indem sie einen Teil derselben verdrängen, wodurch ihre Anzahl das Bedürfnis nach Arbeit übersteigt. Aber sie vermehren die Nachfrage nach Kinderarbeit und erhöhen damit ''deren'' Lohnrate." | |||
Derselbe Trostspender verteidigt andrerseits die Niedrigkeit der Kinderlöhne damit, daß "sie die Eltern abhalten, ihre Kinder zu früh in die Fabriken zu schicken". Sein ganzes Buch ist eine Apologie des unbeschränkten Arbeitstags, und es erinnert seine liberale Seele an die dunkelsten Zeiten des Mittelalters, wenn die Gesetzgebung verbietet, Kinder von 13 Jahren mehr als 12 Stunden per Tag abzurackern. Dies hält ihn nicht ab, die Fabrikarbeiter zu einem Dankgebet an die Vorsehung aufzufordern, die ihnen durch die Maschinerie "die Muße verschafft habe, über ihre unsterblichen Interessen nachzudenken".(212) | |||
''6. Die Kompensationstheorie'' | |||
''bezüglich der durch Maschinerie verdrängten Arbeiter'' | |||
Eine ganze Reihe bürgerlicher Ökonomen, wie James Mill, MacCulloch, Torrens, Senior, J. St. Mill usw. behauptet, daß alle Maschinerie, die Arbeiter verdrängt, stets gleichzeitig und notwendig ein adäquates Kapital zur Beschäftigung derselben identischen Arbeiter freisetzt.(213) | |||
Man unterstelle, ein Kapitalist wende 100 Arbeiter an, z.B. in einer Tapetenmanufaktur, den Mann zu 30 Pfd.St. jährlich. Das von ihm jährlich ausgelegte variable Kapital beträgt also 3.000 Pfd.St. Er entlasse 50 Arbeiter und beschäftige die übrigbleibenden 50 mit einer Maschinerie, die ihm 1.500 Pfd.St. kostet. Der Vereinfachung halber wird von Baulichkeiten, Kohlen usw. abgesehn. Man nimmt ferner an, das jährlich verzehrte Rohmaterial koste nach wie vor 3.000 Pfd.St.(214) Ist durch diese Metamorphose irgendein Kapital "freigesetzt"? In der alten Betriebsweise bestand die aus- '''<462>''' gelegte Gesamtsumme von 6.000 Pfd.St. halb aus konstantem und halb aus variablem Kapital. Sie besteht jetzt aus 4.500 Pfd.St. (3.000 Pfd.St. für Rohmaterial und 1.500 Pfd.St. für Maschinerie) konstantem und 1.500 Pfd.St. variablem Kapital. Statt der Hälfte bildet der variable oder in lebendige Arbeitskraft umgesetzte Kapitalteil nur noch <sup>1</sup>/4 des Gesamtkapitals. Statt der Freisetzung findet hier Bindung von Kapital in einer Form statt, worin es aufhört, sich gegen Arbeitskraft auszutauschen, d.h. Verwandlung von variablem in konstantes Kapital. Das Kapital von 6.000 Pfd.St. kann, unter sonst gleichbleibenden Umständen, jetzt niemals mehr als 50 Arbeiter beschäftigen. Mit jeder Verbeßrung der Maschinerie beschäftigt es weniger. Kostete die neu eingeführte Maschinerie weniger als die Summe der von ihr verdrängten Arbeitskraft und Arbeitswerkzeuge, also z.B. statt 1.500 nur 1.000 Pfd.St., so würde ein variables Kapital von 1.000 Pfd.St. in konstantes verwandelt oder gebunden, während ein Kapital von 500 Pfd.St. freigesetzt würde. Letzteres, denselben Jahreslohn unterstellt, bildet einen Beschäftigungsfonds für ungefähr 16 Arbeiter, während 50 entlassen sind, ja für viel weniger als 16 Arbeiter, da die 500 Pfd.St. zu ihrer Verwandlung in Kaital wieder zum Teil in konstantes Kapital verwandelt werden müssen, also auch nur zum Teil in Arbeitskraft umgesetzt werden können. | |||
Indes, gesetzt auch, die Anfertigung der neuen Maschinerie beschäftige eine größre Anzahl Mechaniker; soll das eine Kompensation sein für die aufs Pflaster geworfnen Tapetenmacher? Im besten Fall beschäftigt ihre Anfertigung weniger Arbeiter, als ihre Anwendung verdrängt. Die Summe von 1.500 Pfd.St., die nur den Arbeitslohn der entlaßnen Tapetenmacher darstellte, stellt jetzt, in der Gestalt von Maschinerie, dar: 1. den Wert der zu ihrer Herstellung erforderlichen Produktionsmittel, 2. den Arbeitslohn der sie anfertigenden Mechaniker, 3. den ihrem "Meister" zufallenden Mehrwert. Ferner: einmal fertig, braucht die Maschine nicht erneuert zu werden bis nach ihrem Tod. Um also die zusätzliche Anzahl Mechaniker dauernd zu beschäftigen, muß ein Tapetenfabrikant nach dem andern Arbeiter durch Maschinen verdrängen. | |||
In der Tat meinen jene Apologeten auch nicht diese Art Freisetzung von Kapital. Sie meinen die Lebensmittel der freigesetzten Arbeiter. Es kann nicht geleugnet werden, daß im obigen Fall z.B. die Maschinerie nicht nur 50 Arbeiter freisetzt und dadurch "disponibel" macht, sondern zugleich ihren Zusammenhang mit Lebensmitteln zum Wert von 1.500 Pfd.St. aufhebt und so diese Lebensmittel "freisetzt". Die einfache und keineswegs neue Tatsache, daß die Maschinerie den Arbeiter von Lebensmitteln '''<463>''' freisetzt, lautet also ökonomisch, daß die Maschinerie Lebensmittel für den Arbeiter freisetzt oder in Kapital zu seiner Anwendung verwandelt. Man sieht, es kommt alles auf die Ausdrucksweise an. Nominibus mollire licet mala <Es geziemt sich, das Böse mit Worten zu mildern>. | |||
Nach dieser Theorie waren die Lebensmittel zum Wert von 1.500 Pfd.St. ein durch die Arbeit der fünfzig entlaßnen Arbeiter verwertetes Kapital. Dies Kapital verliert folglich seine Beschäftigung, sobald die fünfzig Feiertag bekommen, und hat nicht Ruh noch Rast, bis es eine neue "Anlage" gefunden, worin besagte fünfzig es wieder produktiv konsumieren können. Früher oder später müssen also Kapital und Arbeiter sich wieder zusammenfinden, und dann ist die Kompensation da. Die Leiden der durch die Maschinerie verdrängten Arbeiter sind also ebenso vergänglich wie die Reichtümer dieser Welt. | |||
Die Lebensmittel zum Betrag von 1.500 Pfd.St. standen den entlaßnen Arbeitern niemals als Kapital gegenüber. Was ihnen als Kapital gegenüberstand, waren die jetzt in Maschinerie verwandelten 1.500 Pfd.St. Näher betrachtet, repräsentierten diese 1.500 Pfd.St. nur einen Teil der vermittelst der entlaßnen 50 Arbeiter jährlich produzierten Tapeten, die sie in Geldform statt in natura von ihrem Anwender zum Lohn erhielten. Mit den in 1.500 Pfd.St. verwandelten Tapeten kauften sie Lebensmittel zu demselben Betrag. Diese existierten für sie daher nicht als Kapital, sondern als Waren, und sie selbst existierten für diese Waren nicht als Lohnarbeiter, sondern als Käufer. Der Umstand, daß die Maschinerie sie von Kaufmitteln "freigesetzt" hat, verwandelt sie aus Käufern in Nicht-Käufer. Daher verminderte Nachfrage für jene Waren. Voilà tout. <Das ist alles.> Wird diese verminderte Nachfrage nicht durch vermehrte Nachfrage von andrer Seite kompensiert, so sinkt der Marktpreis der Waren. Dauert dies länger und in größrem Umfange, so erfolgt ein Deplacement der in der Produktion jener Waren beschäftigten Arbeiter. Ein Teil des Kapitals, das früher notwendige Lebensmittel produzierte, wird in andrer Form reproduziert. Während des Falls der Marktpreise und des Deplacements von Kapital werden auch die in der Produktion der notwendigen Lebensmittel beschäftigten Arbeiter von einem Teil ihres Lohns "freigesetzt". Statt also zu beweisen, daß die Maschinerie durch die Freisetzung der Arbeiter von Lebensmitteln letztere gleichzeitig in Kapital zur Anwendung der erstren verwandelt, beweist der Herr Apologet mit dem probaten Gesetz von Nachfrage und Zufuhr umgekehrt, daß die Maschinerie nicht nur in dem Pro- '''<464>''' dutionszweig, worin sie eingeführt, sondern auch in den Produktionszweigen, worin sie nicht eingeführt wird, Arbeiter aufs Pflaster wirft. | |||
Die wirklichen, vom ökonomischen Optimismus travestierten Tatsachen sind diese: Die von der Maschinerie verdrängten Arbeiter werden aus der Werkstatt hinaus auf den Arbeitsmarkt geworfen und vermehren dort die Zahl der schon für kapitalistische Ausbeutung disponiblen Arbeitskräfte. Im siebenten Abschnitt wird sich zeigen, daß diese Wirkung der Maschinerie, die uns hier als eine Kompensation für die Arbeiterklasse dargestellt wird, den Arbeiter im Gegenteil als furchtbarste Geißel trifft. Hier nur dies: Die aus einem Industriezweig hinausgeworfnen Arbeiter können allerdings in irgendeinem andern Beschäftigung suchen. Finden sie solche, und knüpft sich damit das Band zwischen ihnen und den mit ihnen freigesetzten Lebensmitteln wieder, so geschieht dies vermittelst eines neuen, zuschüssigen Kapitals, das nach Anlage drängt, keineswegs aber vermittelst des schon früher funktionierenden und jetzt in Maschinerie verwandelten Kapitals. Und selbst dann, wie geringe Aussicht haben sie! Verkrüppelt durch die Teilung der Arbeit, sind diese armen Teufel außerhalb ihres alten Arbeitskreises so wenig wert, daß nur in wenigen niedrigen und daher beständig überfüllten und unterbezahlten Arbeitszweigen Zugang finden.(215) Ferner attrahiert jeder Industriezweig jährlich einen neuen Menschenstrom, der ihm sein Kontingent zum regelmäßigen Ersatz und Wachstum liefert. Sobald die Maschinerie einen Teil der bisher in einem bestimmten Industriezweig beschäftigten Arbeiter freisetzt, wird auch die Ersatzmannschaft neu verteilt und in andern Arbeitszweigen absorbiert, während die ursprünglichen Opfer in der Übergangszeit großenteils verkommen und verkümmern. | |||
Es ist eine unzweifelhafte Tatsache, daß die Maschinerie an sich nicht verantwortlich ist für die "Freisetzung" der Arbeiter von Lebensmitteln. Sie verwohlfeilert und vermehrt das Produkt in dem Zweig, den sie ergreift, und läßt die in andren Industriezweigen produzierte Lebensmittelmasse zunächst unverändert. Nach wie vor ihrer Einführung besitzt die '''<465>''' Gesellschaft also gleich viel oder mehr Lebensmittel für die deplacierten Arbeiter, ganz abgesehn von dem enormen Teil des jährlichen Produkts, der von Nichtarbeitern vergeudet wird. Und dies ist die Pointe der ökonomischen Apologetik! Die von der kapitalistischen Anwendung der Maschinerie untrennbaren Widersprüche und Antagonismen existieren nicht, weil sie nicht aus der Maschinerie selbst erwachsen, sondern aus ihrer kapitalistischen Anwendung! Da also die Maschinerie an sich betrachtet die Arbeitszeit verkürzt, während sie kapitalistisch angewandt den Arbeitstag verlängert, an sich die Arbeit erleichtert, kapitalistisch angewandt ihre Intensität steigert, an sich ein Sieg des Menschen über die Naturkraft ist, kapitalistisch angewandt den Menschen durch die Naturkraft unterjocht, an sich den Reichtum des Produzenten vermehrt, kapitalistisch angewandt ihn verpaupert usw., erklärt der bürgerliche Ökonom einfach, das Ansichbetrachten der Maschinerie beweise haarscharf, daß alle jene handgreiflichen Widersprüche bloßer Schein der gemeinen Wirklichkeit, aber an sich, also auch in der Theorie gar nicht vorhanden sind. Er spart sich so alles weitre Kopfzerbrechen und bürdet seinem Gegner obendrein die Dummheit auf, nicht die kapitalistische Anwendung der Maschinerie zu bekämpfen, sondern die Maschinerie selbst. | |||
Keineswegs leugnet der bürgerliche Ökonom, daß dabei auch zeitweilige Unannehmlichkeiten herauskommen; aber wo gäbe es eine Medaille ohne Kehrseite! Eine andre als die kapitalistische Ausnutzung der Maschinerie ist für ihn unmöglich. Ausbeutung des Arbeiters durch die Maschine ist ihm also identisch mit Ausbeutung der Maschine durch den Arbeiter. Wer also enthüllt, wie es um die kapitalistische Anwendung der Maschinerie in Wirklichkeit bestellt ist, der will ihre Anwendung überhaupt nicht, der ist ein Gegner des sozialen Fortschritts!(216) Ganz das Räsonnement des berühmten Gurgelschneiders Bill Sikes: | |||
"Meine Herren Geschwornen, diesen Handlungsreisenden ist allerdings die Gurgel abgeschnitten worden. Diese Tatsache aber ist nicht meine Schuld, sie ist die Schuld des Messers. Sollen wir wegen solcher zeitweiligen Unannehmlichkeiten den Gebrauch des Messers abschaffen? Bedenken Sie ja! Wo wäre Ackerbau und Handwerk ohne '''<466>'''Messer? Ist es nicht ebenso heilbringend in der Chirurgie wie gelehrt in der Anatomie? Dazu williger Gehilfe bei fröhlichem Mahl? Schaffen Sie das Messer ab - Sie schleudern uns zurück in die tiefste Barbarei."(216a) | |||
Obwohl die Maschinerie notwendig Arbeiter verdrängt in den Arbeitszweigen, wo sie eingeführt wird, so kann sie dennoch eine Zunahme von Beschäftigung in andern Arbeitszweigen hervorrufen. Diese Wirkung hat aber nichts gemein mit der sogenannten Kompensationstheorie. Da jedes Maschinenprodukt, z.B. eine Elle Maschinengeweb, wohlfeiler ist als das von ihm verdrängte gleichartige Handprodukt, folgt als absolutes Gesetz: Bleibt das Gesamtquantum des maschinenmäßig produzierten Artikels gleich dem Gesamtquantum des von ihm ersetzten handwerks- oder manufakturmäßig produzierten Artikels, so vermindert sich die Gesamtsumme der angewandten Arbeit. Die etwa zur Produktion der Arbeitsmittel selbst, der Maschinerie, Kohle usw., erheischte Arbeitszunahme muß kleiner sein als die durch Anwendung der Maschinerie bewirkte Arbeitsabnahme. Das Maschinenprodukt wäre sonst ebenso teuer oder teuer als das Handprodukt. Statt aber gleichzubleiben, wächst tatsächlich die Gesamtmasse des von einer verminderten Arbeiteranzahl produzierten Maschinenartikels weit über die Gesamtmasse des verdrängten Handwerksartikels. Gesetzt, 400.000 Ellen Maschinengeweb würden von weniger Arbeitern produziert als 100.000 Ellen Handgeweb. In dem vervierfachten Produkt steckt viermal mehr Rohmaterial. Die Produktion des Rohmaterials muß also vervierfacht werden. Was aber die verzehrten Arbeitsmittel, wie Baulichkeiten, Kohlen, Maschinen usw. betrifft, so ändert sich die Grenze, innerhalb deren die zu ihrer Produktion erheischte zusätzliche Arbeit wachsen kann, mit der Differenz zwischen der Masse des Maschinenprodukts und der Masse des von derselben Arbeitszahl herstellbaren Handprodukts. | |||
Mit der Ausdehnung des Maschinenbetriebs in einem Industriezweig steigert sich also zunächst die Produktion in den andren Zweigen, die ihm seine Produktionsmittel liefern. Wieweit dadurch die beschäftigte Arbeitermasse wächst, hängt, Länge des Arbeitstags und Intensität der Arbeit gegeben, von der Zusammensetzung der verwandten Kapitale ab, d.h. vom Verhältnis ihrer konstanten und variablen Bestandteile. Dies Verhältnis seinerseits variiert sehr mit dem Umfang, worin die Maschinerie jene '''<467>''' Gewerbe selbst schon ergriffen hat oder ergreift. Die Anzahl zu Kohlen- und Metallbergwerken verurteilter Menschen schwoll ungeheuer mit dem Fortschritt des englischen Maschinenwesens, obgleich ihr Anwachs in den letzten Dezennien durch Gebrauch neuer Maschinerie für den Bergbau verlangsamt wird.(217) Eine neue Arbeiterart springt mit der Maschine ins Leben, ihr Produzent. Wir wissen bereits, daß der Maschinenbetrieb sich dieses Produktionszweigs selbst auf stets massenhafterer Stufenleiter bemächtigt.(218) Was ferner das Rohmaterial betrifft (219), so unterliegt es z.B. keinem Zweifel, daß der Sturmmarsch der Baumwollspinnerei den Baumwollbau der Vereinigten Staaten und mit ihm nicht nur den afrikanischen Sklavenhandel treibhausmäßig förderte, sondern zugleich die Negerzucht zum Hauptgeschäft der sogenannten Grenz-Sklavenstaaten machte. Als 1790 der erste Sklavenzensus in den Vereinigten Staaten aufgenommen ward, betrug ihre Zahl 697.000, dagegen 1861 ungefähr vier Millionen. Andrerseits ist es nicht minder gewiß, daß das Aufblühen der mechanischen Wollfabrik mit der progressiven Verwandlung von Ackerland in Schafweide die massenhafte Verjagung und "Überzähligmachung" der Landarbeiter hervorrief. Irland macht noch in diesem Augenblick den Prozeß durch, seine seit 1845 beinahe um die Hälfte verminderte Bevölkerung noch weiter auf das dem Bedürfnis seiner Landlords und der englischen Herrn Wollfabrikanten exakt entsprechende Maß herabzudrücken. | |||
Ergreift die Maschinerie Vor- und Zwischenstufen, welche ein Arbeitsgegenstand bis zu seiner letzten Form zu durchlaufen hat, so vermehrt sich mit dem Arbeitsmaterial die Arbeitsnachfrage in den noch handwerks- oder manufakturmäßig betriebnen Gewerken, worin das Maschinenfabrikat '''<468>''' eingeht. Die Maschinenspinnerei z.B. lieferte das Garn so wohlfeil und so reichlich, daß die Handweber zunächst, ohne vermehrte Auslage, volle Zeit arbeiten konnten. So steig ihr Einkommen.(220) Daher Menschenzufluß in die Baumwollweberei, bis schließlich die von Jenny, Throstle und Mule in England z.B. ins Leben gerufnen 800.000 Baumwollweber wieder vom Dampfwebstuhl erschlagen wurden. So wächst mit dem Überfluß der maschinenmäßig produzierten Kleidungsstoffe die Zahl der Schneider, Kleidermacherinnen, Näherinnen usw., bis die Nähmaschine erscheint. | |||
Entsprechend der steigenden Masse von Rohstoffen, Halbfabrikaten, Arbeitsinstrumenten usw., die der Maschinenbetrieb mit relativ geringer Arbeitszahl liefert, sondert sich die Bearbeitung dieser Rohstoffe und Halbfabrikate in zahllose Unterarten, wächst also die Mannigfaltigkeit der gesellschaftlichen Produktionszweige. Der Maschinenbetrieb treibt die gesellschaftliche Teilung der Arbeit ungleich weiter als die Manufaktur, weil er die Produktivkraft der von ihm ergriffnen Gewerbe in ungleich höhrem Grad vermehrt. | |||
Das nächste Resultat der Maschinerie ist, den Mehrwert und zugleich die Produktenmasse, worin er sich darstellt, also mit der Substanz, wovon die Kapitalistenklasse samt Anhang zehrt, diese Gesellschaftsschichten selbst zu vergrößern. Ihr wachsender Reichtum und die relativ beständig fallende Anzahl der zur Produktion der ersten Lebensmittel erheischten Arbeiter erzeugen mit neuem Luxusbedürfnis zugleich neue Mittel seiner Befriedigung. Ein größrer Teil des gesellschaftlichen Produkts verwandelt sich in Surplusprodukt und ein größrer Teil des Surplusprodukts wird in verfeinerten und vermannigfachten Formen reproduziert und verzehrt. In andren Worten: Die Luxusproduktion wächst.(221) Die Verfeinerung und Vermannigfachung der Produkte entspringt ebenso aus den neuen weltmarktlichen Beziehungen, welche die große Industrie schafft. Es werden nicht nur mehr ausländische Genußmittel gegen das heimische Produkt '''<469>''' ausgetauscht, sondern es geht auch eine größre Masse fremder Rohstoffe, Ingredienzien, Halbfabrikate usw. als Produktionsmittel in die heimische Industrie ein. Mit diesen weltmarktlichen Beziehungen steigt die Arbeitsnachfrage in der Transportindustrie und spaltet sich letztre in zahlreiche neue Unterarten.(222) | |||
Die Vermehrung von Produktions- und Lebensmitteln bei relativ abnehmender Arbeiterzahl treibt zur Ausdehnung der Arbeit in Industriezweigen, deren Produkte, wie Kanäle, Warendocks, Tunnels, Brücken usw., nur in fernrer Zukunft Früchte tragen. Es bilden sich, entweder direkt auf der Grundlage der Maschinerie, oder doch der ihr entsprechenden allgemeinen industriellen Umwälzung, ganz neue Produktionszweige und daher neue Arbeitsfelder. Ihr Raumanteil an der Gesamtproduktion ist jedoch selbst in den meistentwickelten Ländern keineswegs bedeutend. Die Anzahl der von ihnen beschäftigten Arbeiter steigt im direkten Verhältnis, worin die Notwendigkeit rohster Handarbeit reproduziert wird. Als Hauptindustrien dieser Art kann man gegenwärtig Gaswerke, Telegraphie, Photographie, Dampfschiffahrt und Eisenbahnwesen betrachten. Der Zensus von 1861 (für England und Wales) ergibt in der Gasindustrie (Gaswerke, Produktion der mechanischen Apparate, Agenten der Gaskompagnien usw.) 16.211 Personen, Telegraphie 2.399, Photographie 2.366, Dampfschiffdienst 3.570 und Eisenbahnen 70.599, worunter ungefähr 28.000 mehr oder minder permanent beschäftigte "ungeschickte" Erdarbeiter nebst dem ganzen administrativen und kommerziellen Personal. Also Gesamtzahl der Individuen in diesen fünf neuen Industrien 94.145. | |||
Endlich erlaubt die außerordentlich erhöhte Produktivkraft in den Sphären der großen Industrie, begleitet, wie sie ist, von intensiv und extensiv gesteigerter Ausbeutung der Arbeitskraft in allen übrigen Produktionssphären, einen stets größren Teil de Arbeiterklasse unproduktiv zu verwenden und so namentlich die alten Haussklaven unter dem Namen der "dienenden Klasse", wie Bediente, Mägde, Lakaien usw., stets massenhafter zu reproduzieren. Nach dem Zensus von 1861 zählte die Gesamtbevölkerung von England und Wales 20.066.224 Personen, wovon 9.776.259 männlich und 10.289.965 weiblich. Zieht man hiervon ab, was zu alt oder zu jung zur Arbeit, alle "unproduktiven" Weiber, jungen Personen und Kinder, dann die "ideologischen" Stände, wie Regierung, Pfaffen, Juristen, Militär usw., ferner alle, deren ausschließliches Geschäft der Verzehr fremder Arbeit in der Form von Grundrente, Zins usw., endlich Paupers, Vaga- '''<470>''' bunden, Verbrecher usw., so bleiben in rauher Zahl 8 Millionen beiderlei Geschlechts und der verschiedensten Altersstufen, mit Einschluß sämtlicher irgendwie in der Produktion, dem Handel, der Finanz usw. funktionierenden Kapitalisten. Von diesen 8 Millionen kommen auf: | |||
[[Datei:Das Kapital - Band 1 - Abbildung 5.png|zentriert|mini]] | |||
Rechnen wir die in allen textilen Fabriken Beschäftigten zusammen mit dem Personal der Kohlen- und Metallbergwerke, so erhalten wir 1.208.442; rechnen wir sie zusammen mit dem Personal aller Metallwerke und Manufakturen, so die Gesamtzahl 1.039.605, beidemal kleiner als die Zahl der modernen Haussklaven. Welch erhebendes Resultat der kapitalistisch exploitierten Maschinerie! | |||
''7. Repulsion und Attraktion von Arbeitern mit Entwicklung'' | |||
''des Maschinenbetriebs. Krisen der Baumwollindustrie'' | |||
Alle zurechnungsfähigen Repräsentanten der politischen Ökonomie geben zu, daß neue Einführung der Maschinerie pestartig wirkt auf die '''<471>''' Arbeiter in den überlieferten Handwerken und Manufakturen, womit sie zunächst konkurriert. Fast alle beächzen die Sklaverei des Fabrikarbeiters. Und was ist der große Trumpf, den alle ausspielen? Daß die Maschinerie, nach den Schrecken ihrer Einführungs- und Entwicklungsperiode, die Arbeitssklaven in letzter Instanz vermehrt, statt sie schließlich zu vermindern! Ja, die politische Ökonomie jubelt sich aus in dem abscheulichen Theorem, abscheulich für jeden "Philanthropen", der an die ewige Naturnotwendigkeit der kapitalistischen Produktionsweise glaubt, daß selbst die bereits auf Maschinenbetrieb begründete Fabrik, nach bestimmter Periode des Wachstums, nach kürzrer oder längrer "Übergangszeit", mehr Arbeiter abplackt, als sie ursprünglich aufs Pflaster warf!(226) | |||
Zwar zeigte sich schon an einigen Beispielen, z.B. den englischen Worsted- und Seidenfabriken, daß auf einem gewissen Entwicklungsgrad außerordentliche Ausdehnung von Fabrikzweigen mit nicht nur relativer, sondern absoluter Abnahme der angewandten Arbeiteranzahl verbunden sein kann. Im Jahr 1860, als ein Spezialzensus aller Fabriken des Vereinigten Königreichs auf Befehl des Parlaments aufgenommen ward, zählte die dem Fabrikinspektor ''R. Baker'' zugewiesne Abteilung der Fabrikdistrikte von '''<472>''' Lancashire, Cheshire und Yorkshire 652 Fabriken; von diesen enthielten 570: Dampfwebstühle 85.622, Spindeln (mit Ausschluß der Dublierspindeln) 6.819.156, Pferdekraft in Dampfmaschinen 27.439, in Wasserrädern 1.390, beschäftigte Personen 94.119. Im Jahr 1865 dagegen enthielten dieselben Fabriken: Webstühle 95.163, Spindeln 7.025.031, Pferdekraft in Dampfmaschinen 28.925, in Wasserrädern 1.445, beschäftigte Personen 88.913. Von 1860 bis 1865 betrug also die Zunahme dieser Fabriken an Dampfwebstühlen 11%, an Spindeln 3%, an Dampfpferdekraft 5%, während gleichzeitig die Zahl der beschäftigten Personen um 5,5% abnahm.(227) Zwischen 1852 und 1862 fand beträchtliches Wachstum der englischen Wollfabrikation statt, während die Zahl der angewandten Arbeiter beinahe stationär blieb. | |||
"Dies zeigt, in wie großem Maße neu eingeführte Maschinerie die Arbeit vorhergehender Perioden verdrängt hatte."(228) | |||
In empirisch gegebnen Fällen ist die Zunahme der beschäftigten Fabrikarbeiter oft nur scheinbar, d.h. nicht der Ausdehnung der bereits auf Maschinenbetrieb beruhenden Fabrik geschuldet, sondern der allmählichen Annexation von Nebenzweigen. Z.B. die Zunahme der mechanischen Webstühle und der durch sie beschäftigten Fabrikarbeiter von 1838-1858 war in der (britischen) Baumwollfabrik einfach der Ausdehnung dieses Geschäftszweigs geschuldet; in den andren Fabriken dagegen der Neuanwendung von Dampfkraft auf den Teppich-, Band-, Leinenwebstuhl usw., die vorher durch menschliche Muskelkraft getrieben wurden.(229) Die Zunahme dieser Fabrikarbeiter war also nur der Ausdruck einer Abnahme in der Gesamtzahl der beschäftigten Arbeiter. Es wird hier endlich ganz '''<473>''' davon abgesehn, daß überall, mit Ausnahme der Metallfabriken, jugendliche Arbeiter (unter 18 Jahren), Weiber und Kinder das weit vorwiegende Element des Fabrikpersonals bilden. | |||
Man begreift jedoch, trotz der vom Maschinenbetrieb faktisch verdrängten und virtuell ersetzten Arbeitermasse, wie mit seinem eignen Wachstum, ausgedrückt in vermehrter Anzahl von Fabriken derselben Art oder den erweiterten Dimensionen vorhandner Fabriken, die Fabrikarbeiter schließlich zahlreicher sein können als die von ihnen verdrängten Manufakturarbeiter oder Handwerker. Das wöchentlich angewandte Kapital von 500 Pfd.St. bestehe z.B. in der alten Betriebsweise aus <sup>2</sup>/5 konstantem und <sup>3</sup>/5 variablem Bestandteil, d.h. 200 Pfd.St. seien in Produktionsmitteln ausgelegt, 300 Pfd.St. in Arbeiterkraft, sage 1 Pfd.St. per Arbeiter. Mit dem Maschinenbetrieb verwandelt sich die Zusammensetzung des Gesamtkapitals. Es zerfällt jetzt z.B. in <sup>4</sup>/5 konstanten und <sup>1</sup>/5 variablen Bestandteil, oder es werden nur noch 100 Pfd.St. in Arbeitskraft ausgelegt. Zwei Drittel der früher beschäftigten Arbeiter werden also entlassen. Dehnt sich dieser Fabrikbetrieb aus und wächst bei sonst gleichbleibenden Produktionsbedingungen das angewandte Gesamtkapital von 500 auf 1500, so werden jetzt 300 Arbeiter beschäftigt, so viele wie vor der industriellen Revolution. Wächst das angewandte Kapital weiter auf 2.000, so werden 400 Arbeiter beschäftigt, also <sup>1</sup>/3 mehr als mit der alten Betriebsweise. Absolut ist die angewandte Arbeiterzahl um 100 gestiegen, relativ, d.h. im Verhältnis zum vorgeschoßnen Gesamtkapital, ist sie um 800 gefallen, denn das Kapital von 2000 Pfd.St. hätte in der alten Betriebsweise 1200 statt 400 Arbeiter beschäftigt. Relative Abnahme der beschäftigten Arbeiterzahl verträgt sich also mit ihrer absoluten Zunahme. Es wurde oben angenommen, daß mit dem Wachstum des Gesamtkapitals seine Zusammensetzung konstant bleibt, weil die Produktionsbedingungen. Man weiß aber bereits, daß mit jedem Fortschritt des Maschinenwesens der konstante, aus Maschinerie, Rohmaterial usw. bestehende Kapitalteil wächst, während der variable, in Arbeitskraft ausgelegte fällt, und man weiß zugleich, daß in keiner andren Betriebsweise die Verbeßrung so konstant, daher die Zusammensetzung des Gesamtkapitals so variabel ist. Dieser beständige Wechsel ist aber ebenso beständig unterbrochen durch Ruhepunkte und bloß quantitative Ausdehnung auf gegebner technischer Grundlage. Damit wächst die Anzahl der beschäftigten Arbeiter. So betrug die Anzahl aller Arbeiter in den Baumwoll-, Woll-, Worsted-, Flachs- und Seidenfabriken des Vereinigten Königreichs 1835 nur 354.684, während 1861 allein die Zahl der Dampfweber (beiderlei Geschlechts und der verschiedensten Altersstufen vom '''<474>''' | |||
8. Jahr an) 230.654 betrug. Allerdings erscheint dies Wachstum minder groß, wenn man erwägt, daß die britischen Handbaumwollweber mit den von ihnen selbst beschäftigten Familien 1838 noch 800.000 zählten (230), ganz abgesehn von den in Asien und auf dem europäischen Kontinent verdrängten. | |||
In den wenigen Bemerkungen, die über diesen Punkt noch zu machen, berühren wir zum Teil rein tatsächlich Verhältnisse, wozu unsre theoretische Darstellung selbst noch nicht geführt hat. | |||
Solange sich der Maschinenbetrieb in einem Industriezweig auf Kosten des überlieferten Handwerks oder der Manufaktur ausdehnt, sind seine Erfolge so sicher, wie etwa der Erfolg einer mit dem Zündnadelgewehr bewaffneten Armee gegen eine Armee von Bogenschützen wäre. Diese erste Periode, worin die Maschine erst ihren Wirkungskreis erobert, ist entscheidend wichtig wegen der außerordentlichen Profite, die sie produzieren hilft. Diese bilden nicht nur an und für sich eine Quelle beschleunigter Akkumulation, sondern ziehen großen Teil des beständig neugebildeten und nach neuer Anlage drängenden gesellschaftlichen Zusatzkapitals in die begünstigte Produktionssphäre. Die besondren Vorteil der ersten Sturm- und Drangperiode wiederholen sich beständig in den Produktionszweigen, worin die Maschinerie neu eingeführt wird. Sobald aber das Fabrikwesen eine gewisse Breite des Daseins und bestimmten Reifegrad gewonnen hat, sobald namentlich seine eigne technische Grundlage, die Maschinerie, selbst wieder durch Maschinen produziert wird, sobald Kohlen- und Eisengewinnung wie die Verarbeitung der Metalle und das Transportwesen revolutioniert, überhaupt die der großen Industrie entsprechenden allgemeinen Produktionsbedingungen hergestellt sind, erwirbt diese Betriebsweise eine Elastizität, eine plötzliche sprungweise Ausdehnungsfähigkeit, die nur an dem Rohmaterial und dem Absatzmarkt Schranken findet. Die Maschinerie bewirkt einerseits direkte Vermehrung des Rohmaterials, wie z.B. der cotton gin die Baumwollproduktion vermehrte.(231) Andrerseits sind Wohlfeilheit des Maschinenprodukts und das umgewälzte Transport- und Kom- '''<475>'''munikationswesen Waffen zur Erobrung fremder Märkte. Durch den Ruin ihres handwerksmäßigen Produkts verwandelt der Maschinenbetrieb sie zwangsweise in Produktionsfelder seines Rohmaterials. So wurde Ostindien zur Produktion von Baumwolle, Wolle, Hanf, Jute, Indigo usw. für Großbritannien gezwungen.(232) Die beständige "Überzähligmachung" der Arbeiter in den Ländern der großen Industrie befördert treibhausmäßige Auswandrung und Kolonisation fremder Länder, die sich in Pflanzstätten für das Rohmaterial des Mutterlands verwandeln, wie Australien z.B. in eine Pflanzstätte von Wolle.(233) Es wird eine neue, den Hauptsitzen des Maschinenbetriebs entsprechende internationale Teilung der Arbeit geschaffen, die einen Teil des Erdballs in vorzugsweis agrikoles Produktionsfeld für den andern als vorzugsweis industrielles Produktionsfeld umwandelt. Diese Revolution hängt zusammen mit Umwälzungen in der Agrikultur, die hier noch nicht weiter zu erörtern sind.(234) | |||
'''<476>''' Auf Antrieb des Herrn Gladstone verordnete das Haus der Gemeinen am 18. Februar 1867 eine Statistik über sämtliche von 1831-1866 in das Vereinigte Königreich eingeführte und ausgeführte Kornfrucht, Getreide und Mehl aller Art. Ich gebe nachstehend das zusammenfassende Resultat. Das Mehl ist auf Quarters Korn reduziert. (S. Tabelle auf Seite 419. <Siehe vorliegenden Band S. 479>) | |||
Die ungeheure, stoßweise Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und seine Abhängigkeit vom Weltmarkt erzeugen notwendig fieberhafte Produktion und darauf folgende Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in eine Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation. Die Unsicherheit und Unstetigkeit, denen der Maschinenbetrieb die Beschäftigung und damit die Lebenslage des Arbeiters unterwirft, werden normal mit diesem Periodenwechsel des industriellen Zyklus. Die Zeiten der Prosperität abgerechnet, rast zwischen den Kapitalisten heftigster Kampf um ihren individuellen Raumanteil am Markt. Dieser Anteil steht in direktem Verhältnis zur Wohlfeilheit des Produkts. Außer der hierdurch erzeugten Rivalität im Gebrauch verbesserter, Arbeitskraft ersetzender Maschinerie und neuer Produktionsmethoden tritt jedesmal ein Punkt ein, wo Verwohlfeilerung der Ware durch gewaltsamen Druck des Arbeitslohnes unter den Wert der Arbeitskraft erstrebt wird.(235) | |||
'''<477>''' Wachstum in der Anzahl der Fabrikarbeiter ist also bedingt durch proportionell viel raschres Wachstum des in den Fabriken angelegten Gesamtkapitals. Dieser Prozeß vollzieht sich aber nur innerhalb der Ebb- und Flutperioden des industriellen Zyklus. Er wird zudem stets unterbrochen durch den technischen Fortschritt, der Arbeiter bald virtuell ersetzt, bald faktisch verdrängt. Dieser qualitative Wechsel im Maschinenbetrieb entfernt beständig Arbeiter aus der Fabrik oder verschließ ihr Tor dem neuen Rekrutenstrom, während die bloß quantitative Ausdehnung der Fabriken neben den Herausgeworfnen frische Kontingente verschlingt. Die Arbeiter werden so fortwährend repelliert und attrahiert, hin- und hergeschleudert, und dies bei beständigem Wechsel in Geschlecht, Alter und Geschick der Angeworbnen. | |||
Die Schicksale des Fabrikarbeiters werden am besten veranschaulicht durch raschen Überblick der Schicksale der englischen Baumwollindustrie. | |||
Von 1770 bis 1815 Baumwollindustrie gedrückt oder stagnant 5 Jahre. Während dieser ersten 45jährigen Periode besaßen die englischen Fabrikanten das Monopol der Maschinerie und des Weltmarkts. 1815 bis 1821 gedrückt, 1822 und 1823 prosperierend, 1824 Aufhebung der Koalitionsgesetze, allgemeine große Ausdehnung der Fabriken, 1825 Krise; 1826 großes Elend und Aufstände unter den Baumwollarbeitern; 1827 leise Beßrung, 1828 großer Anwachs von Dampfwebstühlen und Ausfuhr; 1829 übergipfelt die Ausfuhr, besonders nach Indien, alle frühren Jahre; 1830 überfüllte Märkte, großer Notstand, 1831 bis 1833 fortdauernder Druck; der Handel nach Ostasien (Indien und China) wird dem Monopol der Ostindischen Kompanie entzogen. 1834 großes Wachstum von Fabriken '''<478>''' und Maschinerie, Mangel an Händen. Das neue Armengesetz befördert die Wandrung der Landarbeiter in die Fabrikdistrikte. Fegung der ländlichen Grafschaften von Kindern. Weißer Sklavenhandel. 1835 große Prosperität. Gleichzeitige Tothungrung der Baumwollhandweber, 1836 große Prosperität. 1837 und 1838 gedrückter Zustand und Krise. 1839 Wiederaufleben. 1840 große Depression, Aufstände, Einschreiten des Militärs. 1841 und 1842 furchtbares Leiden der Fabrikarbeiter. 1842 schließen die Fabrikanten die Hände von den Fabriken aus, um den Widerruf der Korngesetze zu erzwingen. Die Arbeiter strömen zu vielen Tausenden nach Yorkshire, vom Militär zurückgetrieben, ihre Führer vor Gericht zu Lancaster gestellt. 1843 großes Elend. 1844 Wiederaufleben. 1845 große Prosperität. 1846 erst fortdauernder Aufschwung, dann Symptome der Reaktion. Widerruf der Korngesetze. 1847 Krise. Allgemeine Herabsetzung der Löhne um 10 und mehr Prozent zur Feier des "big loaf". 1848 fortdauernder Druck. Manchester unter militärischem Schutz. 1849 Wiederaufleben. 1850 Prosperität. 1851 fallende Warenpreise, niedrige Löhne, häufige strikes. 1852 beginnende Verbeßrung. Fortdauer der strikes, Fabrikanten drohn mit Import fremder Arbeiter. 1853 steigende Ausfuhr. Achtmonatlicher strike und großes Elend zu Preston. 1854 Prosperität, Überfüllung der Märkte. 1855 Berichte von Bankerotten strömen ein aus den Vereinigten Staaten, Kanada, ostasiatischen Märkten. 1856 große Prosperität. 1857 Krise. 1858 Verbeßrung. 1859 große Prosperität, Zunahme der Fabriken. 1860 Zenit der englischen Baumwollindustrie. Indische, australische und andre Märkte so überführt, daß sie noch 1863 kaum den ganzen Quark absorbiert haben. Französischer Handelsvertrag. Enormes Wachstum von Fabriken und Maschinerie. 1861 Aufschwung dauert Zeitlang fort, Reaktion, Amerikanischer Bürgerkrieg, Baumwollnot. 1862 bis 1863 vollständiger Zusammenbruch. | |||
Die Geschichte der Baumwollnot ist zu charakteristisch, um nicht einen Augenblick dabei zu verweilen. Aus den Andeutungen der Zustände des Weltmarkts 1860 bis 1861 ersieht man, daß die Baumwollnot den Fabrikanten gelegen kam und zum Teil vorteilhaft war, eine Tatsache, anerkannt in Berichten der Manchester Handelskammer, im Parlament proklamiert von Palmerston und Derby, durch die Ereignisse bestätigt.(236) Allerdings gab es 1861 unter den 2.887 Baumwollfabriken des Vereinigten Königreichs viel kleine. Nach dem Bericht des Fabrikinspektors A. Redgrave, dessen Verwaltungsbezirk von jenen 2887 Fabriken 2109 einschließt, | |||
<479> | |||
''Fünfjährige Perioden und Jahr 1866'' | |||
{| class="wikitable" | |||
| | |||
|1831-1835 | |||
|1836-1840 | |||
|1841-1845 | |||
|1846-1850 | |||
|1851-1855 | |||
|1856-1860 | |||
|1861-1865 | |||
|1866 | |||
|- | |||
| colspan="9" | | |||
|- | |||
| colspan="9" |''Jährlicher Durchschnitt.'' | |||
|- | |||
|Import Qrs. | |||
|1.096.373 | |||
|2.389.729 | |||
|2.843.865 | |||
|8.776.552 | |||
|8.345.237 | |||
|10.913.612 | |||
|15.009.871 | |||
|16.457.340 | |||
|- | |||
| colspan="9" |''Jahresdurchschnitt.'' | |||
|- | |||
|Export Qrs. | |||
|225.263 | |||
|251.770 | |||
|139.056 | |||
|155.461 | |||
|307.491 | |||
|341.150 | |||
|302.754 | |||
|216.218 | |||
|- | |||
|Überschuß von Import über Export der Durchschnittsjahre. | |||
|871.110 | |||
|2.137.959 | |||
|2.704.809 | |||
|8.621.091 | |||
|8.037.746 | |||
|10.572.462 | |||
|14.707.117 | |||
|216.218 | |||
|- | |||
| colspan="9" |''Population.'' | |||
|- | |||
|Jährliche Durchschnittszahl | |||
in jeder Periode. | |||
|24.621.107 | |||
|25.929.507 | |||
|27.262.569 | |||
|27.797.598 | |||
|27.572.923 | |||
|28.391.544 | |||
|29.381.760 | |||
|29.935.404 | |||
|- | |||
|Durchschnitts- | |||
quantum von Korn etc. in Qrs., jährlich verzehrt per Individuum, bei gleicher Teilung unter die Bevölkerung, im Überschuß über die heimische Produktion. | |||
|0,036 | |||
|0,082 | |||
|0,099 | |||
|0,310 | |||
|0,291 | |||
|0,372 | |||
|0,501 | |||
|0,543 | |||
|} | |||
'''<480>''' wendeten von letztren 392 oder 19% nur unter 10 Dampf-Pferdekraft an, 345 oder 16% 10 und unter 20, 1.372 dagegen 20 und mehr Pferdekraft.(237) Die Mehrzahl der kleinen Fabriken waren Webereien, während der Prosperitätsperiode seit 1858 errichtet, meist durch Spekulanten, wovon der eine das Garn, der andre die Maschinerie, der dritte die Baulichkeit lieferte, unter dem Betrieb ehemaliger overlookers oder andrer unbemittelter Leute. Diese kleinen Fabrikanten gingen meist unter. Dasselbe Schicksal hätte ihnen die durch das Baumwollpech verhinderte Handelskrise bereitet. Obgleich sie <sup>1</sup>/3 der Fabrikantenzahl bildeten, absorbierten ihre Fabriken einen ungleich geringeren Teil des in der Baumwollindustrie angelegten Kapitals. Was den Umfang der Lähmung betrifft, so standen nach den authentischen Schätzungen im Oktober 1862 60,3% der Spindeln und 58% der Webstühle still. Dies bezieht sich auf den ganzen Industriezweig und war natürlich sehr modifiziert in den einzelnen Distrikten. Nur sehr wenige Fabriken arbeiteten volle Zeit (60 Stunden per Woche), die übrigen mit Unterbrechungen. Selbst für die wenigen Arbeiter, die volle Zeit und zu dem gewohnten Stücklohn beschäftigt, schmälerte sich notwendig der Wochenlohn infolge der Ersetzung beßrer Baumwolle durch schlechtre, der Sea Island durch ägyptische (in Feinspinnereien), amerikanischer und ägyptischer durch Surat (ostindisch) und reiner Baumwolle durch Mischungen von Baumwollabfall mit Surat. Die kürzre Fiber der Suratbaumwolle, ihre schmutzige Beschaffenheit, die größre Brüchigkeit der Fäden, der Ersatz des Mehls durch alle Art schwerer Ingredienzien beim Schlichten des Kettengarns usw. verminderten die Geschwindigkeit der Maschinerie oder die Zahl der Webstühle, die ein Weber überwachen konnte, vermehrten die Arbeit mit den Irrtümern der Maschine und beschränkten mit der Produktenmasse den Stücklohn. Beim Gebrauch von Surat und mit voller Beschäftigung belief sich der Verlust des Arbeiters auf 20, 30 und mehr Prozent. Die Mehrzahl der Fabrikanten setzte aber auch die Rate des Stücklohns um 5, 7<sup>1</sup>/2 und 10 Prozent herab. Man begreift daher die Lage der nur 3, 3<sup>1</sup>/2, 4 Tage wöchentlich oder nur 6 Stunden per Tag Beschäftigten. Nachdem schon eine relative Verbeßrung eingetreten war, 1863, für Weber, Spinner usw. Wochenlöhne von 3 sh. 4 d., 3 sh. 10 d., 4 sh. 6 d., 5 sh. 1 d. usw.(238) Selbst unter diesen qualvollen Zuständen stand der Erfindungsgeist des Fabrikanten in Lohnabzügen nicht still. Diese wurden zum Teil verhängt als Strafe für die seiner schlechten Baumwolle, unpas- '''<481>''' senden Maschinerie usw. geschuldeten Fehler des Machwerks. Wo der Fabrikant aber Eigentümer der cottages der Arbeiter, vergütete er sich selbst für Hausrente durch Abzüge vom nominellen Arbeitslohn. Fabrikinspektor Redgrave erzählt von selfacting minders (sie überwachen ein Paar selfacting mules), die | |||
"am Ende vierzehntägiger voller Arbeit 8 sh. 11 d. verdienten, und von dieser Summe wurde die Hausrente abgezogen, wovon der Fabrikant jedoch die Hälfte als Geschenk zurückgab, so daß die minders volle 6 sh. 11 d. nach Hause trugen. Der Wochenlohn der Weber rangierte von 2 sh. 6 d. aufwärts während der Schlußzeit von 1862."(239) | |||
Selbst dann wurde die Hausmiete von den Löhnen häufig abgezogen, wenn die Hände nur kurze Zeit arbeiteten.(240) Kein Wunder, daß in einigen Teilen Lancashires eine Art Hungerpest ausbrach! Charakteristischer als alles dies aber war es, wie die Revolutionierung des Produktionsprozesses auf Kosten des Arbeiters vor sich ging. Es waren förmliche experimenta in corpore vili <Experimente an einem wertlosen Körper>, wie die der Anatomen an Fröschen. | |||
"Obgleich ich", sagt Fabrikinspektor Redgrave, "die wirklichen Einnahmen der Arbeiter in vielen Fabriken gegeben habe, muß man nicht schließen, daß sie denselben Betrag Woche für Woche beziehn. Die Arbeiter erliegen den größten Schwankungen wegen des beständigen Experimentierens (experimentalizing) der Fabrikanten ... ihre Einkünfte steigen und fallen mit der Qualität des Baumwollgemischs; bald nähern sie sich um 15% ihren frühren Einnahmen, und die nächste oder zweitfolgende Woche fallen sie um 50 bis 60%."(241) | |||
Diese Experimente wurden nicht nur auf Kosten der Lebensmittel der Arbeiter gemacht. Mit allen ihren fünf Sinnen hatten sie zu büßen. | |||
"Die im Öffnen der Baumwolle Beschäftigten unterrichten mich, daß der unerträgliche Gestank sie übel macht ... Den in den Misch-, Scribbling- <Krempel> und Kardierräumen Angewandten irritiert der freigesetzte Staub und Schmutz alle Kopföffnungen, erregt Husten und Schwierigkeit des Atmens ... Wegen der Kürze der Fiber wird dem Garn beim Schlichten eine große Menge Stoff zugesetzt, und zwar allerlei Substitute statt des früher gebrauchten Mehls. Daher Übelkeit und Dyspepsie der Weber. Bronchitis herrscht vor wegen des Staubs, ebenso Halsentzündung, ferner eine Hautkrankheit infolge der Irritation der Haut durch den im Surat enthaltnen Schmutz." | |||
'''<482>''' Andrerseits waren die Substitute des Mehls ein Fortunatussäckel für die Herrn Fabrikanten durch Vermehrung des Garngewichts. Sie machten "15 Pfund Rohmaterial, wenn verwebt, 20 Pfund wiegen".(242) In dem Bericht der Fabrikinspektoren vom 30. April 1864 liest man: | |||
"Die Industrie verwertet diese Hilfsquelle jetzt in wahrhaft unanständigem Maß. Ich weiß von guter Autorität, daß achtpfündiges Geweb von 5 1/4 Pfund Baumwolle und 2 3/4 Pfund Schlichte gemacht wird. Ein andres 5 1/4 pfündiges Geweb enthielt zwei Pfund Schlichte. Dies waren ordinäre Shirtings <Hemdenstoffe> für den Export. In andren Arten wurden manchmal 50% Schlichte zugesetzt, so daß Fabrikanten sich rühmen können und sich auch wirklich rühmen, daß sie reich werden durch den Verkauf von Geweben für weniger Geld, als das nominell in ihnen enthaltne Garn kostet."(243) | |||
Die Arbeiter aber hatten nicht nur unter den Experimenten der Fabrikanten in den Fabriken, und der Munizipalitäten außerhalb der Fabriken, nicht nur von Lohnherabsetzung und Arbeitslosigkeit, von Mangel und Almosen, von den Lobreden der Lords und Unterhäusler zu leiden. | |||
"Unglückliche Frauenzimmer, beschäftigungslos infolge der Baumwollnot, wurden Auswürflinge der Gesellschaft und blieben es ... Die Zahl junger Prostituierten hat mehr zugenommen als seit den letzten 25 Jahren."(244) | |||
Man findet also in den ersten 45 Jahren der britischen Baumwollindustrie, von 1770-1815, nur 5 Jahre der Krise und Stagnation, aber dies war die Periode ihres Weltmonopols. Die zweite, 48jährige Periode von 1815 bis 1863 zählt nur 20 Jahre des Wiederauflebens und der Prosperität auf 28 Jahre des Drucks und der Stagnation. Von 1815-1830 beginnt die Konkurrenz mit dem kontinentalen Europa und den Vereinigten Staaten. Seit 1833 wird Ausdehnung der asiatischen Märkte erzwungen durch "Zerstörung der Menschenrace". Seit Widerruf der Korngesetze, von 1846 bis 1863, auf acht Jahre mittlerer Lebendigkeit und Prosperität 9 Jahre Druck und Stagnation. Die Lage der erwachsnen männlichen Baumwollarbeiter, selbst während der Prosperitätszeit, zu beurteilen aus der beigefügten Note.(245) | |||
----Fußnoten | |||
(179) Ure, l.c.p. 18. <= | |||
(180) l.c.p. 20. Vgl. Karl Marx, "Misère etc.", p.140, 141. < Siehe Band 4, S. 156/157> <= | |||
(181) Es ist charakteristisch für die Absicht des statistischen Betrugs, die auch sonst noch im Detail nachweisbar wäre, wenn die englische Fabrikgesetzgebung die zuletzt im Text erwähnten Arbeiter ausdrücklich als Nicht-Fabrikarbeiter von ihrem Wirkungskreis ausschließt, andrerseits die vom Parlament veröffentlichten "Returns" ebenso ausdrücklich nicht nur Ingenieure, Mechaniker usw., sondern auch Fabrikdirigenten, Kommis, Ausläufer, Lageraufseher, Verpacker usw., kurz alle Leute, mit Ausschluß des Fabrikeigentümers selbst, in die Kategorie der Fabrikarbeiter einschließen. <= | |||
(182) Ure gibt dies zu. Er sagt, daß die Arbeiter "im Notfall nach dem Willen des Dirigenten von einer Maschine zur andren versetzt werden können", und ruft triumphierend aus: "Dergleichen Wechsel steht im offnen Widerspruch mit der alten Routine, die die Arbeit teilt und dem einen Arbeiter die Aufgabe zuweist, den Kopf einer Stecknadel zu fassonieren, dem andren, ihre Spitze zu schleifen." Er hätte sich vielmehr fragen sollen, warum diese "alte Routine" in der automatischen Fabrik nur im "Notfall" verlassen wird. <= | |||
(183) Wenn Not an Mann ist, wie z.B. während des Amerikanischen Bürgerkriegs, wird der Fabrikarbeiter ausnahmsweise vom Bourgeois zu den gröbsten Arbeiten, wie Straßenbau usw., verwandt. Die englischen "ateliers nationaux" <"Nationalwerkstätten"> des Jahres 1862 u. folg. für die beschäftigungslosen Baumwollarbeiter unterschieden sich dadurch von den französischen von 1848, daß in diesen der Arbeiter auf Kosten des Staats unproduktive Arbeiten, in jenen zum Vorteil des Bourgeois produktive städtische Arbeiten, und zwar wohlfeiler als die regelmäßigen Arbeiter, mit denen er so in Konkurrenz geworfen ward, zu verrichten hatte. "Das körperliche Aussehen der Baumwollarbeiter ist zweifellos besser geworden. Das führe ich ... soweit es sich um die Männer handelt, auf die Beschäftigung im Freien bei öffentlichen Arbeiten zurück." (Es handelt sich hier von den Preston-Fabrikarbeitern, die am "Preston Moor" beschäftigt wurden.) ("Rep. of Insp. of Fact. Oct. 1863", p. 59.) <= | |||
(184) Beispiel: Die verschiednen mechanischen Apparate, die zum Ersatz von Kinderarbeit seit dem Gesetz von 1844 in der Wollfabrik eingeführt wurden. Sobald die Kinder der Herren Fabrikanten selbst "ihre Schule" als Handlanger der Fabrik durchzumachen haben, wird dies fast noch unangebaute Gebiet der Mechanik bald einen merkwürdigen Aufschwung nehmen. "Die self-acting mules sind vielleicht eine so gefährliche Maschinerie als irgendeine andere. Die meisten Unglücksfälle begegnen kleinen Kindern, und zwar infolge ihres Kriechens unter die Mules, um den Boden zu fegen, während die Mules in Bewegung sind. Verschiedne 'minders'" (Arbeiter an der Mule) "wurden" (von den Fabrikinspektoren) "gerichtlich verfolgt und zu Geldstrafen verurteilt wegen dieses Vergehns, aber ohne irgendwelchen allgemeinen Vorteil. Wenn Maschinenmacher nur einen Selbstfeger erfinden wollten, durch dessen Gebrauch die Notwendigkeit für diese kleinen Kinder, unter die Maschinerie zu kriechen, wegfiele, so wäre das ein glücklicher Beitrag zu unsren Protektionsmaßregeln." ("Reports of Insp. of Factories for 31st October 1866", p. 63.) <= | |||
(185) Man würdige daher den fabelhaften Einfall Proudhons, der die Maschinerie nicht als Synthese von Arbeitsmitteln, sondern als Synthese von Teilarbeiten für die Arbeiter selbst - "konstruiert". <Vgl. Band 4, S. 149> <= | |||
(186) F. Engels, "Lage etc.", p.217 <siehe Band 2, S. 398>. Selbst ein ganz ordinärer, optimistischer Freihändler, Herr Molinar, bemerkt: "Ein Mann verbraucht sich schneller, wenn er täglich fünfzehn Stunden die gleichförmige Bewegung eines Mechanismus überwacht, als wenn er in derselben Zeitspanne seine physische Kraft gebraucht. Diese Arbeit der Überwachung, die vielleicht als eine nützliche Gymnastik für den Geist dienen könnte, wenn sie nicht zu lange ausgedehnt würde, zerstört auf die Dauer, durch ihr Übermaß, Geist und Körper zugleich." (G. de Molinari, "Études Économiques", Paris 1846, [p. 49].) <= | |||
(187) F. Engels, l.c.p. 216 <ebenda, S. 397/398> <= | |||
(188) "The factory operatives should keep in wholesome remembrance the fact that theirs is really a low species of skilled labour; and that there is none which is more easily acquired or of its quality more amply remunerated, or which, by a short training of the least expert can be more quickly as well as abundantly acquired ... The master's machinery really plays a far more important part in the business of production than the labour and the skill of the operative, which six months' education can teach, and a common labourer can learn." (The Master Spinners' and Manufacturers' Defence Fund. Report of the Committee", Manchester 1854, p. 17.) Man wird später sehn, daß der "Master" aus einem andern Loch pfeift, sobald er mit Verlust seiner "lebendigen" Automaten bedroht ist. <= | |||
(189) Ure, l.c.p. 15. Wer Arkwrights Lebensgeschichte kennt, wird das Wort "edel" diesem genialen Barbier nie an den Kopf werfen. Von allen großen Erfindern des 18. Jahrhunderts war er unstreitig der größte Dieb fremder Erfindungen und der gemeinster Kerl. <= | |||
(190) "Die Sklaverei, in der die Bourgeoisie das Proletariat gefesselt hält, kommt nirgends deutlicher ans Tageslicht als im Fabriksystem. Hier hört alle Freiheit rechtlich und faktisch auf. Der Arbeiter muß morgens um halb 6 in der Fabrik sein; kommt er ein paar Minuten zu spät, so wird er gestraft, kommt er 10 Minuten zu spät, so wird er gar nicht hereingelassen, bis das Frühstück vorüber ist, und verliert einen Vierteltag am Lohn. Er muß auf Kommando essen, trinken und schlafen ... Die despotische Glocke ruft ihn vom Bette, ruft ihn vom Frühstück und Mittagstisch. Und wie geht es nun gar erst in der Fabrik? Hier ist der Fabrikant absoluter Gesetzgeber. Er erläßt Fabrikregulationen, wie er Lust hat; er ändert und macht Zusätze zu seinem Kodex, wie es ihm beliebt; und wenn er das tollste Zeug hineinsetzt, so sagen doch die Gerichte zum Arbeiter: Da ihr unter diesen Kontrakt euch freiwillig begeben habt, jetzt müßt ihr ihn auch befolgen ... Diese Arbeiter sind dazu verdammt, vom neunten Jahr bis zu ihrem Tode unter der geistigen und körperlichen Fuchtel zu leben." (F. Engels, l.c.p. 217 sqq. <Siehe Band 2, S. 398-400>) Was "die Gerichte sagen", will ich an zwei Beispielen erläutern. Der eine Fall spielt in Sheffield, Ende 1866. Dort hatte sich ein Arbeiter für 2 Jahre in eine Metallfabrik verdingt. Infolge eines Zwistes mit dem Fabrikanten verließ er die Fabrik und erklärte, unter keinen Umständen mehr für ihn arbeiten zu wollen. Wurde wegen Kontraktbruchs verklagt, zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. (Bricht der Fabrikant den Kontrakt, so kann er nur civiliter <zivilrechtlich> verklagt werden und riskiert nur eine Geldbuße.) Nach Absitzen der zwei Monate stellt derselbe Fabrikant ihm Ladung zu, dem alten Kontrakt gemäß in die Fabrik zurückzukehren. Arbeiter erklärt; Nein. Den Kontraktsbruch habe er bereits abgebüßt. Fabrikant verklagt von neuem, Gericht verurteilt von neuem, obgleich einer der Richter, Mr. Shee, dies öffentlich als juristische Ungeheuerlichkeit denunziert, wonach ein Mann sein ganzes Leben durch periodisch für dasselbe identische Vergehn, resp. Verbrechen, wieder und wieder bestraft werden könne. Dieses Urteil wurde gefällt nicht von den "Great Unpaid", provinzialen Dogberries, sondern zu London, von einem der höchsten Gerichtshöfe. {Zur 4. Aufl. - Dies ist jetzt abgeschafft. Einige wenige Fälle ausgenommen - z.B. bei öffentlichen Gaswerken -, ist jetzt in England der Arbeiter beim Kontraktbruch dem Beschäftiger gleichgestellt und kann nur zivilrechtlich belangt werden. - F. E.} - Der zweite Fall spielt in Wiltshire, Ende November 1863. Ungefähr 30 Dampfstuhlweberinnen, in der Beschäftigung eines gewissen Harrupp, Tuchfabrikant von Leower's Mill, Westbury Leigh, machten einen strike, weil dieser selbe Harrupp die angenehme Gewohnheit hatte, ihnen für Verspätung am Morgen Lohnabzug zu machen, und zwar 6 d. für 2 Minuten, 1 sh. für 3 Minuten und 1 sh. 6 d. für 10 Minuten. Dies macht bei 9 sh. per Stunde 4 Pfd.St. 10 sh. per Tag, während ihr Durchschnittslohn im Jahr nie über 10 bis 12 sh. wöchentlich steigt. Harrupp hat ebenfalls einen Jungen bestellt, um die Fabrikstunde zu blasen, was er selber manchmal vor 6 Uhr morgens tut, und wenn die Hände nicht grade da sind, sobald er aufhört, werden die Tore geschlossen und die draußen in Geldbuße genommen; und da keine Uhr im Gebäude, sind die unglücklichen Hände in der Gewalt des von Harrupp inspirierten jugendlichen Zeitwächters. Die im "strike" begriffnen Hände, Familienmütter und Mädchen, erklärten, sie wollten wieder ans Werk gehn, wenn der Zeitwächter durch eine Uhr ersetzt und ein rationellrer Straftarif eingeführt würde. Harrupp zitierte 19 Weiber und Mädchen vor die Magistrate wegen Kontraktsbruch. Sie wurden verurteilt zu je 6 d. Strafe und 2 sh. 6 d. Kosten, unter lauter Entrüstung des Auditoriums. Harrupp wurde vom Gericht weg von einer zischenden Volksmasse begleitet. - Eine Lieblingsoperation der Fabrikanten ist, die Arbeiter durch Lohnabzüge für die Fehler des ihnen gelieferten Materials zu züchtigen. Diese Methode rief 1866 allgemeinen strike in den englischen Töpferdistrikten hervor. Die Berichte der "Ch. Employm. Commiss." (1863-1866) geben Fälle, wo der Arbeiter, statt Lohn zu erhalten, durch seine Arbeit, und vermittelst des Strafreglements, noch obendrein Schuldner seines erlauchten "Master" wird. Erbauliche Züge über den Lohnabzugs-Scharfsinn der Fabrikautokraten lieferte auch die jüngste Baumwollkrise. "Ich hatte selbst", sagt Fabrikinspektor R. Baker, "vor kurzem gerichtliche Verfolgung wider einen Baumwollfabrikanten einzuleiten, weil er in diesen schweren und qualvollen Zeitläuften 10 d. von einigen der von ihm beschäftigten 'jungen'" (mehr als dreizehnjährigen) "Arbeiter abzog für das ärztliche Alterszertifikat, das ihm nur 6 d. kostet und wofür das Gesetz nur einen Abzug von 3 d., das Herkommen gar keinen erlaubt ... Ein andrer Fabrikant, um denselben Zweck ohne Konflikt mit dem Gesetz zu erreichen, belastet jedes der armen Kinder, die für ihn arbeiten, mit einem Shilling als Sportel für Erlernung der Kunst und des Mysteriums, zu spinnen, sobald das ärztliche Zeugnis sie reif für diese Beschäftigung erklärt. Es existieren also Unterströmungen, die man kennen muß, um solche außerordentliche Phänomene, wie strikes zu Zeiten wie die gegenwärtige" (es handelt sich um einen strike in der Fabrik zu Darven, Juni 1863, unter den Maschinenwebern) "zu begreifen." ("Reports of Insp. of Fact. for 30th April 1863", p. 50, 51.) (Die Fabrikberichte gehn immer weiter als ihr offizielles Datum.) <= | |||
(190a) Die Gesetze zum Schutz gegen gefährliche Maschinerie haben wohltätig gewirkt. "Aber ... es existieren jetzt neue Quellen von Unglücksfällen, die vor 20 Jahren nicht existiert haben, namentlich die vermehrte Geschwindigkeit der Maschinerie. Räder, Walzen, Spindeln und Webstühle werden jetzt mit vermehrter und stets noch wachsender Gewalt getrieben; die Finger müssen rascher und sichrer den gebrochnen Faden anpacken, denn wenn mit Zaudern oder Unvorsicht angelegt, sind sie geopfert ... Eine große Anzahl Unglücksfälle wird verursacht durch den Eifer der Arbeiter, ihr Werk rasch auszuführen. Man muß sich erinnern, daß es für die Fabrikanten von der höchsten Wichtigkeit ist, ihre Maschinerie ununterbrochen in Bewegung zu halten, d.h. Garn und Geweb zu produzieren. Jeder Stillstand von einer Minute ist nicht nur ein Verlust an Triebkraft, sondern an Produktion. Die Arbeiter werden daher durch Arbeitsaufseher, interessiert in der Quantität des Machwerks, dazu gehetzt, die Maschinerie in Bewegung zu halten; und es ist dies nicht minder wichtig für Arbeiter, die nach Gewicht oder Stück gezahlt werden. Obgleich es daher in den meisten Fabriken formell verboten ist, Maschinerie während ihrer Bewegung zu reinigen, ist diese Praxis allgemein. Diese Ursache allein hat während der letzten 6 Monate 906 Unglücksfälle produziert ... Obgleich das Reinigungsgeschäft tagaus, tagein vorgeht, ist der Sonnabend jedoch meist für gründliches Reinigen der Maschinerie festgesetzt, und das geschieht großenteils während der Bewegung der Maschinerie ... Es ist eine unbezahlte Operation, und die Arbeiter suchen daher so rasch als möglich damit fertig zu werden. Daher ist die Anzahl der Unglücksfälle freitags und ganz besonders samstags viel größer als an den übrigen Wochentagen. Freitags beträgt der Überschuß über die Durchschnittszahl der ersten 4 Wochentage ungefähr 12%, sonnabends der Überschuß von Unglücksfällen über den Durchschnitt der vorhergehenden 5 Tage 25%; zieht man aber in Rechnung, daß der Fabriktag samstags nur 7<sup>1</sup>/2 Stunden, an den übrigen Wochentagen 10<sup>1</sup>/2 Stunden zählt - so steigt der Überschuß um mehr als 65%."("Reports of Insp. of Factories for etc. 31st October 1866", London 1867, p. 9, 15, 16, 17.) <= | |||
(191) Im ersten Abschnitt des Dritten Buchs werde ich berichten über einen jüngster Zeit angehörigen Feldzug der englischen Fabrikanten gegen die Klauseln des Fabrikakts zum Schutz der Gliedmaßen der "Hände" vor lebensgefährlicher Maschinerie. Hier genüge ein Zitat aus einem offiziellen Bericht des Fabrikinspektors Leonard Horner: "Ich habe Fabrikanten mit unentschuldbarer Frivolität von einigen der Unglücksfälle sprechen hören, z.B. der Verlust eines Fingers sei eine Kleinigkeit. Das Leben und die Aussichten eines Arbeiters hängen so sehr von seinen Fingern ab, daß ein solcher Verlust ein äußerst ernstes Ereignis für ihn ist. Wenn ich solch gedankenlos Geschwätz höre, stelle ich die Frage: Unterstellt, Sie brauchen einen zusätzlichen Arbeiter, und ihrer zwei meldeten sich, beide in jeder andren Hinsicht gleich tüchtig, aber der eine ohne Daumen oder Vorfinger, welchen würden Sie wählen? Sie zögerten nie einen Augenblick, für den Vollfingrigen zu entscheiden ... Diese Herrn Fabrikanten haben falsche Vorurteile gegen das, was sie pseudo-philanthropische Gesetzgebung nennen." ("Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1855", [p. 6/7].) Diese Herrn sind "gescheite Leut'" und schwärmen nicht umsonst für die Sklavenhalter-Rebellion! <= | |||
(192) In den Fabriken, die am längsten dem Fabrikakt mit seiner Zwangsbeschränkung der Arbeitszeit und seinen sonstigen Regulationen unterworfen, sind manche frühre Mißstände verschwunden. Die Verbesserung der Maschinerie selbst erheischt auf einem gewissen Punkt eine "verbesserte Konstruktion der Fabrikgebäude", die den Arbeitern zugut kommt. (cf. "Reports etc. for 31st Oct. 1863", p. 109.) <= | |||
(193) Sieh u.a. John Houghton, "Husbandry and Trade improved", Lond. 1727. "The Advantages of the East India Trade", 1720. John Bellers, l.c. "Die Meister und die Arbeiter befinden sich unglücklicherweise in ewigem Kriegszustand miteinander. Jene haben das unveränderliche Ziel, ihre Arbeit so billig wie möglich getan zu erhalten; und sie zögern nicht, zu diesem Zweck jede List anzuwenden, während diese ebenso darauf bedacht sind, bei jeder Gelegenheit ihre Meister zur Erfüllung ihrer höheren Forderungen zu zwingen." "An Inquiry into the causes of the Present High Prices of Provisions", 1767. p. 61, 62. (Verf. Rev. Nathaniel Forster, ganz auf Seite der Arbeiter.) <= | |||
(194) Die Bandmühle ward in Deutschland erfunden. Der italienische Abbé Lancellotti in einer Schrift, die 1636 zu Venedig erschien, erzählt: "Anton Müller aus Danzig habe vor ungefähr 50 Jahren" (L. schrieb 1629) "eine sehr künstliche Maschine in Danzig gesehn, die 4-6 Gewebe auf einmal verfertigte; weil der Stadtrat aber besorgt habe, diese Erfindung möchte eine Masse Arbeiter zu Bettlern machen, so habe er die Erfindung unterdrückt und den Erfinder heimlich ersticken oder ersäufen lassen." In Leyden wurde dieselbe Maschine zuerst 1629 angewandt. Die Emeuten der Bortenwirker zwangen den Magistrat erst zu ihrem Verbot; durch verschiedne Verordnungen von 1623, 1639 usw. von seiten der Generalstaaten sollte ihr Gebrauch beschränkt werden; endlich erlaubt, unter gewissen Bedingungen, durch Verordnung vom 15. Dezember 1661. "In dieser Stadt", sagt Boxhorn ("Inst. Pol.", 1663) von der Einführung der Bandmühle in Leyden, "erfanden vor ungefähr zwanzig Jahren irgendwelche Leute ein Instrument zum Weben, mit dem ein einzelner mehr und leichter Gewebe herstellen konnte, als sonst mehrere in der gleichen Zeit. Dadurch kam es zu Unruhen und zu Klagen der Weber, bis der Gebrauch dieses Instruments vom Magistrat verboten wurde." Dieselbe Maschine ward 1676 in Köln verboten, während ihre Einführung in England gleichzeitige Arbeiterunruhen hervorrief. Durch kaiserliches Edikt vom 19. Februar 1685 wurde ihr Gebrauch in ganz Deutschland untersagt. In Hamburg wurde sie öffentlich auf Befehl des Magistrats verbrannt. Karl VI. erneuerte 9. Februar 1719 das Edikt von 1685, und Kursachsen erlaubte ihren öffentlichen Gebrauch erst 1765. Diese Maschine, die so viel Lärm in der Welt gemacht hat, war in der Tat Vorläufer der Spinn- und Webmaschinen, also der industriellen Revolution des 18. Jahrhunderts. Sie befähigte einen in der Weberei ganz unerfahrnen Jungen, durch bloßes Ab- und Zustoßen einer Treibstange den ganzen Stuhl mit allen seinen Schützen in Bewegung zu setzen, und lieferte, in ihrer verbesserten Form, 40-50 Stück auf einmal. <= | |||
(195) In altmodischen Manufakturen wiederholt sich noch heute zuweilen die rohe Form der Arbeiterempörungen gegen die Maschinerie. So z.B. im Feilenschleifen zu Sheffield 1865. <= | |||
(196) Sir James Steuart faßt auch die Wirkung der Maschinerie noch ganz in diesem Sinn. "Ich sehe also die Maschinen als Mittel an, um (ihrer Wirkungsfähigkeit nach) die Zahl der tätigen Menschen zu erhöhen, ohne daß man deren mehr zu ernähren braucht ... Wodurch unterscheidet sich die Wirkung einer Maschine von derjenigen neuer Einwohner? (Fzs. Übers., t. I, I. I, ch. XIX.) Viel naiver Petty, der sagt, daß sie die "Polygamie" ersetze. Dieser Gesichtspunkt paßt höchstens für einige Teile der Ver. Staaten. Dagegen: "Maschinerie kann selten mit Erfolg dazu gebracht werden, die Arbeit eines einzelnen zu vermindern: bei ihrer Konstruktion würde man mehr Zeit verlieren, als durch ihre Anwendung ersparen. Sie ist nur wirklich nützlich, wenn sie auf große Massen wirkt, wenn eine einzige Maschine die Arbeit von Tausenden unterstützen kann. Maschinerie wird daher stets am meisten in den dichtest bevölkerten Ländern angewandt, wo es die meisten Arbeitslosen gibt ... Sie wird in Gebrauch genommen nicht wegen Mangel an Arbeitern, sondern der Leichtigkeit wegen, mit der diese zur Arbeit in Massen gebracht werden können." (Piercy Ravenstone, "Thoughts on the Funding System and its Effects", Lond. 1824, p. 45.) <= | |||
(196a) {Zur 4. Aufl. - Dies gilt auch für Deutschland. Wo bei uns große Agrikultur besteht, also namentlich im Osten, ist sie erst möglich geworden durch das, seit dem 16. Jahrhundert, namentlich aber seit 1648, eingerissene "Bauernlegen". - F. E.}<= | |||
(197) "Maschinerie und Arbeit sind in ständiger Konkurrenz." (Ricardo, l.c.p. 479.) <= | |||
(198) Die Konkurrenz zwischen Handgeweb und Maschinengeweb wurde in England vor der Einführung des Armengesetzes von 1834 dadurch verlängert, daß man die tief unter das Minimum gefallenen Löhne durch Pfarreiunterstützung ergänzte. "Reverend Mr. Turner war 1827 Pfarrer in Wilmslow in Cheshire, einem industriellen Distrikt. Die Fragen des Komitees für Auswanderung und Mr. Turners Antworten zeigen, wie der Wettbewerb der Handarbeit mit der Maschinerie aufrechterhalten wird. Frage: 'Hat nicht die Anwendung des Kraftwebstuhls die des Handwebstuhls verdrängt?' Antwort: 'Zweifellos; sie würde ihn noch mehr, als bereits geschehn, verdrängt haben, wären die Handweber nicht in den Stand gesetzt worden, sich einer Lohnherabsetzung zu unterwerfen.' Frage: 'Aber der Handweber hat doch durch diese Unterwerfung sich mit einem Lohn zufriedengegeben, der für seine Lebensunterhalt unzureichend ist, und verlangt nach Pfarreizuschuß für den Rest seines Lebensunterhalts?' Antwort: 'Ja, und in der Tat wird der Wettbewerb zwischen dem Handwebstuhl und dem Kraftwebstuhl durch die Armenunterstützung aufrechterhalten.' So ist also erniedrigender Pauperismus oder Auswanderung der Vorteil, den die Einführung der Maschinerie den Werktätigen gebracht hat, sie sind aus geachteten und in gewissem Grade unabhängigen Handwerkern zu kriecherischen Elenden herabgedrückt worden, die das entwürdigende Brot der Mildtätigkeit essen. Das nennt man einen zeitlichen Mißstand." ("A Prize Essay on the comparative merits of Competition and Co-operation", Lond. 1834, p. 29.) <= | |||
(199) "Die gleiche Ursache, die die Nettorevenue des Landes anwachsen läßt" (d.h., wie Ricardo an derselben Stelle erläutert, the revenues of landlords and capitalists, deren Wealth, ökonomisch betrachtet, überhaupt = Wealth of the Nation), "kann gleichzeitig einen Überfluß an Bevölkerung erzeugen und die Lage des Arbeiters verschlechtern." (Ricardo, l.c.p. 469.) "Der beständige Zweck und die Tendenz jeder Vervollkommnung des Mechanismus ist in der Tat, sich der Arbeit des Menschen ganz zu entschlagen oder ihren Preis zu vermindern durch Substitution von Weiber- und Kinderarbeit für die der erwachsnen männlichen Arbeiter oder roher Arbeiter für geschickte." (Ure, [l.c.p. 23].) <= | |||
(200) "Reports of Insp. of Fact. 31st Oct. 1858", p. 43. <= | |||
(201) "Reports etc. 31st Oct. 1856", p. 15. <= | |||
(202) "Ure, l.c.p. 19. "Der große Vorteil der im Ziegelbacken angewandten Maschinerie besteht darin, den Anwender ganz und gar von geschickten Arbeitern unabhängig zu machen." ("Ch. Empl. Comm., V. Report", Lond. 1866, p. 130, n. 46.) | |||
Zusatz z. 2. A. Herr Sturrock, Superintendent des Maschinendepartements der Great Northern Railway sagt aus mit Bezug auf Maschinenbau (Lokomotiven usw.): "Kostspielige (expensive) englische Arbeiter werden jeden Tag weniger gebraucht. Die Produktion wird vermehrt durch die Anwendung verbesserter Instrumente, und diese Instrumente werden bedient von einer niedrigen Sorte Arbeit (a low class of labour) ... Früher produzierte geschickte Arbeit notwendigerweise alle Teils der Dampfmaschine. Dieselben Teile werden jetzt produziert durch Arbeit mit weniger Geschick, aber guten Instrumenten ... Unter Instrumenten verstehe ich die beim Maschinenbau angewandten Maschinen." ("Royal Commission on Railways. Minutes of Evidence", n. 17862 und 17863, London 1867.) <= | |||
(203) Ure, l.c.p. 20. <= | |||
(204) l.c.p. 321. <= | |||
(205) l.c.p. 23. <= | |||
(206) "Reports of Insp. of Fact., 31st Oct. 1863", p. 108 sqq. <= | |||
(207) l.c.p. 109. Die rasche Verbesserung der Maschinerie während der Baumwollkrise erlaubte den englischen Fabrikanten gleich nach Beendigung des Amerikanischen Bürgerkriegs, im Umsehen den Weltmarkt wieder zu überfüllen. Die Gewebe wurden schon während der letzten 6 Monate von 1866 fast unverkäuflich. Damit fing die Konsignation der Waren nach China und Indien an, was den "glut" <die "Überfüllung"> natürlich noch intensiver machte. Anfang 1867 nahmen die Fabrikanten zu ihrem gewöhnlichen Ausfluchtsmittel Zuflucht, Herabsetzung des Arbeitslohns um 5%. Die Arbeiter widersetzten sich und erklärten, theoretisch ganz richtig, das einzige Heilmittel sei, kurze Zeit, 4 Tage per Woche, zu arbeiten. Nach längerem Sträuben mußten die selbst ernannten Industriekapitäne sich hierzu entschließen, an einigen Stellen mit, an andren ohne Lohnherabsetzung um 5%. <= | |||
(208) "Das Verhältnis zwischen Meistern und Händen in den Flint- und Flaschenglas-Bläsereien ist ein chronischer strike." Daher der Aufschwung der Manufaktur des gepreßten Glases, wo die Hauptoperationen durch Maschinerie ausgeführt werden. Eine Firma bei Newcastle, die früher jährlich 350.000 Pfund geblasnes Flintglas produzierte, produziert jetzt statt dessen 3.000.500 Pfund gepreßtes Glas. ("Ch. Empl. Comm. IV. Rep.", 1865, p. 272, 263.) <= | |||
(209) Gaskell, "The Manufacturing Population of England", Lond. 1833, p. 11, 12. <= | |||
(210) Einige sehr bedeutende Anwendungen von Maschinen zum Maschinenbau erfand Herr Fairbairn infolge von strikes in seiner eignen Maschinenfabrik. <= | |||
(211) Ure, l.c.p. 367-370. <= | |||
(212) Ure, l.c.p. 368, 7, 370, 280, 321, 281, 475. <= | |||
(213) Ricardo teilte ursprünglich diese Ansicht, widerrief sie aber später ausdrücklich mit seiner charakteristischen wissenschaftlichen Unbefangenheit und Wahrheitsliebe. Sieh l.c., ch. XXXI "On Machinery". <= | |||
(214) NB, ich gebe die Illustration ganz in der Weise der obengenannten Ökonomen. <= | |||
(215) Ein Ricardianer bemerkt hierüber gegen die Fadaisen J. B. Says: "Bei entwickelter Teilung der Arbeit ist das Geschick der Arbeiter nur in dem besondren Zweig anwendbar, worin sie angelernt wurden; sie selbst sind eine Art von Maschinen. Es hilft daher absolut nichts, papageimäßig zu plappern, daß die Dinge eine Tendenz haben, ihr Niveau zu finden. Wir müssen um uns schauen und sehn, daß sie für lange Zeit ihr Niveau nicht finden können; daß, wenn sie es finden, das Niveau niedriger steht als beim Anfang des Prozesses." ("An Inquiry into those Principles rspecting the Nature of Demand etc.", Lond. 1821, p. 72.) <= | |||
(216) Ein Virtuose in diesem anmaßlichen Kretinismus ist u.a. MacCulloch. "Wenn es vorteilhaft ist", sagt er z.B. mit der affektierten Naivetät eines Kindes von 8 Jahren, "das Geschick des Arbeiters mehr und mehr zu entwickeln, so daß er fähig wird, ein stets wachsendes Warenquantum mit demselben oder geringerem Arbeitsquantum zu produzieren, so muß es auch vorteilhaft sein, daß er sich solcher Maschinerie zu seinem Beistande bediene, wie sie ihn am wirksamsten in der Erreichung dieses Resultats unterstützt." (MacCulloch, "Princ. of Pol. Econ.", Lond. 1830, p. 182.) <= | |||
(216a) "Der Erfinder der Spinnmaschine hat Indien ruiniert, was uns indes wenig rührt." (A. Thiers, "De la Propriété", [p. 275].) Herr Thiers verwechselt hier die Spinnmaschine mit dem mechanischen Webstuhl, "was uns indes wenig rührt". <= | |||
(217) Nach dem Zensus von 1861 (Vol. II, Lond. 1863) betrug die Zahl der in den Kohlenbergwerken von England und Wales beschäftigten Arbeiter 246.613, wovon 73.546 unter und 173.067 über 20 Jahre. Zur ersten Rubrik gehören 835 fünf- bis zehnjährige, 30.701 zehn- bis fünfzehnjährige, 42.010 fünfzehn- bis neunzehnjährige. Die Zahl der in Eisen-, Kupfer-, Blei-, Zinn- und allen andren Metallminen Beschäftigten: 319.222. <= | |||
(218) In England und Wales 1861 in der Produktion von Maschinerie beschäftigt: 60.807 Personen, eingezählt die Fabrikanten samt ihren Kommis usw., ditto alle Agenten und Handelsleute in diesem Fach. Ausgeschlossen dagegen die Produzenten kleinerer Maschinen, wie Nähmaschinen usw., ebenso die Produzenten der Werkzeuge für die Arbeitsmaschinen, wie Spindeln usw. Zahl sämtlicher Zivilingenieure betrug 3.329. <= | |||
(219) Da Eisen einer der wichtigsten Rohstoffe, so sei hier bemerkt, daß 1861 in England und Wales 125.771 Eisengießer, wovon 123.430 männlich, 2.341 weiblich. Von den erstern 30.810 unter und 92.620 über 20 Jahre. <= | |||
(220) "Eine Familie von 4 erwachsnen Personen (Baumwollwebern) mit zwei Kindern als winders <Haspler> gewann Ende des letzten und Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts 4 Pfd.St. per Woche bei 10stündiger Tagesarbeit; war die Arbeit sehr dringend, so konnten sie mehr verdienen ... Früher hatten sie immer gelitten von mangelnder Garnzufuhr." (Gaskell, l.c.p. 34, 35.) <= | |||
(221) F. Engels in "Lage usw." <siehe Band 2> weist den jämmerlichen Zustand eines großen Teils grade dieser Luxusarbeiter nach. Massenhafte neue Belege hierzu in den Berichten der "Child. Empl. Comm." <= | |||
(222) 1861 in England und Wales 94.665 in der Handelsmarine beschäftigte Seeleute. <= | |||
(223) Davon nur 177.596 männlichen Geschlechts über 13 Jahre. <= | |||
(224) Davon weiblichen Geschlechts 30.501. <= | |||
(225) Davon männlichen Geschlechts: 137.447. Ausgeschlossen von den 1.208.648 alles Personals, das nicht in Privathäusern dient. | |||
Zusatz zur 2. Ausg. Von 1861 bis 1870 hat sich die Zahl männlicher Diener beinahe verdoppelt. Sie war angewachsen auf 267.671. Im Jahr 1847 gab es 2.694 Wildhüter (für die aristokratischen Wildgehege), 1869 dagegen 4.921. - Die jungen, beim Londoner kleinen Spießbürger dienenden Mädchen heißen in der Volkssprache "little slaveys", kleine Sklaven. <= | |||
(226) Ganilh betrachtet dagegen als Schlußresultat des Maschinenbetriebs absolut verminderte Anzahl der Arbeitssklaven, auf deren Kosten dann eine vermehrte Anzahl der "gens honnêtes" <"anständigen Leute"> zehrt und ihre bekannte "perfectibilité perfectible" <vervollkommnungsfähige Vervollkommnungsfähigkeit> entwickelt. So wenig er die Bewegung der Produktion der Produktion versteht, fühlt er wenigstens, daß die Maschinerie eine sehr fatale Institution, wenn ihre Einführung beschäftigte Arbeiter in Paupers verwandelt, während ihre Entwicklung mehr Arbeitssklaven ins Leben ruft, als sie erschlagen hat. Den Kretinismus seines eignen Standpunkts kann man nur in seinen eignen Worten ausdrücken: "Die Klassen, die dazu verdammt sind, zu produzieren und zu konsumieren, vermindern sich, und die Klassen, die die Arbeit leiten, der ganzen Bevölkerung Linderung, Trost und Einsicht bringen, vermehren sich ... und eignen sich alle Vorteile an, die sich aus den Verringerung der Arbeitskosten, dem Überfluß an Waren und dem niedrigen Preis der Konsumgüter ergeben. Unter dieser Leitung erhebt sich das Menschengeschlecht zu den höchsten Schöpfungen des Genies, durchdringt die geheimnisvollen Tiefen der Religion, stellt die heilsamen Grundsätze der Moral auf" (die darin besteht "sich alle Vorteile anzueignen usw."), "die Gesetze zum Schutze der Freiheit" (der Freiheit für "die Klassen, die dazu verdammt sind, zu produzieren"?) "und der Macht, des Gehorsams und der Gerechtigkeit, der Pflicht und der Menschlichkeit." Dies Kauderwelsch in "Des Systèmes d'Économie Politique etc." Par M. Ch. Ganilh, 2ème éd., Paris 1821, t. I, p. 224, cf. ib p. 212. <= | |||
(227) "Reports of Insp. of Fact., 31st Oct. 1865", p. 58 sq. Gleichzeitig war aber auch schon die materielle Grundlage für Beschäftigung einer wachsenden Arbeiterzahl gegeben in 110 neuen Fabriken mit 11.625 Dampfwebstühlen, 628.576 Spindeln, 2.695 Dampf- und Wasser-Pferdekraft. (l.c.) <= | |||
(228) "Reports etc. for 31st Oct. 1862", p. 79. | |||
Zusatz zur 2. Ausg. Ende Dezember 1871 sagte Fabrikinspektor A. Redgrave in einem Vortrag, gehalten zu Bradford, in der "New Mechanics' Institution": "Was mich seit einiger Zeit frappiert hat, war die veränderte Erscheinung der Wollfabriken. Früher waren sie mit Weibern und Kindern gefüllt, jetzt scheint die Maschinerie alles Werk zu tun. Auf Anfrage gab mir ein Fabrikant folgenden Aufschluß: Unter dem alten System beschäftigte ich 63 Personen; nach Einführung verbesserter Maschinerie reduzierte ich meine Hände auf 33, und jüngst, infolge neuer großer Veränderungen war ich imstande, sie von 33 auf 13 zu reduzieren." <= | |||
(229) "Reports etc. for 31st Oct. 1856", p. 16. <= | |||
(230) "Die Leiden der Handweber" (von Baumwolle und mit Baumwolle gemischten Stoffen) "waren Gegenstand der Untersuchung durch eine königl. Kommission, aber obgleich ihr Elend anerkannt und bejammert wurde, überließ man die Verbeßrung (!) ihrer Lage dem Zufall und dem Wechsel der Zeit, und man darf hoffen, daß diese Leiden jetzt" (20 Jahre später!) "beinahe (nearly) erloschen sind, wozu die jetzige große Ausdehnung der Dampfwebstühle aller Wahrscheinlichkeit nach beigetragen hat." ("Rep. Insp. Fact., 31st Oct. 1856", p. 15.) <= | |||
(231) Andre Methoden, wodurch die Maschinerie auf die Produktion des Rohmaterials einwirkt, werden im Dritten Buch erwähnt. <= | |||
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[[Datei:Das Kapital - Band 1 - Abbildung 7.png|zentriert|mini]] | |||
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(235) In einem Aufruf der von den Schuhfabrikanten zu Leicester durch einen "lock out" aufs Pflaster geworfnen Arbeiter an die "Trade Societies of England", Juli 1866, heißt es u.a.: "Seit etwa 20 Jahren wurde die Schuhmacherei in Leicester umgewälzt durch Einführung des Nietens statt des Nähens. Gute Löhne konnten damals verdient werden. Bald dehnte sich dies neue Geschäft sehr aus. Große Konkurrenz zeigte sich unter den verschiednen Firmen, welche den geschmackvollsten Artikel liefern könne. Kurz nachher jedoch entsprang eine schlechtre Art Konkurrenz, nämlich die, einander im Markt zu unterverkaufen (undersell). Die schädlichen Folgen offenbarten sich bald in Lohnherabsetzung, und so reißend schnell war der Fall im Preise der Arbeit, daß viele Firmen jetzt nur noch die Hälfte des ursprünglichen Lohns zahlen. Und dennoch, obgleich die Löhne tiefer und tiefer sinken, scheinen die Profite mit jeder Ändrung des Arbeitstarifs zu wachsen." - Selbst ungünstige Perioden der Industrie werden von den Fabrikanten benutzt, um durch übertriebne Lohnherabsetzung, d.h. direkten Diebstahl an den notwendigsten Lebensmitteln des Arbeiters, außerordentliche Profite zu machen. Ein Beispiel. Es handelt sich um die Krise in der Seidenweberei zu Coventry: "Aus Nachweisen, die ich sowohl von Fabrikanten als Arbeitern erhielt, folgt zweifelsohne, daß die Löhne in einem größren Umfang verkürzt wurden, als die Konkurrenz ausländischer Produzenten oder andre Umstände ernötigten. Die Majorität der Weber arbeitet zu einer Lohnherabsetzung von 30 bis 40%. Ein Stück Band, wofür der Weber fünf Jahre früher 6 oder 7 sh. erhielt, bringt ihm jetzt nur 3 sh. 3 d. oder 3 sh. 6 d. ein; andre Arbeit, früher zu 4 sh. und 4 sh. 3 d. bezahlt, erhält jetzt nur 2 sh. oder 2 sh. 3 d. Die Lohnherabsetzung ist größer, als zum Stachel der Nachfrage erheischt ist. In der Tat, bei vielen Arten von Band war die Lohnherabsetzung nicht einmal begleitet von irgendeiner Herabsetzung im Preise des Artikels." (Bericht des Kommissärs F. D. Longe in "Ch. Emp. Comm., V. Rep. 1866", p. 114, n.1.) <= | |||
(236) Vgl. "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1862", p. 30 <= | |||
(237) l.c.p. 18, 19. <= | |||
(238) "Reports of Fact. for 31st. Oct. 1863", p. 41-45, 51. <= | |||
(239) "Reports etc. 31st Oct. 1863", p. 41, 42. <= | |||
(240) l.c.p. 57. <= | |||
(241) l.c.p. 50, 51. <= | |||
(242) l.c.p. 62, 63. <= | |||
(243) "Reports etc. 30th April 1864", p. 27. <= | |||
(244) Aus Brief des Chief Constable <Polizeichefs> Harris von Bolton in "Reports of Insp. of Fact., 31st Oct. 1865", p. 61, 62. <= | |||
(245) In einem Aufruf der Baumwollarbeiter, Frühling 1863, zur Bildung einer Emigrationsgesellschaft heißt es u.a.: "Daß eine große Emigration von Fabrikarbeitern jetzt absolut notwendig ist, werden nur wenige leugnen. Daß aber ein beständiger Emigrationsstrom zu allen Zeiten erheischt und es ohne denselben unmöglich ist, unsre Stellung unter gewöhnlichen Umständen zu behaupten, zeigen folgende Tatsachen: Im Jahr 1814 betrug der offizielle Wert (der nur Index der Quantität) der exportierten Baumwollgüter 17.665.378 Pfd.St., ihr wirklicher Marktwert 20.070.824 Pfd.St. Im Jahr 1858 betrug der offizielle Wert der exportierten Baumwollgüter 182.221.681 Pfd.St., ihr wirklicher Marktwert nur 43.001.322 Pfd.St., so daß Verzehnfachung der Quantität wenig mehr als Verdopplung des Äquivalents bewirkte. Dies für das Land überhaupt und die Fabrikarbeiter im besondren so unheilvolle Resultat ward durch verschiedne zusammenwirkende Ursachen hervorgebracht. Eine der hervorstechendsten ist der beständige Überfluß von Arbeit, unentbehrlich für diesen Geschäftszweig, der, unter Strafe der Vernichtung, beständiger Expansion des Markts bedarf. Unsre Baumwollfabriken können stillgesetzt werden durch die periodische Stagnation des Handels, welche, unter gegenwärtiger Einrichtung, so unvermeidlich ist, wie der Tod selbst. Aber deswegen steht der menschliche Erfindungsgeist nicht still. Obgleich, niedrig angeschlagen, 6 Millionen dies Land während der letzten 25 Jahre verlassen haben, befindet sich dennoch infolge fortwährender Verdrängung der Arbeit, um das Produkt zu verwohlfeilern, ein großer Prozentsatz der erwachsnen Männer selbst in den Zeiten höchster Prosperität außerstand, Beschäftigung irgendeiner Art auf irgendwelche Bedingungen in den Fabriken zu finden." ("Reports of Insp. of Fact., 30th April 1863", p. 51, 52.) Man wird in einem spätern Kapitel sehn, wie die Herrn Fabrikanten während der Baumwollkatastrophe die Emigration der Fabrikarbeiter auf alle Art, selbst von Staats wegen, zu verhindern suchten. <= | |||
== FÜNFTER ABSCHNITT - ''Die Produktion des absoluten und relativen Mehrwerts'' == | |||
=== <u>VIERZEHNTES KAPITEL: Absoluter und relativer Mehrwert</u> === | |||
'''<531>''' Der Arbeitsprozeß wurde (sieh fünftes Kapitel) zunächst abstrakt betrachtet, unabhängig von seinen geschichtlichen Formen, als Prozeß zwischen Mensch und Natur. Es hieß dort: "Betrachtet man den ganzen Arbeitsprozeß vom Standpunkt seines Resultats, so erscheinen beide, Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstand, als Produktionsmittel und die Arbeit selbst als produktive Arbeit." Und in Note 7 wurde ergänzt: "Diese Bestimmung produktiver Arbeit, wie sie sich vom Standpunkt des einfachen Arbeitsprozesses ergibt, reicht keineswegs hin für den kapitalistischen Produktionsprozeß." Dies ist hier weiter zu entwickeln. |